Mitteilungsblatt - Bündner Offiziersgesellschaft

BÜNDNER OFFIZIERSGESELLSCHAFT
SOCIETÀ GRIGIONESE DEGLI UFFICIALI
SOCIETAD D’UFFIZIERS DAL GRISCHUN
An die Mitglieder, Gäste und Partner
der Bündner Offiziersgesellschaft
Malans, 17. April 2015
MITTEILUNGSBLATT II: PLÄDOYER FÜR EINE GLAUBWÜRDIGERE SICHERHEITSPOLITIK DER SCHWEIZ
Geschätzte Mitglieder, Gäste und Partner der Bündner Offiziersgesellschaft
Protestantische Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, Eidgenossen in fremden Truppendiensten, Bündner Zuckerbäcker in Europa und Übersee, «Schwabengänger», in der Schweiz lebende Gastarbeiter
und Flüchtlinge aus gegenwärtigen Krisen- und Kriegsgebieten – praktisch jede Generation war mit
Wanderungsbewegungen, so genannter «Migration», konfrontiert. Klaus J. Bade etwa beschreibt
«Migration» in seiner historischen Abhandlung «Europa in Bewegung. Migration vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart» als gesellschaftliches und politisches Thema europäischer Dimension.
Dazu zählen «Verschiebungen» von und nach, respektive innerhalb von Europa. Doch auch wenn die
Wanderungsbewegungen bedingt durch das globale Zusammenwachsen merklich zugenommen
haben – Krisen, Kriege und weitere Ereignisse / Gegebenheiten führten auch in der Zeit vor dem
späten 18. Jahrhundert zu Migration. Sie ist folglich kein neuzeitliches Phänomen.
Erwiesen ist, dass Migration, über all die Jahrhunderte hinweg, nie einseitig, sondern immer wechselseitig verlief. Jedoch kehrte der enorme wirtschaftliche Aufschwung auf dem «Alten Kontinent» während der Industrialisierung und des gesamteuropäischen Ringens um einem «Platz an der Sonne» die
Vorzeichen um. Die Wanderungsbilanz für das Territorium der heutigen Schweiz in etwa war von der
2. Hälfte des 16. Jahrhunderts bis zirka 1890 negativ – mit Ausnahme der 1860er und 70er Jahre. Seit
Ende des 19. Jahrhunderts ist die Migrationsbilanz der Schweiz positiv – sprich mehr Zu- als Abwanderung. Mit durchaus auch sehr positiven Folgen: Hätte beispielsweise seit Ende des 2. Weltkriegs
keine Zuwanderung in die Schweiz stattgefunden, läge die Einwohnerzahl heute rund 25 % tiefer.
Zumal wir unsere nach dem Zweiten Weltkrieg aufstrebende Wirtschaft ohne Zuwanderung gar nicht
hätten mit genügend Arbeitskräften «bedienen» können (Quelle: Historisches Lexikon der Schweiz).
Fakt ist: Das Thema «Migration» ist nach wie vor aktuell. Verändert haben sich lediglich das Ausmass
und, je nach Bedrohungslage, die Ursprungs- respektive die Zielgebiete der Migranten. Von der Boko
Haram in Nigeria über den Bürgerkrieg in Syrien bis hin zu den jüngsten Entwicklungen in der Ostukraine – Kriege und Konflikte führen derzeit ebenso zu Wanderungsbewegungen wie Hunger,
Glaubenskonflikte und die Hoffnung auf Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg von Europa, im Besonderen der Schweiz. Es wäre folglich naiv zu glauben, das Thema «Migration» hätte ihren Zenit
überschritten. Migration wird uns auch in Zukunft beschäftigen. Mit Angstmache hat dies nichts zu tun,
denn Migration hat, wie bereits angedeutet, viele positive Eigenschaften. Doch zieht sie eben auch
negative Auswirkungen nach sich, wie beispielsweise den Terror.
Major Urs Fetz
Rüfegasse 12 A, 7208 Malans GR
Natel
+41 (0)79 543 39 94
[email protected]
www.buendner-og.ch
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Der wirtschaftliche Höhenflug Europas – des dereinst aufstrebenden Kontinents – ist massiv gebremst
worden, mit Auswirkungen auf Herkunft, Ziele und Absichten der Migranten. Kurzum: Europas globale
Bedeutung schwindet zunehmend. Darüber hinaus leidet die Schweizer Exportwirtschaft seit Januar
2015 stark unter der Aufhebung des Euro-Mindestkurses. Doch bereits zuvor ist der Gürtel hierzulande enger geschnallt worden. Der Grund hierfür liegt in seit geraumer Zeit rückläufigen Wirtschaftsprognosen. Diese Entwicklung spürt das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS genauso wie die sechs anderen Eidgenössischen Departemente. Und:
Der Spardruck wird eher noch zu- denn abnehmen. Denn für eine erneut positive Entwicklung bräuchte es entweder eine aus Europa importierte Inflation oder aber einen grösseren wirtschaftlichen
Aufschwung im eigenen Lande. Beides ist derzeit nicht absehbar. Folglich fehlen wichtige Steuereinnahmen, die dann auf Bundesebene in Budgetkürzungen münden. Zumal die Unzufriedenheit im sich
neu orientierenden Europa zunimmt. Theoretisch müsste der Staat genau in diesen «mageren»
Jahren investieren – doch die aktuelle Tendenz ist bekanntlich eine andere.
Warum erzähle ich Ihnen das alles? Aus zwei Gründen:
1. Im Gegensatz zu den anderen Verwaltungseinheiten müsste das VBS im Falle von weiteren
Ertragsausfällen ab einem sehr viel tieferen Budgetstand kürzen – voraussichtlich ab knapp
5 Milliarden Franken. Dabei wird aber oft ausser Betracht gelassen, dass der Sicherheitsapparat Schweiz, anders als die anderen Departemente, während des letzten Vierteljahrhunderts
viele Federn hat lassen müssen. Denn spätestens seit Ende des Wettrüstens und dem Fall
der Berliner Mauer wird Sicherheit in der Schweiz nur noch halbherzig betrieben. Armeegegner haben Boden gutgemacht und gewinnen – historisch – auch Militärvorlagen, wie etwa
die Abstimmung über die Finanzierung des neunen Kampfflugzeugs «Gripen».
2. Die Welt wird sich, angelehnt an Klaus Bade’s Buchtitel, auch in Zukunft «bewegen». Die
jüngsten Entwicklungen in und um Europa, aber auch das enorme Aufrüsten beispielsweise
von China und Russland wird das globale Gefüge neu ordnen. Atommächte und andere globale «Player» erhoffen sich dadurch, ihre Macht zu zementieren oder aber mehr Einfluss zu
erstreiten. Und wo bleibt Europa? Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ein erneutes Wettrüsten darf und soll nicht das Ziel sein. Doch wenn wir unsere Verteidigungsausgaben weiter
dezimieren und uns damit noch stärker in die Abhängigkeit Anderer stürzen, machen wir uns
eben auch erpressbar. Insbesondere wir Schweizer haben die Hausaufgaben vernachlässigt.
Mit, gemessen am Bruttoinlandprodukt, deutlich unter einem Prozent Verteidigungsausgaben
liegen wir nicht einmal bei der Hälfte von dem, was Europa derzeit in Verteidigung investiert.
Zumal Europa, weltweit gesehen, zu den militärisch «stagnierenden» Akteuren gehört.
Sicherheit ist zwar, so die aktuellste Tendenz, wieder ins Bewusstsein von Herrn und Frau Schweizer
zurückgekehrt. Doch wenn die Gürtelschnalle zunehmend gestrafft wird und Ereignisse, wie etwa die
Attentate von Paris allmählich aus unserem Bewusstsein schwinden, so wird der Rotstift auch wieder
Major Urs Fetz
Rüfegasse 12 A, 7208 Malans GR
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beim VBS angesetzt. Folglich sind wir Bürger in Uniform auch in Zukunft gefordert, uns gegen einen
weiteren Abbau von Sicherheit und damit gegen Einschränkungen unserer Freiheit zu wehren. Womit
wir wieder beim Thema «Migration» wären. Wussten Sie, dass Europa der weltweit grösste Exporteur
von Terroristen ist? Ich erinnere an meine eingangs getätigte Aussage, wonach Migration stets wechselseitig verlief. Früher oder später kehren diese mit dem System unzufriedenen Menschen zurück.
Wir tun also gut daran, über die Bücher zu gehen und in die Sicherheit unseres Landes zu investieren.
Zugegebenermassen: Die Weiterentwicklung der Armee WEA ist ein Kompromiss zwischen Wunschund Wertvorstellungen der politischen Parteien von ganz links bis ganz rechts. Doch wie der jüngste
Entscheid des Ständerats zeigt, handelt es sich hierbei eben auch um einen möglicherweise politisch
mehrheitsfähigen Gesetzesentwurf. Deshalb meine sprichwörtliche Forderung: Lieber den Spatz in
der Hand als die Taube auf dem Dach. Oder haben Sie die Tage, da unser Armeebudget eher bei 4,
denn bei 5 Milliarden Schweizer Franken lag, schon vergessen? Wir konnten zwar mehrere Hunderttausend Soldaten aufbieten, jedoch mit einer Ausrüstung, die an Kampfkraft meilenweit von dem entfernt ist, was wir für unsere Zukunft planen. Haben Sie einmal die Waffen eines modernen Infanteriezugs mit jenen eines Infanteriezugs der Armee 61 verglichen? Beachten Sie die Unterschiede!
Im Zuge der WEA rüsten wir nicht nur unsere Soldaten besser und vor allem vollständig aus. Nein, wir
kehren auch zu besserer Ausbildung und Mobilmachung zurück. Ich bin überzeugt davon, dass diese
durch das VBS präsentierte Lösung ehrlicher ist, als es die vorangehenden Armeeumstrukturierungen
waren. Beim Ersatz des Kampfflugzeugs Tiger F-5 haben wir den Fehler, nicht rechtzeitig in unsere
Sicherheit reinvestieren zu wollen, bereits begangen. Nun müssen einige weitere wegen Rissen im
Cockpit stillgelegt, respektive für schwerverdientes Steuergeld repariert werden. Und das notabene
bei einem Flieger, der so alt ist, wie der Ford Capri. Lassen Sie uns aus der Geschichte lernen
Meine Damen und Herren – es ist an der Zeit gemeinsam für eine glaubwürdige Landesverteidigung
einzustehen. Denn eines hat sich spätestens mit dem «Gripen»-Entscheid gezeigt: Mit Zerstrittenheit
im eigenen Lager lässt sich nun mal keine Mehrheit bilden. Vergessen Sie dies bitte auch dann nicht,
wenn Sie im kommenden Herbst Ihre Volksvertreter wählen. Wählen Sie Politiker, die für eine glaubwürdige Sicherheitspolitik einstehen und nicht solche, die Ihre Kinder in einen Schützenpanzer M-113
setzen, um gegen einen modern ausgerüsteten Gegner anzutreten.
Kameradschaftliche Grüsse
BÜNDNER OFFIZIERSGESELLSCHAFT
Major Urs Fetz
Präsident
Major Urs Fetz
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