IMPLANTOLOGIE Transparentes Vorgehen einer schablonengeführten Implantologie Navigieren Sie schon? Ein Beitrag von Dr. Sigmar Schnutenhaus, Hilzingen, und Ztm. Dirk Bachmann, Bruchsal Sie geistert durch die dentale Welt. Sie unterhält zahnmedizinische Kongresse. Sie polarisiert und sie gibt Diskussionszündstoff. Sie ist zwar stetig präsent, aber in der Praxis leider doch fast ein Phantom. Warum? Letztlich steht doch eines fest: Sie gibt Sicherheit, minimiert den chirurgischen Aufwand und unterstützt auf dem Weg zum nachhaltigen Therapieerfolg: „Die navigierte Implantologie“. Dreidimensionale Planung, ein gutes Implantatsystem (tioLogic), geeignete Aufbauten (AngleFix) und ein durchdachtes Konzept (All-on-6): Anhand des nachfolgend dokumentierten Patientenfalls wird dargestellt, wie durch das Zusammenspiel vieler Faktoren ein gesichertes Ergebnis realisiert werden kann. Indizes: 3D-Planung, All-on-6-Konzept, Fertigungszentrum, minimalinvasives Vorgehen, Zirkonoxid Beim Lesen implantologischer Fachmagazine entsteht schnell der Eindruck, dass die navigationsgestützte Umsetzung einer präoperativen Planung alltäglich ist und ein Großteil der implantologischen Therapien auf diesem Weg realisiert wird. Falsch! Trotz der wissenschaftlich nachgewiesenen Vorteile [1] der navigierten Implantologie zögern viele Praktiker und implantieren auf konventionellem Weg. Mit diesem Artikel soll dargestellt werden, warum wir in unserem Behandlungskonzept nicht mehr auf die schablonengestütze Implantologie verzichten möchten. Mit einer am prothetischen Ergebnis sowie am dreidimensionalen Bild ausgerichteten Planung und deren Umsetzung kommen wir in vielen Fällen dem großen Ziel, beständige Werte zu schaffen, sehr nahe. Die Patienten danken uns den nachhaltigen Therapieerfolg, der aufgrund des hier beschriebenen Vorgehens mit relativ wenig Aufwand realisiert werden kann. Gerade bei der Rehabilitation von zahnlosen oder teilbezahnten Kiefern stößt man häufig auf Grenzbereiche, bei denen implantatprothetische Behandlungen aufgrund eines mangelnden Knochenvolumens nicht beziehungsweise nur mit hohem Aufwand vorgenommen werden können. Im Gegensatz dazu steht, dass immer mehr der (zahnlosen) Patienten „festsitzend“ versorgt werden möchten und sich mit der Therapieoption „herausnehmbare Totalprothese“ nicht zufrieden geben. Die dreidimen- 2 sionale Bildgebung kann dabei unterstützen, dieser anspruchsvollen und stetig wachsenden Patientengruppe Alternativen zu bieten. Ausgangssituation Die 49-jährige Patientin konsultierte uns mit einem parodontal stark geschädigten Restzahnbestand (Abb. 1 und 2) und einem entsprechend hohen Lockerungsgrad (2 bis 3) der Zähne. Eine Extraktion beziehungsweise eine vollständige Entzahnung war für die relativ junge Patientin zu diesem Zeitpunkt undenkbar. Im Sinne des Zahnerhalts erfolgte im ersten Schritt eine parodontologische Behandlung. Nach etwa sechs Monaten stellte sich keine Verbesserung der gravierenden parodontalen Schäden ein und es musste ein anderer Weg für einen nachhaltigen Behandlungserfolg gefunden werden. Die Zähne waren nicht mehr erhaltungswürdig – keiner der vorhandenen Zähne war für die ordnungsgemäße Verankerung einer prothetischen Versorgung geeignet. Ein herausnehmbarer Zahnersatz kam nicht infrage und somit fiel die Entscheidung für eine Implantattherapie. Bis dato war die Patientin von diesem Weg wenig überzeugt. Sie war skeptisch und hatte Angst vor dem chirurgischen Eingriff sowie den hohen Kosten. Diese Punkte wurden bei dem Beratungsgespräch erörtert und die Bedenken gemildert. Z Oral Implant, © 9. Jahrgang 1/13 IMPLANTOLOGIE Abb. 1 und 2 Ausgangssituation: Ein parodontal geschädigter Restzahnbestand. Die Zähne waren nicht erhaltungsfähig Abb. 3 und 4 Aus der duplierten Interimsprothese fertigte der Zahntechniker eine röntgenopake Schablone. Der eingeklebte Steckbaustein ermöglicht die Übertragung der digitalen Daten aus der realen in die virtuelle Welt und zurück Planung der Therapie – All-on-6 Das von Paulo Malo entwickelte Therapiekonzept „All-on-4“ ist weit verbreitet und wird in diversen Variationen erfolgreich umgesetzt. Das klassische Therapiekonzept sieht die Verankerung von vier Implantaten vor. Ein Merkmal der Methode ist die Angulation der endständigen Implantate. Damit kann, vorbei an gefährdeten anatomischen Strukturen, wie zum Beispiel dem Sinus maxillaris, der vorhandene Knochen optimal genutzt werden. Vor allem bei einem atrophierten Kieferkamm kann so in vielen Fällen eine Augmentation vermieden werden. Wird die Behandlung/Implantation auf konventionellem Weg vorgenommen, ist zum Beispiel im Oberkiefer eine Fensterung der Kieferhöhle notwendig. Dadurch steigt die Invasivität des Eingriffs. Warum dieses Konzept nicht mit der navigierten Implantologie verbinden? Die Vorteile sind eindeutig: 1. Mit einer dreidimensionalen Diagnostik werden die relevanten anatomischen Strukturen dargestellt, ohne dass eine Eröffnung der Kieferhöhle oder die Darstellung der Foramina mentale erfolgen muss. 2. Eine intraoperative Entscheidung für die Insertion eines weiteren Implantats oder augmentative Maßnahmen können mit der dreidimensionalen Diagnostik verhindert werden. Schon vor dem Z Oral Implant, © 9. Jahrgang 1/13 Eingriff zeigt sich, wie sich der Knochen darstellt. 3. Es kann unter Umständen ein schonender Eingriff ohne Lappenbildung vorgenommen werden. 4. Bereits in der Planung können die entsprechend abgewinkelten Abutments eingebunden und dadurch die prothetische Kongruenz der Implantate geprüft werden. In dem hier beschriebenen Fall wurde das MaloKonzept abgewandelt und der Oberkiefer „All-on6“ (sechs Implantate im Oberkiefer) versorgt. Für die Versorgung des Unterkiefers wurden vier Implantate inseriert. Nach der Extraktion aller Zähne wurde die Patientin für sechs Wochen mit herausnehmbaren Prothesen versorgt. Dieser Interimsersatz beinhaltete bereits alle funktionellen Parameter sowie die ästhetischen Wünsche der Patientin und bildet die Grundlage für das weitere Vorgehen. Auf Grundlage der duplierten Interimsprothese fertigte der Zahntechniker eine röntgenopake Schablone für das CeHa imPlant-System (C. Hafner) (Abb. 3). In die Schablone wurde ein Steckbaustein geklebt, der die Übertragung der digitalen Daten aus der realen in die virtuelle Welt und wieder zurück ermöglicht (Abb. 4). Nach der sechswöchigen Abheilphase erfolgte mit dieser radioopaken Röntgenschablone eine DVT-Aufnahme, anhand derer im Labor die 3 IMPLANTOLOGIE Vorplanung vorgenommen werden sollte. Vor der Einführung der digitalen Volumentomografie (DVT) in die Zahnmedizin wurden Informationen vorwiegend aus Panoramaaufnahmen gewonnen. Wenngleich nützlich, liefern diese Aufnahmen zum Beispiel keine Informationen über die bukkolinguale Ausdehnung des Alveolarkammes. Der Praktiker muss sich auf seine intraoperative Einschätzung verlassen. Nicht selten wird erst während des Eingriffs ein unzureichendes Knochenangebot vorgefunden. Des Weiteren lassen sich mit der konventionellen Bildgebung keine Aussagen über die Lokalisation von Nerven oder Gefäßen in bukkolingualer Richtung treffen [2, 3]. Mit einem DVT können diese Fragezeichen im Vorfeld beseitigt werden. Außerdem erlauben dreidimensionale Bilddatensätze eine virtuelle Planung und schaffen damit wichtige Voraussetzungen, die bei einer konventionellen Planung mittels OPG- und Modellanalyse nicht möglich sind. Abb. 5 Die Vorplanung im Labor: Der Behandler erhält eine grobe Orientierung für die Implantatpositionen. Die definitive Planung erfolgte in enger Abstimmung Gemeinsam geplant Die Dicom-Daten der DVT-Aufnahme wurden in das Labor gesendet und in die Laborsoftware eingelesen. Hier erfolgte eine Vorplanung der Implantatpositionen sowie der prothetischen Arbeit (Abb. 5). Es ist ein wichtiger Aspekt, dass der Zahntechniker über genügend Expertise und Erfahrung einer implantologischen Planung verfügt und dem Zahnarzt somit eine erste Orientierung für die optimalen Implantatpositionen geben kann. Die definitive Planung erfolgt in enger Abstimmung zwischen den beiden Behandlungspartnern (Abb. 6). Im Fokus stand in diesem Fall die möglichst wenig invasive Vorgehensweise. Das vorhandene Knochenangebot sollte optimal genutzt werden, ohne zusätzliche chirurgische Maßnahmen, wie zum Beispiel einen Sinuslift, vornehmen zu müssen. Gleichzeitig sollte durch die Angulation des endständigen Implantats die Länge des distalen Freiendgliedes reduziert werden [4]. Mit dem All-on-6-Konzept versprachen wir uns den besten Therapieerfolg für diese Situation. Als Implantatsystem entschieden wir uns für das tioLogic (Dentaurum). Die zugehörigen abgewinkelten Abutments (AngleFix) boten uns die Möglichkeit, die Implantatpositionen im Molarenbereich strategisch so zu planen, dass die prothetische Versorgung zu der vom Zahntechniker vorgegebenen Zahnstellung gestaltet werden konnte. Die exakte Planung der Achsen der Aufbauteile und damit der Implantatpositionen ist wichtig, um die gemeinsame Einschubrichtung zur Eingliederung der Brücke in „einem Stück“ zu ermöglichen. Entsprechend des All-on-6-Konzepts wurden vier Implantate im Frontzahn- beziehungsweise im 4 Abb. 6 Im Fokus stand das wenig invasive Vorgehen. Mithilfe des dreidimensionalen Bildes und des abgewinkelten Implantats konnte an der Kieferhöhle vorbei geplant werden. Das konventionelle Vorgehen verlangt für die Insertion des Implantats parallel zur lateralen Kieferwand, die Fensterung der Kieferhöhle und die Abtastung der Kieferhöhlenwand Prämolarenbereich und zwei abgewinkelte Implantate im Seitenzahnbereich geplant. Die Wahl der anatomischen Implantatposition, insbesondere der angulierten Implantate, sollte unter anderem eine Kieferhöhlenperforation vermeiden. Die Abbildung 6 stellt eindrucksvoll dar, wie mithilfe des dreidimensionalen Bildes und des abgewinkelten Implantats an der Kieferhöhle vorbei geplant werden kann. Das konventionelle Vorgehen, ohne dreidimensionale Planung und Navigation, verlangt für die Insertion des Implantats parallel zur lateralen Kieferwand, die Fensterung der Kieferhöhle und die Abtastung der Kieferhöhlenwand. Mit dem DVT-Bild erhalten wir quasi eine Transparenz, die uns viele invasive Eingriffe spart. Nach der gemeinsamen Planung „verriegelt“ der Behandler die Planung und gibt die finalen Daten zur Weiterverarbeitung an den Zahntechniker frei. Die Implantatplanung musste nun 1:1 in eine präzise Bohrschablone umgesetzt werden. Hierfür wurden die Planungsschablone (mit Baustein) um- Z Oral Implant, © 9. Jahrgang 1/13 IMPLANTOLOGIE Abb. 7 und 8 Die Planungsschablone wurde in eine exakte Bohrschablone umgearbeitet. Ein fehlerhaftes Arbeiten kann hierbei fatale Folgen haben Abb. 9 Minimalinvasives Vorgehen: die Stanzung durch die Schablone Abb. 10 Mit einem scharfen Löffel konnte der Stanzkegel behutsam entnommen werden gearbeitet und mit einem so genannten Positionierer die Bohrhülsen exakt an die geplante Position der späteren Implantate gesetzt (Abb. 7 und 8). In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, dass die Planung sowie die Umsetzung in eine Bohrschablone großer Präzision bedarf. Zahnarzt und Zahntechniker tragen eine sehr hohe Verantwortung. Ein technisches Versagen der Schablone oder gar ein Planungsfehler kann zu einem Abbruch der Operation führen oder schwerwiegende Komplikationen nach sich ziehen. Die Folgen fehlpositionierter Implantate – Verletzungen von relevanten anatomischen Strukturen – sollen hier nicht näher aufgeführt werden. ständig entfernt. Er bietet eine gute Griff-Fläche zur manuellen Fixation der Schablone. Um unangenehme Überraschungen während des chirurgischen Eingriffs zu vermeiden, muss das Design der Schablone im Vorfeld besprochen werden. Hier ist eine abgestimmte Teamarbeit absolut notwendig. Es sollte im Vorfeld geklärt sein, wie zum Beispiel die Extension der Schablone gestaltet wird. Gerade im palatinalen Bereich empfiehlt es sich, die Schablone zu kürzen beziehungsweise den Gaumen weitestgehend frei zu schleifen. Auch hinsichtlich des Legosteins muss sich das Behandlungsteam einig sein. Wir haben den Baustein in diesem Fall distal etwas gekürzt, jedoch nicht voll- Z Oral Implant, © 9. Jahrgang 1/13 Implantatinsertion Zwei Monate nach der Extraktion konnten die Implantate inseriert werden. Präoperativ wurde der passgenaue Sitz der Bohrschablone geprüft. Es bestätigten sich sowohl die Kongruenz zum Modell als auch zur präprothetischen Planung. Ebenso versicherten wir uns nochmals, dass die Patientin über eine ausreichende Mundöffnung verfügt. Gerade bei abwinkelten Implantaten im posterioren Bereich kann eine ungenügende Mundöffnung zum Ausschlusskriterium für dieses Konzept werden. In diesem Fall waren die Voraussetzungen optimal. Die Schablone passte wie eine gut sitzende Prothese und musste lediglich mit einem zentralen Hilfsimplantat in regio 11, 21 zusätzlich fixiert werden. Durch die gut erhaltenen Kieferkämme war eine eindeutige Platzierung der Bohrschablone gewährt. Mit distalen Hilfsimplantaten im Tuberbereich haben wir wenig gute Erfahrungen. Hier kommt es relativ oft zu einem vorzeitigen Implantatverlust und damit einem Verlust der Informationen. Eine sichere und eindeutige Positionierung der Bohrschablone muss auf jeden Fall gewährleistet sein. Die 5 IMPLANTOLOGIE Abb. 11 Für die Implantatinsertion entsprechend des Protokolls: Das tioLogic-Implantatsystem umfasst eine Chirurgiekassette mit unterschiedlich langen Bohrern und Löffeln Abb. 12 Der Tiefenstopp wird über feste Markierungen am Bohrer gesichert Abb. 13 Insertion des Implantats Abb. 14 Manuelles Festziehen mit gefordertem Drehmoment temporären Hilfsimplantate sind so zu setzen, dass sie den chirurgischen Eingriff nicht behindern. nung, die präzise Planung sowie die exakt passende Bohrschablone erwähnt. Da ausreichend befestigte Gingiva vorhanden war, konnte der Zugang zum Knochen minimalinvasiv – also via Stanzung – erfolgen. Dieses Vorgehen zeichnet sich durch geringe postoperative Schmerzen und Schwellung aus und hat sich in unserem Konzept bestens bewährt. Die Stanzung erfolgte durch die Schablone (Abb. 9), die danach vorübergehend aus dem Mund entnommen wurde. Der Stanzkegel konnte mit einem scharfen Löffel vorsichtig entnommen werden (Abb. 10). Es ist darauf zu achten, dass das Implantatbett sorgsam und schonend behandelt wird. Die gesäuberte Schablone wurde wieder reponiert und die Insertion der Implantate erfolgte entsprechend des Bohrprotokolls (Abb. 11 bis 14). Das verwendete Implantatsystem umfasst für die chirurgische Umsetzung eine Chirurgiekassette mit unterschiedlich langen Bohrern und Löffeln. Der Tiefenstopp wird über feste Markierungen am Bohrer sowie über die Löffel zum Einbringen in die Bohrhülsen gesichert. Nach kurzer Zeit waren alle Implantate inseriert (Abb. 15). Dieses Vorgehen ist im Gegensatz zum konventionellen Verfahren schonend und für alle Beteiligten (Behandler, Patient, Helferin) entspannt. Nochmals seien die Selektion der Patienten hinsichtlich der Mundöff- Nach dem Einbringen der Implantate wurden die Aufbauten aufgeschraubt. Regio 16 und 26 wurde mit angulierten (32°) und die anderen vier Implantate mit geraden Abutments versorgt (Abb. 16). Danach erfolgte die Abformung der Situation und die Interimsprothese wurde für die provisorische Sofortversorgung [5] umgearbeitet. Einen Tag später konnte der Patientin die festsitzende Interimsprothese eingesetzt werden (Abb. 17). Die Abbildung 18 zeigt das OPG nach der Implantatinsertion. 6 Anfertigung der definitiven Versorgung Die viermonatige Einheilphase verlief problemlos und wir konnten mit der Umsetzung der definitiven Restauration beginnen. In diesem Fall fiel die Entscheidung auf die hochwertige Umsetzung der festsitzenden, definitiven Restauration. Für das All-on6 Therapiekonzept gibt es verschiedene Variationen. Je nach Patientensituation kann eine optimale Lösung angeboten werden. Neben der hier gewählten Highend-Variante könnte zum Beispiel auch eine günstigere Lösung über ein mit Komposit verblendetes NEM-Gerüst gefertigt werden [6]. Z Oral Implant, © 9. Jahrgang 1/13 IMPLANTOLOGIE Abb. 15 Die im Oberkiefer inserierten Implantate Abb. 16 Das Einbringen der Implantataufbaupfosten erfolgte in regio 16, 26 mit 32°-angulierten und im Frontzahnbereich mit geraden Abutments Abb. 17 Einen Tag nach der Implantatinsertion konnte die Patientin mit der umgearbeiteten Interimsprothese festsitzend versorgt werden Abb. 18 Das Kontroll-Röntgenbild nach Implantatinsertion Die festsitzende Brücke sollte mit einem CAD/ CAM-gefertigten Zirkonoxid-Gerüst und keramischen Einzelkronen (Presskeramik, individuell verblendet) realisiert werden. Nach der Überabformung wurde das Implantatmodell gefertigt. Die aufgeschraubten Laboraufbauten wurden mit einem lichthärtenden Kunststoff miteinander verbunden und in Wachs die Ästhetikeinprobe vorbereitet (Abb. 19). Bereits jetzt war erkennbar, dass die Implantate auch hinsichtlich der prothetischen Restauration exakt positioniert waren. Bei dieser ersten Einprobe bekamen die Patientin und wir einen Eindruck der definitiven Versorgung. Und es zeigte sich einmal mehr, dass Ästhetik individuell ist und jeder ein anderes Empfinden dafür hat. Entsprechend der Ausgangssituation wurden in diesem Fall die Frontzähne etwas verschachtelt aufgestellt und die mesiale Inzisalkante der Zweier überlappte leicht die beiden mittleren Inzisivi. Die Patientin konnte sich mit dieser Zahnstellung nicht anfreunden. Sie wollte „schöne und gerade“ Zähne. Diese Wünsche konnten in einer zweiten Wachsanprobe zur Zufriedenheit aller umgesetzt (Abb. 20) und die Situation auf dem Modell mit einem Silikonwall fixiert werden. Die Titan-Kappen für die AngleFix-Aufbauten (tioLogic) wurden nun entsprechend gekürzt und mit- hilfe der Silikonvorwälle ein Gerüst für die Herstellung der festsitzenden Brücke erarbeitet (Abb. 21 und 22). Die Konstruktion wurde gescannt (3Shape, Heraeus) (Abb. 23 und 24) und im Fertigungszentrum ein Gerüst aus Zirkonoxid gefräst (Abb. 25). Das Gerüst wurde vom Zahntechniker so konstruiert, dass die basalen Anteile in Verblendkeramik gestaltet werden konnten. Die koronalen Anteile des Gerüstes waren für die Aufnahme von keramischen Einzelkronen (IPS e.max Press) vorbereitet. Nach dem gewohnten Vorgehen wurden die Kronen in Presskeramik umgesetzt und entsprechend individualisiert (Abb. 26 und 27). Es folgten die Verblendung der basalen Gerüstbereiche und letztlich die Verklebung der einzelnen Segmente (Abb. 28 und 29). Z Oral Implant, © 9. Jahrgang 1/13 Das Einsetzen der definitiven Restauration Ein halbes Jahr nach dem Beginn der Behandlung konnten wir der Patientin im Oberkiefer eine festsitzende, implantatgetragene Brücke einsetzen (Abb. 30 bis 32). Die Restauration passte sehr gut und konnte problemlos eingegliedert werden. Das Prozedere, keramische Einzelkronen zu fertigen, ist sehr sinnvoll. Bei eventuell notwendigen Korrektu- 7 IMPLANTOLOGIE Abb. 19 Zahntechnische Vorbereitungen für die Herstellung der definitiven Restauration Abb. 20 Die Wachseinprobe gab Anhaltspunkte für die Gestaltung der definitiven Restauration Abb. 21 und 22 Gerüstherstellung: Die Titan-Kappen für die AngleFix-Aufbauten (tioLogic) wurden gekürzt und mit Silikonvorwällen das Design der festsitzenden Brücke erarbeitet Abb. 23 und 24 Die Konstruktion wurde gescannt und ... ren können die Kronen relativ einfach ausgetauscht werden. Das separate Verblenden von Gingivakeramik und Kronen ist materialschonend, da die Werkstoffe geringeren thermischen Belastungen beim Brennen ausgesetzt sind. Außerdem sind die ästhetische Gestaltung der Approximalräume sowie die Reinigungsfähigkeit der basalen Bereiche bestens zu realisieren. 8 Abb. 25 ... im Fertigungszentrum ein Gerüst aus Zirkonoxid gefräst Z Oral Implant, © 9. Jahrgang 1/13 IMPLANTOLOGIE Abb. 26 Auf dem Gerüst wurden keramische Einzelkronen gefertigt Abb. 27 Der basale Anteil wurde mit Verblendkeramik individuell gestaltet Abb. 28 Verklebung der Einzelkronen auf dem Gerüst Abb. 29 Die zum Einsetzen vorbereitete Oberkiefer-Restauration Abb. 30 bis 32 Das Einsetzen der Restauration erfolgte etwa ein halbes Jahr nach der Extraktion der Zähne Fazit Mit einer guten Zusammenarbeit und einer abgestimmten Planung zwischen Zahntechniker und Behandler ist es gelungen, die Implantate prothetisch so zu inserieren, dass die Austrittsstellen exakt im okklusalen Bereich (Zentralfissur) liegen (Abb. 33). Die prothetische Versorgung des Unterkiefers wird zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Das für den Z Oral Implant, © 9. Jahrgang 1/13 Oberkiefer gewählte Versorgungskonzept All-on-6, kombiniert mit dem entsprechenden Implantatsystem (tioLogic) und den zugehörigen abgewinkelten Aufbauten (AngleFix), ermöglichte uns in diesem Fall eine patientenindividuelle Versorgung. Von chirurgischer Seite konnte ein minimalinvasives Vorgehen realisiert werden. Die Patientin hatte während des gesamten Behandlungszeitraums kaum Beschwerden. Mithilfe des DVT-Bildes wurden jegli- 9 IMPLANTOLOGIE Abb. 33 Nahansicht auf dem Modell: Die Implantat-Austrittsstellen waren exakt im okklusalen Bereich (Zentralfissur) positioniert – Ergebnis einer guten Zusammenarbeit und einer abgestimmten, exakten Planung che invasiven Eingriffe wie Augmentation oder Sinuslift vermieden [7, 8]. Auch die Forderung einer möglichst geringen Verletzung der gingivalen Strukturen konnte erfüllt werden. Die Implantatinsertion erfolgte über Mukosastanzlöcher und ohne die Mobilisierung eines mukoperiostalen Lappens. Dieses Vorgehen verhindert große Wundflächen sowie damit die verbundenen Schmerzen und Schwellungen und macht das Entfernen von Nähten obsolet. Die Behandlung wird somit für den Patienten erträglicher, postoperative Einschränkungen werden minimiert und die berufliche sowie soziale Beeinträchti- KONTAKTADRESSE: Dr. Sigmar Schnutenhaus Breiter Wasmer 10 78247 Hilzingen [email protected] Ztm. Dirk Bachmann Salinenstraße 14 76646 Bruchsal [email protected] Abb. 34 Die abschließende, post prothetische Röntgenaufnahme gung verkürzt. Sicherlich erfordert die navigierte Implantologie vom Behandler ein Umdenken und eine gewisse Einarbeitungszeit. Doch wer einmal dieses Stadium erreicht hat, wird auf diese Art der Implantologie nicht mehr verzichten wollen. Auch aus forensischen Gründen spricht vieles für das computergestützte Vorgehen. Es erlaubt eine exakte Dokumentation aller Planungs- und Behandlungsabläufe. Allerdings ist die chirurgische Erfahrung des Behandlers selbst mit den modernsten digitalen Techniken ebenso wenig zu ersetzen wie die fundierte Ausbildung und Expertise des Zahntechnikers. ■ VITAE Dr. Sigmar Schnutenhaus Dr. Sigmar Schnutenhaus studierte an der Universität Ulm und approbierte im Jahr 1991. Danach arbeitete er an verschiedenen Standorten als Sanitätsoffizier, unter anderem als Leiter von Zahnarztgruppen und als Dezernent. 1998 ließ sich Dr. Schnutenhaus in einer eigenen Praxis in Hilzingen nieder. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen auf dem Gebiet der Parodontologie und Implantologie. In diesen beiden Fächern hat er postgraduierte Masterstudiengänge erfolgreich abgeschlossen. Neben seiner Praxistätigkeit ist Dr. Schnutenhaus als Autor und Referent tätig. Ztm. Dirk Bachmann Ztm. Dirk Bachmann absolvierte von 1984 bis 1988 seine Ausbildung zum Zahntechniker. Seit 1990 ist er Mitglied im Gesellenprüfungsausschuss des Zahntechnikerhandwerks Baden. Im Jahr 1993 legte er die Meisterprüfung ab und machte sich im gleichen Jahr selbstständig. Seit 2004 ist Ztm. Dirk Bachmann zusätzlich als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sowie als Referent tätig. 10 Z Oral Implant, © 9. Jahrgang 1/13 IMPLANTOLOGIE ABSTRACT The restorative All-on-6 maxillary treatment concept in combination with an appropriate implant system and its corresponding angled abutments facilitate customized rehabilitation approaches. A minimally invasive surgical procedure was implemented. The patient experienced almost no discomfort during the treatment period. Thanks to CBCT imaging, invasive procedures (augmentation, sinus lift) were avoided completely. The requirement of minimally invasive treatment of the gingival structures was also met: implants were inserted through mucosal punch holes, without elevating mucoperiosteal flaps. This procedure avoids large wounds and the associated pain and swelling and requires no suture removal. The treatment is more easily tolerated by the patient. Postoperative restrictions are minimized, and the period of occupational and social impairment is shortened. PRODUKTLISTE INDIKATION Implantatsystem Abutments Planungssoftware Verblendkeramik Gingiva CAD/CAM-Software Presskeramik NAME tioLogic AngleFix CeHa Implant cara IPS e.max Press HERSTELLER/VERTRIEB Dentaurum Implants Dentaurum Implants C. Hafner Heraeus Kulzer Heraeus Kulzer Ivoclar Vivadent LITERATURVERZEICHNIS [1] Malo P, Nobre M, Rangert B. Implants placed in immediate function in periodontally compromised sites: A five-year retrospective and one-year prospective study. J Prosthet Dent 2007; 97 (6): S86-S95. [2] Miles DA, Van Dis ML. Implant radiology. Dent Clin North Am 1993; 37(4):645-68. [3] Wyatt CC, Pharoah MJ. Imaging techniques and image interpretation for dental implant treatment. Int J Prosthodont 1998; 11(5):442-52. [4] Bevilacqua M, Tealdo T, Menini M, Pera F, Mossolov A, Dgrago C, Pera P. 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