als PDF

SEITE 10
Leipziger Ägyptologe findet Überraschendes
am Platz der Schöpfung
Grabungen im Kairoer Tempelbezirk bringen Jahrtausende alte Stücke ans Licht
Das erfolgreiche deutsch-ägyptische Team nahe der Grabungsstätte.
Foto: Dr. Dietrich Raue
Sie stellen eine Nilgott-Prozession aus
der Zeit des ägyptischen Königs Nektanebo I., der von 380 bis 363 vor Christus
regierte, dar. Die wertvollen Funde wurden direkt ins 500 Meter entfernte Freilichtmuseum Matariya gebracht und
sind dort dauerhaft zu sehen. "Es ist ein
absoluter Glücksfall und passiert auch
nicht allzu oft, dass man solche Sachen
findet", sagt Raue, der 2012 die Grabungen in Heliopolis initiierte. "Das ist der
Ort, an dem laut ägyptischer Mythologie die Welt erschaffen wurde, das theologisch-religiöse Zentrum Ägyptens",
erklärt der Ägyptologe.
Gemeinsam mit Studierenden der Universität Leipzig, einem niederländischen
Zeichner, einem belgischen Geoarchäologen und einem Bauforscher aus Cottbus sowie Restauratoren und Archäologen aus Ägypten suchte Raue in den
vergangenen Wochen im nordwestlichen
Teil der 22-Millionen-Metropole Kairo
nach dem einst berühmten, aber verschollenen Tempel. "Das ist eine echte
Gemeinschaftsunternehmung", meint
Raue.
Zunächst stieß das Team – wie erwartet
– auf die mächtigen, etwa 17 Meter
breiten und ebenso hohen Tempelmauern. Danach folgte mit der Ausgrabung
Foto: Pieter Collet
n Eigentlich war das Grabungsteam
um Dr. Dietrich Raue und Dr. Aiman
Ashmawy vom Ägyptischen Antikenministerium im Kairoer Tempelbezirk
Heliopolis auf der Suche nach 3500
Jahre alten Umfassungsmauern. Was
die Experten jedoch vor wenigen Wochen zwischen Müllbergen und teils
illegal gebauten Häusern fanden,
überraschte Raue, den Kustos des
Ägyptischen Museums der Universität Leipzig, dann doch sehr: In zwei
bis drei Metern Tiefe stieß das
deutsch-ägyptische Grabungsteam
auf das Fragment einer großen Königsstatue aus Rosengranit (1213 bis
1203 vor Christus) und einige Meter
weiter auf insgesamt sieben etwa
2400 Jahre alte Basaltreliefs.
Fragment einer Statue mit dem Namen des
Königs Merenptah (1213 bis 1203 v.C.).
der Reliefs und des Fragments die kleine
Sensation. Wie die Fachleute erst vor
Kurzem erfuhren, gibt es dafür aber eine
ebenso logische wie einfache Erklärung:
Im Alten Ägypten nutzte man die mächtigen Umfassungsmauern, um darauf
weitere Tempel zu errichten. Einiges von
dem, was davon übrig blieb, fand nun
Raues Team. Die Grabungsbedingungen
waren teilweise schwierig. Da die geschichtsträchtigen Stücke unter dem
Grundwasserspiegel lagerten, musste
während der Arbeiten immer wieder das
Wasser abgepumpt werden. Wenn der
Strom für die Motorpumpe ausfiel, lief
das Loch schnell voll.
Dennoch sind die Experten gespannt
darauf, welche Schätze das Areal noch
zu bieten hat und wollen die Grabungen
fortführen. "Unser Forschungsziel ist es,
endlich die Tempel zur reichen historischen Überlieferung zu finden, da sie in
vielerlei Hinsicht Vorbild für Ägypten
waren", erläutert Raue, dessen Projekt
von der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der deutschen Botschaft in Kairo
und anderen Partnern finanziell unterstützt wird. Dabei ist Eile geboten, denn
der Platz der Schöpfung wird nach und
nach mit Wohnhäusern bebaut, und die
ägyptische Hauptstadt wächst ständig
weiter.
Im September fliegt Raue wieder für vier
bis sechs Wochen nach Kairo und wird
mit seinem Team in der Umgebung der
Funde wieder graben. Bis dahin arbeiten
seine ägyptischen Kollegen weiter vor
Ort und suchen in dem rund einen Quadratkilometer großen Gebiet weiter nach
steinernen altägyptischen Zeitzeugen.
Dafür müssen sie sich aber erst durch
die gigantischen Müllberge kämpfen.
Der Aufwand könnte sich lohnen. Wir
rechnen mit zahlreichen weiteren Funden und Tempelresten", sagt Raue.
Susann Huster
Forscher knacken Schutzanzug von Insekten
Wissenschaftler der Universitäten Leipzig und Bonn entdecken neuartigen Angriffspunkt
n Wissenschaftler der Universitäten
Bonn und Leipzig sowie des Max-PlanckInstituts für Biophysikalische Chemie in
Göttingen haben einen Ansatzpunkt für
ein neuartiges Insektizid entdeckt. Damit könnten sich möglicherweise auch
Überträger etwa von Malaria und Dengue-Fieber in Schach halten lassen, die
durch die Erwärmung des Weltklimas
immer weiter auf dem Vormarsch sind.
Das Forscherteam hat herausgefunden,
dass Taufliegen bereits im Larvenstadium absterben, wenn das sogenannte
Obstructor-A-Gen fehlt. Die Ergebnisse
werden in der aktuellen Ausgabe des
"Journal of Biological Chemistry" vorgestellt.
LIEBIGSTRASSE AKTUELL
|
Insekten verfügen über ein Außenskelett aus
Chitin, das wie eine mittelalterliche Rüstung
vor mechanischen Einflüssen bewahrt. Dieser
Panzer ist eine Art Schutzanzug, der dafür
sorgt, dass unter anderem giftige Stoffe und
Bakterien nicht eindringen können. Die
Hautzellen unter dem Außenskelett sondern
ein Sekret ab, das diese Schutzschicht produziert. "Bislang war noch nicht verstanden,
welche Auf- und Abbauprozesse dafür sorgen,
dass diese schützende Schicht ihre Funktion
erhält", sagt Privatdozent Dr. Matthias Behr,
der langjährig am Life & Medical Sciences
(LIMES) Institut der Universität Bonn arbeitete und vor Kurzem an das Translationszentrum für Regenerative Medizin (TRM) der
Universität Leipzig gewechselt ist.
Als Teilprojekt des an der Universität Bonn
angesiedelten Sonderforschungsbereichs 645
"Regulation und Manipulation von biologischer Informationsübertragung in dynamischen Protein- und Lipidumgebungen" untersuchte ein Wissenschaftlerteam unter
Federführung von Behr zusammen mit dem
Max-Planck-Institut für Biophysikalische
Chemie in Göttingen, welche Gene und Enzyme die Produktion des Schutzanzuges
steuern. Dabei diente ihnen die Taufliege
(Drosophila) als genetischer Modellorganismus. "Wir haben herausgefunden, dass das
sogenannte Obstructor-A dabei eine Schlüsselfunktion einnimmt", berichtet Erstautorin Yanina-Yasmin Pesch, Doktorandin am
LIMES-Institut der Universität Bonn.
Das Protein Obstructor-A bindet und
ordnet Chitin, sodass es den Schutzpanzer
stabilisieren kann. Blockierten die Forscher in den Taufliegen das Obstructor-A,
konnte der schützende Chitinpanzer nicht
korrekt ausgebildet werden. "Die Tiere
starben bereits im Larvenstadium", sagt
Pesch. Offenbar nimmt das Obstructor-A
die wichtige Funktion eines Bauleiters auf
einer Baustelle ein. Es sorgt dafür, dass die
von den Hautzellen bereitgestellten Baustoffe an den richtigen Stellen der Schutzschicht eingefügt und verkittet werden.
Fehlt dieser wichtige Manager, geht es auf
der Baustelle drunter und drüber: Baumaterial bleibt liegen, und nichts geht geordnet voran.
Carsten Heckmann