Alle Jahre wieder

Mietvertrag für Menschen mit Behinderung fast unerreichbar
Die Außenwohngemeinschaft in der Mauergasse 15, in Bad Langensalza feiert am Mittwoch,
den 1. April 2015, ihr zehnjähriges Bestehen. Sie wurde vor zehn Jahren nach einer
umfangreichen Sanierung bezogen. Das Haus wurde vom Diako Diakonie-Verbund
Eisenach, Fachbereich Wohnen, angemietet. Es liegt in unmittelbarer Nähe zum Stadtzentrum, so dass die Klienten die Geschäfte, Ärzte, das Kino usw. gut zu Fuß erreichen
können.
In der Wohngemeinschaft leben sechs Menschen mit geistiger Behinderung. Drei von Ihnen
haben bereits das Rentenalter erreicht. Die Übrigen arbeiten in einer Werkstatt für Menschen
mit Behinderungen. Die Betreuung ist auf die Stärkung der Alltagskompetenzen und damit
auf ein eigenständiges Leben ausgerichtet. Dies betrifft sowohl die Assistenz bei der
individuellen und gemein-samen Freizeitgestaltung als zum Beispiel auch das selbständige
Einkaufen der Lebens-mittel, das gemeinsame Kochen, das Wäschewaschen und die
Reinigung der Wohn-bereiche.
Ziel dieser Wohnform ist es vor allem, dass Menschen mit Behinderung ihr Zuhause finden
und selbstbestimmt leben können. Dazu brauchen sie ein Umfeld, in dem sie sich
entsprechend ihren Wünschen und Bedürfnissen entfalten und aktiv am Leben teilnehmen
können. Nicht die Behinderung steht im Vordergrund, sondern die individuellen Fähigkeiten
und Begabungen, aber auch die Bedürfnisse, wie sie jeder von uns hat. Dazu gehören
beispielsweise sich geborgen fühlen, zur Gemeinschaft gehören, das Leben selbst
bestimmen und gute Nachbarschaft pflegen zu können.
„Der Kontakt zu den Nachbarn könnte mit Sicherheit noch intensiver sein“, sagt Jörg Maier
Wohnheimleiter vom Harald-Kirchner-Hauses des Diakonie-Verbundes. Dort wo sie
stattfinden, sind sie immer wieder sehr positiv. Anfängliche Unsicherheiten gegenüber
Nachbarn mit Behinderungen seien durch das Aufeinander-Zugehen und durch Einladungen
in unser Haus immer mehr abgebaut worden.
Ein weiteres Ziel sehen die Bewohner der Mauergasse darin, sich nach Möglichkeit auf ein
noch eigenständigeres Wohnen im Sinne des ambulant betreuten Wohnens vorzubereiten.
Hierbei mieten Menschen mit einer Behinderung ihre eigene Wohnung an und die Betreuung
tritt gegenüber der Eigenversorgung noch deutlicher in den Hintergrund.
Allerdings hat es sich bisher in Bad Langensalza als schwierig erwiesen, Wohnungen für
diese Wohnform zu mieten, „Ein kommunaler Vermieter hat Menschen mit geistiger
Behinderung sogar als „Problemmieter“ bezeichnet“, erzählt Jörg Maier. So ist es eher
selten, dass eine Wohnung direkt auf den Namen des Mieters angemietet wird. Meist steht
dann der Diako Diakonie-Verbund als Hauptmieter auf dem Mietvertrag.
Umso schöner sind die positiven Beispiele. Nachdem es zum Beispiel bei einem ersten
Versuch nicht gelungen war, dass ein Mann mit seinen Besonderheiten ein eigenes Zuhause
in einem größeren Mehrfamilienhaus in Bad Langensalza finden konnte, eröffnete sich eine
andere Möglichkeit. Völlig überraschend bot eine Familie in ihrem Einfamilienhaus eine
Einliegerwohnung an. Das war im wahrsten Sinne des Wortes ein Segen. Inzwischen wohnt
der Mann seit vielen Jahren in guter und gelingender Nachbarschaft in diesem Haus. „Dies
ist ein lebendiges Beispiel für gelebte Inklusion“, sagt Jörg Maier.
Unter der Leitung von Jörg Maier werden 33 Menschen mit geistiger und psychischer
Beeinträchtigung in Bad Langensalza betreut. Die sozialen Kontakte sind dabei nach wie vor
ein wichtiges Thema, besonders wenn keine Familie da ist. Gut ist, dass immer mehr
Menschen erkennen, dass es normal ist, anders zu sein und Menschen mit Beeinträchtigung
selbstverständlich dazu gehören. Das meint Inklusion und dort wo sie gelingt, merkt man,
dass Besonderheit vor allem Bereicherung ist und Menschen mit Behinderungen viel zu
geben haben.