Sachverhalt

Humboldt-Universität zu Berlin
Juristische Fakultät
Lehrstuhl Prof. Dr. Christine Windbichler, LL.M.
Klausurenkursklausur am 17. 04. 2015
Fall 1:
Die A-GmbH ist Eigentümerin eines kleinen Ladenlokals. Ihr Geschäftsführer G spricht mit
X, der Geschäftsführer der B-GmbH ist, über den Abschluss eines Mietvertrages über das
Objekt. G setzt einen Mietvertrag auf, der u. a. folgende Klausel enthält:
„§ 2. Das Mietverhältnis beginnt am 1. Januar 2009 und läuft für drei Jahre.“
G unterzeichnet die Vertragsurkunde am 18. September 2008 und sendet sie an die B-GmbH.
X ist gerade im Urlaub und arbeitet anschließend die liegengebliebene Post ab. Am 25.
November 2008 findet er die Vertragsurkunde. X ruft bei G an und fragt, ob das Angebot
noch seine Richtigkeit habe. Als G dies bestätigt, unterzeichnet X den Vertrag und sendet ihn
an G zurück. G erhält diesen Brief am 28. November 2008. Im Januar 2009 eröffnet die BGmbH ihr Geschäft in dem Ladenlokal.
Bereits Mitte Mai 2009 entdeckt die B-GmbH Räumlichkeiten, die erheblich günstiger liegen
und preiswerter sind. X schreibt deshalb an G und kündigt den Mietvertrag zum
31. Dezember 2009. Ende 2009 zieht die B-GmbH aus, gibt sämtliche Schlüssel zurück, und
stellt die Mietzahlungen an die A-GmbH ein.
Die A-GmbH verlangt nun von der B-GmbH die Zahlung von fünf Monatsmieten für die
Monate Januar 2010 bis Mai 2010, insgesamt 10.000,- Euro.
Frage 1:
Steht der A-GmbH der von ihr behauptete Anspruch auf Zahlung von
10.000,- € zu? Gehen Sie – ggf. hilfsgutachterlich – auf sämtliche
materiellen Rechtsfragen ein.
Fortsetzung des Falles:
Am 26. Mai 2010 verklagt die A-GmbH die B-GmbH vor dem örtlich zuständigen
Landgericht auf Zahlung der fünf Monatsmieten für die Monate Januar 2010 bis Mai 2010,
insgesamt 10.000,- Euro. X bekommt es mit der Angst zu tun, als er die ihm zugestellte
Klageschrift liest, und überweist noch vor dem Verhandlungstermin beim Landgericht im
Namen der B-GmbH 10.000,- Euro auf das ihm bekannte Konto der A-GmbH. Ausdrücklich
vermerkt er im Überweisungstext „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“. Der
Prozessbevollmächtigte P der A-GmbH erklärt daraufhin gegenüber dem Gericht den
Rechtsstreit für erledigt. Der Anwalt der B-GmbH widerspricht.
Frage 2:
Unterstellen Sie, dass die Klage der A-GmbH ursprünglich begründet war.
Was wird das Gericht infolge der Erledigungserklärung und des
Widerspruchs der B-GmbH prüfen?
Bitte wenden
2
Fall 2:
Während des Klageverfahrens erinnert sich X, dass er dem G kurz vor Beginn des
Mietverhältnisses seinen Werkzeugkasten geliehen hatte, damit dieser Regale aus den
Räumen entfernen konnte. Den Kasten sollte G am 31.05.2009 zurückgeben, was nicht
geschah. Der allein sorgeberechtigte G hatte vielmehr den Werkzeugkasten mit nach Hause
genommen und seinem Sohn S zum sechsten Geburtstag am 24.03.2010 daraus einen kleinen
Hammer geschenkt.
Da G ansonsten genügend Werkzeug besaß, ging er im April 2010 zum Flohmarkt und bot
den Werkzeugkasten dem Passanten D zum Kauf an. D war einverstanden und erwarb den
Werkzeugkasten. Allerdings war sich D nicht ganz sicher, ob er die einzelnen Werkzeuge
nicht schon selbst hatte. Er vereinbarte daher mit G, dass er von ihm nicht benötigte Sachen
zurückgeben könne. Deswegen brachte D dem G eine Woche später eine Metallsäge zurück
und erhielt dafür einen angemessenen Geldbetrag zurück. Das übrige Werkzeug mitsamt
Werkzeugkasten behielt D dagegen und ist nicht bereit, es wieder herzugeben.
X besteht darauf, dass S ihm den Hammer heraus- und G ihm die Metallsäge zurückgibt.
Frage: Hat X gegen G einen Anspruch auf Herausgabe der Säge und einen Anspruch
gegen S auf Herausgabe des Hammers?
Bearbeitervermerk: Deliktische und bereicherungsrechtliche Ansprüche sind nicht zu prüfen.
Hinweis: Die Klausur kann auch am Montag, 20. 04. 2015, bis 12.00 Uhr im
Sekretariat, Raum 128 Kommode, abgegeben werden.