Pressetext TIMO SEBER TWITCH 25. April – 28. Juni 2015 Pressekonferenz: Freitag, 24. April, 11 Uhr Eröffnung: Freitag, 24. April, 20 Uhr um 19 Uhr: Eröffnung von Sidsel Meineche Hansen. ONE-self im Künstlerhaus Bremen ab 21.30 Uhr: gemeinsamer Ausklang im penGwyn mit Speisen und Musik Timo Seber verknüpft gesellschaftliche Phänomene mit der eigenen Erfahrung und formt daraus Geschichten über unsere Wahrnehmung von Welt. Mehrere Handlungsstränge werden neben- und zueinander geführt und zu einer Aussage über Funktionsweisen unserer Gesellschaft konzentriert. Ausgangspunkt für seine eigens für die GAK entwickelte Ausstellung TWITCH ist DOTA2, eines der derzeit populärsten Videospiele, das in zwei Teams von je fünf Spieler/innen durchgeführt wird und zu dem professionelle Turniere mit immensen Preisgeldern stattfinden. Mit den DOTA2-Spielern wird eine Community benannt, die eher Jugendlichen bekannt ist und doch an der Schwelle zum Massenphänomen steht. Dementsprechend bezieht sich der Ausstellungstitel auf eine der populärsten Internetplattformen der Videospielgemeinschaft. Eine globale und digital agierende Gemeinschaft aus zumeist jungen Menschen, in der das Team nur so gut ist wie sein schwächstes Glied und die sich scheinbar ohne Rücksicht auf Geschlecht, Herkunft, sozialen Status oder Erscheinungsbild konstituiert – und damit unabhängig von den Parametern, die unsere Vorstellungen von Erfolg oder unseren zwischenmenschlichen Umgang normalerweise wesentlich bestimmen. Sebers Ausstellung steht für die Utopie einer Gesellschaft, die sich von herkömmlichen Wirkungsweisen unseres Miteinanders lösen und neue Wege finden könnte. DOTA2 ist auch ein exemplarisches Beispiel für eine veränderte Auffassung von Sport und dem eigenen Körper. Die jugendlichen Teilnehmer/innen der Wettkämpfe befinden sich in einer Lebensphase, in der man Körperlichkeit bewusst entdeckt. Sie kleiden sich in Trikots und treten in Mannschaften zu je 5 Personen zu Turnieren mit nahezu wahnwitzigen Millionenpreisgeldern gegeneinander an. Dies alles sind Bestandteile des sportlichen Wettkampfes, in dem per definitionem körperliche Fähigkeiten abgeglichen werden. Doch im Spiel wie in der Ausstellung bleibt der Körper ausgespart. Statt sich körperlich zu messen, sitzen die DOTA2-Teams vor ihren Rechnern, auf den Turnieren eingesperrt in gläserne, schallisolierte Kabinen, nur Synapsen und Finger in Bewegung. Ausgehend von diesen Ideen stellt der Künstler in TWITCH „eine Art provisorischen Trainingsraum“ (Timo Seber), einen Sehnsuchtsort für die Idee von einer Welt zusammen, in der Erfolg nicht durch körperliche Vorzüge, sozialen Status oder Bildung bestimmt wird: So sind etwa dicke Seile, die an den eigenen Schulsport erinnern, an ihren Lederenden mit Screenshots aus DOTA2 bedruckt und verschiedenartig im Ausstellungsraum verteilt. Sie liegen auf dem Boden oder sind auf schwarzen Metallstangen angeordnet, an denen man im Fitnessstudio seine Muskelkraft per Klimmzug trainiert. Beide Elemente sind ihrer ursprünglichen Funktion enthoben und in den Status einer skulpturalen Setzung überführt. Körperlichkeit klingt in ihnen an, doch der trainierende Körper findet keinen Halt. Den Seilen sind T-Shirts zugeordnet, die eine Mischung aus schützender Rüstung und Merchandising-Equipment, also Kommerzialisierung einer Idee ergeben und aufrecht auf Sockeln stehen. Ihre Oberfläche ist ebenfalls mit Screenshots des Videospiels bedruckt, ihre Titel benennen drei der derzeit erfolgreichsten DOTA2-Spieler. Auch hier: Der Körper klingt an, aber wird durch die Steifheit der Skulpturen und ihr an Haut erinnerndes Material in seiner Abwesenheit gerade betont. Ergänzend hängen seltsam futuristisch anmutende Luftmatratzen an den Wänden und werden von großen Glasplatten fixiert, deren Oberfläche Details des DOTA2-Equipments zeigen: Computermaus, Tastatur oder Headset. Die Hightech-Luftmatratzen wurden ursprünglich als Schlafunterlagen konzipiert und in ihrer Ausformung ergonomisch dem menschlichen Körper angepasst. Ihr Erscheinungsbild wird von zahlreichen Aussparungen bestimmt, die sie leichter und kleiner zusammenfaltbar machen. Und wieder: Der Körper ist an- und abwesend zugleich. Seile, T-Shirts und Luftmatratzen formen einen von Gegensätzen bestimmten Umgang mit Materialien und Herstellungsprozessen: Die traditionell angefertigten Seile aus Hanf mit ihren von Hand umnähten Lederenden und die ledernen T-Shirts kontrastieren das farbige Synthetikgewebe der Matratzen. Distanziert und fasziniert zur selben Zeit überführt Seber in TWITCH die Bildsprache des Internets in eine eigene Materialität und verknüpft sie mit kollektiven Erfahrungen wie Schulsport oder Campingausflug mit Luftmatratzen. Im Ergebnis fügen sich die verschiedenen Teile der Ausstellung zu einer Situation zusammen, in der ein Überleben in diesem Sehnsuchtsraum für eine andere Welt möglich sein könnte: Es gibt Schlafunterlagen, Kleidung und die Möglichkeit, den Körper fit zu halten. Ein weiteres Element fungiert als Schlussakkord der Ausstellung und bindet ihre verschiedenen Handlungsstränge noch entschiedener in einen gleichermaßen persönlichen wie allgemeingültigen Kontext ein. Es zeigt ein vergrößertes Foto vom Vater des Künstlers als Kind, auf dem er hochkonzentriert und flankiert von zwei begeistert-neugierigen Freunden einen Text auf einer Schreibmaschine abtippt. Damit rekurriert Seber auf das alte Bild von der Faszination, die vom technischen Fortschritt ausgeht und sich gerne mit der Sehnsucht nach einer anderen Welt verknüpft. Einer Welt, in der die Dinge gesellschaftlich noch nicht zementiert sind und es noch möglich ist, es anders und vielleicht besser zu machen. Timo Seber wurde 1984 in Köln geboren und hat an der Kunsthochschule für Medien Köln bei Marcel Odenbach und Johannes Wohnseifer studiert. Seine Arbeit wurde bisher u.a. im Bonner Kunstverein sowie in den Galerien Tobias Naehring und SCHMIDT & HANDRUP gezeigt. Er lebt in Berlin. Die Ausstellung TWITCH findet statt anlässlich der letztjährigen Auszeichnung von Timo Seber mit dem Columbus-Förderpreis für aktuelle Kunst in Kooperation mit der ADKV (Arbeitsgemeinschaft deutscher Kunstvereine). Der Columbus-Förderpreis wendet sich an Künstler/innen, die am Ende ihrer akademischen Ausbildung bzw. am Anfang ihrer künstlerischen Karriere stehen. Neben einem monatlichen Grundbetrag, der über ein halbes Jahr an den/die Preisträger/in gezahlt wird, sind mit der von der Unternehmensgruppe Columbus gestifteten Prämie in Höhe von insgesamt Euro 30.000,eine Einzelausstellung in einem deutschen Kunstverein und eine begleitende Publikation verbunden. DONNERSTAGSTERMINE jeweils um 19 Uhr 30.04.: 07.05.: 21.05.: 11.06.: 18.06.: 25.06.: Führung durch die Ausstellung Twitch mit Anna Nezel, Volontärin Reihen – Drehen – Spiegeln Vortrag von Susanne Bollenhagen (Künstlerin, Bremen) mit einer Einführung in die Ornamentik und Vorstellung der eigenen Arbeit Daniel Cremer führt durch die Faszination Führungsperformance von Daniel Cremer (Autor, Regisseur, Performancekünstler, Berlin). Cremer fordert den alltäglichen Rahmen einer Ausstellungsführung heraus, indem er ihn mit Mitteln der Simulation, des Re-enactment, der Travestie und dem Verzerren von Sprache verfremdet und Strukturen auf die Spitze treibt. Von „The Azaria Mystery“ bis „Twitch“ Künstlergespräch zwischen Timo Seber und Fanny Gonella (künstlerische Leitung, Künstlerhaus Bremen) Free to Play (Dokumentarfilm, USA, 2014, 75 min.) Der Film begleitet drei professionelle E-Sportler, die um das bis dato größte Preisgeld in einem PC-Spiele-Turnier kämpfen. Filmabend auf Vorschlag von Timo Seber Führung durch die Ausstellung Twitch mit Janneke de Vries, Direktorin KINDERWORKSHOP IN DEN PFINGSTFERIEN Dienstag, 26.05.2015, 11-14 Uhr Für Kinder zwischen 7 und 12 Jahren Teilnahmegebühr: 15,- Euro Anmeldung: bis 04. Mai per Tel.: 0421 500897 oder Email: [email protected] Nähere Infos unter: http://www.gak-bremen.de/de/veranstaltungen/kinder/ LANGE NACHT DER MUSEEN Samstag, 30.05.2015, 18-1 Uhr: - Musiklounge - Verkauf von Miniaturarbeiten der Bremer Künstler/innen Achim Bertenburg, Susanne Bollenhagen, Janis Müller, Markus Oldenburg, Matthias Rutenberg, Christian Schmidt, Sebastian Schneider und Tobias Venditti - Führungen um 21 und 23 Uhr in der GAK - Verpflegung im benachbarten penGwyn. FÜR WEITERE INFORMATIONEN WENDEN SIE SICH BITTE AN: GAK, Svea Kellner, +49-(0)421/500897, [email protected] Pressefotos in druckfähiger Auflösung stehen auf http://www.gak-bremen.de/de/presse/ zur Verfügung. Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit Die GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst wird gefördert durch
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