relevant Das Magazin der Oesterreichischen Kontrollbank Gruppe #1/2015 18 EXPORTSERVICE Wenn die OeKB bei Ihnen vorbeikommt 20 EXPORT CHAMPIONS Doppelmayr Seilbahnen: Steil bergauf 22 L ÄNDERREPORT Liechtenstein: Der kleinste Industriestaat der Welt FINANZIERUNG Wo geht’s hier zum Geld? 2 INHALT FINANZIERUNG WISSENSWERTES 16 RESEARCH SERVICES Nicht nur eine Studie, sondern auch ein Werkzeug 18 EXPORTSERVICE Wenn die OeKB bei Ihnen vorbeikommt 20 EXPORT CHAMPIONS Doppelmayr Seilbahnen: Steil bergauf TRENDS 22 L ÄNDERREPORT LIECHTENSTEIN Der kleinste Industriestaat der Welt 26 BRANCHEN IM FOKUS Papier- und Zellstoffbranche 28 OeKB GESCHÄFTSKLIMA-INDEX MOE Wo geht’s hier zum Geld? Einer der Gründe für die düsteren Wachstumsaussichten ist die geringe Bereitschaft von Unternehmen, Investitionen zu tätigen. Ist daran die vielzitierte Kreditklemme schuld? Gibt es für Unternehmen keine Alternativen, um ihren Finanzierungsbedarf zu decken? Ab Seite 6 12 FINANZMÄRKTE ALS ENT WICKLUNGSMOTOR In Entwicklungs- und Schwellenländern sind oft nicht einmal Kredite für einfache Investitionen wie einen Traktor verfügbar. Banken trotz allem weiter zuversichtlich 32 MÄRKTE IM FOKUS Rumänien und Tadschikistan EINBLICK 30 GLEICH UMS ECK Ein wahrlich fürstliches Palais 31 PERSÖNLICH Neue Namen, neue Funktionen 13 INTERVIEW: MARINOMED CEO Andreas Grassauer spricht über die Finanzierung des Biotech-Start-ups Marinomed. 14 I NTERVIEW: FACC anuel Taverne erklärt, wie der Flugzeugzulieferer M FACC sich über den Kapitalmarkt finanziert. 15 C ROWDFUNDING lattformen für Kleininvestoren professionalisieren P sich – auch die OeKB kann Kompetenz einbringen. www.oekb.at Relevant 1/2015 EDITORIAL 3 IMPRESSUM Medieninhaber und Herausgeber: Oesterreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft, 1010 Wien, Am Hof 4, Tel.: +43 1 531 27-2859; E-Mail: [email protected]., relevant.oekb.at Chefredaktion: Peter Gumpinger, Ingeborg Eichberger. Redaktionsteam: Mag. (FH) Barbara Bogner, Dr. Peter Gaspari, Mag. Nadja Gutmann, Mag. Gerhard Kinzelberger, Mag. Wilhelm Schachinger, Mag. Gero Sodia, Mag. Barbara Steurer, Heinz Wachmann, MSc. MitarbeiterInnen dieser Ausgabe: Mag. Ines Baumann, Mag. Gerald Mayer, MMag. Agnes Streissler-Führer, Mag. Charlotte Thell. Fotos: Coverstory Illustrationen Anika Reissner/ Egger & Lerch (S. 1/2, 6, 8, 12, 14/15), Creativ Crop/ Gettyimages (S. 1/2/6/9/14/15), Mike Kemp/Rubberball/Corbis (S.12), OeKB/PAGE SEVEN (S. 3), BMEIA/ Mahmoud (S. 5), Ramona Kaulitzki/Shutterstock (S. 17), Reinhard Lang/Egger & Lerch (S. 19), Bilderbox/United Archives/picturedesk.com (S. 23), Wayne Walton/ Gettyimages (S. 23), Ivoclar Vivadent (S. 24), Hilti AG (S. 24), Neutrik (S. 25), mejnak/Shutterstock (S. 26), pio3/Shutterstock (S. 27), Christina Häusler (S.27, 31), Raiffeisen Bank International AG (S. 29), Palais Liechtenstein GmbH/Fotomanufaktur Grünwald (S. 30), LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz – Vienna (30). Konzeption, redaktionelle Mitarbeit, Grafik, Produktion: Egger & Lerch GmbH, Vordere Zollamtsstraße 13, 1030 Wien, www.egger-lerch.at. Hersteller: Grasl Druck & Neue Medien GmbH, Bad Vöslau. Verlags und Herstellungsort: Wien. Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz: Aufsichtsrat: Dr. Erich Hampel, Vorsitzender, UniCredit Bank Austria AG, Wien; Dr. Walter Rothensteiner, 1. Vorsitzender-Stellvertreter, Generaldirektor und Vorsitzender des Vorstandes der Raiffeisen Zentralbank Österreich Aktiengesellschaft, Wien; Mag. Dr. Franz Hochstrasser, 2. Vorsitzender-Stellvertreter, Generaldirektor-Stellvertreter und VorsitzenderStellvertreter des Vorstandes der Erste Group Bank AG, Wien; Mag. Helmut Bernkopf, Direktor und Mitglied des Vorstandes der UniCredit Bank Austria AG, Wien; Mag. Dr. Peter Bosek, Direktor und Mitglied des Vorstandes der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG, Wien; Mag. Dr. Michael Glaser, Direktor der UniCredit Bank Austria AG, Wien; Dr. Matthias Heinrich, Direktor und Mitglied des Vorstandes der Raiffeisen-Landesbank Steiermark AG, Graz; Mag. Dieter Hengl, Direktor und Mitglied des Vorstandes der UniCredit Bank Austria AG, Wien; Herbert Messinger, BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse Aktiengesellschaft, Wien; Mag. Christoph Raninger, Direktor und Mitglied des Vorstandes der Österreichischen Volksbanken-AG, Wien; Mag. Dr. Karl Sevelda, Generaldirektor und Vorsitzender des Vorstandes der Raiffeisen Bank International AG, Wien; Mag. Dr. Herta Stockbauer, Direktor und Vorsitzende des Vorstandes der BKS Bank AG, Klagenfurt; Mag. Herbert Tempsch, UniCredit Bank Austria AG, Wien; Robert Zadrazil, Direktor und Mitglied des Vorstandes der UniCredit Bank Austria AG, Wien; Mag. Franz Zwickl, Wien. Vom Betriebsrat entsandt: Mag. Martin Krull, Vorsitzender des Betriebsrates; Mag. Erna Scheriau, Vorsitzende-Stellvertreterin des Betriebsrates; DI Alexandra Griebl; Elisabeth Halys; Christian Leicher; Ulrike Ritthaler, Mag. Christoph Seper; Ing. Markus Tichy. Vorstand: Dr. Rudolf Scholten; Mag. Angelika SommerHemetsberger; Stand: 17. März 2015. Grundlegende Richtung des periodischen Mediums: Information für Stakeholder der OeKB Gruppe zu Wirtschaftsthemen – insbesondere Außenwirtschaft, Kapitalmarkt, Kreditversicherung, Finanzdaten, Wirtschaftsinformation, Entwicklungspolitik, Nachhaltigkeit und Informationstechnologie. Liebe Leserinnen und Leser, der Zugang zu Kapital ist das Um und Auf einer funktionierenden Wirtschaft – die Kreditvergabe korreliert oft direkt mit der Konjunktur. Nun ist es so, dass in den vergangenen Jahren die Entwicklung des heimischen Kreditmarkts äußerst schleppend verlief. Da stellt sich die Frage: Handeln die Banken zu restriktiv? Gibt es eine Kreditklemme? Oder liegt es umgekehrt an mangelnder Nachfrage durch die Unternehmen, die gar nicht investieren wollen? Auf den nächsten Seiten geht RELEVANT diesen Fragen nach und lässt dabei nicht außer Acht, dass Bankkredite längst nicht der einzige Weg sind, an Kapital zu kommen. Denken Sie zum Beispiel an Crowdfunding – oder besser: Lesen Sie darüber. Ein Exkurs zeigt auf, wie unsere Tochter OeEB zu besserem Kapitalzugang in Entwicklungsländern beiträgt. Die aktuelle Ausgabe führt Sie außerdem ins Gebirge: Das Vorarlberger Unternehmen Doppelmayr ist ein Weltmarktführer, den jeder kennt – der aber in seinem Portfolio einige Überraschungen bereithält. Gleich nach Vorarlberg kommt bekanntlich Liechtenstein, so auch in diesem Magazin; ein Blick auf die Wirtschaft des Fürstentums bringt ebenfalls für viele Unerwartetes zutage. Eine anregende Lektüre wünschen Ihnen Rudolf Scholten Angelika Sommer-Hemetsberger Vorstand der Oesterreichischen Kontrollbank AG www.oekb.at 4 AKTUELL Salm liefert dritte Brauereianlage nach Kuba Wiener Braukunst in der Karibik In Santiago de Cuba entsteht derzeit ein Braugasthaus – die Brauereianlage im Wert von rund 800.000 Euro wird von der Wiener Firma O. Salm & Co GmbH geliefert. Es ist nicht das erste Kuba-Geschäft von Salm: Bereits vor 11 Jahren wurde eine Anlage über den Atlantik verschifft. Diese stellt seither das Herzstück Kubas erster Gasthausbrauerei dar, gelegen an der Plaza Vieja in Havannas Altstadt. Vor zwei Jahren folgte eine zweite, doppelt so große Anlage für eine „Cervecería“ in Havanna, nun eine für ein Lokal in der Stadt Santiago, das dort anlässlich deren 500-Jahr-Feier errichtet wird. „Wir haben uns auf Kuba in den letzten 11 Jahren einen guten Namen gemacht“, meint Salm-Chef Walter Welledits. Alle zwei Monate schickt Salm 20 Tonnen Malz und andere Rohstoffe nach Kuba, gebraut wird nach Wiener Rezepturen. Aufgrund der Lockerung des US-Embargos gegen Kuba, durch die sich die Zahl der US-Touristen von derzeit 3,6 Millionen verdoppeln soll, wittert Welledits weitere Chancen: „Wir rechnen für die nächsten Jahre mit ca. 10 weiteren Anlagen.“ Ein anderes Embargo macht der Wiener Firma dagegen zu schaffen. „Wir müssen einen Ausgleich schaffen für den Verlust des russischen Marktes, den wir über 24 Jahre aufgebaut haben“, sagt Welledits. Es ist nicht der erste große Rückschlag für die Firma O. Salm & Co GmbH in deren 90-jähriger Geschichte. Schon im Gründungsjahr 1924 betrieb Salm unter Gründer Georg Welledits eine Niederlassung in Budapest, bald darauf auch welche in Prag, Bukarest und Sofia. Der Krieg brachte die totale Zerstörung aller Produktionsstätten, doch Salm schaffte es noch einmal, auf die Beine zu kommen. 1978 übernahm Sohn Walter Welledits das Unternehmen und begann mit dem außereuropäischen Export. Heute findet man Salm-Anlagen in 28 Ländern, etwa in Indonesien (Bali), in Südafrika, Brasilien, Japan, den USA, Kasachstan, Singapur und sogar im mongolischen Ulaanbaatar. „Die OeKB ist beim Finanzieren und Absichern unserer Exporte stets eine große Hilfe“, lobt Welledits. www.oekb.at Relevant 1/2015 AKTUELL 5 Wieder neuer Rekord bei der ISIN-Vergabe Erneut wurden in Österreich so viele Wertpapiere wie nie zuvor begeben: Die OeKB hat im Jahr 2014 insgesamt 8.557 ISINs (International Securities Identification Numbers) zugeteilt. Als National Numbering Agency weist die OeKB jedem Finanzinstrument auf Anforderung durch den Emittenten ein solches „Kennzeichen“ zu. Damit ist die weltweit eindeutige Identifizierung des Wertpapiers gewährleistet. 2005 wurden in Österreich rund 3000 ISINs angefordert, seither stieg die Zahl stark an. 2013 wurde mit 8.063 vergebenen ISINs erstmals die 8000er-Marke erreicht. Im Jahr 2014 wurde dieser Wert nun erneut übertroffen. Derivat-ISINs sind in die Zahlen übrigens nicht eingerechnet. Die Zuteilung der zwölfstelligen, alphanumerischen ISIN ist kostenlos. Als spezielle Services bietet die OeKB die Blockreservierung von fortlaufenden ISINs sowie Wunsch-ISINs. Bei diesen können neun Stellen frei gewählt werden, die ISIN lautet dann zum Beispiel AT000KAPSCH9. Unter www.profitweb.at finden registrierte Nutzer das ISIN-Verzeichnis mit allen zugeteilten Wertpapierkennnummern. Es stehen Informationen zu Neueröffnungen, Änderungen sowie Löschungen zur Verfügung. Kauri, Gold und Cybercoins – Formen des Geldes So vielfältig wie die menschlichen Kulturen und Lebensweisen sind, so unterschiedlich sind die daraus hervorgegangenen Geldformen, die von der Kaurischnecke bis zu Bitcoins reichen. Diesem breiten Spektrum widmet sich die neue Ausstellung im Geldmuseum der Oesterreichischen Nationalbank, die bis Jänner 2016 läuft. Über die Jahrtausende hinweg entstanden immer neue Wirtschaftsformen, die, je komplexer sie wurden, immer neue Arten von Zahlungsmitteln erforderten: das meterhohe Steingeld der Insel Yap, Schweinehauer und Hundezähne wirken heute kurios. Die Ausstellung beschäftigt sich aber auch mit Münzen, Banknoten aus ausgefallenen Materialien wie Stoff, Leder oder Holz und dem bargeldlosen Zahlungsverkehr. Den chronologischen Abschluss bilden Kryptowährungen wie Bitcoins. Geldscheine sind auch im neuen Buch aus der Reihe |design|er|leben| über den Banknotendesigner Roman Hellmann zu bewundern, der ab 1952 für 25 Jahre bei der OeNB als Grafiker tätig war. Geldmuseum Otto-Wagner-Platz 3, 1090 Wien Eintritt frei Geöffnet Di und Mi 9.30–15.30 Uhr, Do 9.30–17.30 Uhr, Fr 9.30–13.30 Uhr www.geldmuseum.at Vorständin Andrea Hagmann freute sich über gutes Feedback für die Arbeit der OeEB. OECD-Lob für die OeEB Ein aktuelles Review der OECD stellt der österreichischen Entwicklungspolitik ein ausgewogenes Zeugnis aus, lobt aber die Arbeit der Oesterreichischen Entwicklungsbank (OeEB). Das Development Assistance Committee (DAC) der OECD nimmt alle vier bis fünf Jahre die Entwicklungspolitik seiner Mitgliedsländer in Form eines Peer Reviews unter die Lupe, nun war Österreich an der Reihe. Der DAC-Vorsitzende Erik Solheim fand bei der abschließenden Präsentation im Jänner positive Worte für den Bereich Wirtschaft und Entwicklung, Österreich leiste hier gute Arbeit. „Dieses Lob gilt auch der OeEB“, freuen sich die Vorstandsmitglieder Andrea Hagmann und Michael Wancata. „Der Aufbau der Wirtschaft durch private Investitionen ist ein Puzzlestein auf dem Weg zu einer besseren Lebenssituation in den Entwicklungsländern.“ Speziell den Wachstumspfad der OeEB streicht der Bericht positiv hervor. Kritisiert werden dagegen das im internationalen Vergleich geringe Budget für Entwicklungszusammenarbeit und mangelnder öffentlicher und politischer Rückhalt für dieses Thema. GEWINNSPIEL Wir verlosen drei Exemplare von Band #11 der Dokumentationsreihe |design|er|leben|, der den Banknotendesigner Roman Hellmann und dessen Werk vorstellt. Wer gewinnen will, sendet bis 13. Mai ein E-Mail mit dem Betreff „Gewinnspiel – Roman Hellman“ an [email protected]. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. www.oekb.at 6 KEIN WEG IN SICHT Viele Unternehmen kritisieren, dass sie gerne investieren würden, aber keine Finanzie rung erhalten. www.oekb.at Relevant 1/2015 FINANZIERUNG 7 Wo geht’s hier zum Geld? KREDITE & CO Einer der Gründe für die düsteren Wachstumsaussichten ist die geringe Bereitschaft von Unternehmen, Investitionen zu tätigen. Ist daran die vielzitierte Kreditklemme schuld? Gibt es für Unternehmen keine Alternativen, um ihren Finanzierungsbedarf zu decken? Ü ber die Gründe der mangelnden Investitionstätigkeit von Unternehmen in Österreich und im gesamten Euroraum herrscht Uneinigkeit. Immer wieder ist von einer Kreditklemme die Rede, die es vor allem für Klein- und Mittelbetriebe sehr schwer mache, die immer anspruchsvoller werdenden Bedingungen der Banken zu erfüllen – sofern diese überhaupt bereit sind, einen Kredit zu vergeben. Banken sehen dagegen einen Rückgang in der Nachfrage nach Krediten. Gibt es also die berüchtigte Kreditklemme überhaupt? Die Europäische Zentralbank versucht den geringen Investitionen durch niedrige Zinsen und Liquiditätsprogramme entgegenzutreten. Billige Kredite der EZB an Geschäftsbanken, die dieses Geld an potenzielle Kreditnehmer aus dem KMU-Bereich weitergeben sollen, zeigen jedoch wenig Wirkung: Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise sind auch die regulatorischen Vorschriften für Banken strenger geworden (Stichwort Basel-III-Richtlinie). Diese können dadurch das historisch niedrige Leitzinsniveau nicht in vollem Umfang auf ihre Kreditkonditionen übertragen. Hürden höher, Interesse niedriger Die Banken räumen ihrerseits zwar ein, dass es etwas höhere Kredithürden als in der Vergangenheit gibt, sehen den Grund für die schwache Entwicklung des Kreditgeschäfts aber in der geringen Nachfrage seitens der Unternehmen. Diese würden aufgrund der schlechten Wirtschaftslage und der damit einhergehenden geringen Nachfrage nach ihren Produkten mittelfristig keine höheren Gewinne erwarten und daher auf Investitionen verzichten. So oder so: Der Blick in den aktuellen Kredit bericht der Oesterreichischen Nationalbank (http://www.oenb.at/Publikationen/Volkswirtschaft/kreditbericht) zeigt, dass das Kreditgeschäft zwischen inländischen Banken und Unternehmen 2013 und 2014 jeweils nur um etwa 1 Prozent gewachsen ist. Insgesamt ist von einer verhaltenen Kreditdynamik die Rede. Diese sei „auch vor dem Hintergrund eines sich verschlechternden makroökonomischen Umfeldes zu sehen, das eine stärkere Zunahme der Kreditdynamik in den nächsten Monaten eher unwahrscheinlich macht“. Im gesamten Euroraum > www.oekb.at 8 > ist die Wachstumsrate der Unternehmenskredite sogar negativ (–1,8 Prozent) – nicht nur aufgrund der „Sorgenkinder“ im Süden, auch Länder wie Slowenien und die Niederlande erleben einen Rückgang. In Frankreich oder Deutschland kann man – ähnlich wie in Österreich – nur ein moderates Wachstum beobachten. Anleihen bei anderen nehmen Bankkredite sind allerdings längst nicht die einzige Möglichkeit für Unternehmen, an frisches Geld zu kommen. Womöglich ist der schwache Kreditmarkt also gar kein Zeichen einer Finanzierungsflaute? In Österreich finanziert sich der Privatsektor traditionell zum Großteil aus Bankkrediten. In den Jahren 2001–2011 sollen es laut Bank für internationalen Zahlungsausgleich über 60 Prozent gewesen sein. Demnach machen Bankkredite in den USA gerade einmal 20 Prozent der Privatsektorfinanzierung aus, in der Schweiz unter 40 Prozent. Eine andere Untersuchung sagt, dass in Österreich 56 Prozent der Unternehmen mit Fremdfinanzierungsbedarf auf Bankkredite vertrauen. In der gesamten Eurozone beträgt dieser Wert 49 Prozent und in den USA gar nur 5 Prozent. Die nach Volumen mit Abstand wichtigste Alternative zu Krediten sind Aktien und Anleihen. Wenn potenzielle Anleger in einem Niedrigzinsumfeld nach attraktiven Möglichkeiten suchen, ihr Geld anzulegen, und Unternehmen ihren Finanzierungsbedarf nicht bei Banken abdecken können, sind Unternehmensanleihen ein möglicher Ausweg für beide. Wie beim Kredit wird auch bei der Anleihe Fremdkapital gegen Zins und Tilgung aufgenommen. Im Gegensatz zum Bankkredit bestimmt hier aber allein der Emittent die Bedingungen. www.oekb.at Relevant 1/2015 FINANZIERUNG 9 NEUE PFADE Manchmal liegt der richtige Weg abseits der in Europa immer noch vorherrschen den Bankenfinanzierung. Unternehmen gehen sogar noch einen Schritt weiter und betreiben gleich eigene Banken, über die sie sich Kapital beschaffen - allen voran die Autobauer. Volkswagen, BMW und Daimler betreiben jeweils Institute mit einer Bilanzsumme in der Größenordnung von 100 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die BAWAG P.S.K. kommt gerade einmal auf 36 Milliarden Euro. Damit können die Firmen direkt bei der EZB Geld ausleihen, ohne dass eine andere Bank mitnascht. Außerdem nutzen die Unternehmen ihre Banken, um ihren Abnehmern preiswerte Finanzierungen anzubieten – was wiederum den Absatz fördert. Forderungen weitergeben Allerdings birgt diese Form der Fremdfinanzierung ein gewisses Risiko: Im Falle von Liquiditätsproblemen muss man nicht nur mit einem Gläubiger – der Bank – eine Lösung suchen, sondern mit allen Anlegern. Chancen für die Großen In den letzten Jahren werden Anleihen auch bei österreichischen Unternehmen immer beliebter – 2014 wurden an der Wiener Börse 39 davon begeben, mit einem gesamten Emissionsvolumen von rund 7 Milliarden Euro. So holte sich etwa der Verbund neues Geld für nur 1,5 Prozent Zinsen bei zehn Jahren Laufzeit. Auch die Nachfrage der Investoren nach Unternehmensanleihen in Wien ist hoch – obwohl sie bei der AlpinePleite das Risiko dieser Veranlagungsform vorgeführt bekamen. Ein Allheilmittel sind Anleihen und ähnliche Produkte aber nicht: Für kleinere Unternehmen sind sie weniger geeignet, weil durch die strenge österreichische Prospektpflicht rasch unverhältnismäßig hohe Nebenkosten entstehen. Und große Konzerne haben oft ohnehin weniger Probleme, Bankkredite zu bekommen. Einige große deutsche Auch für kleinere Unternehmen gibt es Alternativen zu Bankkrediten. Eine wachsende Konkurrenz zu Betriebsmittelkrediten stellt etwa das Factoring dar: Dabei verkauft ein Unternehmen seine Forderungen aus Lieferungen oder Dienstleistungen an ein Factoringunternehmen und erhält dadurch sein Geld sofort – ohne darauf warten zu müssen, dass der Kunde seine Rechnung bezahlt. Neben diesem Liquiditätseffekt übernimmt das Factoringunternehmen auch oft die Debitorenbuchhaltung, das Inkasso und das Mahnwesen. Wird auch das Forderungsausfallsrisiko übernommen, spricht man von echtem Factoring, ansonsten ist von unechtem Factoring die Rede. Das Factoring-Volumen hat sich in Österreich in den letzten Jahren vervielfacht. Bei jungen Unternehmen in der Startphase besteht die Möglichkeit der Finanzierung über Venture Capital. Hier beteiligen sich private Investoren am Unternehmen, die später mit dem Verkauf der Beteiligung hohe Gewinne erzielen können, aber auch ein hohes Totalausfall-Risiko tragen. Oft wird den meist unerfahrenen Unternehmensgründern auch unter die Arme gegriffen, indem der Investor als Business Angel etwa betriebswirtschaftliches Know-how oder die eigenen Netzwerke zur Verfügung stellt. Die Masse macht’s Der große internationale Trend ist Crowdfunding. > www.oekb.at 10 Frankreich +2,9 % Deutschland +1,2 % WACHSTUMSRATE DER UNTERNEHMENSKREDITE 2014 Österreich +1,1 % Quelle: Kreditbericht der OeNB Euroraum –1,8 % Niederlande – 4,2 % Griechenland –3,5 % Slowenien –15,5 % Spanien –9,6 % Italien –3,1 % Wenig Dynamik Irland –11,6 % > Wozu brauche ich eine Bank, wenn ich direkt von Kunden oder anderen Interessenten Geld bekommen kann? Ursprünglich wurde über die „Crowd“ Geld für kulturelle oder soziale Projekte gesammelt. Inzwischen hat sich diese Finanzierungsmethode in zahlreichen Ländern auch in der Wirtschaft etabliert. Braucht ein Unternehmen schnell und unkompliziert frisches Geld, können Interessenten über Internetplattformen entsprechend ihrer investierten Beträge Anteile am Unternehmen erwerben. In Österreich wurde bisher dafür noch keine rechtliche Grundlage geschaffen, einzelne Anbieter wagten sich aber bereits auf das Gebiet. Konsumentenschützer warnen allerdings davor, dass Crowdfunding eine riskante Anlageform sei und daher nicht für „kleine“, unerfahrene Sparer geeignet. Der Konsumentenschutz wird auch als Grund angeführt, warum Firmen nicht einfach Geld ausborgen können, bei wem sie wollen. Hinlänglich bekannt ist die Geschichte des Waldviertler Schuhproduzenten Heini Staudinger, der ins Visier der Finanzmarktaufsicht geriet, weil sein Unternehmen sich durch Kleinkredite von Kunden finanzierte. Einen neuen gesetzlichen Rahmen für niedrigschwellige Finanzierungsmodelle für kleine und mittelständische Unternehmen zu finden, steht aktuell auf der Agenda der Regierung. www.oekb.at Es werden also tatsächlich weniger Kredite an Unternehmen vergeben. Die Wachstumsraten anderer Finanzierungsmethoden, bei denen keine Banken involviert sind, gleichen das nicht aus – ein Hinweis auf eine insgesamt mangelnde Nachfrage nach Kapital seitens der Unternehmen. Dies wird durch eine Umfrage bestätigt, die zweimal jährlich von der Europäischen Kommission und der EZB in Auftrag gegeben wird. Bereits zum siebten Mal in Folge vermelden die österreichischen KMU in der aktuellen Befragung insgesamt eine rückläufige Nachfrage nach Bankkrediten und Anleiheemissionen. Allerdings stellten die befragten Unternehmen aber auch eine Verschlech terung der Verfügbarkeit von Bankkrediten fest. Eine andere, vom WIFO durchgeführte Umfrage kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Darüber hinaus wird dort festgestellt, dass der Anteil der Unternehmen steigt, die die Bankkonditionen als inakzeptabel erachten. Diese Firmen könnten also durchaus einen Finanzierungsbedarf haben, bewerben sich aber aus Aussichtslosigkeit erst gar nicht um einen Kredit und dürften sich vermehrt von der Bankenfinanzierung abwenden. Alternativen zu Bankkrediten, die international sehr stark in Anspruch genommen werden, spielen in Österreich noch eine relativ kleine Rolle. Nimmt man andere Länder als Maßstab, kann man hier aber in den nächsten Jahren kontinuierliches Wachstum erwarten, zumal für das laue Kreditgeschäft kein starker Rückenwind in Aussicht ist. π Relevant 1/2015 FINANZIERUNG 11 Zitate-Rätsel zu Geld & Kredit WER HAT’S GESAGT? „Von jetzt an werde ich nur soviel ausgeben, wie ich einnehme – und wenn ich mir Geld dafür borgen muss!“ Paris Hilton • George Washington • Mark Twain • Hugh Grant „In Österreich macht man keine Schulden, man genießt Kredit.“ Hannes Androsch • Elfriede Ott • Hubert von Goisern • Karl Farkas „Die Phönizier haben das Geld erfunden – aber warum so wenig?“ Johann Nepomuk Nestroy • Obelix • Marcus Tullius Cicero • Alfred Dorfer „Wenn einer von mir einen Kredit haben will, frage ich immer meinen Anwalt. Und wenn der ja dazu sagt – dann nehme ich mir einen anderen Anwalt.“ Donald Trump • Henry Ford • Dagobert Duck • Fiona Swarovski „Gläubiger haben ein besseres Gedächtnis als Schuldner.“ Otto Schenk • J. R. Ewing • Bertha von Suttner • Benjamin Franklin Die Auflösung finden Sie auf Seite 31. www.oekb.at 12 ERSATZ GESUCHT Nicht überall können Banken langfristige Kredite anbieten. Finanzmärkte als Entwicklungsmotor ENTWICKLUNG In Entwicklungs- und Schwellenländern sind oft nicht einmal Kredite für einfache Investitionen wie einen Traktor verfügbar – geschweige denn für zukunftsträchtige Investitionsprojekte wie ein Wasserkraftwerk. Der Zugang zu Bankleistungen ist die Basis für eine funktionierende Wirtschaft – doch in vielen Weltgegenden herrscht hier großer Aufholbedarf. Ein Dilemma: Lokale Banken, die das Risiko vor Ort einschätzen könnten, haben oft keinen Zugang zu langfristiger Refinanzierung. Internationale Geschäftsbanken und Kapitalmärkte könnten diese Mittel zur Verfügung stellen, aber wollen häufig das wirtschaftliche und politische Risiko nicht eingehen. Prof. Martin Brown von der Universität St. Gallen, der langjährige Erfahrung in der Entwicklung des Finanzsektors in Afrika, Asien und Osteuropa hat, berichtet zum Beispiel über die Lage in Georgien: „Dort ist es für eine Bank nicht möglich, über Spareinlagen oder lokale Kapitalmärkte für mehr als zwei Jahre Geld zu bekommen. Dies bedeutet, dass eine Bank, die längerfristige www.oekb.at Kredite vergibt, erhebliche Risiken tragen muss.“ Die kurzen Laufzeiten der angebotenen Kredite stehen selbst einfachen Investitionen wie dem Kauf eines Traktors im Weg. „In vielen Ländern existiert das landwirtschaftliche Kreditgeschäft nicht, wie es bei uns die Raiffeisenbanken anbieten“, sagt Brown. Dabei hätten gerade die Bauern oft Geld für Modernisierungen dringend nötig, um die Produktivität zu steigern und konkurrenzfähig bleiben zu können. Doch Ernteerträge schwanken stark. Agrarkredite sind daher für Banken riskanter als andere KMU-Finanzierungen. Entwicklungsbanken füllen Lücken Diese Lücken der Finanzmärkte in Entwicklungsund Schwellenländern versuchen Entwicklungsbanken wie die OeEB, eine Tochter der OeKB, zu füllen. Der bedeutendste Unterschied zu klassischer Entwicklungszusammenarbeit: Relevant 1/2015 FINANZIERUNG 13 „Ohne Förderstellen würde es uns nicht geben“ Die Projekte sollen nicht nur entwicklungspolitisch sinnvoll, sondern auch für Geldgeber wie -empfänger wirtschaftlich nachhaltig sein. Die Entwicklungsbanken wollen dabei nicht große Gewinne erzielen, aber ein entwicklungspolitisch wie wirtschaftlich positives Ergebnis. So vergibt die OeEB etwa Kreditlinien an Spezialinstitute und lokale Banken, die die Entwicklung der Privatwirtschaft stärken sollen. Die türkische Şekerbank erhielt beispielsweise eine Kreditlinie über 25 Millionen Euro, die zweckgebunden für Kredite an Kleinunternehmen verwendet wird, um diesen Investitionen im Bereich Energieeffizienz, wie beispielsweise in eine Gebäudesanierung, zu ermöglichen. Doch der Schwerpunkt der Arbeit der OeEB liegt auf der direkten Finanzierung des Realsektors: Wo es an Krediten für alltägliche Investitionen wie einen Traktor oder eine Gebäudesanierung mangelt, ist es erst recht eine Herausforderung, große Infrastrukturprojekte wie ein Kraftwerk zu finanzieren. Energie für die Wirtschaft „Für Geschäftsbanken ist das Risiko zu groß, wenn beispielsweise in einem Land wie Nicaragua ein Geothermie-Kraftwerk gebaut wird, für das man 15 Jahre Kreditlaufzeit benötigt“, erklären die OeEB-Vorstände Andrea Hagmann und Michael Wancata. „Lokale Banken können nicht mehr als zwei oder drei Jahre bieten, und auch am internationalen Kapitalmarkt ist es schwierig, für Investitionsprojekte in Entwicklungsländern eine Finanzierung zu bekommen.“ Ein näher liegendes Beispiel ist ein Kleinwasserkraftwerk, das die steirische enso hydro GmbH derzeit an der Lengarica im Südosten Albaniens baut. In Albanien ist die unzureichende Stromversorgung ein Hauptgrund für die Zurückhaltung ausländischer Investoren. Das Kraftwerk soll den Strombedarf von knapp 10.000 albanischen Haushalten decken. Insgesamt werden in das Projekt 23 Millionen Euro investiert. Die OeEB stellt dafür eine Finanzierung über 5 Millionen Euro bereit. π Das Wiener Biotech-Unternehmen Marinomed entwickelt antivirale Therapien. Bei der Finanzierung ist das Unternehmen auf private Investoren und Förderstellen angewiesen, erklärt CEO Andreas Grassauer. Wie ist Marinomed entstanden? Andreas Grassauer: Das Unternehmen wurde 2006 als Spin-off der Veterinärmedizinischen Universität gegründet, mit der Uni als Teilhaber – das wurde erst kurz zuvor rechtlich möglich. Wie hat sich die Firma in der Anfangsphase finanziert? Wir sind einen klassischen Biotech-Start-up-Weg gegangen: Wir wurden mit einer Preseed-Finanzierung des AWS (Austria Wirtschaftsservice, Anm.) unterstützt und in das Inkubatorprogramm des Universitären Gründerservice INiTS aufgenommen. Auf Basis dessen haben wir auch bald einen Investor gefunden, eine österreichische Stiftung, die die Unterstützung durch das AWS als Qualitätskriterium gesehen hat. Damit waren wir in der Lage, richtig durchzustarten und die ersten Produkte zur Marktreife zu entwickeln. Wir wurden später auch durch die FFG (Forschungs förderungsgesellschaft, Anm.) unterstützt – ein Darlehen bekommt man als Technologie-Start-up in dieser Phase nur von so einer Gesellschaft, da passt man in die Kriterien von Banken nicht hinein. Und wie sieht es jetzt aus? Bankkredite sind für uns immer noch kein Thema. Klinische Studien oder teurere Produktentwicklungen führen dazu, dass man wenig Eigenkapital hat, dadurch scheidet eine Bankenfinanzierung aus. Die vielen neuen Regularien haben es nicht leichter gemacht. Kredite gibt es vielleicht für Investitionsprojekte wie den Kauf einer Maschine oder eines Grundstücks, aber mit Hochtechnologie oder Forschung hat man wenig Chancen. Findet man andere Geldquellen? Die Finanzkrise hat es für Hi-Tech-Unternehmen nicht leichter gemacht, Investoren zu finden, weil es in Europa nicht diese breite Investmentkultur wie in den USA gibt. Und die rechtlichen Rahmenbedingungen für Venture Capital und Private Equity sind nicht optimal. In den USA stecken zum Beispiel auch große Pensionsfonds oder Versicherungsgesellschaften einen Anteil in Private Equity, bei uns ist das kaum möglich. Auch an der Börse hat man es schwer – in Österreich hat es in all den Jahren ein einziges Biotech-Unternehmen an die Börse geschafft. Ohne Unterstützung der Förderstellen würde es uns und viele andere Biotech-Unternehmen nicht geben. www.oekb.at 14 „Irgendwann kommt man bei den Banken an ein Limit“ Der Flugzeugkomponentenhersteller FACC aus Ried im Innkreis ist in den vergangenen Jahren rasant gewachsen. Wie dieses Wachstum finanziert wurde, erklärt Manuel Taverne, Director Investor Relations der FACC AG. FACC ist seit dem Vorjahr an der Wiener Börse gelistet. War das die beste Möglichkeit, an frisches Geld zu kommen? Manuel Taverne: Einen neuen Kapitalzugang zu schaffen, war nicht der Hauptgrund für den Börsegang. Aber natürlich haben wir es gerne mitgenommen, dass wir dadurch weitere Alternativen zu Bankkrediten erschließen konnten. Schon in der Vergangenheit war die Finanzierung sowohl über Fremd- als auch Eigenkapitel strukturiert. Warum ist das nötig – sind die Konditionen für Bankkredite nicht attraktiv? Irgendwann kommt man bei den Banken an ein Limit, was Besicherungsmöglichkeiten betrifft. Die Banken müssen Risiken auch mehr streuen als früher, da stoßen wir bei der Größe unseres Unternehmens an Grenzen. Wir haben – einhergehend mit dem deutlichen Wachstum der FACC AG seit Gründung – bereits frühzeitig ein breites Finanzierungskonzept aufgebaut. In welcher Form? Unser erstes Produkt war ein Mittelstandsbond, gefolgt von einer Hybridanleihe sowie aktuell einer Anleihe über 90 Millionen sowie einem Schuldschein über 40 Millionen Euro. So haben wir uns innerhalb eines Jahres mit 130 Millionen Euro am Kapitalmarkt bedient, bei einer Bilanzsumme von 600 Millionen Euro. Die Fremdfinanzierung über ein Schuldscheindarlehen haben wir gewählt, weil sie großteils unbesichert ist und relativ günstige Konditionen bietet. Dafür besteht ein gewisses Risiko, weil man für die Rückzahlung dann kurzfristig wieder einen höheren Kapitalbedarf hat. Wie sehen Sie aktuell die Chancen von kleineren Unternehmen, an Kapital zu kommen? Ich glaube, wenn der Business Case valide ist, wenn man eine klare Strategie hat und ein gutes Produkt, wird man auch die entsprechenden Finanzierungen finden – sei es über eine Bank oder über Private Equity. www.oekb.at VIELE KLEINE Investoren statt eines großen – das ist der Gedanke hinter Crowdfunding. Relevant 1/2015 FINANZIERUNG 15 Zeit zum Schwärmen CROWDFUNDING Im Rahmen eines Arbeitskreises treiben heimische Crowdfunding-Plattformen die Professionalisierung der Branche voran. Die OeKB zeigt auf, wie ihre Kompetenzen und Infrastruktur sinnvoll dafür genutzt werden könnten. Viele Kleininvestoren statt eines großen – das ist die Idee hinter Crowdfunding (frei übersetzt: Schwarmfinanzierung). Auch aus Österreich gibt es erste Erfolgsbeispiele: Das Wiener GetränkeStart-up „all i need“ sammelte beispielsweise auf der Plattform Conda 193.800 Euro von 239 Investoren ein. „Auf unserer Plattform wurden seit März 2013 schon 13 Projekte erfolgreich abgeschlossen“, berichtet Paul Pöltner, Kogründer und Geschäftsführer von Conda. Ihm ist es ein persönliches Anliegen, dass jeder auf einfachem Weg in Unternehmen investieren kann – „nämlich auch in das Geschäft um die Ecke, nicht nur in große Konzerne“. Pöltner leitet einen Arbeitskreis in der Fachgruppe Finanzdienstleister der WKO, zu dem sich mehrere Crowdfunding-Plattformen zusammengeschlossen haben. „Wir wollen gemeinsame Qualitätsstandards setzen“, berichtet Pöltner. Derzeit arbeite man an Standesregeln für Plattformen. Auch die Diskussionen über ein geplantes Crowdfunding-Gesetz behält man im Auge: „Derzeit kann man bis 250.000 Euro Kapital ohne teure Auflagen einsammeln. Darüber ist durch die Prospektpflicht mit mindestens 50.000 Euro Nebenkosten zu rechnen. Ziel des Arbeitskreises ist, dass sich diese Situation zumindest nicht verschlechtert.“ OeKB sieht Synergien Eine Arbeitsgruppe Crowdinvesting gibt es auch in der OeKB, Valentin Kassin ist der Fachexperte der Gruppe. Was hat aber die OeKB mit Crowdfunding zu tun? „Sobald ein Unternehmen sagt, es gibt eine Tilgung, Dividende, Zinsen oder einen ähnlichen Zahlungsstrom, sollte man sich anschauen, wo es schon nutzbare Kapitalmarktinfrastruktur gibt“, meint Kassin – und die finde man eben bei der OeKB als Zentralverwahrer für Wertpapiere. „Wir übernehmen eine Transferfunktion für Wertpapiere versus Kapital. Das kann man analog auf Crowdfunding anwenden“, erklärt Kassin. „Plattformen sind gut in der Beratung und Darstellung der Projekte. Aber wenn es darum geht, Zahlungsströme und Firmenanteile abzubilden, dann sind die Lösungen oft suboptimal.“ Pöltner begrüßt die Initiative: „Wir freuen uns, dass es hier Partner wie die OeKB gibt, die Interesse haben, das Geschäft weiter zu professionalisieren.“ Kassin und seine Kollegen haben auch konkrete Ideen entworfen: „Ein Vorschlag sieht vor, dass die Crowdfunding-Projekte in Wertpapieren abgebildet sind, die nach dem Kauf im Depot des Investors bei seiner Hausbank aufscheinen.“ Das Routing erfolge dabei über die OeKB. „Die andere Idee hat zum Kern, dass bei der OeKB eine zentrale Registerstelle eingerichtet wird. Die Wertpapiere oder zum Beispiel auch Genossenschaftsanteile, die man über die Investitionsplattform kauft, hält dabei die Registerstelle – es ist kein Depot nötig.“ Die Transaktionsstückkosten könne man dabei niedriger halten als bei der anderen Variante. Das sei gerade bei Kleinbeträgen entscheidend. π Crowdfunding vs. Crowdinvesting Der Unterschied zwischen Crowdfunding und Crowdinvesting ist nicht klar definiert. Von Crowdinvesting wird üblicherweise gesprochen, wenn es um Projekte mit finanziellem Rücklauf geht, also um eine Anlage für den Investor. Crowdfunding bezieht sich oft auf nichtkommerzielle Projekte (zum Beispiel im Kunst- oder Sozialbereich), bei denen einfach Spenden gesammelt werden, wird aber auch als Überbegriff verwendet. www.oekb.at 16 RESEARCH SERVICES Nicht nur eine Studie, sondern auch ein Werkzeug SYSTEMATISCH IN NEUE MÄRKTE Welche Länder sind unsere interessan testen Zukunftsmärkte? Als Antwort auf diese Frage suchte der Anlagenbauer framag mehr als eine Studie mit Momentaufnahmen. Gefragt war ein Werkzeug, mit dem sich die entscheidenden Faktoren intern aktualisieren und gewichten lassen. Fündig wurde framag bei OeKB Research Services. OeKB RESEARCH SERVICES: Entscheidungsgrund lagen für die Interna tionalisierung Die Kernkompetenz der OeKB Research Services liegt in der methodischen Erhebung und Analyse von Daten, Informationen und Trends, um den Kunden Entscheidungsgrundlagen über Märkte, Branchen und Unternehmen zu liefern. Um potenzielle Exportländer zu analysieren, wählt OeKB Research Services die Methode des Scoring-Modells, das jeweils maßgeschneidert in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber aufgesetzt wird. www.oekb.at Mit 80 bis 90 Prozent Exportanteil gehört framag bereits zu den österreichischen Exportchampions. Das oberösterreichische Hightech-Unternehmen hat sich unter anderem auf den Bau von Anla gen für das Zerteilen von Stahl spezialisiert. So werden zum Beispiel Brennschneidemaschinen für Stahlerzeuger oder große Kreissägen für Stahlbearbeiter produziert. Auf den bisherigen Exporterfolgen, die bis in die USA und nach China reichen, ruht man sich bei framag aber nicht aus – ganz im Gegenteil: In welchen Märkten diese Sparten künftig besonders gute Absatzchancen haben, will Franz Haas, Geschäftsführer der framag GmbH, akribisch analysieren. „Uns geht es weniger um kurzfristige Chancen, sondern mehr um die Frage: Wo gibt es in den kommenden fünf Jahren die größten Potenziale?“, erklärt Franz Haas im Gespräch mit RELEVANT. „Daher gehen wir systematisch in drei Stufen vor.“ Stufe eins: das Grobscreening In einer ersten Phase wurden zwölf Länder ins Rennen geschickt, die besonders interessant sein könnten oder eine gewisse Leitfunktion für eine Region haben. „Für diese zwölf Favoriten wollten wir dann ein Ranking, und dafür haben wir uns an OeKB Research Services gewendet“, erzählt der 42-jährige Geschäftsführer. Bei einem Kick-off bei framag in Frankenburg verschaffte sich die Truppe von OeKB Research Services persönliche Einblicke in das Unternehmen. Und schon rund sechs Wochen nach dem Treffen, kurz vor Weihnachten 2014, wurde das erste Grobscreening präsentiert: Je circa ein Drittel der Länder wurde als „high potentials“, als „interessant“ und als „eher uninteressant“ eingestuft. Hinter diesem scheinbar simplen Ergebnis stecken ein ausgeklügeltes Modell und akribische Recherchen, wie Wolfgang Lueghammer, der verantwortliche Projektmanager von OeKB Research Services, schildert: „Wir haben ein Scoring-Modell aufgesetzt, das individuell auf die Produkte und die Abnehmerbranchen von framag zugeschnitten ist. Daraufhin haben wir für jedes Land vergleichbare Indikatoren recherchiert und berechnet, die die Chancen und Risiken eines möglichen Markteintritts abbilden – angefangen bei der BIP-Prognose über das Produktionsvolumen im Maschinenbau bis hin zu strategischen Infrastrukturplänen der jeweiligen Region.“ Die ersten Ergebnisse waren für das framagVertriebsteam zum Teil durchaus überraschend: „Aus dem Bauch heraus hätten wir manches anders eingeschätzt. Wir hatten zwar schon vorher Relevant 1/2015 17 „Wir hatten zwar schon vorher einige Informationen, aber nie so strukturiert und transparent und nicht so einfach aktualisierbar.“ Franz Haas, Geschäftsführer framag einige Informationen, aber nie so strukturiert und transparent und nicht so einfach aktualisierbar.“ Nun ist die erste Stufe des Projekts also genommen, die Phase wird aber nie ganz abgeschlossen sein. Haas: „Wir wollten keine Einmalaktion, sondern eine wiederholbare Methode. Daher haben wir von der OeKB auch ein Werkzeug bekommen und Know-how aufgebaut, sodass wir dieses Grobscreening in Zukunft selbst adaptieren können. Wir können das Modell auch selbst mit neuen Daten füttern und die Parameter beeinflussen.“ Damit, so Haas, könnte zum Beispiel in einem Jahr berücksichtigt werden, wie sich die Situation in einem Land verändert hat. Stufe zwei: das Gewichten In Stufe zwei geht es nun darum, die Faktoren zu gewichten und Märkte noch genauer zu betrachten. „Das wird stark von uns selbst getrieben, aber auch eine intensive Diskussion mit OeKB Research Services sein“, meint der framag-Geschäftsführer. „Das Gewichten der Faktoren ist auf jeden Fall unser Job“, betont Haas. „Wir müssen selbst wissen, welchen Stellenwert beispielsweise die Stabilität einer Regierung hat. Andererseits wollen wir natürlich nicht das System so lange zurechtbiegen, bis das herauskommt, was wir uns ohnehin erwartet haben. Wir wollen uns intensiv mit den Ländern auseinandersetzen und neu gewonnene Informationen in unsere Einschätzung einfließen lassen. Zum Beispiel, dass in bestimmten Ländern Rohstoffe gar nicht exportiert werden dürfen und somit im Land verarbeitet werden müssen.“ Stufe drei: die Tiefenanalyse In Stufe drei schließlich werden die interessantesten Potenziale tiefgreifend analysiert: Welche Firmen sind mögliche Kunden, wie sind diese strukturiert? Dazu Franz Haas: „Diese Analysen möchten wir großteils intern machen, aber eine zusätzliche Hand von außen wird auch dabei sinnvoll sein.“ π FRAMAG: Hightech aus Oberösterreich framag bietet getreu dem Unternehmenscredo: „engineering for the best!“ innovative Produkte für die Geschäftsfelder Anlagenbau (Lösungen für die Stahlerzeugung und -verarbeitung), Schwingungstechnik (Maschinenbetten und Plattenfelder aus dem Verbundwerkstoff HYDROPOL®) sowie Sondermaschinenbau (individuelle Kundenlösungen). www.framag.com Kontakt: Wolfgang Lueghammer Tel.: +43 1 531 27-2568 [email protected] www.oekb.at 18 EXPORTSERVICE AUF TOUR Erwin Marchhart und Markus Hoskovec besu chen Unternehmen in ganz Österreich. Wenn die OeKB bei Ihnen vorbeikommt VOR-ORT-BERATUNG FÜR EXPORTEURE Nicht alle Unternehmen, die vom OeKB Exportservice profitieren könnten, nutzen dieses. Ein neues Beratungsteam widmet sich daher noch aktiver als bisher diesen Exporteuren und besucht sie gerne auch persönlich. Erwin Marchhart und Markus Hoskovec sind in jüngster Zeit nicht mehr oft in der OeKB anzutreffen. Denn seit Anfang des Jahres bilden sie so etwas wie die mobile Speerspitze des OeKB Exportservice und besuchen österreichweit Unternehmen. Denn Internet und Telefon sind schön und gut, aber manchmal ist es einfach effizienter, sich vor Ort ein Bild zu machen: zum Beispiel, um ein Unternehmen und dessen Akteure besser kennenzulernen und herauszufinden, ob und wie man sie bei der Absicherung und Finanzierung von Exporten unterstützen kann. Persönliche Treffen zwischen OeKB-Beratern und den Unternehmen gab es schon bisher. Neu ist, dass es ein eigenes Team gibt, das sich exklusiv um potenzielle Neukunden kümmert. „Wir besuchen sie entweder alleine oder auch gemeinsam www.oekb.at mit einem Betreuer ihrer Hausbank“, freut sich das Team auf interessierte Exporteure. Für Unternehmen jeder Größe Dabei richtet das Exportservice-Beratungsteam sein Augenmerk auch auf KMU. „Die OeKB ist für Kunden jeder Größe da“, betont Markus Hoskovec, der bisher in der Analyseabteilung des Exportservice mit der Beurteilung von Unternehmen und Projekten beschäftigt war. Bei seiner neuen Aufgabe geht er mit besonderem Enthusiasmus ans Werk. „Wir versuchen zu verstehen, wie die Unternehmen ticken, damit wir ihnen dann die besten Lösungen anbieten können – das ist eine spannende und befriedigende Aufgabe.“ Auch Erwin Marchhart geht die Sache mit großer Begeisterung an. Als stellvertretender Leiter der Abteilung Exportgarantien bringt er langjährige Erfahrung mit und war auch bisher in der Relevant 1/2015 19 Kundenbetreuung tätig. „Früher hatten wir nicht immer ausreichend Zeit für die Neukunden – das hat sich jetzt verändert. Genau dafür gibt es das Exportservice-Beratungsteam.“ Zeigen, wie einfach es ist In der Beratung wollen Marchhart und Hoskovec vor allem den Nutzen in den Vordergrund stellen. Markus Hoskovec: „Wir wollen zeigen, dass es einfach ist, die jeweils passenden Instrumente einzusetzen. Und zwar egal, ob es um ein KMU oder ein großes Unternehmen geht.“ „Es ist wie bei einem Auto: Ich will damit fahren und nicht unbedingt wissen, wie es funktioniert“, vergleicht Erwin Marchhart. „Genauso wollen die Unternehmen einfach bei ihren Exporten unterstützt werden – welche Mechanik genau dahinter steckt, spielt eine untergeordnete Rolle.“ π Laden Sie die OeKB zu sich ins Unternehmen ein! Wollen auch Sie in einem persönlichen Gespräch gemeinsam erkunden, wie sich Ihr Auslandsgeschäft noch besser entwickeln kann? Das neue Exportservice-Beratungsteam kommt gerne zu Ihnen ins Haus – natürlich österreichweit. Sprechen Sie einfach einen Berater an: Erwin Marchhart Tel.: +43 1 531 27-2620 [email protected] Markus Hoskovec Tel.: +43 1 531 27-2308 [email protected] www.oekb.at 20 EXPORT CHAMPIONS c ns o exp rt mpio ha 75 JAHRE ENT WICKLUNG liegen zwischen dem ersten Dop pelmayr-Schlepplift am Arlberg und der Premiere der Cabrio-Seilbahn. Steil bergauf SEILBAHNBAU Mal „oben ohne“, mal mit heißer Sitzbank, mal mitten in der Stadt. Die Doppelmayr Seilbahnen GmbH wird ihrem Anspruch, die besten Seilbahnen der Welt zu bauen, auf vielfältige Weise gerecht. Wer kennt den Klassiker nicht? In Form eines Tellers zieht er jeden einzeln oder als T-Bügel auch zu zweit den verschneiten Hang hinauf. Damit man, kaum oben angekommen, wieder hinunterwedeln kann. Sein Österreich-Debüt verdankt der Schlepplift dem Seilbahnbauer Doppelmayr. Das Familienunternehmen fertigte 1937 den ersten Ski-Schlepplift des Landes und legte damit einen Grundstein für den Erfolg des Wintertourismus in Österreich sowie für eine lange, internationale Seilbahntradition. Auch heute sind Seilbahnsysteme für den Winter das Flaggschiff des Unternehmens – sie verantworten immerhin rund 80 Prozent des Umsatzes. Dieser lag im letzten Jahr mit einem Wachstum von 8 Prozent bei 858 Millionen Euro. Seine Gewinne steigerte der Seilbahnbauer im Geschäftsjahr 2012/13 gar um 27 Prozent. Österreich mit seiner langen Skitradition gilt dabei nach wie vor als einer www.oekb.at der stärksten Seilbahnmärkte der Welt. Vom einfachen Schlepplift über Sessel- und Pendelbahnen bis hin zu Gruppen- und Gondelbahnen: Fast 600 Millionen Menschen jährlich transportieren die österreichischen Seilbahnen allein während der Wintersaison – fast das Dreifache der Österreichischen Bundesbahnen, die durchschnittlich 250 Millionen Passagiere pro Jahr befördert. Doch auch über die Grenzen hinweg boomt das Geschäft. „Wir bauen jedes bekannte Seilbahnsystem auf allen Kontinenten der Welt“, verkündet Ekkehard Assmann stolz. „Der Export spielt bei uns eine besondere Rolle“, ergänzt der Leiter für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Das Geschäft im Ausland macht schließlich knapp 80 Prozent des Gesamtgeschäfts aus. Insgesamt über 14.500 Seilbahnsysteme für Mensch und Maschine setzte das Unternehmen in 88 Ländern um – und gilt damit als Weltmarktführer im Seilbahnbau. Relevant 1/2015 21 Export mit Händen und Füßen 1952 verkaufte Doppelmayr den ersten Schlepp lift ins Ausland, nämlich in die Schweiz. Sechs Monate später lieferte der damalige Inhaber Emil Doppelmayr ein Pendant nach Kanada – ohne ein Wort englisch sprechen zu können. Angeblich habe er den Deal mit Händen und Füßen abgeschlossen, erzählt man sich in Mitarbeiterkreisen. Ganz nach dem Vorbild seines Vaters setzte auch Arthur Doppelmayr in den 1960er-Jahren verstärkt auf den Export. Während sich die meisten Mitbewerber in den darauffolgenden Jahren auf den Heimmarkt konzentrierten, baute Doppelmayr die erste große Pendelbahn in Kalifornien. Immer das große Ganze im Blick behalten – mit dieser Strategie überwand das Unternehmen einige Krisen in der Branche. Denn das Geschäft mit den Seilbahnen ist sehr volatil. Je nach Tourismusentwicklung und Schneelage schwankt auch die Auftragslage. „Es kann passieren, dass in einem Jahr drei Anlagen gebaut werden, im nächsten keine und dann wieder fünf in Auftrag gehen“, sagt Assmann. Eine entscheidende Rolle spielt das Engagement und die Motivation der rund 2.450 Mitarbeiter. „Die meisten von ihnen bauen Seilbahnen aus Leidenschaft“, erklärt Ekkehard Assmann. Aufgeben scheint hier ein Fremdwort zu sein. Bei einem Auftrag fiel plötzlich der Strom aus. Damit die Arbeiten fristgerecht fertig wurden, kaufte das Unternehmen kurzerhand einen gro ßen Generator. Bei einem anderen Bauauftrag, in Asien, versagten plötzlich die Funkgeräte. Statt die Arbeiten zu vertagen, verständigte sich das Team von Bergspitze zu Bergspitze mit Fahnen und Signalen. „Die Begeisterung für die Produkte ist tief in der DNA des Unternehmens verankert“, resümiert Assmann. „Unser Ziel ist es, die besten Seilbahnen der Welt zu bauen.“ Per Cabrio auf den Gipfel Um dieses Ziel zu erreichen, fusionierte das österreichische Unternehmen 2002 mit Garaventa – dem Schweizer Marktführer und Spezialisten für Pendel- und Standseilbahnen. Zwei Jahre später brachte die Doppelmayr Gruppe die weltweit erste Sitzheizung für den Sessellift auf den Markt. Es folgten weitere Innovationen, mit denen der Seilbahnspezialist weltweit neue Maßstäbe setzte. Da wäre etwa die Cabrio-Seilbahn: Eine doppelstöckige Bahn mit offenem Oberdeck ist seit rund drei Jahren in der Schweizer Bergwelt in der Region Vierwaldstättersee in Betrieb. Oder die 40 neuartigen Seilbahnen für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi. 23 Flugstunden entfernt baute Doppelmayr in Vietnam die mit rund 5.800 Metern längste Seilbahn der Welt. Dabei setzt das Unternehmen seit über 35 Jahren auf die Zusammenarbeit mit der OeKB. „Wir stoßen immer mehr in exotische Länder vor. Dabei spielt die OeKB eine große Rolle, um politisches und teilweise wirtschaftliches Risiko abzusichern“, sagt Martin Rusch, Rechtsberater der Doppelmayr Gruppe. Durch die Stadt gondeln Und was ist mit den 20 Prozent des Umsatzes, die nichts mit dem Wintersport zu tun haben? „Ein großes Thema ist die Seilbahn in der Stadt“, sagt Ekkehard Assmann. Je mehr Städte wachsen, desto härter ist der Wettbewerb um verbleibende Flächen. Nicht selten fehlt die nötige Infrastruktur. Besonders in verbauten Großstädten ist der Ausbau von Straßen und Verkehrsnetzen zu teuer oder schlichtweg nicht möglich. Seilbahnsysteme hingegen bieten neue Verkehrswege, die weniger Lärm und Emissionen verursachen. Sie entlasten Strecken mit erhöhtem Verkehrsaufkommen und überbrücken Hindernisse wie Flüsse und Höhenunterschiede. ABSEITS DER SKIPISTE Urbane Seilbahnen boomen – in La Paz (Bolivien) baute Doppelmayr gar ein Netz aus drei Linien. Noch überra schender: Auch der Hogwart Express, der seit einigen Monaten durchs Universal Orlando Resort fährt, ist ein Produkt des Wolfurter Unternehmens. Diesen Herausforderungen stellte sich zuletzt die bolivianische Großstadt La Paz, mit einer Höhe von bis zu 4.100 Metern der höchstgelegene Regierungssitz der Erde. Im vergangenen Jahr installierte Doppelmayr dort das weltweit größte urbane Seilbahnnetz. Mit insgesamt drei Verkehrslinien über den Dächern können die rund zwei Millionen Einwohner von La Paz und der westlich angrenzenden Großstadt El Alto bequem und sicher Stau und Verkehrshindernisse umgehen. Und auch die damit verbundenen Gefahren. „Statistisch gesehen ist die Seilbahn das sicherste Transportmittel der Welt“, schwärmt Assmann. π www.oekb.at IECHTEN 22 L ÄNDERREPORT wi egion sr EIN ST L schaft rt Der kleinste Industriestaat der Welt LÄNDERREPORT LIECHTENSTEIN Das Fürstentum ist gemeinhin als Finanzplatz bekannt. Dabei ist das wahre wirtschaftliche Herz Lichtensteins seine Industrie. PLUS / MINUS + EWR-Mitglied + Zollunion mit der Schweiz + kurze Amtswege + niedrige Steuern + liberale Wirtschaftspolitik + hohe Rechtssicherheit und Stabilität - kein Euro - nicht EU-Mitglied - hohes Lohnund Preisniveau - begrenzter Platz www.oekb.at Dass man bei einem Musical oder einem Konzert ein Regierungsmitglied trifft, kann einem überall auf der Welt passieren. Dass das Regierungsmitglied dabei nicht im Publikum sitzt, sondern auf der Bühne steht, erlebt man wohl nur in Liechtenstein. Die Kleinheit des Landes – 37.000 Einwohner auf gebirgigen 160 Quadratkilometern Fläche – ist für so manches Kuriosum gut. So ist das Fürstentum etwa die erfolgreichste Nation bei Olympischen Spielen überhaupt, wenn man nach den Medaillen pro Einwohner geht. Man erzählt auch, dass Liechtenstein einmal mit mehr Soldaten aus dem Krieg heimkehrte, als es in diesen gezogen war – die 80 Soldaten fanden unterwegs einen Mitstreiter. Die Kleinheit des Landes ist auch mitverantwortlich dafür, dass die Wirtschaft floriert – die Behördenwege sind so kurz wie möglich. „Man bekommt bei Bedarf auch einen Minister ans Telefon“, bringt es Werner Bachmann, CEO der Neutrik AG, auf den Punkt. Neutrik, gegründet 1975, ist heute weltweit führend in der Konstruktion, Herstellung und Vermarktung von Audio-, Koaxial-, Strom- und Rundsteckverbindern. Besonders für die hochwertigen Audiostecker ist das Unternehmen bekannt. Diese sorgen bei Konzerten vieler Weltstars dafür, dass die Musik in optimaler Qualität zu hören ist. Bohren, baggern, heizen Neutrik und seine Stecker reihen sich damit in eine lange Liste von Liechtensteiner Erfolgs geschichten ein: Bohrmaschinen von Hilti, Beschichtungen von Oerlikon Balzers, Zahntechnikprodukte von Ivoclar Vivadent, Bagger von Kaiser, Heiz- und Lüftungssysteme von Hoval ... – hochentwickelte Industrieprodukte sind ein Markenzeichen des Standorts. Dabei haben die genannten Firmen nicht nur ihre Hauptsitze vor Ort, auch produziert wird im Fürstentum. Die Voraussetzungen dafür wurden in den letzten Jahrzehnten Schritt für Schritt geschaffen: Schon seit dem Vertrag über die Zollunion mit der Schweiz von 1923 geht es aufwärts. Im Zweiten Weltkrieg blieb man neutral und von Kämpfen verschont. Ein weiterer großer Schritt war der Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im Jahr 1995. Parallel dazu verfolgte die Fürstenfamilie eine liberale Wirtschaftspolitik, die sich im Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht widerspiegelt, auch die moderaten Steuern sind für Firmen attraktiv: Für juristische Personen gilt eine Ertragssteuer von 12,5 Prozent. Werner Bachmann von Neutrik schätzt besonders, dass Liechtenstein sowohl Teil des EWR als auch des Schweizer Wirtschaftsgebiets ist: „Wir können Relevant 1/2015 23 von beiden Systemen profitieren. Speziell, wenn man nach Europa liefert, zahlt sich die EWR-Mitgliedschaft aus – wir können zum Beispiel CE-Kennzeichnungen selbst auf unseren Produkten anbringen, während man in der Schweiz dafür ein unabhängiges Testlabor braucht.“ Auch der Facharbeitermangel sei „nicht so stark wie woanders“, meint Bachmann. „Durch unsere Lage können wir auf drei verschiedene Ausbildungssysteme zugreifen –Schweiz, Österreich und auch Deutschland.“ Arbeitsplätze in Liechtenstein sind auch bei den Arbeitnehmern beliebt: Von rund 36.000 unselbstständig Beschäftigten pendelt mehr als die Hälfte aus dem Ausland ein. Forschungsfreundliche Politik Ernst Risch von der Standortagentur Liechtenstein Marketing nennt weitere Vorteile, die das Land Investoren und Unternehmern bietet: „Rechtssicherheit, politische Kontinuität und eine solide Finanzpolitik sind im Fürstentum keine leeren Worte. Nur wenige Staaten weltweit sind schuldenfrei – Liechtenstein ist einer davon.“ Forschungs- oder handelsintensive Unternehmen sowie spezialisierte Dienstleister seien in Liechtenstein besonders gut aufgehoben: „Neben den allgemein guten Rahmenbedingungen profitieren sie beispielsweise von einer IP-Box.“ Risch spricht damit an, dass „Intellectual Properties“ (IP), also Einnahmen aus Lizenzen, Patenten, Marken und Urheberrechten, steuerlich begünstigt werden. KEIN URBANER TRUBEL stört Liechtensteins Idylle – doch auf die Dichte an Unternehmen von Weltrang können viele Metropolen neidisch sein. Was manche Investoren zögern lasse, sei, dass Liechtenstein keine temporären finanziellen Vorteile biete, meint Risch: „Die Regierung geht einen anderen Weg und macht den Standort für Unternehmen langfristig attraktiv.“ Auch der funktionierende, innovative Finanzplatz zeichne Liechtenstein aus. Schwarzgeld ade Damit sind wir bei der großen Schattenseite der jüngeren liechtensteinischen Geschichte an gelangt: Schon lange beäugte die internationale Gemeinschaft Liechtensteins Rolle als Steueroase kritisch, 2009 wurde der Druck so groß, dass das Land einlenkte. „Liechtenstein hat rasch auf die internationalen Vorwürfe reagiert und ist von der schwarzen Liste heruntergekommen“, befindet Gudrun Hager, die als österreichische Wirtschaftsdelegierte in Bern auch das Fürstentum betreut. „Der Bankenmarkt hat sich in den > „Wenn man nach Europa liefert, lohnt sich die EWR-Mitgliedschaft.“ www.oekb.at 24 L ÄNDERREPORT LIECHTENSTEIN HIGHTECH AUS SCHAAN In der 6.000-Einwohner-Gemeinde haben sowohl Ivoclar Vivadent (Zahntechnik) als auch Hilti, berühmt für seine Bohrhämmer, ihren Hauptsitz. > letzten Jahren konsolidiert – es gibt jetzt nur mehr 14 Banken – und das verwaltete Kunden vermögen hat zuletzt wieder zugenommen.“ Die Anerkennung internationaler Standards habe als klares Signal an die Staatengemeinschaft gewirkt. 2013 wurde schließlich ein Abkommen zwischen Österreich und Liechtenstein über die steuerliche Zusammenarbeit unterzeichnet, das für in Liechtenstein geparktes Schwarzgeld auch einmalige Nachzahlungen für die Vergangenheit vorsieht. „Die Politik hat mit dem Abkommen die nötigen Voraussetzungen geschaffen, um die fruchtbare wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Liechtenstein und Österreich in Zukunft weiter zu stärken und auszubauen“, sagt dazu Georg Sparber, stellvertretender Missionsleiter der Liechtensteinischen Botschaft in Wien. Die Einnahmen für die Republik Österreich blieben „Für Vorarlberg ist Liechtenstein eine Art erweiterter Heimmarkt.“ inoffiziellen Berichten zufolge allerdings hinter den Erwartungen zurück: Die Regierung rechnete für 2014 mit rund 500 Millionen Euro, tatsächlich sollen es laut Medien nur 220 Millionen Euro gewesen sein. In Österreich aktiv Die von Sparber angesprochene fruchtbare www.oekb.at wirtschaftliche Zusammenarbeit zeigt sich unter anderem in 1.350 Arbeitsplätzen, die acht liechtensteinische Firmen in Österreich geschaffen haben. Der Großteil davon entfällt auf Industriebetriebe – allen voran Hilti mit drei Standorten in Österreich – aber auch die Finanzbranche ist mit Standorten in Österreich vertreten. „Die liechtensteinischen Banken LGT und Liechtensteinische Landesbank unterhalten je eine Niederlassung in Wien und erzielen auf dem österreichischen Markt sehr positive Geschäftsergebnisse“, berichtet Sparber. Auf der anderen Seite ist vor allem Swarovski erwähnenswert: Das österreichische Unternehmen beschäftigt in Triesen über 600 Mitarbeiter und ist damit einer der größten Arbeitgeber Liechtensteins. Der Standort ist für das Supply Chain Management aller funkelnder SwarovskiArtikel weltweit zuständig, auch ein Zentrallager befindet sich in Triesen. Eine Niederlassung in Liechtenstein zu eröffnen sei für österreichische Unternehmen aber „schon aus Platzgründen schwierig – besonders für Industrie“, befindet die Wirtschaftsdelegierte Gudrun Hager. Für „platzsparende“ Branchen wie Wirtschafts- und Finanzdienstleister gelte das weniger. Grenzgänger Die Handelsbeziehungen sind – relativ zur Größe Liechtensteins – ebenfalls sehr intensiv: 26 Prozent der Importe kommen aus Österreich, 10 Prozent der Exporte gehen dorthin. Das macht Relevant 1/2015 25 FÜR FEINE KL ÄNGE sind die Audiostecker von Neutrik weltweit geschätzt. Österreich zum viertwichtigsten Handelspartner nach der Schweiz, Deutschland und den USA. Noch reger als der Warenverkehr ist allerdings der Personenverkehr an der Grenze: Täglich kommen rund 8.300 Personen aus dem benachbarten Vorarlberg nach Liechtenstein zur Arbeit. „Für Vorarlberg ist Liechtenstein eine Art erweiterter Heimmarkt“, meint Hager. Sie weist allerdings darauf hin, dass man sich als Unternehmer, der über die Grenze schielt, gut über die gesetzlichen Besonderheiten informieren sollte: „Obwohl Liechtenstein gemeinsames Zollgebiet mit der Schweiz ist, gelten einige völlig andere Regelungen – zum Beispiel für Montagetätigkeiten oder grenzüberschreitende Dienstleistungen.“ Circa 150 österreichische Unternehmen werden pro Jahr vom AußenwirtschaftsCenter Bern zu Geschäften in Liechtenstein beraten; dazu kommen jene, die sich bei der Wirtschaftskammer in Feldkirch erkundigen. Der Franken-Faktor Das heißeste Thema für alle Unternehmen mit Liechtenstein-Bezug ist derzeit sicherlich die Entwicklung des Franken-Kurses. „Es ist noch zu früh, die Auswirkungen der ‚Frankenkrise‘, von der viele sprechen, abzuschätzen“, meint Hager. „Für manche Unternehmen ist das eine große Herausforderung, aber viele sind gut gewappnet.“ Das Kurslimit sei für Unternehmen in der Schweiz, Liechtenstein und Österreich praktisch gewesen, weil sie dadurch gut kalkulieren konnten – „aber man wusste, dass das nicht immer so bleiben wird.“ Derzeit sieht Hager verbesserte Einstiegsmöglichkeiten für österreichische Exporteure in den Frankenraum. Die Einschätzung von Werner Bachmann von Neutrik bestätigt das: „Der hohe Frankenkurs ist sicher ein Nachteil für uns. Wir müssen unsere Produktivität steigern und werden Vormaterial eher im EU-Raum einkaufen. Liechtenstein bleibt für uns aber immer noch ein sehr attraktiver Standort.“ π Kennzahlen Fläche: 160 Quadratkilometer Einwohner: 37.129 Beschäftigte: 36.224 davon Zupendler: 19.140 Quelle: Amt für Statistik Liechtenstein, Zahlen für 2013. Industriewertschöpfung Anteil der Industrie an der gesamten Wertschöpfung in Prozent iechtenstein* L Österreich Schweiz Deutschland EU-28 38 22 21 26 19 Quelle: Eurostat, Zahlen für 2013; *Amt für Statistik Liechtenstein, Zahl für 2012. Arbeitslosenquote Arbeitslose in Prozent der Erwerbspersonen iechtenstein* L Österreich Schweiz Deutschland EU-28 2,5 5,3 4,0 5,1 10,3 Quelle: Eurostat, Zahlen für 2014; *Amt für Statistik Liechtenstein, Zahl für 2013. Bruttoinlandsprodukt BIP real 4,38 Mrd. Euro BIP pro Kopf 119.000 Euro* * Das BIP/Kopf ist aufgrund der großen Zahl der Tagespendler schwer mit anderen Ländern vergleichbar. Quelle: WKO, Zahlen für 2013. www.oekb.at 26 BRANCHEN IM FOKUS PAPIERINDUSTRIE Druck durch digitale Medien 1991: 40, Neben dem globalen Abschwung und der Rezession in den Industrieländern ab Mitte 2008 trifft auch das geänderte Mediennutzungsverhalten die Papier- und Zellstoffindustrie, wenngleich mit regional unterschiedlichen Ausprägungen. Trotz der Erholung der Auftragslage konnte in der Branche das Vorkrisenniveau nicht erreicht werden. Die zunehmende Digitalisierung setzt die Erzeuger von grafischen Papieren stark unter Druck, selbst in wachstumsstarken Ländern wie China kann nur ein vergleichsweise moderates Wachstum erzielt werden. Weltmarkt Die Unternehmenskonzentration der Papierwirtschaft ist international gesehen als gering zu bezeichnen. China, die USA, Japan und Deutschland sind die weltweit größten Papier- und Zellstoffproduzenten, wobei sich China zum weltweit größten Papierhersteller und -verbraucher entwickelte. In Europa bleibt Deutschland vor Finnland und Schweden sowohl Marktführer in der Zellstoff- als auch in der Papierindustrie. Chancen Positiv sind die Aussichten für die Hygienepapiere, wo durchschnittlich weltweite Wachstumsraten von 4 %, in Wachstumsmärkten sogar von 6 bis 7 % erzielt werden können. Durch die Zunahme des weltweiten (Online-) Handels profitieren auch Karton- und Verpackungspapiere, die den Rückgang bei den grafischen Papieren zumindest teilweise kompensieren. Risiken Sorge bereiten den europäischen Papierproduzenten die schwieriger werdenden Rahmenbedingungen in der EU für die kritischen Faktoren Holz, Energie und Arbeit sowie die daraus resultierenden Wettbewerbsnachteile gegenüber Nordamerika und Asien. Die Papierindustrie warnt vor den neuen EU-Klimazielen: Das EU-Ziel, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 40 % zu reduzieren, mache Europa als Standort für die Papiererzeugung deutlich unattraktiver und gefährde damit zahlreiche Arbeitsplätze. www.oekb.at 20 3% | 67,4 00: 5 51, 20 %| 10: 68 ,7 % | 20 13: 71 ,7 USA & Kanada 85,1 WELTPRODUKTION 2012 in Mio. Tonnen Gesamt: 400 Papier /167 Zellstoff Lateinamerika 21,6 (Quelle: Austropapier) Papier 21,0 Zellstoff Luxemburg 300 kg PAPIERVERBRAUCH pro Person und Jahr EU-27 Österreich 250 kg 160 kg USA 230 kg Asien 45 kg Relevant 1/2015 % .... ... ..... 27 Kontakt für weitere Informationen: Ines Baumann Tel. +43 1 531 27-2456 [email protected] . . ( Q u e l l e : St a t i s t a . d e ) China Europa 106,7 „Österreichs Papierwirtschaft ist erstaunlich robust“ 8,3 OeKB-Analystin Ines Baumann glaubt nicht an einen Kapazitätsausbau. 102,5 45,2 76,1 19,6 Asien (ohne China) Afrika 4,4 1,7 Australien 4,0 6,1 Milliarden 141 Betriebe 2,9 € Umsatz 16.800 Mitarbeiter 4,8 Millionen Tonnen Papier und Pappe produziert DIE ÖSTERREICHISCHE PAPIERWIRTSCHAFT (Papiererzeugung und -verarbeitung) 2013 Wie geht es der heimischen Papierbranche? Die Papierwirtschaft in Österreich zeigt sich im wachstumsschwachen wirtschaftlichen Umfeld als bemerkenswert robust und konkurrenzstark – der kleine Markt zeichnet sich zunehmend durch eine Spezialisierung aus und in Relation zum ProKopf-Verbrauch ist Österreich mittlerweile zum drittgrößten Papiererzeuger der Welt avanciert. Welche Rolle spielt Papier in Österreichs Exportwirtschaft? Da die an den heimischen Standorten erzeugten Produkte weltweit gefragt sind, beträgt die Exportquote in etwa 85 %. 2013 zählte die Wertschöpfungskette Forst-Holz-Papier mit einem Überschuss von 3,41 Mrd. Euro zu den wichtigsten Aktivposten des österreichischen Außenhandels. Wie sind die Aussichten für die Zukunft? Im Jahr 2014 konnte in der Papiererzeugung und -verarbeitung ein Produktionsplus von 2 % erzielt werden, allerdings gab es auch einen – durch den stetigen Kostendruck verursachten – leichten Umsatzrückgang. Es wird 2015 durch die moderate Entwicklung auf den wichtigen westeuropäischen Absatzmärkten mit keiner nennenswerten Nachfragebelebung gerechnet. Starke Exportzuwächse gibt es dafür in Afrika, Australien und Ozeanien. Ein weiterer Kapazitätsausbau scheint aufgrund der Kleinheit des Marktes bzw. der schon fortgeschrittenen Konzentration und Spezialisierung eher nicht realisierbar. www.oekb.at 28 OeKB GESCHÄFTSKLIMA-INDEX MOE oe xm g BA N K EN li tsk m h esc äf nd a-i e OeKB GESCHÄFTSKLIMA-INDEX MOE Banken trotz allem weiter zuversichtlich Beim Blick auf die Meldungen, die in den vergangenen Wochen und Monaten zum Mittelosteuropa-Engagement heimischer Kreditinstitute durch die Medien gingen, drängt sich der Eindruck auf, dass der Grundtenor in der Branche überwiegend kritisch ist. Zwar hatte sich die große Osteuphorie der Banken bereits infolge der Finanzkrise 2008/09 gelegt, doch zuletzt häuften sich die Negativschlagzeilen wieder merklich. Konkret ist etwa von Teilausstiegen aus schwierigen MOE-Märkten und massiven Abschreibungen für notleidende Kredite die Rede, die auf dem Sektor lasten. Wie ist es nun aber tatsächlich um die aktuelle Stimmung der Entscheidungsträger aus der Bankenwirtschaft bestellt, die von Österreich aus ihr Mittelosteuropa-Geschäft steuern? überwiegt demnach – trotz negativer Ent wicklungen in Einzelmärkten wie zum Beispiel der Ukraine – die Zufriedenheit der Banken mit dem derzeitigen Geschäftsgang. Hinsichtlich der Perspektiven für die nächsten sechs Monate ist laut Februar-Erhebung sogar ein langsam zurückkehrender Optimismus zu beobachten: Wurde im Oktober 2014 noch für 12 % der Niederlassungen mit einer Verbesserung der Performance gerechnet, so blicken mittlerweile 20 % der MOE-Banken töchter positiv in die Zukunft. Offensichtlich wittern die Direktinvestoren auch in wirtschaftlich und politisch angespannten Zeiten durchaus noch Geschäftschancen in der Region. Geschäftsklima trotz schwierigerem Umfeld nur leicht eingetrübt Die verbesserten Geschäftserwartungen der Banken spiegeln sich auch in den Investitionsstrategien wider: Obwohl es – insbesondere vor dem Hintergrund des anhaltenden Konflikts zwischen Russland und der Ukraine – vereinzelt Vorhaben zum Abbau der lokalen Präsenz gibt, planen die Kreditinstitute derzeit keinen breit angelegten Rückzug aus der Region Mittelosteuropa. Vielmehr stehen die Zeichen auf Konsolidierung: 85 % der bestehenden MOE-Standorte sollen im kommenden Jahr unverändert beibehalten werden. Für stabile Kernmärkte wie Tschechien und die Slowakei steht zum Teil sogar eine Forcierung der Investitionstätigkeit auf der Agenda. Damit signalisieren die Banken klar, dass sie auch mittel- bis langfristig Vertrauen in das Ertragspotenzial ihrer Mittelost europa-Aktivitäten haben. Die jüngsten Ergebnisse des OeKB Geschäftsklima-Index Mittelosteuropa bestätigen auf den ersten Blick den Eindruck eines schwieriger gewordenen Umfelds für die Kreditinstitute: Der Geschäftsklima-Index sinkt im Februar 2015 um 0,8 Punkte auf einen Wert von 78,8. Bei einer näheren Betrachtung der Branchenresultate relativiert sich dieses etwas trübere Stimmungs bild jedoch. So wird immerhin für rund ein Drittel der MOE-Töchter eine gute aktuelle Performance gemeldet. Für weitere 52 % wird die Ist-Situation zumindest als befriedigend bzw. saisonüblich eingestuft, während für lediglich 16 % der Bank beteiligungen die Geschäfte schlecht laufen. Bezogen auf die Gesamtregion Mittelosteuropa www.oekb.at An regionalen Kernmärkten wird auch weiterhin festgehalten Relevant 1/2015 29 DR. JOHANNES GEBERTH Head of Global Corporate Customers, Raiffeisen Bank International AG „Die Erfolgsgeschichte Mittel osteuropa ist für die heimischen Banken noch nicht vorbei – trotz politischer und wirtschaftlicher Risiken in einzelnen Märkten.“ BEHALTEN ODER VERKAUFEN? Raiffeisen nimmt derzeit seine Töchter und Beteiligungen wie die slowakische Tatra Banka einzeln unter die Lupe. OeKB GESCHÄFTSKLIMA-INDEX MITTELOSTEUROPA BANKEN Geschäftsklima und Investitionen Geschäftsklima Investitionen 100 90 80 70 60 Q1 2007 Q1 2008 Q1 2009 Q1 2010 Quelle: OeKB Geschäftsklima-Index Mittelosteuropa Q1 2011 Q1 2012 Q1 2013 Q1 2014 Q1 2015 Die Research Services der Oesterreichischen Kontrollbank führen viermal im Jahr eine Erhebung unter rund 400 Headquarters durch, die von Österreich aus insgesamt 1.900 MOE-Unternehmensbeteiligungen steuern. Im Fokus stehen die Erfahrungen, Einschätzungen und Erwartungen dieser global aktiven Unternehmen hinsichtlich Konjunktur- und Geschäftsentwicklung in der Region. Verdichtet und strukturiert ergeben sich daraus zahlreiche Frühindikatoren, die detaillierte Analysen und Prognosen zu zwölf Ländern Mittel osteuropas und zehn Branchen erlauben. Details und Bestellung von Berichten: http://bit.ly/RELEVANT313_1 oder bei Verena Ebner, Tel. +43 1 531 27-2560, [email protected] www.oekb.at 30 GLEICH UMS ECK Ein wahrlich fürstliches Palais STADTPALAIS LIECHTENSTEIN Das aufwendig sanierte Palais unweit der OeKB ist ein wenig bekanntes Schmuckstück, das seine Besucher mit Luxus beeindruckt. Als Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein sein Stadtpalais in der Wiener Bankgasse im Jahr 1953 – damals noch als Kind – erstmals betrat, wurde er von einer wüsten Szenerie empfangen. Bombentreffer und ein abgestürztes Flugzeug hatten es im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Liebevoll saniertes Stadtschlösschen ÖFFENTLICHE FÜHRUNGEN: zweimal im Monat (an ausgewählten Freitagen), von 17.00 bis 18.30 Uhr (Einlass: 16.45 Uhr), Preis: 25 Euro pro Person EVENTS: Die prunkvollen historischen Räume im ersten und zweiten Stock stehen für exklusive Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen zur Verfügung. www.oekb.at Wer das von außen unscheinbar wirkende Stadtschlösschen heute besucht, kommt dagegen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Fürst Hans-Adam II., ab 1989 Familien- und damit Staatsoberhaupt von Liechtenstein, investierte rund 100 Millionen Euro in die Renovierung. Herausgekommen ist ein architektonisches Gustostückerl, das seinesgleichen sucht. Die Prunkräume mit ausgesuchten Meisterwerken der Fürstlichen Sammlung machen das Palais zu einem Geheimtipp. Die monumentale Feststiege bezeichnet manch einer als das „schönste Stiegenhaus Wiens“. Dahinter warten opulente Deckenfresken, liebevoll in Kleinarbeit restaurierte Mahagonischränke und filigrane Seiden-Wandbespannungen in allen nur erdenklichen Farben und Mustern. Kronleuchter mit vier Metern Durchmesser In der Mitte des Ballsaals im zweiten Stock prangt majestätisch ein goldener Kronleuchter mit einem Durchmesser von vier Metern. Dieser Lüster und vier Kandelaber – in jeder Saalecke einer – trugen früher 712 Kerzen. Nun ahmen eigens entwickelte LED-Lämpchen das warme Kerzenlicht nach. Hinzu kommen Wände über und über voll mit vergoldeten Elementen und ein Fußboden, der einst vom Pionier des Möbeldesigns Michael Thonet parkettiert wurde. Unter der Decke versteckt sich eine Loge für das unsichtbar musizierende Orchester. Hochbarock und Neo-Rokoko Begonnen wurde die Restaurierung im Jahr 2008, abgeschlossen schließlich im April 2013. Alleine für die Vergoldung mit 150.000 Stück Blattgold investierte man 54.000 Arbeitsstunden. An Spitzentagen waren 500 Personen gleichzeitig auf der Baustelle. Damit erstrahlt das Palais wieder im gleichen Glanz wie schon vor über 150 Jahren: Ursprünglich als Bau des Hochbarock errichtet, gelangte es 1694 in den Besitz der Liechtensteins. 1836 startete eine Umgestaltung im Stil des Neo-Rokoko. Der damalige Fürst Alois II. beauftragte den angesehenen britischen Architekten Peter Hubert Desvignes mit dem Umbau, der in über zehn Jahren rund vier Millionen Gulden (etwa 120 Millionen Euro) verschlang. Desvignes baute dabei zahlreiche technische Raffinessen ein: Das Palais erhielt schon damals einen Aufzug, eine hausinterne Sprechanlage mit „Correspondenz-Schläuchen“ aus Kautschuk und eine Dampfluftheizung. π Relevant 1/2015 PERSÖNLICH 31 IM MAHA GONIZIMMER bestimmt die tiefblaue Sei denbespannung die Atmosphäre. NEUE NAMEN, NEUE FUNKTIONEN Exportservice-Beratung Das neue Exportservice-Beratungsteam der OeKB, derzeit bestehend aus ERWIN MARCHHART (Leitung) und MARKUS HOSKOVEC, ist seit Beginn 2015 unterwegs bei Exporteuren und Banken, um vor Ort gemeinsam mit den Kunden passende Lösungen zum Absichern und Finanzieren von Auslandsgeschäften zu erarbeiten. IT Services DER BALLSAAL mit seinem riesigen Lüster raubt so manchem Besucher den Atem. MARIA-THERESIA STADLER führt seit Anfang Jänner 2015 gemeinsam mit LECH LEDÓCHOWSKI die Abteilung IT Services, in der alle IT-Einheiten der OeKB zusammengeführt wurden. Stadler ist seit 1996 in der OeKB beschäftigt. Sie begann in der Internen Revision und wechselte 2010 in die IT-Gruppe des Exportservicebereichs. Ihre Hauptverantwortung umfasst Solution und Development von IT-Leistungen. Ledóchowski, bisher Abteilungsleiter Informatik, verantwortet die IT-Operations. Kapitalmarkt Services Die neue Abteilungsleiterin der Kapitalmarkt Services heißt seit 1. Jänner MARIA KUCERA. Kucera war seit 1990 in der OeKB im Bereich Rentenmarkt und Meldestelle tätig, wo sie seit 2002 auch als stellvertretende Abteilungsleiterin fungierte. In ihren Verantwortungsbereich fallen die Bereiche Clearing & Risk Management, Wertpapier Services und Meldestelle sowie Fonds und Wertpapierdaten. GEORG ZINNER und PETER FELSINGER führen seit Jänner 2015 als Abteilungsleiter und Stellvertreter die Abteilung Central Securities Depository (CSD). In dieser Rolle bereiten sie auch die Ausgliederung des CSD-Geschäfts in eine eigene Gesellschaft vor. Dort werden sie als Geschäftsführer tätig sein. Marketing & Unternehmenskommunikation Seit Anfang Jänner leitet ANTON STEFFKO die neugegründete Abteilung Marketing & Unternehmenskommunikation. Der studierte Betriebswirt (WU Wien) trat nach mehreren Jahren Selbstständigkeit 2000 in die OeKB ein, wo er 2005 die Leitung der IT-Einheit im Exportservice übernahm. Von 2009 bis Ende 2012 war er in Zagreb Vorstand der Hrvatsko kreditno osiguranje d.d., einer ehemaligen Tochtergesellschaft der OeKB. Nach seiner Rückkehr unterstützte er in einer Stabsstelle des Vorstands die erfolgreiche Umsetzung von Projekten mit Schwerpunkt Exportförderung. PETER GUMPINGER ist Unternehmenssprecher. OeKB Business Services GmbH CHRISTIAN KÖRBLER und HEINZ WACHMANN führen seit Februar 2015 die Geschäfte der OeKB Business Services GmbH. Die 100 %-Tochter der OeKB ist spezialisiert auf die Umsetzung von Social Intranets und Collaboration-Portalen sowie auf Lösungen für Online-Datenmanagement und Geschäftsprozess-Management. Auflösung zum ZitateRätsel auf Seite 11: 1. Mark Twain, 2. Karl Farkas, 3. Johann Nepomuk Nestroy, 4. Henry Ford, 5. Benjamin Franklin www.oekb.at 32 MÄRKTE IM FOKUS CHANCE Rumänien BIP: +2,3 % (2014), +3 % (2015*) Staatshaushalt: sinkende Budgetdefizite (2014: -2 % des BIP; 2015*: -1,2 % des BIP) Leistungsbilanz: positive Leistungsbilanz (2014: +1,9 % d. BIP); negative Handelsbilanz (2014: -3,8 %) Auslandsverschuldung: spürbar gesunken (2014: 65 % d. BIP, 2015*: 64 % d. BIP). Hohe, aber deutlich sinkende Schuldendienstrate (2014: 59 %) Wirtschaftliche Situation: Rumänien ist es seit 2012 gelungen, trotz eines schwierigen Konjunktur umfeldes in Europa die Wirtschaft dank einer guten Performance im Exportsektor auf Wachstumskurs zu halten, die hohen Zwillingsdefizite deutlich abzubauen und die Auslandsverschuldung zu stabilisieren. Eine strikte Kredit- und Fiskalpolitik unterstützen die Konsolidierung des Staatshaushaltes. 2015 wird mit einem Wachstum von 3 % gerechnet, getragen vom steigenden Konsum im Inland, begünstigt durch höhere Reallohnzuwächse, niedrigere Energiekosten und das sinkende Zinsniveau. Das Verhältnis zum Internationalen Währungsfonds ist gut. Die Absorption von EU-Geldern soll verbessert werden, insbesondere für den Ausbau der Infrastruktur und die Modernisierung von Staatsbetrieben. Politisches Risiko: Die Mitte-Links-Regierung unter Premier Viktor Ponta genießt eine relativ stabile Mehrheit im Parlament, zuletzt ist es aber zu Spannungen innerhalb der Koalition gekommen. Vorzeitige Neuwahlen können daher nicht ausgeschlossen werden. Die Stichwahlen zu den Präsidentschaftswahlen im November 2014 gewann überraschend Klaus Joannis, der einen verstärkten Kampf gegen die weitverbreitete Korruption ankündigte und den prowestlichen Kurs fortsetzen will. Verbesserte Beziehungen zu Moldawien (Militärabkommen seit April 2013). Aktuelle Länderkategorie: 3 von 7 – mittleres bis niedriges Risiko Deckungspolitik der OeKB: Deckung ohne Einschränkungen Deckungsquote für politische Risiken: 100 % Weitere Informationen zu Rumänien: Charlotte Thell, Tel. +43 1 531 27-2618, [email protected] * geschätzt RISIKO Tadschikistan BIP: +6,7 % (2014*), - 0,9 % (2015*) Staatshaushalt: beinahe ausgeglichenes Budget (2014*: +0,1 % des BIP; 2015*: -0,1 % des BIP) Leistungsbilanz: negative Leistungs- (2014*: -9,4 % des BIP) und Handelsbilanz (2014*: - 44,2 %) Auslandsverschuldung: von 2010 bis 2014 im Vergleich zum BIP fallend (2014*: 40,0 % d. BIP), ab 2015 wieder deutliche Steigerung prognostiziert. Relativ stabile Schuldendienstrate (2014*: 33,4 %) Wirtschaftliche Situation: Tadschikistan ist die ärmste der fünf zentralasiatischen Republiken. Ein Bürgerkrieg (1992–1997) warf das Land zusätzlich zurück. 36 % leben unterhalb der Armutsgrenze. Wegen der Gebirgslage ist nur rund 7 % der Landesfläche für Landwirtschaft geeignet. Wichtigste Exportgüter sind Aluminium, Baumwolle und Strom aus Wasserkraft. Das BIP-Wachstum ist seit 2010 robust, 2015 droht jedoch ein Einbruch. Extrem hohe Gastarbeiterüberweisungen (knapp 50 % der Wirtschaftsleistung) vornehmlich aus Russland. Politisches Risiko: Staatsoberhaupt ist seit 1994 Emomalii Rachmon. Die verfassungsmäßige Beschränkung auf zwei Amtszeiten wurde 2003 aufgehoben, 2013 wurde er mit 86,6 % der Stimmen wiedergewählt. Laut OSZE kam es bei den Wahlen der vergangenen Jahre zu massiven Unregelmäßigkeiten (z. B. Nicht-Zulassung von Oppositionskandidaten). Die Stimmung innerhalb der Bevölkerung richtet sich zunehmend gegen den Präsidenten und seine gewaltige Machtfülle. 98 % der Bevölkerung sind muslimisch, die Regierung unterdrückt teilweise als fundamentalistisch gebrandmarkte Gruppen. Aktuelle Länderkategorie: 7 von 7 – hohes Risiko Deckungspolitik der OeKB: Deckung mit Einschränkungen Deckungsquote für politische Risiken: 95 % Weitere Informationen zu Tadschikistan: Gerald Mayer, Tel. +43 1 531 27-2247, [email protected]
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