Beschlussvorlage Gemeinderat am 28.04.2015 TOP öffentlich Aktenzeichen: 131.01 1. Beratungsgegenstand Sachstandsinformation zur Unterbringung weiterer Asylbewerber in der Gemeinschaftsunterkunft Bergstraße 34 2. Beschlussvorschlag: Kenntnisnahme Kosten und Finanzierung: einmalig: - laufend: - Haushaltsmittel sind vorhanden: - HHST: - Finanzierungsvorschlag: - 3. Bei der Beratung ist voraussichtlich befangen: 4. Der Beschluss wird vorlagepflichtig: 5. Beschlussauszüge erhalten: 30 6. Aufgestellt: 15.04.2015 Sachbearbeiterin Amtsleiter Anja Rieck Reiner Striebel Stadtkämmerer Bürgermeister Jörg Seibold 1 von 6 Sachvortrag: Im Jahre 2012 teilte das Landratsamt der Stadt Blaubeuren die Absicht mit, das Gebäude Bergstraße 34 von der Krankenhaus GmbH anzumieten und der Nutzung als Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber zuzuführen. Das Vorhaben wurde vom Gemeinderat und der Verwaltung unterstützt, sodass in Zusammenarbeit mit dem Landratsamt alle weiteren Schritte zur Umsetzung eingeleitet wurden. Im Januar 2013 erfolgt eine Bürgerinformation in den Räumlichkeiten der Bergstraße; Ende des Monats erfolgte die erste Belegung. Zunächst waren nur Teile der Räumlichkeiten belegt, aber aufgrund des Zustroms von Flüchtlingen und Asylbewerbern nach Deutschland musste schon bald die Höchstzahl von 120 Personen in der Bergstraße untergebracht werden. Bei der Suche nach anderen geeigneten Unterkunftsmöglichkeiten orientiert sich der Kreis an den jeweils existierenden Prognosen und Hochrechnungen der Flüchtlingszahlen der Folgejahre. So schienen noch bis zum Jahresende 2014 die eingerichteten und geplanten Plätze für 2015 ausreichend zu sein und der Kreis gut gewappnet für die nächsten Ankömmlinge. Die ersten Prognosen aus 2015 zeichneten dann jedoch bereits ein ganz anderes Bild und begründeten den Handlungszwang des Kreises bzw. Landratsamtes. Ende Januar ging ein Schreiben von Herrn Landrat Seiffert bei der Stadt ein, in dem er die Absicht mitteilte, die Unterkunft in der Bergstraße durch die Anmietung weiterer Flächen erweitern zu wollen, falls dies bau- und brandschutzrechtlich möglich sei. Am 03.02.2015 informierte Bürgermeister Seibold das Gremium nichtöffentlich über die Absicht des Landratsamtes. Zur Beschreibung des Handlungszwanges und der herrschenden Unterbringungssituation stellte das Landratsamt damals folgende Informationen zur Verfügung: 1. Vorbemerkung Der Zustrom von ankommenden Flüchtlingen und Asylbewerbern in Deutschland ist nach wie vor sehr hoch. Insgesamt sind 202.834 Asylanträge im Jahr 2014 beim Bundesamt eingegangen; im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit 127.023 Asylanträgen bedeutet dies einen deutlichen Anstieg um 59,7 %. Anteil für Baden-Württemberg, (entsprechend Königsteiner Schlüssel): 2014: 12,97496 % 26.000 Personen 2015: 12,86456 % voraussichtlich 30.000 Personen Anteil für Alb-Donau-Kreis, 1,90812 % des Landesanteils 2014: 469 Personen (406 Flüchtlinge + 63 Folgeantragsteller) 2015: voraussichtlich etwa 570 Personen Wir stehen deshalb momentan - wie andere Landkreise und Städte auch - durch diesen immer noch wachsenden Zustrom an Flüchtlingen bei der Wohnraumversorgung unter großem Druck. Aktuell haben wir die Kapazitätsgrenze unserer Wohnplätze in den Gemeinschafts- und Ausweichunterkünften erreicht. Auf Grund der Situation haben wir vor, in Blaubeuren einen weiteren Gebäudeteil von der Krankenhaus GmbH anzumieten. Wir wollen dort rund 80 weitere Unterbringungsplätze schaffen. 2 von 6 2. Kapazität und Belegung der Gemeinschaftsunterkünfte (Stand: 31.01.2015) Gemeinschaftsunt Kapazität erkunft (GU) Ausweichunterkun ft (AWU) GU Langenau, 125 AWU Langenau, 19 GU Blaubeuren, 120 GU Ehingen, 65 AWU Ehingen 31 AWU Ehi- 30 Dintenhofen, GU Dornstadt, 130 Gesamt 490 vorläufige Unterbringung außerhalb (in Wohnungen) Belegung 110 16 125 62 21 27 149 510 105 615 Seit März konnten in Oberstadion weitere 40 Personen untergebracht werden. In Laichingen plant der Kreis die Erstellung von Containerbauten, die abermals bis zu 100 Personen Platz bieten. Ab dem 1. Januar 2016 besteht - gesetzlich vorgegeben - ein Anspruch von 7 m² Wohn- und Schlaffläche je Person. Dies bedeutet zudem eine Verschärfung der Situation. 3. Vergleich Belegungsstand (alle Standorte) 01.01.2012 122 Personen 01.01.2013 188 Personen 01.01.2014 343 Personen davon 46 Personen in vorl. Unterbringung außerhalb 01.01.2015 569 Personen davon 98 Personen in vorl. Unterbringung außerhalb Darunter sind 143 Kinder und Jugendliche. 4. Personaleinsatz in den Gemeinschaftsunterkünften Soziale Betreuung 3,3 MAK Verwaltung 4,3 MAK Hausmeister 1,0 MAK Hausmeisterservice 0,25 MAK Wie Bürgermeister Seibold ebenfalls am 03.02.2015 mitteilte, sollte es in einem Gesprächskreis zwischen Stadt, Landkreis, Anwohnern und bislang in der Bergstraße engagierten Gruppen besprochen werden, wie auch die weiteren 80 Personen versorgt und unterstützt werden können bzw. was getan werden kann, um damit einhergehende Probleme zu minimieren. Das Gespräch fand am 25.03.2015 im Vortragssaal Ergebnisprotokoll ist dieser Beschlussvorlage angehängt. der Stadthalle statt. Das Obwohl weder beim Landratsamt noch bei der Polizei oder dem Ordnungsamt seit 2013 nennenswerte Beschwerden aufgelaufen sind, ist insbesondere die Lärmbelastung der Anwohner doch sehr hoch. Dies ging deutlich aus der Diskussion mit den Anwohnern hervor. 3 von 6 Als Grundproblem wurde die fehlende Betreuung bzw. Kontrolle der Unterkunft und der Bewohner bei Nacht und am Wochenende gesehen. Diese wurde von den Anwohnern entsprechend gefordert. Auch die ehrenamtlichen Betreuer im Arbeitskreis Asyl und Integration, die sich sehr gut um die Asylbewerber und Flüchtlinge in der Bergstraße 34 kümmern, sehen Ihre Kapazitätsgrenze bei der derzeitigen Belegung erreicht. Eine Erhöhung der Belegung um nahezu 67% sei von den bisherigen Helfern nicht mehr zu schultern. Die Teilnehmer des Gesprächskreises zeigten sich interessiert, wie die Schulen und Kindergärten die Situation beurteilen, weil wohl auch hier irgendwann Grenzen erreicht seien. Die Verwaltung wird sich mit den Kindereinrichtungen und den Schulen in der Tallage abstimmen, wie ausreichend Plätze für neu hinzukommende Kinder geschaffen werden können. Schlussendlich minderte die Tatsache, dass in vielen Städten und Gemeinden im AlbDonau-Kreis noch keine Asylbewerber untergebracht sind, zudem die Akzeptanz einer weiteren Aufnahme in Blaubeuren. Einhellige Meinung war, dass die personelle Betreuung (ob ehrenamtlich oder durch das Landratsamt) erhöht und verbessert werden muss, damit in der Bevölkerung eine Akzeptanz der Maßnahme erzielt werden kann. Der bei der Besprechung anwesende und referierende Sozialdezernent des Landkreises Herr Josef Barabeisch sicherte zu, für diese Problematik Lösungen zu suchen. Die geforderte 24h - Betreuung der Gemeinschaftsunterkunft dürfte zwar nicht möglich sein, aber eine Verbesserung der derzeitigen Situation sei sicherlich möglich. Die soziale Verpflichtung, Asylbewerber und Flüchtlinge aufzunehmen, betrifft alle. Das Landratsamt ist dabei auf die Hilfe der Städte und Gemeinden im Kreis angewiesen. Die Zahlen zeigen deutlich, dass es nicht mehr viel Spielraum gibt und alle Unterkunftsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssen. Für die Stadt Blaubeuren erscheint daher folgendes Vorgehen sinnvoll und geboten: Die weitere Belegung der Bergstraße 34 mit Asylbewerbern und Flüchtlingen durch das Landratsamt wird im Hinblick auf die gemeinschaftliche Verantwortung mitgetragen. Voraussetzung für die Akzeptanz dieser Maßnahme ist jedoch, dass die Betreuungssituation durch den Landkreis vor Ort entsprechend angepasst wird und angemessen ist – für Heimbewohner/innen ebenso wie für die Anliegerschaft des Heimes. Dies ist unbedingt notwendig, damit zum einen innerhalb der Unterkunft ein besseres Miteinander funktionieren kann und zum anderen auch die betroffenen Anwohner/innen ihre bisher gelebte Toleranz und Akzeptanz weiterhin aufzubringen bereit sind. Die Stadt Blaubeuren wird diese Verbesserung daher auch gegenüber dem Landratsamt deutlich einfordern. Für die Aufnahme und ernsthafte Prüfung der weiteren Anmerkungen bzw. Anliegen der Anwohner/innen aus der erfolgten Besprechung, aber auch für die zukünftigen, gilt dies in gleicher Weise. Mit dem Landkreis wurde bereits ein zukünftiger, regelmäßiger Gesprächs- bzw. Kontaktkreis vereinbart. Dieser soll den raschen Informationsfluss sichern, einen dauerhaften Ansprechpartner liefern und damit auch eine schnellere Reaktion auf Problematiken, Veränderungen, Notwendigkeiten, etc. ermöglichen. Über die vom Kreis geplanten bzw. getroffenen Maßnahmen zur Verbesserung der Betreuungssituation vor Ort wird zu gegebener Zeit berichtet. Anlage: Ergebnisprotokoll Gespräch Anwohner vom 25.03.2015 4 von 6 Ergebnisprotokoll Besprechung Asylbewerber am 25.03.2015 im Vortragssaal der Stadthalle Dauer: 18.00 Uhr bis 20.30 Uhr Teilnehmer: Verwaltung HA Reiner Striebel OA Anja Rieck Sozialdezernent Josef Barabeisch Fachbereichsleiter Erwin Bolach Vertreter Arbeitskreise Asyl Walter Heinzmann Wolfang Schwaigert Hans und Elisabeth Busch Michael Schradi 20 Bürgerinnen und Bürger der Weiler- und Bergstraße Ablauf: • Begrüßung Herr Striebel • Präsentation „Stationen eines Asylbewerbers“ durch Herrn Striebel • Überblick über das Thema und die Situation durch Herrn Barabeisch • Präsentation Zahlen, Daten, Fakten durch Herrn Barabeisch • Fragerunde Kritik und Anregungen aus der Bürgerschaft / der Arbeitskreise: a) Veranstaltung generell • • Verwunderung über eine nichtöffentliche Besprechung, wenn bereits in der Presse informiert wurde Größere Runde mit Kindergärten, Schulen, offenem Personenkreis und Gemeinderäten wäre von den Anwesenden gewünscht worden b) Vorgehen bei der Belegung • • Blaubeuren wird bis zu 200 Menschen unterbringen, während andere Gemeinden gar keine Unterkünfte zur Verfügung stellen – die „weißen Punkte auf der Landkarte“ sollten mehr in die Pflicht genommen werden, um die Belastung für die einzelne Stadt/Gemeinde zu reduzieren. Die Konzentration so vieler Menschen, Nationen und Religionen ergibt zwangsläufig Konflikte - eine Aufteilung der Asylbewerber auf mehrere kleinere Standorte wäre besser gewesen. c) Schlechte Betreuung der Asylbewerber • • Es ist bereits jetzt nicht ausreichend Personal für die Betreuung der Asylbewerber in den Unterkünften vorhanden - bei einer Zunahme wird das noch schlimmer. Im Moment liegt der Schlüssel des Verwaltungspersonals bei 1:230 im AlbDonau-Kreis, dies erscheint den Bürgern nicht ausreichend; Ziel ist nach Herrn Barabeisch auf 1:180, schlechtesten falls auf 1:200 zu kommen -> 5 von 6 • Bewerbungsverfahren laufen (die Spanne der anderen Kreise liegt bei 1:130 bis 1:300) Die unzureichende Betreuung der Asylbewerber vor Ort wird von der Bürgerschaft als größtes Problem angesehen, weil es zu folgenden Hauptbelastungen beiträgt: d) Belastung der Anwohner und Arbeitskreise • • • • Die Lärmbelastung für die Umgebung ist immens. Dies gilt nachts wie tags und Sommer wie Winter. Ob laute Musik oder lautstarke Gespräche bei offenen Fenstern, keine Rücksicht auf Nachtzeiten, extremes Türschlagen, Poltern, Rennen und Schreien der Kinder (tags und bis weit in die Nacht). Die Belastung ist so extrem, weil sie aufgrund der Personenanzahl dauerhaft da ist – jeden Tag und jede Nacht, nun schon über Jahre. Zwei Frauen deuten an, aufgrund der Belastung bereits körperlich oder psychisch erkrankt zu sein. Die Anwohner fordern daher eine 24h-Betreuung der Asylbewerber vor Ort, damit diese Belästigungen eingedämmt werden können – vor allem auch nachts und am Wochenende. Das Kontrollpersonal zu diesen Zeiten wird einhellig als Voraussetzung für eine Verbesserung der Situation gesehen und war Kernaussage bzw. –forderung der meisten Wortmeldungen. Als Vorschlag kam unter anderem der Einsatz einer Security, bis eigenes Personal zur Verfügung gestellt werden kann Die Arbeitskreise Asyl machen deutlich, dass diese bereits an Ihren Grenzen angekommen sind und bei einer Zunahme der untergebrachten Asylbewerber einen weiteren Arbeitskreis zur Erfüllung der Aufgaben benötigen. Ergebnis: Herr Barabeisch verspricht, das Problem der fehlenden Betreuung bzw. Kontrolle anzugehen. Sicherlich wird es nicht möglich sein, eine tägliche 24h-Betreuung zu stellen. Dennoch können in der Organisation und in der Personaldichte Verbesserungen herbeigeführt werden. Weil der Wunsch einer weitergehenden Aufarbeitung des Themas mit einer größeren Personengruppe gewünscht ist, wird es noch ein weiteres Treffen mit den Anliegern (evtl. mit erweitertem Personenkreis – Küfergasse) geben. Zeitpunkt soll etwa Mitte / Ende Mai sein. 6 von 6
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