Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) Contact: Michael Engelhard Telephone: +49 30 20225- 5331 Telefax: +49 30 20225- 5325 E-Mail: [email protected] Berlin, 15-03-17 The German Banking Industry Committee is the joint committee operated by the central associations of the German banking industry. These associations are the Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), for the cooperative banks, the Bundesverband deutscher Banken (BdB), for the private commercial banks, the Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), for the public banks, the Deutscher Sparkassen- und Giroverband (DSGV), for the savings banks finance group, and the Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp), for the Pfandbrief banks. Collectively, they represent approximately 1.700 banks. Coordinator: German Savings Banks Association Charlottenstrasse 47 | 10117 Berlin | Germany Telephone: +49 30 20225-0 Telefax: +49 30 20225-250 www.die-deutsche-kreditwirtschaft.de Page 2 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) I. Generelle Anmerkungen Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht möchte die derzeit anzuwendende Untergrenze für die Kapitalausstattung der Institute, nach der die Eigenkapitalanforderung mindestens 80 Prozent der Anforderungen nach Basel I beträgt (sog. Basel I-Floor), ersetzen. Zukünftig soll sich diese Untergrenze auf die Kapitalanforderungen nach den (derzeit in der Überarbeitung befindlichen) Standardansätzen beziehen. Die Kapitalanforderungen sollen danach mindestens einen bestimmten Prozentsatz der Kapitalanforderungen nach den Standardansätzen ausmachen. Noch nicht geklärt ist dabei, ob sich diese Untergrenze auf die gesamte Bank, auf die einzelnen Risikoarten oder auf Forderungsklassen beziehen soll. Das Konsultationspapier hat erhebliche grundsätzliche Bedeutung für die Weiterentwicklung der Säule-I-Regulierung des Baseler Ausschusses. Ziel ist es, Modellrisiken zu berücksichtigen, die Vergleichbarkeit der Kapitalanforderungen zu stärken sowie die Auswirkungen der Variabilität der Modellergebnisse auf die Kapitalanforderungen zu reduzieren. Auf diese Weise soll Wettbewerbsverzerrungen entgegengewirkt werden. Diese Ziele unterstützen wir. Wir haben jedoch große Zweifel, ob diese Ziele über die breite Einführung von Floors auf Basis von Standardansätzen erreicht werden können, d. h. ob hier vom Baseler Ausschuss der richtige Weg eingeschlagen wird. Die grundsätzlichen Defizite der Standardansätze wie • die geringere Risikosensitivität, die die Vergleichbarkeit der Ergebnisse reduziert und nicht erhöht, • die Risikoüber- und -unterzeichnungen aufgrund pauschaler Aufsichtsmodelle – auch Standardansätze sind Modelle in diesem Sinne –, die individuelle Portfoliostrukturen nicht angemessen abbilden können und Diversifikations- und Hedgingeffekte nicht oder nicht adäquat erfassen können sowie • die Gaming-Gefahr (die Möglichkeit des Ausspielens der Standardansätze z. B. aufgrund unzureichender Erfassung von Basisrisiken) werden auch nach den Baseler Reformen der Standardansätze für Markt-, Kredit- und operationelle Risiken bestehen bleiben. Deshalb halten wir Standardansätze nicht für geeignet, als Floor für modellbasierte Kapitalanforderungen zu dienen und lehnen deshalb die Einführung einer solchen Untergrenze ab. Wie die Standards Implementation Group (SIG) des Baseler Ausschusses für den Bereich des Handelsbuchs nachgewiesen hat, sind die Unterschiede zwischen den Eigenkapitalanforderungen der Banken zu einem sehr großen Teil auf unterschiedliche aufsichtliche Vorgaben oder auf zulässige Unterschiede bei der Anwendung dieser Vorgaben durch die Banken zurückzuführen. 1 Zur Verringerung dieser Unterschiede sollte unseres Erachtens bei den bankaufsichtlichen Vorgaben angesetzt werden. Ein Schwerpunkt sollte dabei bei der Vereinheitlichung der bankaufsichtlichen Anforderungen für die Zulassung und laufende aufsichtliche Überprüfung interner Verfahren gesetzt 1 Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (2013): Regulatory consistency assessment programme (RCAP) – Analysis of risk weighted assets for market risk, Basel. Page 3 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) werden. Die Europäische Bankaufsichtsbehörde hat hierzu bereits den Entwurf eines Technischen Regulierungsstandard (RTS) zur Harmonisierung der Zulassungs- und Prüfungspraxis in der EU 2 für den IRBA vorgelegt. Darüber hinaus könnte es hilfreich sein, aufsichtliche Ermessensspielräume in Bezug auf die Anwendung der internen Verfahren einzuschränken. Auch hier wurden in der EU durch die Absicht einheitliche bankaufsichtliche Regelungen einzuführen („Single Rulebook“), wichtige Weichenstellungen vorgenommen. Dabei sollte den Instituten jedoch ein ausreichender Spielraum zur Anwendung unterschiedlicher interner Verfahren belassen werden. Auf diese Weise wäre es ihnen möglich – innerhalb des aufsichtlich vorgegebenen Rahmens – unterschiedliche Verfahren im Wettbewerb zu prüfen, was die ständige Weiterentwicklung und Verbesserung dieser Verfahren befördern würde. Eine übermäßige Vereinheitlichung könnte darüber hinaus dazu führen, dass sich die Banken in einer Stresssituation gleichförmig verhalten (Herdenverhalten). Dies birgt Gefahren für die Stabilität der Finanzmärkte und sollte daher aus bankaufsichtlicher Perspektive mit den Vorteilen einer stärkeren Vereinheitlichung abgewogen werden. Nicht zuletzt könnten zu stark vereinheitlichte interne Verfahren dazu führen, dass diese nicht mehr für die interne Risikosteuerung verwendet werden könnten. Da die Banken gehalten sind, aufsichtlich abgenommene Verfahren auch intern zu nutzen, würde hieraus ein deutlicher Anreiz gesetzt, interne Verfahren nicht zu nutzen. Je nach Ausgestaltung der Floor-Regelungen könnten erhebliche negative Anreizwirkungen entstehen. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Verwendung der internen Modelle für die Berechnung von Kapitalanforderungen unattraktiv werden könnte. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Einführung bzw. Aufrechterhaltung interner Modelle auch für die Zwecke der Berechnung der Kapitalanforderungen mit keinem oder keinem ausreichenden Kapitalanreiz mehr versehen wäre. Mit der Anerkennung interner Verfahren für die Bemessung der Eigenkapitalanforderungen wurden den Instituten Anreize zur Nutzung fortgeschrittener Risikomessverfahren gegeben. Diese Anreize beruhten nicht nur auf der Erwartung, dass mit diesen Verfahren eine Verbesserung des Risikomanagements einhergeht. Sie fußten auch auf der Hoffnung, dass die Nutzung dieser Verfahren insgesamt zu geringeren bankaufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen führen wird. Tatsächlich hatte der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht betont, die Kapitalanforderungen im Aggregat so zu kalibrieren, dass die Nutzung interner Verfahren belohnt wird. Gleichzeitig führt die Einführung der geplanten Untergrenzen auch zu Fehlsteuerungen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Standardansätze die Risiken der Banken weniger „granular“ abbilden als interne Verfahren. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass Standardansätze die besonderen Risiken der einzelnen Institute weniger genau erfassen als interne Verfahren. Ein weiterer Schwachpunkt des Kreditrisiko-Standardansatzes ist (insbesondere im Vergleich mit dem fortgeschrittenen IRBA-Ansatz) die eingeschränkte Berücksichtigung von Sicherheiten. Auch reagieren die mittels Standardverfahren ermittelten Eigenkapitalanforderungen weniger schnell auf eine Änderung des Risikos einer Position. Im Rahmen des IRBA müssen beispielsweise die Ratings immer dann angepasst werden, wenn dem Institut neue Informationen über eine Adresse vorliegen. Interne Ratingverfahren dürften gerade jetzt, da die Institute ausreichende 2 Europäische Bankaufsichtsbehörde (2014): Draft Regulatory Technical Standards – On the specification of the assessment methodology for competent authorities regarding compliance of an institution with the requirements to use the IRB Approach in accordance with Articles 144(2), 173 (3) and 180 (3)(b) of Regulation (EU) No 575/2013 Page 4 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) Datenhistorien aufgebaut haben, die auch eine Finanzkrise umfassen, in besonderem Maße in der Lage sein, ihre Risiken genau zu erfassen. Die oben beschriebenen Effekte führen letztlich dazu, dass die Risiken in manchen Fällen über- in anderen unterschätzt werden. Darüber hinaus werden Diversifikationseffekte und die Wirkung von Absicherungen (wenn überhaupt) nur unzureichend erfasst. Zum anderen würde die für die Überprüfung der Untergrenze und die damit notwendige zusätzliche Berechnung der Eigenkapitalanforderungen nach den Standardansätzen zu einem erheblichen Mehraufwand bei den Instituten führen. Im Ergebnis können die oben genannten Ziele verfehlt werden, die negativen Nebenwirkungen aber eintreten. Wir sind der Auffassung, dass Floors deshalb keine sinnvolle Maßnahme zur Erreichung der Ziele sind. Dies führen wir unten weiter aus. Vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Kritik sind die folgenden Ausführungen zu den einzelnen Passagen des Konsultationspapiers zu verstehen. Die abschließende Beurteilung des Vorschlages des Baseler Ausschusses ist insbesondere aufgrund des fehlenden Detaillierungsgrades zur Kalibrierung schwierig und nicht endgültig möglich. Obwohl wir die Anwendung der Standardansätze als Untergrenze für die Kapitalanforderung nachdrücklich ablehnen, möchten wir darauf hinweisen, dass für den Fall, dass eine solche Untergrenze eingeführt werden sollte, weiterhin starke Anreize zur Verwendung der internen Verfahren bestehen bleiben sollten. Entsprechend sollte die Untergrenze nur einen möglichst geringen Prozentsatz der Eigenkapitalanforderungen nach dem Standardansatz ausmachen. Der Zeitplan, das Papier inkl. finaler Methode und Kalibrierung Ende 2015 zu veröffentlichen, erscheint äußerst ambitioniert. Fraglich ist, ob eine finale Kalibrierung vor dem Hintergrund der noch ausstehenden regulatorischen Themen (Überarbeitung Kreditrisikostandardansatz, Standardansatz für Kontrahentenrisiko, Standardansatz für das operationelle Risiko, Zinsrisiken im Bankbuch, usw.) aber auch der Modellansätze sinnvoll ist. Auch sollten Überschneidungen zu Themenkomplexen wie MREL und TLAC berücksichtigt werden. Darüber hinaus weisen wir darauf hin, dass erhebliche „sunk costs“ generiert würden, wenn vor der Einführung der „neuen“ Standardansätze für wenige Jahre die „bestehenden“ Standardansätze zur Berechnung der FloorAnforderungen zu implementieren wären. Daher plädieren wir dafür, dass der Zeitplan zur Einführung des Floors mit dem Zeitplan zur Einführung der Standardansätze und anderer relevanter regulatorischer Initiativen harmonisiert wird. Insbesondere ist aus unserer Sicht unerlässlich, die Kalibrierung des Floors erst nach Finalisierung sämtlicher Standardansätze vorzunehmen, um die gegenseitigen Abhängigkeiten vollumfänglich berücksichtigen zu können. Wir erwarten zudem eine Konsultation bezüglich der Kalibrierung des Floors und würden es sehr begrüßen, wenn vor Veröffentlichung des finalen Papiers eine weitere Konsultationsphase gewährt würde. In die Konsultation sollte auch der Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen KSA-Anforderungen aufgenommen werden. Page 5 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) Aus unserer Sicht sollte zudem genauer untersucht werden, welche Auswirkungen konjunkturelle Phasen auf die Kalibrierung des Floors haben. Gerade im Zusammenhang mit den neuen Standardansätzen lassen sich ansonsten ggf. zyklische Wirkungen schwer abschätzen. II. Besondere Anmerkungen (Tz. 11 – 27) Ziele (Tz. 11-13) Bei der Analyse der einzelnen Ziele einer breiten Floorregelung über alle Risikokategorien ist insbesondere zu hinterfragen, ob das Ziel mit einer Floorregelung überhaupt erreicht werden kann (Effektivität) und ob es ggf. alternative bessere Wege zur Zielerreichung gibt (Effizienz). Ziel 1: preventing undue optimism in bank modelling practices, thereby ensuring that modelled capital requirements do not fall below a prudent level (auch Tz. 13: Low level of model-based RWA) Eine Floorregelung soll offenkundig Risikounterzeichnungen auf Basis interner Modelle verhindern, um zu erreichen, dass die Kapitalanforderungen nicht unter ein bankaufsichtlich wünschenswertes Niveau fallen. Fraglich ist, ob es ein solches Niveau überhaupt gibt und wie dies bestimmt werden soll. Eine „korrekte“ Risikohöhe und damit eine angemessene Kapitalanforderung lassen sich nicht eindeutig ermitteln, schon gar nicht auf Basis von Standardansätzen. Diese Standardansätze haben selbst Modellcharakter und können Risiken über- aber auch unterzeichnen. Damit wäre auch ein Floor, der aus Standardansätzen abgeleitet wird entweder zu hoch oder zu niedrig. Aufseher sind keineswegs bessere „Modellbauer“ als die Institute selbst, wie alle bisher veröffentlichten Vorschläge für Standardansätze gezeigt haben. Wir warnen deshalb ausdrücklich davor, Standardansätze als prudentielle Benchmarks anzusehen und ihnen ohne kritisches Hinterfragen ihrer Schwächen, Vertrauen entgegen zu bringen. Im Ergebnis ist eine Floorregelung nicht effektiv. Ziel 2: mitigating model risk due to such factors as incorrect model specification, measurement error, data limitations and structural changes that may not be captured in historical data Modellrisiken interner Modelle werden durch aufsichtliche Modelle (Standardansätze haben Modellcharakter), die selbst Modellrisiken unterliegen, nicht adäquat adressiert (siehe auch unsere vorstehenden Anmerkungen zum Ziel 1). Ein Floor ist keine effektive Maßnahme. Stattdessen sollten eher die Validierungsanstrengungen im Rahmen eines umfassenden Validierungsansatzes verstärkt werden, mit denen sich Modellrisiken am ehesten reduzieren lassen. Hierzu gehören zunächst quantitative Ansätze wie das Backtesting, die Validierung der Inputparameter, Benchmarking (nicht auf Basis von Standardansätzen, sondern auf Basis von Quervergleichen zwischen Instituten mit gleichem Risikoprofil), Analysen der Robustheit und Sensitivität der Modellschätzungen. Hinzu kommen qualitative Validierungen, die ebenfalls wichtige Überprüfungsansätze beinhalten. Page 6 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) Im IRBA wird unter Modellrisiken die Gefahr verstanden, dass die gewählten Kriterien keine ausreichende oder gar eine falsche Differenzierung der Kreditnehmer herstellen. Die daraus resultierende fehlerhafte Zuordnung von Werturteilen über die Kreditqualität könnte dann zu unerwartet hohen Verlusten führen und somit zu einer zu niedrigen Eigenkapitalabsicherung. Tatsächlich gibt es bereits klare Vorgaben zur Berücksichtigung von Modellrisiken in der Säule I in Form von zu erwartenden Schätzungenauigkeiten aufgrund von nicht hinreichender Datenlage oder nicht ganz zufriedenstellender Methoden. Die Parameterschätzungen sind in diesem Fall konservativ anzupassen (Aufschlag um eine Sicherheitsmarge). Dies wird z. B. von vielen nationalen Aufsehern bei so genannten „low-default-portfolios“ für die PD-Schätzung verlangt. Auch bei Datenknappheit von LGD-Schätzungen sind häufig konservative Anpassungen vorzunehmen. Damit erfolgt auch eine Kapitalunterlegung von Modellrisiken. Ferner sehen die Regelungen des europäischen Aufsichtsrechts regelmäßige Prüfungshandlungen durch die Aufsicht sowie jährliche Beurteilungen durch die interne Revision und externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vor. Die jährliche Validierung stellt zudem sicher, dass Mängel in der Trennschärfe zu Anpassungsmaßnahmen führen. Auch für Modellfehler gilt, dass mit steigender Anwendungsdauer und zunehmender Größe des Anwendungsportfolios die Anfälligkeit für Mängel abnimmt. Liegt eine umfangreiche Anwendungserfahrung vor, bestehen keine relevanten Modellrisiken mehr. Messrisiken können im IRBA an zwei Stellen zu Verzerrungen führen: (i) bei der Ausfallerkennung und (ii) in der Kalibrierung von Risikoklassifizierungsverfahren: zu (i): Zunächst können in den Kreditprozessen der Banken Ausfälle übersehen werden. Wie hoch dieses Risiko einzuschätzen ist, liegt vor allem daran, wie lange ein Institut bereits die Zulassung für den IRBA besitzt. Denn im Rahmen der Zulassung wird die Funktionsfähigkeit der Ausfallerkennungsprozesse von der Aufsicht bestätigt sowie anschließend durch weitere Eignungs- und Nachschauprüfungen immer wieder überprüft und sichergestellt. Gleiches gilt für die jährlichen Prüfungen durch die interne Revision und externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Darüber hinaus wird im Rahmen der jährlichen Validierung, die ihrerseits ebenfalls Gegenstand der zuvor genannten in- und externen Prüfungen ist, regelmäßig geprüft, dass die Ausfallprozesse den regulatorischen Vorgaben entsprechen. Insofern lässt sich aus einer zunehmenden Dauer der IRB-Zulassung auch ein sich ständig verringerndes Risiko von Messfehlern bei der Ausfallerkennung ableiten. Zusätzliche Sicherheit bietet es zudem, wenn möglichst viele Kunden in dem Prozess zu behandeln sind, denn dies erzeugt Routine und Genauigkeit. zu (ii): Im Rahmen der Kalibrierung von Ratingverfahren spielt die langfristige durchschnittliche Ausfallrate eine besondere Rolle. Sie wird dazu verwendet, die Ergebnisse (Scores) eines Risikodifferenzierungsverfahrens in eine Ausfallwahrscheinlichkeit zu übersetzen. Durch die oben beschriebenen Zusammenhänge steigt mit der Dauer der Nutzung von IRB-Systemen auch die Qualität der langfristigen Ausfallrate. Diese beinhaltet jedoch nicht nur weniger Fehler bei der Messung einzelner Ausfälle, sondern vor allem auch weniger Risiko bezüglich ihrer Angemessenheit für ein Portfolio. Dies liegt daran, dass sie nach einer gewissen Anwendungsdauer keinen Verzerrungen durch Marktzyklen mehr unterliegt. Anders ausgedrückt, hängt die langfristige Ausfallrate nicht mehr von der aktuellen Phase eines Zyklusses ab, weil sie den Mittelwert über einen ganzen Zyklus widerspiegelt. Dieser Page 7 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) Tatsache trägt die Aufsicht im Rahmen des IRBA-Regelungswerks beispielsweise dadurch Rechnung, dass sich der geforderte Umfang für sog. Sicherheitsaufschläge mit steigender Anzahl an Beobachtungen und Beobachtungsjahre kontinuierlich verringert. Auch für Handelsaktivitäten gibt es bereits rigide Kapitalanforderungen unter der Säule I, die auch Modellrisiken adressieren, nämlich im Bereich „Prudent Valuation“. Hier werden Bewertungsabschläge auf die Bilanzbewertung von Fair-Value-Instrumenten ermittelt (Additional Valuation Adjustments, AVAs), die vom CET1-Kapital abgezogen werden müssen. Hierbei wird auch ein Puffer für Modellrisiken von Bewertungsmodellen auf Instrumentebene geschaffen. So werden Bewertungsrisiken, die sich aus der Existenz konkurrierender Bewertungsmodelle sowie aus der Modellkalibrierung ergeben, durch einen EBA-Standard adressiert. Auch die geforderten Abschläge für Marktpreisunsicherheiten können als Modellrisiken interpretiert werden. Ziel 3: addressing incentive-compatibility issues, as banks face incentives to use overly optimistic internal models to reduce risk-weighted assets and thereby maximise return on equity Solche beschriebenen Anreize bestehen in der Tat und lassen sich grundsätzlich auch mit einer Floorregelung adressieren. Allerdings ist es die Aufgabe der Aufseher selbst, solchen Anreizen im Rahmen ihrer Prüfungen der internen Modelle entgegenzuwirken. Dies wird in der Prüfungspraxis bereits flächendeckend berücksichtigt, etwa durch die oben beschriebenen Sicherheitsaufschläge („Margins of conservatism“) oder Kapitalabzüge. Eines zusätzlichen Floors bedarf es hier nicht. Ziel 4: improving comparability by providing a standardised assessment of risk which can be compared against internal model-based outcomes; Wie erläutert (Ziel 1) ist vor dem Glauben zu warnen, dass Standardansätze bessere Risikoschätzungen liefern als interne Modelle, das Gegenteil ist der Fall aufgrund der im Abschnitt „generelle Anmerkungen” genannten Defizite der Standardansätze. Eine „one-size-fits-allStandardrisikomessung“ kann es nicht geben. Da Standardansätze nicht auf die institutsindividuelle Portfoliostruktur zugeschnitten sein können, ist die Risikoschätzung ungenau, weil Risiken nicht oder nicht adäquat erfasst werden. Daraus können sich sowohl Risikounter- als auch überschätzungen ergeben. Damit werden Vergleiche zwischen Modellergebnissen und Standardansätzen in der Regel lediglich die Defizite der Standardansätze zutage fördern. Ziel 5: constraining variation in model-derived risk-weighted assets (RWAs) that arises from differences in bank and supervisory practices, thereby improving the comparability of RWAs across banks and over time. (auch: Tz. 13: RWA inconsistency and dispersion) Modellvariationen ergeben sich in beide Richtungen, Floors berücksichtigen lediglich eine Abweichungsrichtung und sind damit nicht hinreichende Instrumente zur Reduzierung von Unterschieden bei den Kapitalanforderungen. Außerdem reduzieren Floors nicht die Ergebnisvariabilität selbst, sondern lediglich deren Auswirkungen nach unten auf die Höhe der Kapitalanforderungen. Ein Floor ist damit nicht effektiv. Page 8 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) Eine wesentlich sinnvollere Maßnahme zur Reduzierung – nicht zur Eliminierung – von Ergebnisunterschieden ist es, nach sinnvollen Möglichkeiten der Reduzierung der Freiheitsgrade der internen Modellierung und damit auch zur Reduzierung der Komplexität der Modellierung zu suchen. Hier bestehen durchaus Standardisierungsmöglichkeiten, die wir gerne im Einzelnen mit dem Baseler Ausschuss diskutieren können. Solche Anstrengungen dürfen jedoch nicht in einheitliche interne Standardmodelle münden, weil sie dazu führen, dass alle Banken in gleicher Weise agieren (Herdenverhalten). Eine Diversität der Modelle ist bankaufsichtlich wünschenswert, weil dies geringere Zyklik der Kapitalanforderungen verursacht. Damit verbunden ist, dass man mit Variabilität im gewissen Umfang leben muss, wie auch Herr Ingves (Baseler Ausschuss) ausführt. Ziel 6 (Tz. 13): Horizontal inequity in risk-weighted capital requirements Die Argumentation ist für uns nicht nachvollziehbar, weil sie lediglich kapitalbezogene Kosten berücksichtigt. Ein Level-Playing-Field zwischen Standardansatz- und Modellinstituten wird nur dann erreicht, wenn es durch einen Übergang zum Modellansatz zu Kapitaleinsparungen kommt. Dies ergibt sich aus den erheblichen zusätzlichen Kosten, die Modellbanken für die Säule-Ikonforme Implementierung inkl. Erstvalidierung, die Umsetzung insb. organisatorischer Mindestanforderungen, die höhere personelle Kapazitäten erfordern, die Modellzulassungsprüfungen (inkl. Nachschauprüfungen) sowie die Maßnahmen zum Erhalt der Modellzulassung wie Modellvalidierungen oder -änderungen aufbringen müssen. Verhältnis Floors zur Leverage-Ratio (Tz. 13-15) Auch die Argumente, warum sogar zusätzlich zu Floorregelungen komplementär noch eine Leverage-Ratio erforderlich sei, überzeugen nicht. Grundsätzlich stehen wir auch der LeverageRatio als aufsichtliches Instrument aufgrund der vielfach beschriebenen negativen Nebenwirkungen nach wie vor sehr kritisch gegenüber. Die sehr beschränkte Insolvenzprognosekraft der LeverageRatio erkennt offenbar jetzt auch der Baseler Ausschuss an: So ist es sehr bemerkenswert, dass im Rahmen der KSA-Reform als Kennziffer für Bonitätseinschätzung von Banken nicht die LeverageRatio, sondern der CET1-Koeffizient vorgeschlagen wird. Use of low RWA to boost financial leverage Fehlerhaft spezifizierte Risikogewichte (z. B. die Nullgewichtung bestimmter Staatsanleihen) sind kein Argument für eine Leverage Ratio, die die Fehlerhaftigkeit nicht ursächlich bekämpft, sondern lediglich für eine Reform der risikobasierten Standardansätze. Unexpected large losses in low-RWA portfolios Unabhängig davon, ob es sich um low-, medium- oder high-RWA-Portfolios handelt, weisen solche Verluste, wenn sie denn eintreten, ebenfalls auf einen Reformbedarf der jeweiligen RWA-Ermittlung hin und sind kein Argument für eine Leverage Ratio. Page 9 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) Lack of market confidence in RWAs Auch dieser Ansatz zur Rechtfertigung der Leverage Ratio setzt nicht an den Ursachen des teilweise fehlenden Vertrauens in - nach Modellergebnissen oder Standardansatz ermittelten - RWAs an. Hier sind Maßnahmen, die insbesondere bei den internen Modellen ansetzen sinnvoller und vielversprechender, etwa über verbesserte Transparenz, über umfassende Modellvalidierungsansätze, über sinnvolle Standardisierungen zur Reduzierung der Variabilität der Modellergebnisse, über eine Stärkung des Use-Gedankens sowie über die Berücksichtigung von Modellrisiken. Design Kalibrierung (Tz. 16) – Frage 3 Leider enthält das Konsultationspapier keine allgemeinen Überlegungen zur Kalibrierung der Floors, bis auf den Hinweis, der Floor ist als Prozentsatz des jeweiligen Standardansatzes zu kalibrieren. Grundsätzliche Überlegungen zum Design der Floors können diese Thematik aber nicht ausklammern, denn auch hier lassen übergreifende Überlegungen anstellen. Je nach (ggf. falscher) Kalibrierung der Floor-Regelungen könnten erhebliche negative Anreizwirkungen entstehen. Zum einem sehen wir die „Gaming-Gefahr“. Folgender Effekt könnte eintreten, wenn der Floor greift, d. h. die Risikoschätzungen des internen Modells deutlich unterhalb des Floorlevels liegen: Das Institut könnte höhere Risiken nach Modellrisikomessung eingehen, ohne dass der Standardansatz höhere Risiken ausweist, z. B. durch im Standardansatz unberücksichtigte Basisrisiken im Marktrisikobereich. Dies hätte keine Auswirkungen auf die Kapitalanforderungen bis der Floorlevel erreicht wird. Für die Ausgestaltung der Floorregelungen ist deshalb die Wahl des Floor-Niveaus von entscheidender Bedeutung. Dieser Effekt ist besonders bei den weiter zu erwartenden Risikoüberzeichnungen der Standardansätze in Verbindung mit einem zu hoch gesetzten Floor zu erwarten. Außerdem sollte ein Anreiz erhalten bleiben, interne Modelle auch für Säule-I-Zwecke einzusetzen, um die Weiterentwicklung der bankeigenen Risikomess- und -managementsysteme zu fördern und nicht zu behindern. Sinnvolle aufsichtliche Anreize wie etwa unter Basel II die Einführung des IRBA haben bei den Banken deutliche Fortschritte bezüglich der Qualität der quantitativen Kreditrisikomessung und Kreditrisikosteuerung gebracht. Auch die Disziplinierung und damit Verbesserung hinsichtlich Datensammlung und Datenqualität haben zu deutlichen Fortschritten im Risikomanagement beigetragen. Die enge Koppelung bzw. der Gleichklang zwischen interner Steuerung und der Ermittlung der Kapitalanforderungen ist ein hohes Gut, das nicht aufgegeben werden sollte. Um beiden genannten Negativanreizen entgegen zu wirken, muss der Floor deutlich unter 100 % des Standardansatzes liegen (Kalibrierung auf Basis der Modellergebnisse). Page 10 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) Level (Tz. 17-19) RWA-Floor oder capital floor (Tz. 17) Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, einen Floor festzulegen. Zum einen als „RWA-Floor“, d.h. es werden die modellbasiert ermittelten RWAs mit den RWA basierend auf x% des Standardansatzes verglichen, der höhere Wert ist zu verwenden. Zum anderen ist „capital floor“ möglich, der prüft, ob die Institute auch die ggf. durch den Floor erhöhten Kapitalanforderungen erfüllen, ohne dass die RWA selbst nach unten beschränkt werden. Aus dem Konsultationspapier wird nicht deutlich, welches Design bevorzugt wird. Wir befürworten hier als Design einen „capital floor“. Aggregation über Risikokategorien? (Tz. 18-19) – Frage 1 Ein risikoartenübergreifender Floor stellte unserer Meinung nach die beste der aufgezeigten Varianten dar. Diese hat den Vorteil der besseren Verständlichkeit für Investoren und sonstige Stakeholder. Aus unserer Sicht wäre dies bei Floor-Regelungen pro Risikoart bzw. Forderungsklasse auf Grund der deutlich erhöhten Komplexität nicht der Fall. In diesem Zusammenhang weisen wir auf die Intention des Baseler Ausschusses hin, die Regelungen zur Kapitalunterlegung risikoorientiert, aber auch einfach und verständlich zu gestalten (BCBS 258). Zudem stellt der risikoklassenübergreifende Floor die zum bestehenden Konzept des Basel I-Floors ähnlichste Lösung dar, was die Verständlichkeit erhöht und den zu erwartenden Umsetzungsaufwand verringert. Daneben sehen wir außerdem die Gefahr, dass ein risikokategorienbezogener Floor beim IRBA Anreize setzen würde, Gestaltungsspielräume bzgl. der Forderungsklassenzuordnung zu nutzen. Weitere Herausforderung ergeben sich dadurch, dass KSA- und IRBA-Forderungsklassen aktuell nicht deckungsgleich sind und dass durch Substitutionssicherheiten Verschiebungen innerhalb der Forderungsklassen stattfinden können. Aus der Implementierungs- und Steuerungsperspektive weisen wir darauf hin, dass in einem Konzern die Berechnung eines Floors auf Forderungsklassenebene zu hoher Komplexität führt. Da bei einer größeren Zahl von „Floors“ die Wahrscheinlichkeit, dass der Floor schlagend wird, deutlich höher ist, kann die Beurteilung von Transaktionen beziehungsweise Konzerneinheiten aus einer Kapitalbindungsperspektive weitaus schwieriger werden. In diesem Zusammenhang weisen wird zudem auf die Schwierigkeit hin, bei einer allgemeingültigen Kalibrierung für alle drei aufgezeigten Varianten das gleiche Kapitalniveau zu fordern. Geht man bspw. von einer Bank A aus, die in einer IRB-Forderungsklasse X Eigenmittelanforderungen deutlich unterhalb der Flooranforderungen und in einer anderen IRBForderungsklasse Y deutlich über den Flooranforderungen liegt, insgesamt aber über alle Forderungsklassen Eigenmittel nur leicht unterhalb der Flooranforderungen aufweist, so wird diese Bank A höhere Kapitalanforderungen vorhalten müssen als die Bank B, bei der die entsprechenden Eigenmittelanforderungen auf die beiden Forderungsklassen „gleich verteilt“ sind. Folglich müsste für dieses Beispiel eine individuelle Kalibrierung für beide Banken erfolgen, um ein gleichlautendes Ergebnis zu erzielen. Page 11 of 11 Comments on BCBS Consultation Paper “Capital floors: the design of a framework based on standardised approaches” (BCBS 306) Dieses Beispiel zeigt zudem, dass für Bank A ggf. kein weiterer Anreiz besteht, die Risikomessung für die Forderungsklasse X zu verbessern. Daher stellt aus unserer Sicht ein risikoartenübergreifender Floor eine sinnvolle Balance zwischen ökonomischer Incentivierung und aufsichtlicher Kontrolle dar. Den Instituten wird so ein sinnvoller Anreiz geboten, Risiken nach wie vor präzise zu messen und die Portfoliogüte zu optimieren, gleichzeitig wird allerdings sichergestellt, dass ein bestimmtes Kapitalniveau auf Basis der Standardansatzes jederzeit vorgehalten wird. IRBA-Floor: Anpassungen aufgrund von Unterschieden zwischen KSA- und IRBABerechnung der Kapitalanforderungen (Tz. 20-24) – Frage 2 Beide Varianten der Berechnung des Shortfall (zwischen der bilanzierten Risikovorsorge und dem bankaufsichtlich ermittelten erwarteten Verlust) bergen aus unserer Sicht Herausforderungen: Variante 1, bei der eine Anpassung der regulatorischen Kapitalbasis erfolgt, kann aus unserer Sicht nicht auf Forderungsklassenebene gerechnet werden. Schließlich müsste dazu die Kapitalbasis einzelnen Forderungsklassen zugeordnet werden. Dies würde bei dieser Variante zu zusätzlicher Komplexität führen. Ein weiterer komplexer Faktor ist die Berechnung des Floors auf Basis aller Quoten, da pro Kapitalklasse im IRB als auch im KSA unterschiedliche Kapitalkomponenten berücksichtigt werden. Fraglich ist aus unserer Sicht, ob die ohnehin schon hoch komplexen Kapitaldefinitionen noch weitere Anpassungen erfahren sollten. Offen ist aus unserer Sicht zudem die Frage, ob bei der Anpassung des CET1 durch den Shortfall auch die entsprechenden nachfolgenden Schwellenwertabzüge (DTA, Beteiligungen an Unternehmen des Finanzsektors) zu berücksichtigen und anzupassen sind. Da die regulatorische Kapitalbasis zudem Grundlage für weitere regulatorische Kennziffern ist, sollte auch bedacht werden, dass durch eine Anpassung des Kapitals bspw. die Leverage Ratio anzupassen wäre. Variante 2 erscheint zunächst etwas intuitiver, birgt allerdings aus unserer Sicht den entscheidenden Schwachpunkt, dass im Tier 2-Kapital berücksichtigte Kapitalbestandteile in gleicher Weise in den RWA berücksichtigt werden wie im Tier 1 berücksichtigte Kapitalbestandteile. Dies kann dazu führen, dass Institute zum einen die Bildung von „general loan loss provisions“, bzw. den Ausweis eines Excess beim Wertberichtigungsvergleich vermeiden wollen. Wahl des Standardansatzes (Tz. 25-26) Wir befürworten die Wahl des Floors entsprechend der Regelung in der jeweiligen Jurisdiktion. Offenlegung (Tz. 27) Keine Anmerkungen.
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