Verehrte Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Mals, liebe

Verehrte Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Mals,
liebe Aktivistinnen und Aktivisten der Bürgerinitiativen »Adam und Epfl« und »Hollawint«,
liebe Mitglieder der »Umweltschutzgruppe Vinschgau« und vom »Bund Alternativer Anbauer«,
wertes Promotorenkommittee, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter!
Ähnlich wie Sie sind wir eine Initiative aus ganz normalen Bürgerinnen und Bürgern: Mütter, Väter, Auszubildende, Studierende, Handwerker, Künstlerinnen, Landwirte, Juristinnen, Unternehmer, Publizistinnen. Es ist
der Mut der Verzweiflung, der uns dazu getrieben hat, aktiv zu werden und unsere Stimme gegen den tagtäglichen Wahnsinn der Ackergifte zu erheben. So ganz normal sind Sie und wir bei genauerer Betrachtung wohl
doch nicht. Denn die scheinbare Normalität der breiten Masse spricht nicht von »Ackergiften«, sondern von
»Pflanzenschutzmitteln«, hält diese für alternativlos und verschließt die Augen davor, dass wir auf dem besten
Weg sind, unsere Zukunft und die unserer Kinder zu vergiften.
Unsere Initiative ist im Nordosten Deutschlands beheimatet. Sie sind in Südtirol, am südlichen Rand des
deutschen Sprachraums, zu Hause. Obwohl es die ganz konkrete Sorge um uns, unsere Kinder und unsere jeweiligen Landstriche ist, die uns aktiv werden lässt, lassen sich die Herausforderungen, vor denen Sie und wir
gemeinsam stehen, nicht auf einzelne Regionen begrenzen – es sind überregionale Herausforderungen: Ob
im Oberen Vinschgau oder in Ostvorpommern – der verheerende und verantwortungslose Einsatz chemisch-­
synthetischer Pestizide muss ein Ende haben!
Dabei wäre es verkehrt, einzelne Landwirte anzuprangern. Sie sind letztlich selbst Opfer einer Spirale aus
unmenschlichem Preis- und Produktionsdruck. Auch gegen Lobbyisten, so unsäglich ihr Tun sein mag, sollten sich unsere Aktionen nicht richten. Das wäre vergeudete Mühe. Es ist die Politik, an die wir appellieren
müssen. Das erste und eigentliche Problem sind die Zulassungen, ohne die keines jener Gifte auf den Markt,
auf unsere Äcker und in unsere Körper gelangen würde. Um dies zu verändern, brauchen wir eine politische
Lösung. Diese kann nicht auf nationaler, sondern nur auf europäischer Ebene gefunden werden. Um auf eine
solche Lösung hinzuwirken, müssen wir in weite Kreise der Bevölkerung hineinwirken, müssen aufklären
und sensibilisieren – und dazu brauchen wir wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse. Weil der Staat seiner
Daseinsfürsorge in diesem Punkt nicht nachkommt, müssen wir – die Bürgerinnen und Bürger – selbst aktiv
werden. Wir müssen im Verbund mit Medizinern, Naturwissenschaftlerinnen, Juristen und verantwortungsvollen Politikerinnen Studien und Untersuchungen initiieren, die ein für alle Mal belegen, was Sie und wir
längst wissen: Ackergifte machen nicht an der Ackerkante halt.
Viele Mitglieder unserer Bürgerinitiative haben sich an einer solchen Studie beteiligt. Und auch im Vinsch­
gau hat es ähnliche Untersuchungen gegeben. In unserem Fall waren die Ergebnisse erschütternd: Bei jeder
und jedem von uns wurde Glyphosat im Urin nachgewiesen. Laut Aussage der Hersteller dürfte dies nicht
der Fall sein. Und doch kennen wir die Testergebnisse und leiden insbesondere zur Spritzsaison unter Atembeschwerden, Bindehautentzüdung, körperlicher Schwäche, Hautausschlägen und anderem mehr. Dabei ist
Glyphosat nur einer von Hunderten zugelassen Wirkstoffen. Über die »Cocktailwirkung« dieser Stoffe gibt es
kaum gesicherte Erkenntnisse. Das macht uns sehr betroffen. Und es wirft Fragen auf: Warum wurden solche
Untersuchungen nicht schon längst von den zuständigen Behörden in die Wege geleitet? Warum mussten wir
sie selbst auf eigene Kosten und unter vorgehaltener Hand durchführen? Vielleicht weil dies unsere Aufgabe
als Vorreiter ist. Um statistisch signifikante Ergebnisse zu erhalten, brauchen wir jedoch noch viele weitere
Studien mit Probanden aus verschiedensten Ländern, Regionen und Lebenszusammehängen.
Wie Soziologen herausgefunden haben, muss sich, damit sich das Verhalten innerhalb eines Systems verändern kann, zunächst das Verhalten einer kritischen Masse von 10 Prozent ändern. In Ihrer Gemeinde haben
sich mehr als 50 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner deutlich gegen den Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide ausgesprochen. Das gibt Grund zur Hoffnung! Manche sprechen sogar schon vom »Wunder von
Mals«. Wir haben die Volksabstimmung und die Vorarbeit des Promotorenkommittees und Ihrer Initiativen
mit großer Sympathie, Anteilnahme und Spannung beobachtet – Hut ab vor so viel Engagement und Zivilcourage! Lassen Sie uns gemeinsam für eine Welt ohne Ackergifte aktiv sein: in Ostvorpommern, im Oberen
Vinschgau und überall dort, wo Menschen nicht bereit sind, untätig zuzusehen, wie sie selbst, ihre Kinder, ihre
­Böden und somit ihre Zukunft vergiftet werden. Gemeinsam können wir es schaffen! Wer, wenn nicht wir?
In herzlicher Verbundenheit freuen sich auf künftigen Austausch und tatkräfige Zusammenarbeit:
Die Mitglieder der Bürgerinitiative Landwende und der Kampagne »Ackergifte? Nein danke!«
Klein Jasedow im April 2015
Bürgerinitiative Landwende • Kampagne »Ackergifte? Nein danke!«
Klein Jasedow • Am See 1 • D-17440 Lassan • [email protected] • www.landwende.de • www.ackergifte-nein-danke.de