Ökonomische Rahmenbedingungen – 2. Quartal 2015 Die Zentralbanken bestimmen weiterhin das Geschehen an den Kapitalmärkten Die ersten Monate des Jahres waren so ereignisreich wie manche komplette Börsenjahre in der Vergangenheit. Mit einem Paukenschlag hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) am 15. Januar die seit über drei Jahren bestehende Euro-Kursuntergrenze von 1,20 wieder aufgehoben. Diese Maßnahme kam sehr überraschend und wertete den Schweizer Franken schlagartig auf. Die SNB konnte mit der Freigabe des Wechselkurses nicht bis zum von außen gesehen richtigen Zeitpunkt warten, sonst wäre ihr Verhalten absehbar gewesen und hätte allen Währungsspekulanten „Tür und Tor“ geöffnet. Sie hat schließlich den Zeitpunkt gewählt, bevor die EZB ihre Entscheidung zum Anleihekaufprogramm verkündete. Der Wechselkurs notierte zunächst nahe der Parität zum Euro, hat sich dann aber im Laufe des ersten Quartals wieder bei 1,06 EUR stabilisiert. Zusätzlich möchte die Notenbank die Attraktivität Franken zu halten mit negativen Zinsen einschränken. Wie bereits erwartet hat die EZB, nach dem Vorbild der amerikanischen und britischen Notenbanken, am 9. März ein umfangreiches Anleihekaufprogramm begonnen und angekündigt, monatlich Staatsanleihen im Wert von 60 Mrd. Euro zu kaufen. Die Notenbank plant diese Käufe mindestens bis September 2016 fortzusetzen, bis die Inflationsrate in der Eurozone „nachhaltig“ an den Zielwert von knapp unter 2% zurückkehrt. Mit diesem Programm, Anleihen in Höhe von insgesamt 1,1 Billionen Euro zu kaufen, unterstreicht die EZB die Bereitschaft alles zu unternehmen, um die Wirtschaft zu stützen und eine Deflation abzuwenden. Zwar war die Umsetzung schon vorher bekannt, jedoch haben sowohl die Zinsen an den Rentenmärkten als Highlights § Die geldpolitischen Entscheidungen der SNB und EZB haben großen Einfluss auf die jeweiligen Währungen. § U.E. wird das Ziel der Verhandlungen ein Verbleib Griechenlands in der EWU sein. § Highlights im 2. Quartal 2015: Verhandlungen zwischen EU und Griechenland, geldpolitische Entscheidung der Fed. Aktien 31.12.2014 31.03.2015 in % DAX Euro Stoxx MSCI Welt in EUR 9805,55 3146,43 1412,95 11966,17 3697,38 1622,68 22,0% 17,5% 14,8% Anleihen (Zinsen) in Bp Bundesanleihen (10J) 0,54% US-Treasuries (10J) 2,17% 0,18% 1,92% -36 -25 1,07 1,04 -11,3% -13,2% Wechselkurse EUR/USD EUR/CHF in % 1,21 1,20 auch die Aktienmärkte seit Start der Anleihekäufe scharf reagiert. Zinsen für 10-jährige deutsche Staatsanleihen fielen abermals und notieren mit 0,18% nahe Null. Der deutsche Aktienindex stieg auf zeitweise über 12.000 Punkte und markierte fast täglich neue Allzeithöchststände. Betrachtet man nun sogar den DAX ohne Dividenden (Preisindex), so ist der Höhepunkt von März 2000 wieder erreicht (vgl. Chart: DAX-Preisindex erreicht Höchststand vom Jahr 2000, Seite 2). Selbst die Unsicherheiten hinsichtlich Griechenland oder des Ukraine-Konflikts konnten die Kapitalmärkte nicht belasten (vgl. nächstes Kapitel). Zusätzlich werden die europäischen Märkte durch den schwachen Euro und niedrigen Ölpreis positiv beeinflusst. Quartalsbericht 2/2015 Seite 1 Vor allem die divergierende Zentralbankpolitik der EZB und der Fed haben zu einer Ausweitung der Zinsen zwischen Eurozone und USA geführt, da in den USA angesichts einer besseren Konjunkturlage mit einem Anstieg der Leitzinsen gerechnet wird. Der Spread zwischen 10-jährigen US-Treasuries und Bundesanleihen liegt aktuell bei rund 1,7%, dem höchsten Wert seit 1990. USStaatsanleihen bewegen sich somit auf einem Niveau vergleichbar mit dem S&P-Rating „BB“ eingestuften deutschen Unternehmensanleihen. Das Anleihekaufprogramm der EZB hat diese Entwicklung noch zusätzlich verstärkt. Folglich hat sich der US-Dollar im Verhältnis zum Euro stetig aufgewertet und notiert aktuell bei 1,07 Euro. DAX-Preisindex erreicht Höchststand vom Jahr 2000 Quelle: Bloomberg, FG&W Welche Konsequenz hätte ein Austritt Griechenlands aus der Währungsunion? Spätestens seit Dezember 2014, nachdem Neuwahlen in Griechenland angekündigt wurden, kam die Schuldenproblematik Griechenlands wieder auf die Tagesordnung der europäischen Politik zurück. Im Januar 2015 hat die linksgerichtete Partei Syriza – wie bereits erwartet – die Parlamentswahlen gewonnen. Zusammen mit ihrem Koalitionspartner, der rechtsradikalen Partei ANEL, möchte das neue Bündnis das Sparprogramm, welches mit der Europäischen Union (EU) beschlossen wurde, neu verhandeln. Im Vordergrund der Neuverhandlungen stehen ein weiterer Schuldenschnitt und weniger restriktive Reformen. Allerdings lehnt die EU dies ab und verweist auf die Reformen, die mit der (alten) griechischen Regierung ausgehandelt wurden. In der Zwischenzeit gab es fast täglich Verhandlungen zwischen der EU und Griechenland, jedoch mit wenigen Ergebnissen. Die europäischen Finanzminister haben lediglich einem 4-monatigen Aufschub zugestimmt, der an bestimmte Bedingungen geknüpft ist und die Zahlung von Hilfskrediten in der Zwischenzeit sicherstellen soll. Dies verschafft den Verhandlungspartnern Zeit, um an einer nachhaltigen Lösung zu arbeiten. Wir gehen davon aus, dass der Weg zu einem neuen Abkommen zwischen Griechenland und der EU holprig bleibt. Zum einen wird die neue griechische Regierung versuchen ihre Wahlversprechen (Neuverhandlung der Schulden, Abmilderung der Sparmaßnahmen) einzuhalten, zum anderen wird ein Schuldenschnitt zum jetzigen Zeitpunkt aus Sicht der EU unmöglich sein. Dieser Standpunkt wurde klar und deutlich seit Beginn der neuen Verhandlungen vertreten. Damit steht die griechische Regierung sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch unter großem Druck. Darüber hinaus kann Griechenland nicht auf die Unterstützung der anderen Peripherieländer zählen. Deren Regierungen wissen genau, dass jegliche Art von Bevorzugung zugunsten Griechenland und Verhandlungserfolge der Linkspartei Syriza mit der EU die jeweiligen eigenen extremen (eurofeindlichen) Parteien ermutigen. Insbesondere ist Spanien mit dieser Entwicklung konfrontiert, da auch dort eine stark linksgerichtete Protestbewegung (Prodemos) mit der griechischen Syriza-Partei sympathisiert. Zwar haben Reformen und eine straffe Haushaltspolitik durch den spanischen Ministerpräsident Rajoy zum stärksten Wirtschaftswachstum seit 7 Jahren geführt, jedoch ist die anhaltend überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenrate (v.a. die Jugendarbeitslosigkeit) weiterhin besorgniserregend. Quartalsbericht 2/2015 Seite 2 Wir gehen davon aus, dass (zum jetzigen Zeitpunkt) ein Austritt Griechenlands unwahrscheinlich bleibt, da die Konsequenzen – insbesondere für Griechenland – unüberschaubar und heftig sind. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass ein Ausschluss gemäß dem Abkommen zur Europäischen Währungsunion (EWU) nicht vorgesehen ist. Die Mitgliedschaft in der EWU ist unumkehrbar, damit der Vertrag nicht von Beginn an destabilisiert ist. Jedoch kann Griechenland das Abkommen aberkennen und freiwillig aus der Währungsunion austreten. Vor allem würde die Wirtschaft Griechenlands bei einem Austritt („Grexit“) erneut tief abrutschen. Dieses Jahr könnte das Wirtschaftswachstum seit 2007 zum ersten mal wieder positiv ausfallen. Zusätzlich würde die Inflation rapide steigen, da eine neu eingeführte griechische Währung durch den Vertrauensverlust in die Regierung stark abwerten würde. Auch würde Griechenland die stabilitätsorientierte Geldpolitik der EZB verlieren. Die nationale Notenbank hätte eine geringere Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit als die EZB. Darüber hinaus wären die Kosten enorm hoch und kaum absehbar: Aufgabe aller Vergünstigungen des Euroraums, Aufbau einer neuen Geldpolitik, für neue Anleihen würden Investoren neben einer hohen Risikoprämie zusätzlich eine Prämie für das Währungsrisiko verlangen, Kosten für eine fiskalische Anpassung, bestehende Staatsschulden bleiben weiterhin in Euro und Direktinvestitionen würden einbrechen. Diesen Nachteilen stehen nur wenige Vorteile gegenüber: Griechenland bzw. die nationale Zentralbank könnte nach einem Austritt den Wechselkurs und Zins selbst steuern. Insbesondere sind die Lohnstückkosten in den Jahren der Euro-Mitgliedschaft überdurchschnittlich stark gestiegen. Eine markante Abwertung der neuen Landeswährung könnte diesen Effekt (kurzfristig) entlasten. Da auch für die gesamte Eurozone gravierende Nachteile durch einen Austritt entstehen können, wird unserer Meinung nach weiterhin der Verhandlungserfolg an einer Währungsunion mit Griechenland gemessen. Durch einen potentiellen Austritt würden Verluste aufgrund der griechischen Schulden tatsächlich anfallen und sogar deutlich steigen (Schulden könnten nicht zurückgezahlt werden). Schließlich können auch die Zinsen in den übrigen Peripherieländern wieder steigen und auf Niveaus von 2011/2012 zurückkehren (vgl. Chart: Die Zinsabstände zu Deutschland sind tief). Zusätzlich würde ein solcher Präzedenzfall bedeuten, dass die Mitgliedschaft in der EWU nicht mehr unumstößlich ist und insgesamt die Reputation sowie Glaubwürdigkeit der gesamten Europäischen Währungsunion belasten. Die Zinsabstände zu Deutschland (in%) sind tief Quelle: Bloomberg, FG&W Aktienanlagen sind in Europa weiterhin attraktiv Wie könnten die Kapitalmärkte auf die zahlreichen politischen und ökonomischen Ereignisse der letzten Wochen reagieren? Erstens: Die Aufgabe des Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank hat bereits zu einer deutlichen Aufwertung des Schweizer Franken geführt. Sorgen, dass das aktuelle Kursniveau die Schweizer Wirtschaft nachhaltig belastet halten wir für überzogen. Zwar trifft die starke Aufwertung des Frankens hauptsächlich Unternehmen, die inländisch produzieren und einen großen Anteil ihrer Waren im Ausland verkaufen, jedoch hat sich dieser Effekt seit der starken Quartalsbericht 2/2015 Seite 3 Aufwertung des US-Dollars wieder egalisiert. Der starke US-Dollar wird sich in der Rechnung von Unternehmen niederschlagen, die Einnahmen in US-Dollar erzielen. Exportorientierte Unternehmen (z.B. Pharma-, Medizintechnik-Branche und Luxusgüterindustrie) profitieren dank der starken internationalen Ausrichtung von der fortgesetzten Dollarstärke, was ihnen zusätzlich sogar einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Außerdem gehen wir davon aus, dass die am stärksten von den Währungsverlusten betroffenen Unternehmen bald Kostensenkungsmaß-nahmen umsetzen, um die negativen Auswirkungen abzufedern. Aufgrund des hohen technologischen Grades der Schweizer Unternehmen wird unseres Erachtens ein Anpassungsprozess mittelfristig geschehen. Insbesondere Hersteller im Pharmaund Luxusgüterbereich verfügen über höhere Margen und mittelfristig auch über eine überdurchschnittliche Preissetzungsmacht, die es ihnen ermöglicht, Währungseffekte leichter zu kompensieren. Vor diesem Hintergrund sind die Schweizer Aktienmärkte gut gestützt. Zweitens: Anleihekäufe, wie jüngst von der EZB initiiert, beeinflussen i.d.R. die Langfristzinsen, verändern die Markterwartungen und schwächen die Währung. Unserer Meinung nach wird sich dieser Prozess in den nächsten Monaten in Europa fortsetzen. Theoretisch wird der Wert der europäischen Staatsanleihen zunehmen und die Renditen (Zinsen) weiter fallen, wenn die Nachfrage nach diesen Titeln durch das EZBKaufprogramm steigt. Wir gehen davon aus, dass die nahe bei null liegenden Zinsen zwar in absehbarer Zeit kaum steigen werden, aber auch negative Zinsen möglich sind. Im Gegensatz können in den USA die langfristigen Zinsen wieder steigen, wenn es die Wirtschaftslage zulässt und die Notenbank langsam die Leitzinsen anhebt. Jedoch hat die Fed erneut signalisiert, dass der Anstieg der Zinsen nur sehr langsam und in Abhängigkeit der Konjunktur sowie des Arbeitsmarktes erfolgt. Darüber hinaus liefert das Anleihekaufprogramm der EZB große Anreize weiterhin verstärkt auf (europäische) Aktienanlagen zu setzen. Zwar ist keine Lösung der Griechenland-Krise in Sicht, aber wir gehen davon aus, dass ein Kompromiss gefunden wird, in dem Griechenland weiterhin in der Eurozone bleibt. Insbesondere profitieren die europäischen Märkte vom schwachen EuroKurs und der geldpolitischen „Bazooka“ der EZB. Neben dem niedrigen Ölpreis ist zusätzlich die Bewertung, gemessen am aktuellen Zinsniveau und im Verhältnis zu den USA weiterhin vorteilhaft. Drittens: Die Gründe für eine Aufwertung des US-Dollar wurden hinlänglich beschrieben. Unserer Meinung nach wird sich diese Entwicklung nach zwischenzeitlichen Erholungsphasen des Euro begrenzt fortführen. Zwar ist die aktuelle Dollar-Stärke noch von den Höchstständen Mitte der 80er-Jahre und zu Beginn der 2000er-Jahre weit entfernt, jedoch erfolgte die Aufwertung innerhalb der letzten 6 Monate sehr schnell (vgl. Chart: Die 6-Monatsveränderung des USD-Index). Obwohl die US-Unternehmen noch kaum negativen Anzeichen verspüren, kann eine derart schnelle Aufwertung Spuren hinterlassen (Exporte werden teurer). Außerdem werden einige Schwellenländer (z.B. Brasilien, Russland, Indonesien) durch den starken USDollar, in Verbindung mit den schwachen Rohstoffpreisen belastet, da die Anbindung der eigenen Währung an den US-Dollar wie eine geldpolitische Straffung wirkt. Die 6-Monatsveränderung des USD-Index Quelle: Bloomberg, FG&W Quartalsbericht 2/2015 Seite 4 Haftungsausschluss: Impressum Herausgeber: Franzen Gerber & Westphalen Asset Management GmbH Minnholzweg 2b 61476 Kronberg im Taunus Telefon: 06173 800-400 Fax: 06173 800-444 Email: [email protected] www.fgw-asset.de Geschäftsführende Gesellschafter: Walter Franzen Matthias Gerber Matthias Graf von Westphalen Registergericht: Amtsgericht Königstein i. Ts., HRB 5003 Sitz der GmbH: Kronberg i. Ts. 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