GDI Gesamtverband Dämmstoffindustrie · Friedrichstraße 95 (PB 138) · 10117 Berlin Gesamtverband Dämmstoffindustrie e.V. Herrn Volker Angres Leiter der ZDF-Umweltredaktion & planet e ZDF Redaktion Umwelt 55100 Mainz per E-Mail: [email protected] IHZ · Friedrichstraße 95 10117 Berlin Fon + 49 30-2061 8979-0 Fax + 49 30-2804 1956 [email protected] www.gdi-daemmstoffe.de StNr.: 1127 / 620 / 57 867 USt-IdNr.: DE 246 559 479 Ihre Sendung „verdämmt und zugeklebt“ Berlin, den 20. März 2015 Sehr geehrter Herr Angres, mit Interesse haben wir Ihre Sendung „Verdämmt und zugeklebt“ vom 15. März 2015 verfolgt. Da wir leider im Zuge Ihrer Recherche für die Sendung nicht als Gesprächspartner angefragt wurden, möchten wir Ihnen mit diesem Brief unsere Stellungnahme übermitteln. Der Schlusssatz Ihres Sendungsbeitrags ist unserer Ansicht nach eine der zentralen Botschaften für Ihre Zuschauer: „Jedes Haus, jede Baumaßnahme, ist ein Einzelfall. Deswegen machen nur maßgeschneiderte Lösungen Sinn.“ - Es gilt bei jeder Sanierungsmaßnahme die Grundregel, einen Experten zu Rate zu ziehen, im besten Fall einen unabhängigen zertifizierten Energieberater, der einen individuellen Sanierungsfahrplan erstellt. Auch sollte ein Architekt einbezogen werden, die Auswahl von qualifizierten Handwerken ist ebenfalls von hoher Bedeutung. Sonst kommt es, wie von Ihnen am Beispiel des Hausbesitzers Marco Wiegand dargestellt (Einfamilienhaus aus den 30ern, Bauhausarchitektur), zum Pfusch am Bau, im Fall von Herrn Wiegand zu zugedämmten Kellerfenstern und unsachgemäßer Anbringung des Wärmedämmverbundsystems. Es ist aus unserer Sicht wenig zielführend, angesichts derart grober Baufehler den Baustoff, also die Dämmung, im Verlauf Ihrer Sendung schlecht zu reden. Ihren Zuschauern tun Sie mit damit sicherlich keinen Gefallen. Seite 2/4 Die meisten Hausbesitzer sind heutzutage mehr denn je verunsichert, sie schieben Sanierungsvorhaben auf und holen sich, das haben Studien ergeben, immer noch viel zu oft Rat vom Freund oder dem Schornsteinfeger „um die Ecke“ anstatt ihr Bauvorhaben professionell anzugehen. Unter anderem genau deshalb hat die Bundesregierung zusammen mit der Allianz für GebäudeEnergie-Effizienz (geea) vor rund einem Jahr die erste gewerkeübergreifende Sanierungskampagne „Die Hauswende“ in Leben gerufen. Ein Ziel der „Hauswende“ ist es Orientierung im Informationsdschungel zu schaffen, gebündelte Informationen und professionelle Ansprechpartner rund um das Thema energetische Gebäudesanierung zu vermitteln. Beteiligt sind Unternehmen und Verbände der verschiedenen Gewerke, darunter auch der Gesamtverband Dämmstoffindustrie e.V. GDI, wie Sie richtig recherchiert haben. Die geea hätte unseres Wissens nach, entgegen der Aussagen in Ihrem Beitrag, gern auch die nachwachsenden Dämmstoffe zum Thema ihres Internetkampagnenauftrittes gemacht. Leider wollte die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) - und das hat FNR-Mitarbeiter Andreas Brückner Ihnen verschwiegen - keinen finanziellen Beitrag als Kampagnenpartner leisten, sondern eine Gratisleistung von der geea einfordern. Und das, obwohl die FNR jährlich über Millionen Euro Fördergelder der Bundesregierung verfügt, über 100 Mitarbeiter beschäftigt und zahlreiche Forschungsprojekte realisieren kann. Das von Ihnen vorgestellte Sanierungsvorhaben von drei Mehrfamilienhäusern in Berlin-Neukölln und den angekündigten übersteigerten Mieterhöhungen in Folge sehen wir mit derselben Empörung wie die betroffenen Mieter. Es ist nicht der Baustoff, die Dämmung, die Schuld an der Vertreibung alt eingesessener Mieter trägt. Eher versuchen Vermieter und Investoren unter dem Deckmantel der energetischen Sanierung sich, wie in Ihrem Beitrag auch richtig erwähnt wird, finanziell „gesundzustoßen“. Hier ist in der Tat die Politik gefordert, diesem Missbrauch einen Riegel vorzuschieben. Es ist schade, dass Sie uns im Vorfeld Ihrer Sendung nicht kontaktiert haben. So hätten Sie etwa gewusst, dass wir am 19. März eine Diskussionsveranstaltung mit dem Deutschem Mieterbund, der Bundesarchitektenkammer und dem Vorsitzenden des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr des Berliner Abgeordnetenhauses unter anderem genau zu diesem Thema hatten. Wir stellen uns der Diskussion offen und versuchen Lösungsvorschläge aufzuzeigen. Abschließend möchten wir folgendes richtig stellen: Beim Abbau von Polystyrol-Dämmplatten, die noch das alte Flammschutzmittel HBCD enthalten, kommt es nicht zu „giftigem Staub“. HBCD ist vollständig in die Polymermatrix des Dämmstoffes eingebunden. Dieser kann problemlos ohne Schutzkleidung oder besondere Vorsichtsmaßnahmen zugeschnitten und verbaut/abgebaut werden. Das Umweltbundeamt hat dazu eine Broschüre veröffentlicht, siehe unter http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/fa q_hbcd_1.pdf. Seite 3/4 Fassadendämmungen halten nicht 20 bis 30 Jahre, sondern durchschnittlich 40 Jahre und länger. Die Diskussion über die angebliche Schadensanfälligkeit von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) ist fast so alt wie ihre zunehmende Verwendung seit Anfang der 1960er Jahre. Schon seit Mitte der 1970er Jahre werden vom Fraunhofer Institut für Bauphysik in Holzkirchen in regelmäßigen Abständen Untersuchungen zur Dauerhaftigkeit von WDVS-Fassaden durchgeführt. Das Langzeitverhalten von WDVS-gedämmten Außenwänden erforschte auch das Institut für Bauforschung aus Hannover in den 90er Jahren. Die beiden renommierten Institute kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass sich Außenwände mit Wärmedämmverbundsystemen hinsichtlich ihrer Schadensanfälligkeit auch über einen langen Zeitraum nicht von herkömmlichen Putzfassaden ohne WDVS unterscheiden. Schäden an WDVS-Fassaden beruhen in der Regel auf Planungs- bzw. Ausführungsfehlern und nicht auf bauphysikalischen System-Problemen. Es werden keine Polystyrol-Müllberge auf uns zukommen. Die aktuelle Studie „Rückbau, Recycling und Verwertung von WDVS“ sieht für die kommenden Jahrzehnte keine Entsorgungsprobleme. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) und das Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FIW) haben gemeinsam die zu erwartenden Mengen rückgebauter EPS-Fassaden berechnet und mögliche Methoden für deren Verwertung analysiert. Fazit: Aufgrund der langen Lebensdauer der WDV-Systeme sind die aktuellen Rücklaufmengen sehr gering, und auch die Prognosen bis 2050 zeigen, dass die zu verwertenden Mengen in bestehenden Müllheizkraftwerken problemlos thermisch verwertet, d. h. zur Energiegewinnung verbrannt werden könnten. – Die Studie können Sie hier einsehen: http://www.heizkosteneinsparen.de/content/application/database/aktuelles/3/7/37/20150115-ibp-berichtforschungsprojekt-recycling.pdf Zum Vergleich: Das gesamte Abfallaufkommen in Deutschland beträgt derzeit knapp 390 Millionen Tonnen, davon sind geschätzt maximal 10.000 Tonnen Styropor aus WDVS. Entgegen der Aussage in Ihrem Beitrag ist die thermische Wiederverwertung von Polystyrol in einer Heizkraftanlage ökologisch sinnvoll. Die entstehende Verbrennungsenergie kann in Fernwärme oder Strom umgewandelt werden. Das Rohstoffmaterial Erdöl hat in seiner Anwendung als Polystyrol-Dämmplatte an der Fassade damit nicht nur jahrzehntelange wertvolle Heizenergie eingespart, sondern generiert letztlich auch noch die Energie, die in ihm steckt. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns bei einem nächsten Beitrag zu diesem oder ähnlichen Thema ansprechen würden. Wir vermitteln Ihnen gern Experten aus Wissenschaft und Technik und können Sie in Ihrer Recherche mit Hinweisen auf relevante Studien und Fachbeiträge unterstützen. Mit freundlichen Grüßen Marianne Tritz Geschäftsführerin Seite 4/4
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