„SETKÁNÍ/ENCOUNTER 2015“. - Akademie für Darstellende Kunst

„SETKÁNÍ/ENCOUNTER 2015“.
25th International Festival of Theatre Schools
25. Internationales Festival von Theaterhochschulen und –akademien
14. bis 18. April 2015 in Brno/Tschechien (Brünn)
Erfahrungsbericht
Anna-Elisabeth Frick, Zweites Studienjahr Regie,
Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg
Als Mitglied der Studentenjury hatte ich dankenswerter Weise die
Möglichkeit, am Festival „Setkani/Encounter“ in Brno/Tschechien (Brünn)
teilzunehmen
Schon der Empfang war sehr herzlich. Wir wurden vom Bahnhof abgeholt und
die ganze Zeit über bestens von einem Guide versorgt.
Meine Tätigkeit als Jurymitglied bestand im Sichten aller Theaterstücke,
die im Zuge des Festivals gezeigt wurden, und im anschließenden
Diskutieren derselben mit meinen Jurykollegen. Den Preis der E.UTSA
haben wir einer Regiestudentin aus Litauen – an Kamilé Gudmonaité
gegeben, die mit ihrer sehr konsequenten Arbeit „Dreamspell“ überzeugte.
Sie verschnitt darin August Strindbergs „Traumspiel“ und Texte Eugene
Ionescos. Das Resultat war eine sowohl auf inhaltlicher als auch auf
formal ästhetischer Ebene gelungene Arbeit. Eine höchst präziser,
zugleich intelligent ironischer Theaterabend.
Täglich fanden morning discussions mit allen Festivalteilnehmern statt.
Wir widmeten uns oft grundsätzlichen Fragestellungen über Theater: Was
will ich von Theater? Was ist die gesellschaftliche/politische Relevanz
von Theater?
Durch die vielen Diskussionen mit Menschen aus ganz Europa war es
hilfreich, den eigenen Standpunkt klar formulieren zu müssen. Viel
erfahren habe ich über Theaterformen und Ästhetiken anderer Länder und
deren Vor- und Nachteile. Ein georgischer Regisseur - Giorgi
Margvelshvili - inszenierte eine sehr präzise, virtuose und
naturalistische Arbeit von Tschechows „Three Sisters“. Von einer
tschechischen Studierenden der Akademie für Darstellende Kunst in Prag sahen wir „Heart Erection“ eine sehr formale konzeptionelle Arbeit.
Kontrovers waren die Standpunkte zu diesen Arbeiten. Bemerkenswert waren
auch die Unterschiede der Ästhetiken innerhalb eines Landes. So
leisteten die teilnehmenden polnischen Schulen zwei ästhetisch sehr
verschiedene Beiträge: Eine sehr naturalistische Inszenierung von Marius
von Mayenburgs „Der Stein“ unter strenger Verwendung der vierten Wand
und im Kontrast dazu „The Little Mermaid“. Die Zuschauer waren als
Gäste geladen. einer Hochzeit beizuwohnen, es gab ein Wechselspiel
zwischen Spieler und Zuschauer.
Beschäftigt über all die Tage hat mich das Thema Verantwortung. Wie kann
man mit Situationen umgehen, wie sie im kulturellen Bereich z. B in
Ungarn vorherrschen? Was können wir tun, um zu helfen ohne von oben
herab unsere Hilfe anzubieten? Reicht es, wach zu sein und sich zu
informieren?
Im Ganzen war das Festival eine sehr gelungene Mischung aus Inhalt,
Networking, Diskussionen und Party. Ich war sehr froh, dabei gewesen zu
sein, habe viel Inspiration mitgebracht und freue mich, die
Leute/Studierenden aus den verschiedenen, europäischen Ländern zu
besuchen oder sie in Zukunft zu uns einzuladen.
Erfahrungsbericht
Sören Hornung. Drittes Studienjahr Regie,
Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg
Ich traf auf viele Studierende verschiedenster internationaler
Theaterakademien bzw.-hochschulen. Mitzubekommen, wie die Studierenden
der Budapester Hochschule gerade ertragen müssen, dass unter neuer,
staatlicher Führung Zensur und Kontrolle in der Schule Einkehr halten,
ließ mich aufmerksam werden. Was bedeutet es, in einer schwierigen
politischen Situation Theater zu machen? Auf welche Art ist Kritik
möglich und wie kritisch kann das Theater sein?
Generell habe ich die Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen
politischen und sozialen Lage, innerhalb der verschiedenen Produktionen
und Gesprächen vermisst. Was sind die individuellen politischen
Standpunkte der einzelnen Produktionen und Studierenden und worin
bestehen ihre politischen Auseinandersetzungen? Was sind die gerade in
den jeweiligen Ländern brisanten, zu verhandelnden Themen?
Ich jedenfalls habe sehr wenige Produktionen gesehen, die kritisches und
schräg sitzendes Theater probiert hätten. Theater, das mir eine
Reibungsfläche bieten könnte. Woran liegt das wohl? Auf der Suche nach
Unterschieden in Sichtweisen und Verhalten der Studierenden fand ich
zunehmend Gemeinsamkeiten. Viele von den Studierenden, die ich getroffen
habe, bewegten sich sehr im Rahmen ihrer jeweiligen Universität und
waren verleitet in diesem Rahmen zu denken.
Vor diesem Hintergrund war dieses Festival für mich umso bedeutender.
Die erwähnten „Schranken“ und „Grenzen“ zu sehen und zu erfahren, diese
offen anzusprechen und darüber mich mit anderen Menschen und
KünstlerInnen auseinander setzen zu müssen, hat mich geöffnet.
Es war großartig, sich mit anderen Studierenden über ihre jeweiligen
Produktionsweisen und über ihr Theaterverständnis auszutauschen - und
sich darüber hinaus zu vernetzen. Durch diese Begegnungen inspiriert,
habe ich für mich das Ziel gesteckt, mich vermehrt außerhalb von
Deutschland nach Projekten umzuschauen oder eigene Projekte im
internationalen Kontext auf die Beine zu stellen, Ich habe gemerkt, dass
ich dazu neige, mich innerhalb meiner selbst gesetzten Grenzen zu
bewegen. Das Festival hat mir gezeigt, dass es notwendig ist diese
Grenzen zu hinterfragen, sie nach und nach abzureißen. Das Festival war
ein erster Geschmack davon, wie es hinter dem Tellerrand aussieht, und
ich habe Lust darauf bekommen mehr davon zu sehen und zu schmecken!