2015-03-20_GDI an Volker Angres_planet e_verdämmt und zugeklebt

GDI Gesamtverband Dämmstoffindustrie · Friedrichstraße 95 (PB 138) · 10117 Berlin
Gesamtverband Dämmstoffindustrie e.V.
Herrn
Volker Angres
Leiter der ZDF-Umweltredaktion & planet e
ZDF
Redaktion Umwelt
55100 Mainz
per E-Mail: [email protected]
IHZ · Friedrichstraße 95
10117 Berlin
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Ihre Sendung „verdämmt und zugeklebt“
Berlin, den 20. März 2015
Sehr geehrter Herr Angres,
mit Interesse haben wir Ihre Sendung „Verdämmt und zugeklebt“ vom 15. März 2015 verfolgt.
Da wir leider im Zuge Ihrer Recherche für die Sendung nicht als Gesprächspartner angefragt
wurden, möchten wir Ihnen mit diesem Brief unsere Stellungnahme übermitteln.
Der Schlusssatz Ihres Sendungsbeitrags ist unserer Ansicht nach eine der zentralen Botschaften
für Ihre Zuschauer: „Jedes Haus, jede Baumaßnahme, ist ein Einzelfall. Deswegen machen nur
maßgeschneiderte Lösungen Sinn.“ - Es gilt bei jeder Sanierungsmaßnahme die Grundregel,
einen Experten zu Rate zu ziehen, im besten Fall einen unabhängigen zertifizierten
Energieberater, der einen individuellen Sanierungsfahrplan erstellt. Auch sollte ein Architekt
einbezogen werden, die Auswahl von qualifizierten Handwerken ist ebenfalls von hoher
Bedeutung.
Sonst kommt es, wie von Ihnen am Beispiel des Hausbesitzers Marco Wiegand dargestellt
(Einfamilienhaus aus den 30ern, Bauhausarchitektur), zum Pfusch am Bau, im Fall von Herrn
Wiegand zu zugedämmten Kellerfenstern und unsachgemäßer Anbringung des
Wärmedämmverbundsystems.
Es ist aus unserer Sicht wenig zielführend, angesichts derart grober Baufehler den Baustoff, also
die Dämmung, im Verlauf Ihrer Sendung schlecht zu reden. Ihren Zuschauern tun Sie mit damit
sicherlich keinen Gefallen.
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Die meisten Hausbesitzer sind heutzutage mehr denn je verunsichert, sie
schieben Sanierungsvorhaben auf und holen sich, das haben Studien ergeben,
immer noch viel zu oft Rat vom Freund oder dem Schornsteinfeger „um die
Ecke“ anstatt ihr Bauvorhaben professionell anzugehen.
Unter anderem genau deshalb hat die Bundesregierung zusammen mit der Allianz für GebäudeEnergie-Effizienz (geea) vor rund einem Jahr die erste gewerkeübergreifende
Sanierungskampagne „Die Hauswende“ in Leben gerufen. Ein Ziel der „Hauswende“ ist es
Orientierung im Informationsdschungel zu schaffen, gebündelte Informationen und professionelle
Ansprechpartner rund um das Thema energetische Gebäudesanierung zu vermitteln. Beteiligt
sind Unternehmen und Verbände der verschiedenen Gewerke, darunter auch der Gesamtverband
Dämmstoffindustrie e.V. GDI, wie Sie richtig recherchiert haben.
Die geea hätte unseres Wissens nach, entgegen der Aussagen in Ihrem Beitrag, gern auch die
nachwachsenden Dämmstoffe zum Thema ihres Internetkampagnenauftrittes gemacht. Leider
wollte die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) - und das hat FNR-Mitarbeiter
Andreas Brückner Ihnen verschwiegen - keinen finanziellen Beitrag als Kampagnenpartner
leisten, sondern eine Gratisleistung von der geea einfordern. Und das, obwohl die FNR jährlich
über Millionen Euro Fördergelder der Bundesregierung verfügt, über 100 Mitarbeiter beschäftigt
und zahlreiche Forschungsprojekte realisieren kann.
Das von Ihnen vorgestellte Sanierungsvorhaben von drei Mehrfamilienhäusern in Berlin-Neukölln
und den angekündigten übersteigerten Mieterhöhungen in Folge sehen wir mit derselben
Empörung wie die betroffenen Mieter. Es ist nicht der Baustoff, die Dämmung, die Schuld an der
Vertreibung alt eingesessener Mieter trägt. Eher versuchen Vermieter und Investoren unter dem
Deckmantel der energetischen Sanierung sich, wie in Ihrem Beitrag auch richtig erwähnt wird,
finanziell „gesundzustoßen“. Hier ist in der Tat die Politik gefordert, diesem Missbrauch einen
Riegel vorzuschieben. Es ist schade, dass Sie uns im Vorfeld Ihrer Sendung nicht kontaktiert
haben. So hätten Sie etwa gewusst, dass wir am 19. März eine Diskussionsveranstaltung mit
dem Deutschem Mieterbund, der Bundesarchitektenkammer und dem Vorsitzenden des
Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr des Berliner Abgeordnetenhauses unter anderem
genau zu diesem Thema hatten. Wir stellen uns der Diskussion offen und versuchen
Lösungsvorschläge aufzuzeigen.
Abschließend möchten wir folgendes richtig stellen:
Beim Abbau von Polystyrol-Dämmplatten, die noch das alte Flammschutzmittel HBCD
enthalten, kommt es nicht zu „giftigem Staub“. HBCD ist vollständig in die Polymermatrix des
Dämmstoffes eingebunden. Dieser kann problemlos ohne Schutzkleidung oder besondere
Vorsichtsmaßnahmen zugeschnitten und verbaut/abgebaut werden.
Das Umweltbundeamt hat dazu eine Broschüre veröffentlicht, siehe unter
http://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/fa
q_hbcd_1.pdf.
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Fassadendämmungen halten nicht 20 bis 30 Jahre, sondern durchschnittlich 40 Jahre und
länger. Die Diskussion über die angebliche Schadensanfälligkeit von
Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) ist fast so alt wie ihre zunehmende Verwendung seit
Anfang der 1960er Jahre. Schon seit Mitte der 1970er Jahre werden vom Fraunhofer Institut für
Bauphysik in Holzkirchen in regelmäßigen Abständen Untersuchungen zur Dauerhaftigkeit von
WDVS-Fassaden durchgeführt. Das Langzeitverhalten von WDVS-gedämmten Außenwänden
erforschte auch das Institut für Bauforschung aus Hannover in den 90er Jahren. Die beiden
renommierten Institute kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass sich Außenwände mit
Wärmedämmverbundsystemen hinsichtlich ihrer Schadensanfälligkeit auch über einen langen
Zeitraum nicht von herkömmlichen Putzfassaden ohne WDVS unterscheiden. Schäden an
WDVS-Fassaden beruhen in der Regel auf Planungs- bzw. Ausführungsfehlern und nicht auf
bauphysikalischen System-Problemen.
Es werden keine Polystyrol-Müllberge auf uns zukommen.
Die aktuelle Studie „Rückbau, Recycling und Verwertung von WDVS“ sieht für die kommenden
Jahrzehnte keine Entsorgungsprobleme. Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) und das
Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FIW) haben gemeinsam die zu erwartenden Mengen
rückgebauter EPS-Fassaden berechnet und mögliche Methoden für deren Verwertung analysiert.
Fazit: Aufgrund der langen Lebensdauer der WDV-Systeme sind die aktuellen Rücklaufmengen
sehr gering, und auch die Prognosen bis 2050 zeigen, dass die zu verwertenden Mengen in
bestehenden Müllheizkraftwerken problemlos thermisch verwertet, d. h. zur Energiegewinnung
verbrannt werden könnten. – Die Studie können Sie hier einsehen: http://www.heizkosteneinsparen.de/content/application/database/aktuelles/3/7/37/20150115-ibp-berichtforschungsprojekt-recycling.pdf
Zum Vergleich: Das gesamte Abfallaufkommen in Deutschland beträgt derzeit knapp 390
Millionen Tonnen, davon sind geschätzt maximal 10.000 Tonnen Styropor aus WDVS.
Entgegen der Aussage in Ihrem Beitrag ist die thermische Wiederverwertung von Polystyrol in
einer Heizkraftanlage ökologisch sinnvoll. Die entstehende Verbrennungsenergie kann in
Fernwärme oder Strom umgewandelt werden. Das Rohstoffmaterial Erdöl hat in seiner
Anwendung als Polystyrol-Dämmplatte an der Fassade damit nicht nur jahrzehntelange wertvolle
Heizenergie eingespart, sondern generiert letztlich auch noch die Energie, die in ihm steckt.
Wir würden uns freuen, wenn Sie uns bei einem nächsten Beitrag zu diesem oder ähnlichen
Thema ansprechen würden. Wir vermitteln Ihnen gern Experten aus Wissenschaft und Technik
und können Sie in Ihrer Recherche mit Hinweisen auf relevante Studien und
Fachbeiträge unterstützen.
Mit freundlichen Grüßen
Marianne Tritz
Geschäftsführerin
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