CVI: Karin Trifinopoulos, BEd: Prosopagnosie

Das Kind mit
Cerebralen Visuellen
Informationsverarbeitungsstörungen
Übersicht zur Präsentation
1 CVI im schulischen Alltag
 Sehen – ein komplexer Vorgang
 „Siehst du das?“
 Beeinträchtigungen bei CVI
 Vorgehensweise bei Verdacht auf CVI
 Checklisten nach Unterrichtsgegenständen
2 PROSOPAGNOSIE
PÄDAGOGIK
Es ist eine der schwierigsten Aufgaben des
Sehsystems Formen zusammenhängend zu
erfassen und relevante Details zu erkennen.
Unser erlerntes Wissen und unsere Erfahrungen
spielen dabei eine wichtige Rolle.
PÄDAGOGIK
Woran erkennen wir zum Beispiel ein Pferd?
•
markanter Kopf, Mähne
•
kräftiger Körper, Schwanz
•
vier Beine
Doch so einfach ist es nicht, wie wir an den folgenden
Bildern sehen werden. Auch wenn einige dieser
Erkennungsmerkmale wegfallen, ist es uns möglich,
das Pferd zu erkennen.
PÄDAGOGIK
Menschen mit einer cerebralen visuellen
Wahrnehmungsstörung sehen den Gegenstand –
aber sie erkennen ihn nicht.
Obwohl sie bestimmte Merkmale erfassen, ist
es ihnen nicht möglich, das Bild als Gesamtheit
zu erfassen.
Beispiele dazu aus „Neuropsychologie“
G. Goldenberg
aus NEUROPSYCHOLOGIE
Georg Goldenberg
S. 193, Beispiel 2
E.H.:
Rechteck mit Querstreifen drin.
Hier geht eine Form mit
schwarzen Strichen, dann hier
zwei weiße Markierungen
H.M.:
Kirche, also Gebäude,
Fenster, Turm
aus NEUROPSYCHOLOGIE
Georg Goldenberg
S. 193, Beispiel 2
P.S.:
Das könnte etwas zum Hinsetzen
sein. Da ist eine Sitzfläche und da
die Lehne.
H.M.:
Sieht aus wie ein Auto, aber ich
finde keine Räder.
aus NEUROPSYCHOLOGIE
Georg Goldenberg
S. 193, Beispiel 2
H.U.:
Würfel auf rundem Untergrund
H.L.:
Könnte ein Radio sein –
so viele verschiedene Knöpfe da.
PÄDAGOGIK
Wie sehen andere?
So individuell der einzelne Mensch ist, so unterschiedlich
stellen sich auch die Beeinträchtigungen und Auswirkungen
von CVI dar.
Es stellt sich für uns die Frage: Wie und was sehen die
Kinder, was erkennen sie - wie sieht ihre „andere“
Wahrnehmung aus?
PÄDAGOGIK
„Siehst du das?“
Diese Frage gibt keinen Aufschluss darüber, wie und was
jemand sieht.
Das Kind kann nicht wissen, wie wir (die nicht beeinträchtigt
sind) etwas sehen. Es hat keinen Vergleich, kennt nur sein
subjektives Sehen.
Um etwas besser einschätzen zu können, hilft uns nur die
genaue Beobachtung des Kindes.
PÄDAGOGIK
Bewertung der Einschränkung
 Beurteilung der visuellen Wahrnehmung sehr komplex
 subjektive Wahrnehmung stimmt oft nicht mit dem
objektivem Befund überein
 jeder Mensch kennt nur „seine“ Wahrnehmung
 zusätzliche Behinderungen erschweren die Diagnose
 okulare Sehschädigung zusätzlich zu CVI ist möglich
PÄDAGOGIK
Befunde wie
 Konzentrationsprobleme
 grob- oder feinmotorische Schwierigkeiten
 autistische Verhaltensweisen
 Lese-Rechtschreib-Schwäche
 ADS oder ADHS
führen oftmals nicht zur Diagnose CVI, sondern werden mit
kognitiven Störungen in Verbindung gebracht.
PÄDAGOGIK
Beeinträchtigungen bei CVI betreffen zum Beispiel
 das Gesichtsfeld
 das Farb- und Kontrastsehvermögen
 die Form- und Objekterkennung
 die Raum- und Bewegungswahrnehmung
Schwierigkeiten für den Pädagogen ergeben sich vor allem
daraus, dass die Sehleistung stark schwankt und die
Beeinträchtigungen bei diesen Kindern sehr unterschiedlich
sind.
PÄDAGOGIK
Vorgehensweise bei Verdacht auf CVI
 Gespräch mit den Eltern
 Abklärung durch einen Facharzt/eine Fachärztin
für Augenheilkunde
 Abklärung durch einen Orthoptisten/eine Orthoptistin
 gegebenenfalls neurologische und/oder
neuropsychologische Untersuchung
 Anamnese in Bezug auf andere Erkrankungen
PÄDAGOGIK
Vorgehensweise bei Verdacht auf CVI
 genaue Beobachtung/schriftliche Aufzeichnungen
 Gespräch mit den Erziehungsberechtigten über die
weitere Vorgehensweise
 Kontaktaufnahme mit einem/r ausgebildeten
Sehbehindertenpädagogen/in
 sehbehindertenpädagogisches Gutachten
 Erstellen eines Förderplanes /Zusammenarbeit
aller Beteiligten
PÄDAGOGIK
Prof. Dr. Hyvärinen: WAS und WIE?
PÄDAGOGIK
CHECKLISTE CVI

schwankendes Sehverhalten

kurze Aufmerksamkeitsspanne

verlangsamtes Arbeitstempo

Probleme beim Blickwechsel – Tafel/Heft

Probleme bei der Orientierung im Buch/am Arbeitsblatt

Schwierigkeiten bei feinmotorischen Tätigkeiten

auffälliges Schriftbild

allgemeine Probleme in der Organisation
PÄDAGOGIK
CVI im pädagogischen Alltag
In der Schule kommt der visuellen Wahrnehmung ein
besonderer Stellenwert zu.
Im Normalfall ist es möglich, die visuelle Aufmerksamkeit
auf das zu lenken, was man sehen will.
Kindern mit CVI ist das oft nicht möglich.
Lesen, Schreiben und Rechnen lernen
stellt eine besondere Herausforderung für Kinder mit CVI
dar.
PÄDAGOGIK
Lisa soll von der Tafel abschreiben
PÄDAGOGIK
Martin soll die Rechnungen lösen
PÄDAGOGIK
Merve soll den Kreis ausschneiden
PÄDAGOGIK
Adea soll den roten Stift nehmen
PÄDAGOGIK
Dominik soll sich auf seinen Platz setzen
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/LESEN
Das Erkennen von Schriftzeichen erfordert
 eine scharfe optische Abbildung
 eine stabile Fixation
 ein planmäßiges Richten der Aufmerksamkeit
 eine funktionierende Formwahrnehmung
 eine problemlose Raum- und Richtungswahrnehmung
 Blicksprünge entlang der Zeile
PÄDAGOGIK
BUCHSTABENERKENNUNG
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/LESEN
Das Kind
-
verliert beim Lesen die Zeile
-
weiß nicht, wo gerade gelesen wird
-
kann sich im Buch nur schwer orientieren
-
liest nicht sinnerfassend
-
verliert die Konzentration, ermüdet rasch
-
geht sehr nahe an die Vorlage heran
-
kann (manche) farblich unterlegten Texte schwer lesen
-
kann schwach Gedrucktes schwer lesen
-
kann manche Schriftarten nicht lesen
-
findet sich im Wörterbuch schwer zurecht
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/LESEN
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/LESEN
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/LESEN
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/LESEN
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/LESEN
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/SCHREIBEN
Schreiben erfordert
 visuelle Aufmerksamkeitssteuerung
 Erkennen von Details
 die Orientierung im Heft/auf dem Arbeitsblatt
 eine problemlose Raum- und Richtungswahrnehmung
 eine intakte Auge-Hand-Koordination
 Blicksprünge Tafel/Heft/Buch…
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/SCHREIBEN
Das Kind
-
hat Probleme beim Nachspuren von Buchstaben
-
hat Probleme sich im Heft zu orientieren
-
beginnt irgendwo am Blatt zu schreiben
-
kann Zeilen und Kästchen nicht einhalten und schreibt darüber hinaus
-
lässt Zeilen/Seiten aus
-
verliert im Heft den Überblick
-
hat Probleme im Arbeitsbuch/am Arbeitsblatt Lösungen einzutragen
-
verwechselt visuell ähnliche Buchstaben
-
hat Schwierigkeiten beim Schreiben in Schreibschrift
PÄDAGOGIK
DEUTSCH/SCHREIBEN
Aus der Praxis:
Timo kennt alle Buchstabenformen, er kann sie motorisch
wiedergeben – etwa die Wörter in die Luft oder mit dem
Finger auf den Tisch schreiben.
Probleme in der Auge-Hand-Koordination verhindern aber,
dass er sie lesbar zu Papier bringt.
Die Buchstaben liegen nicht in einer Linie und
überschneiden sich.
PÄDAGOGIK
 Aus der Praxis: Schriftprobe Timo
KATZE
PÄDAGOGIK
FALLBEISPIEL TIMO
• anfangs normale Entwicklung
• erste Auffälligkeiten im Alter von 3 Jahren
• stolpert öfters, übersieht Gegenstände
• malt nicht mehr gerne, mag keine Puzzles
• erlernt das Lesen nicht
• kann nicht von der Tafel abschreiben
• erkennt Bilder und Gegenstände nicht
• tastet, anstatt zu schauen/zu suchen
PÄDAGOGIK
Aus der Praxis: Schriftprobe Markus
PÄDAGOGIK
Aus der Praxis:
PÄDAGOGIK
MATHEMATIK/GEOMETRIE
 das Erkennen und Differenzieren der Ziffern/Zahlen
 eine problemlose Raumwahrnehmung
 die sichere Orientierung im Zahlenraum
 das Erkennen zweidimensionaler Grafiken
 das Erkennen dreidimensionaler Formen
 ein exaktes Arbeiten
PÄDAGOGIK
MATHEMATIK
Das Kind
-
schreibt Ergebnisse/Antworten in die falsche Zeile/Spalte
-
hat Probleme im Arbeitsbuch/am Arbeitsblatt Fehlendes einzutragen
-
hat Probleme beim Erfassen von Textaufgaben
-
hat Probleme beim Erfassen/Bearbeiten von Tabellen
GEOMETRIE
Das Kind
-
hat Probleme beim genauen Arbeiten
-
hat Probleme beim genauen Messen
-
hat Probleme beim Zeichnen von geometrischen Formen und Winkeln
-
hat Probleme beim Vergrößern, Verkleinern, Spiegeln, Vervollständigen
PÄDAGOGIK
BILDNERISCHE ERZIEHUNG UND WERKEN
Das Kind
-
zeichnet/malt nicht altersadäquat
-
vergisst beim Zeichnen wichtige Details (z.B. Augen, Schuhe, Fenster)
-
kann Begrenzungen beim Malen kaum einhalten
-
nutzt die Zeichenfläche nicht aus
-
hat Probleme beim handwerklichen Arbeiten, im Gebrauch von Werkzeug
-
hat Probleme beim Schneiden, Kleben, Falten
-
arbeitet ungenau und schlampig
-
hat Schwierigkeiten beim Ausführen mehrerer Arbeitsschritte
PÄDAGOGIK
BEWEGUNG UND SPORT
Das Kind
-
ist unsicher in den Bewegungsabläufen
-
zeigt verlangsamte Bewegungen
-
zeigt unrhythmische Bewegungsabläufe
-
hat Schwierigkeiten bei Wurf- und Fangbewegungen
-
stößt oft mit anderen Kindern zusammen
-
findet sich bei Spielen in der Gruppe nicht zurecht
-
verliert bei Spielen/Übungen die Orientierung
-
kann Entfernungen nicht richtig einschätzen
-
kann Objekte und Personen im Umfeld nicht wahrnehmen und darauf
reagieren, wenn es sich selber bewegt
PÄDAGOGIK
SOZIALES/KOMMUNIKATION
Das Kind
-
zeigt ungewöhnliche Reaktionen
-
hat eine lange Reaktionszeit
-
weiß nicht, wo sein Platz ist
-
erscheint unfreundlich/grüßt nicht
-
spricht niemanden an
-
lehnt Gruppenarbeiten ab
-
findet keine Partnerinnen/keine Partner bei Gruppenarbeiten und Spielen
-
reagiert nicht adäquat auf Gestik und Mimik
-
erkennt bekannte Personen nicht
-
erkennt Personen nicht aus einer Gruppe heraus
PÄDAGOGIK
Aufgaben des Sehbehindertenpädagogen:
 laufende Beobachtung des Sehvermögens
 Arbeitsplatzgestaltung (Ergonomie, Ordnungsrahmen,…)
 Erstellung bzw. Adaptierung von Arbeitsmaterialien
 Aufbereitung von Lerninhalten
 Vermittlung effizienter Arbeitstechniken und Strategien
 Beratung bezüglich Hilfsmitteln
 richtige Anwendung von Sehhilfen und elektronischen
Hilfsmitteln
PROSOPAGNOSIE - Gesichtsblindheit
http://neurosciencefundamentals.unsw.wiki
spaces.net/Prosopagnosia
PROSOPAGNOSIE
Gesichtsblindheit oder Prosopagnosie bezeichnet
die Unfähigkeit, bekannte Personen (sogar Eltern
und Freunde) anhand ihres Gesichts zu erkennen.
Der Ausdruck Prosopagnosie kommt aus dem
Altgriechischen:
prosopon - das Gesicht
agnosia - das Nichterkennen
PROSOPAGNOSIE
Deutsch - „Gesichtsblindheit“
Englisch - „face blindness“
Ursache:
Läsionen im Gehirn durch einen Unfall oder einen Schlaganfall.
Die Gesichtsblindheit kann aber auch angeboren sein.
Die angeborene Form ist offenbar häufiger als bisher
angenommen, wie neue wissenschaftliche Erkenntnisse
ergaben.
PROSOPAGNOSIE
Menschen mit dieser Wahrnehmungsstörung
erkennen zwar das Gesicht als solches
– sie sehen eine Nase, einen Mund, Ohren, …
aber sie können das Gesicht nicht „identifizieren“,
nicht mit einer bestimmten Person in Verbindung
bringen.
Sie erkennen nicht, um wen es sich hier handelt.
FACE BLINDNESS – GESICHTSBLINDHEIT
PROSOPAGNOSIE
Speziell bei der angeborenen Form wissen viele
gar nichts von ihrer Wahrnehmungsschwäche.
Sie kennen ja nichts anderes und haben keine
Ahnung, wie Menschen ohne Gesichtsblindheit
Personen wahrnehmen. Ebenso wie ein
Farbenblinder nicht einschätzen kann, wie
andere Menschen Farben sehen.
PROSOPAGNOSIE
Ausprägungen
 das Geschlecht wird nicht erkannt - Mann oder Frau
 das Alter der Person kann nicht eingeschätzt werden
 Emotionen können nur schwer erkannt werden
 bei einer schweren Form der Prosopagnosie
können sogar enge Verwandte nicht erkannt werden,
wenn sie in ungewohnter Umgebung oder in
anderer Kleidung gesehen werden.
PROSOPAGNOSIE
PROSOPAGNOSIE
Soziale Problematik
 die Kinder grüßen nicht
 sie sehen andere Menschen nicht an
 sie gelten schnell als unfreundlich
 sie ziehen sich zurück
 sie haben Schwierigkeiten Freunde zu finden
 sie fühlen sich unwohl in einer Umgebung mit vielen
Menschen (Schule, Feste, Einkaufszentren,…)
PROSOPAGNOSIE
Soziale Problematik
Menschen mit Prosopagnosie werden oft falsch
eingeschätzt. Man hält sie für
 arrogant
 verklemmt
 desinteressiert
 unerzogen
 unaufmerksam
 zerstreut
PROSOPAGNOSIE
Menschen mit Prosopagnosie entwickeln Strategien,
um mit der Störung umzugehen.
Sie erkennen Menschen
 an der Stimme
 am Auftreten
 am typischen Geruch, Parfum
 an Größe, Statur, Bewegungsmuster und Gangart
 an der Frisur und an Kleidungsgewohnheiten
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT…
… UND ANGENEHME MITTAGSPAUSE