10 | Golf handelszeitung | Nr. 17/2015 Tiger Woods’ virtueller Absturz PGA Tour Das Videospiel ist die erfolgreichste Golfsimulation der Welt. Tiger Woods war seit 1998 ihr Gesicht. Nun setzt EA Sports auf Rory McIlroy. Für Woods die nächste Pleite gegen den Nordiren. Lutz Wöckener 1 2 1 Tiger Woods: Vor 17 Jahren lief das Videospiel erstmals unter seinem Namen. 2 Tiger Woods: 2002 gab es den Superstar gleich doppelt auf dem Titelcover. 3 M it Spannung erwarten Computer- und Videospieler die neue Version PGA Tour Golf von EA Sports. Die neue Ausgabe der erfolgreichsten Golfsimulation der Welt wurde auf Basis der Frostbite-3-Engine entwickelt und ermöglichte den Entwicklern noch mehr Details und eine deutlich vergrösserte Spielumgebung. «Die Wartezeiten zwischen den Löchern entfallen, und die Spieler können von fast jedem beliebigen Ort abschlagen», wirbt der Anbieter. Das Spiel biete Golf ohne Grenzen. Die Spieler sind gespannt. Doch auch aus Sportmarketingsicht markiert das Spiel einen Meilenstein. Erstmals wird das seit 1998 jährlich herausgebrachte Spiel unter einem anderen Namen und entsprechend mit neuem Gesicht auf den Markt kommen: Auf «Tiger Woods PGA Tour 99» und die 15 anschliessenden Ausgaben 4 bis «Tiger Woods PGA Tour 14» folgt nun nach einem Jahr Pause «Rory McIlroy PGA Tour». EA Sports stets loyal zu Woods – bis heuer Der Wechsel ist die konsequente Fortsetzung jener Wachablösung, die sich in den vergangenen Jahren bereits auf den Golfplätzen vollzogen hat. McIlroy führt die Weltrangliste souverän an, gewann vier Major-Turniere und gilt mit seinen 25 Jahren als die Zukunft des Golfsports. «Es macht mich stolz und ehrfürchtig, mein Gesicht und meinen Namen auf EA Sports Rory McIlroy PGA Tour zu sehen», sagt der Nordire, «das ist eine grosse Ehre und etwas, das ich mir damals, als ich mit dem Golfen angefangen habe, nie hätte träumen lassen. Ich hoffe, das Spiel macht den Menschen Freude. Ich bin sehr glücklich, ein Teil davon zu sein.» Von 2011 an hatte Spieleentwickler Electronic Arts zwar Woods nur noch in Verbindung mit weiteren Golfprofis wie fotos: zvg 3 Arnold Palmer: 2014 stellte man Woods die Golflegende Palmer (rechts) zur Seite. 4 Rory McIlroy: 2015 ist der Nordire das neue Zugpferd für das Videospiel. Rickie Fowler oder Arnold Palmer das Cover des Spiels gewidmet, war ihm gegenüber aber stets loyal geblieben, hatte die Formschwankungen des Ausnahmeprofis sowie auch die sinkenden Verkaufszahlen ignoriert und auch während seiner schlagzeilenträchtigen Ehe- und Psychokrise zu ihm gehalten. Nun aber der endgültige Wechsel, der für den chronisch verletzten, ausgebrannten und in der Weltrangliste auf Platz 101 abgestürzten US-Amerikaner die zweite herbe Niederlage gegen McIlroy bedeutet. Vor zwei Jahren löste McIlroy Woods als Aushängeschild von Nike ab. Der Lockenkopf unterschrieb beim amerikanischen Sportausrüster einen Vertrag, der ihm bis 2023 täglich 68 500 Dollar garantiert. 2011 tauchte er hinter Woods bereits einmal auf dem EA-Sports-Cover auf, nun ist es sein Spiel. Wie viel Geld der Nordire dafür erhält, ist spekulativ. Woods hatte von Electronic Arts jährlich 15 Millionen Dollar bekommen. «Rory McIlroy PGA Tour» wird in der Schweiz ab Juni 2015 für Xbox One und PlayStation 4 erhältlich sein. Golflehrer «Die Spielfreude ist viel wichtiger als die Technologie» Thierry Rombaldi bringt als Pionier mit unkonventionellen Ideen Golf in Schwung. Vor allem will er auch bei Kindern die Freude am Golfsport fördern. Interview: Stephan Lehmann-Maldonado Wenn die Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro starten, zählt Golf zu den offiziellen Disziplinen – erstmals seit über 100 Jahren. Befindet sich der Sport unaufhaltsam im Aufschwung? Thierry Rombaldi: Seit Ende des 20. Jahrhunderts setzt sich Golf als Breitensport durch. Das ist erfreulich, hat aber auch eine Kehrseite: Die Kommerzialisierung. Golfschläger und Golfoutfits werden in immer grösserem Ausmass aus Billiglohnländern importiert und von internationalen Unternehmen feilgeboten. Das ganze Jahr über buhlen Grossveranstalter um Kunden für Golfreisen. Die Leidtragenden sind die spezialisierten Golfshops – aber auch die Golfspieler. Denn die Qualität der Angebote lässt nach. Sie haben eine der ersten öffentlichen Schweizer Golfschulen ins Leben gerufen, dies Mitte der 1990er-Jahre in Thalwil-Rüschlikon. Was hat sich seither verändert? Früher kam Golflehrern die Rolle eines persönlichen Coachs und Begleiters zu. Heute agieren sie oft als reine Angestellte. Dies kann problematisch sein, weil die Beziehung zwischen Golflehrer und Schüler zentral ist. Es gilt, von Anfang an die richtige Technik einzuüben. Bis vor einigen Jahrzehnten arbeiteten Golf lehrer als selbstständige Unternehmer. Sie waren im Thierry Rombaldi (51), selbstständiger Golflehrer in Zürich und Umgebung sowie in Crans-surSierre VS Golfklub zuständig – von der Akquisition der Schüler über die Turnierorganisation, den Pro-Shop bis zum Unterhalt des Platzes. Sie standen Schülern bei mentalen und körperlichen Problemen bei und kümmerten sich um deren Ausrüstung. Diese Tradition droht verloren zu gehen – obgleich ich versuche, sie aufrechtzuerhalten. Dabei bin ich mir bewusst, dass sich nicht jeder das Privileg leisten kann, als unabhängiger Golflehrer tätig zu sein. Sie waren einer der Ersten, die Golfschwünge mit aufwendigen Computeranalysen beurteilt haben. iese nehmen im Golfsport mittlerweile einen D ziemlich hohen Stellenwert ein. Mit modernen Hochleistungsrechnern werden Golfschwünge bis ins Detail analysiert. Dies hilft tat sächlich, Fehler zu entdecken. Vielen Spielern verhilft dies zu einem Aha-Erlebnis. Doch wenn Golf zur Technologieschlacht verkommt, blockiert das psychologisch viele Spielende. Und obgleich die Computerprogramme immer raffinierter werden, gibt es seit 40 Jahren kaum wesentliche neue Erkenntnisse, was die biomechanische Schwungbewegung betrifft. Die Geometrie des Schwungs und die physikalischen Gesetze haben sich nicht verändert. Jeder muss s einen eigenen Schwung finden. Mehr Abschläge – indoor oder an der freien Luft – und ein Training ohne Druck bringen meist mehr als unzählige statistische Auswertungen. Golf besteht für alle Spieler aus guten und schlechten Schlägen: Freuen Sie sich an den g uten Schlägen – und an den schlechten. Wer einem Misserfolg auf den Grund geht, hat das nächste Mal bessere Chancen. Eine Golfausrüstung kann schnell ins Geld gehen. Inwiefern trägt sie zum Erfolg bei? Natürlich ist der Schläger nicht an jedem Fehlschlag schuld. Doch mit einem Schlägerset, das nicht den Körpermassen und der Fitness des Spielers entspricht, liegen leider keine guten Resultate drin. Die Schläger müssen dynamisch angepasst sein. Sonst überlässt man die Präzision allein dem Zufall. Aus Erfahrung weiss ich: Rund 80 Prozent aller Golfspieler trainieren mit einer suboptimalen Ausrüstung. Sie könnten ihr Handicap bequem verbessern, wenn das komplette Schlägerset dem Körper und dem Schwungverhalten angepasst wäre. Hierzu sind dynamisches Fitting und Videoaufnahmen hilfreich. Erstaunlich, aber wahr: Wer die Ausrüstung von Anfang an mit einem Golfpro kauft, macht schneller Fortschritte – und spart erst noch Geld. Sie fördern gezielt auch Kinder. Weshalb? Ich bin alleinerziehender Vater von drei Kindern. Da liegt mir der Nachwuchs am Herzen. Vor allem aber bin ich überzeugt: Golf ist für Kinder ein idealer Sport, der Kraft, Konzentration und Koordination fördert. Ausserdem lernen Kinder die Bewegungsabläufe spielerischer und schneller. Leider sind aber die meisten Golfplätze der Schweiz nach wie vor auf Erwachsene ausgerichtet. Wir brauchen darum mehr Kinderturniere, mehr Lehrer mit pädagogischer Ausbildung und mehr Verständnis für die Kleinen auf dem Grün.
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