Dr. Peter Lüttmann DR. PETER LÜTTMANN Grußwort beim Forum Migration und Zuwanderung der CDU Rheine Rheine, 16. April 2015 Familienbildungsstätte Seite 1 Dr. Peter Lüttmann Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Junk, sehr geehrter Herr Dr. Effing, sehr geehrte Damen und Herren, zunächst herzlichen Dank für die Einladung zum Forum Migration und Zuwanderung. Diese Veranstaltung heute steht sicher auch unter dem Eindruck des zweiten Flüchtlingsgipfels in NRW, der gestern in der Düsseldorfer Staatskanzlei stattgefunden hat und zu dem die NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eingeladen hatte. Rund 30 Akteure aus Politik, Kirchen, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden und der Flüchtlingshilfe haben sich gestern getroffen, um zu beraten. Das Land und die Ministerpräsidentin haben aufgelistet, was seit dem ersten Flüchtlingsgipfel in Essen, der im Oktober letzten Jahres stattgefunden hat, alles umgesetzt worden ist. Der erste Flüchtlingsgipfel liegt also noch gar nicht lange zurück. Er war damals auch eine Reaktion auf die skandalösen Verhältnisse in dem Nordrheinwestfälischen Asylbewerberwohnheim Burbach, in dem es zu Misshandlungen und Gewaltausbrüchen durch Wachpersonal gekommen war. Auch die CDU-Opposition im Landtag hatte im letzten Jahr ein positives Fazit dieses ersten Gipfels gezogen, gerade weil viele Fragen abseits des sonst üblichen parteipolitischen Gerangels geklärt worden sind. Ich hoffe, die Diskussion nach dem 2. Flüchtlingsgipfel in NRW wird sachlich und lösungsorientiert und wieder abseits allen politischen Gerangels geführt. Dazu ist da Thema zu ernst. Dazu ist das Thema auch nicht geeignet. Es ist vielmehr geeignet, gemeinsam ein Zeichen zu setzen für eine Willkommenskultur in unserem Land. Der Begriff der Willkommenskultur wirkt mittlerweile schon etwas abgegriffen. Es geht dabei um die Frage, wie wir unseren Umgang mit Vielfalt verstehen, und darum, wie wir neu zugezogenen Menschen begegnen. Das sollten wir uns immer wieder vor Augen halten: Auf der Suche nach Schutz in einem anderen Land haben Flüchtlinge häufig gefährliche Wege in Kauf Seite 2 Dr. Peter Lüttmann genommen. Nicht selten haben sie sich skrupellosen Schleppern anvertraut. Viele haben für die Reise in eine bessere Zukunft nicht nur viel Geld bezahlt, viele bezahlen sie sogar mit ihrem Leben. Wir in Rheine sollten immer wieder - und die heutige Veranstaltung ist eine gute Gelegenheit dazu - ein klares Bekenntnis abgeben, dass wir uneingeschränkt zu der humanitären Verpflichtung stehen, Flüchtlingen aus Krisengebieten hier bei uns Schutz und eine menschenwürdige Unterbringung zu bieten. In unserer Stadt, in der Menschen aus über 100 Kulturen leben, gibt es nicht nur einen Runden Tisch und einen Integrationsrat; es besteht auch ein breiter Konsens, dass wir hier die Unterbringung der Menschen, die auf der Flucht sind, vor allem dezentral organisieren wollen. Darüber hinaus wären an dieser Stelle auch die zahlreichen ehrenamtlichen Initiativen in der Flüchtlings-Betreuung zu nennen, deren Aufzählung aber den Rahmen eines Grußwortes sprengen würde. In der Ratssitzung am letzten Dienstag war über die Anschaffung von mobilen Wohneinheiten und deren Standort zu beschließen. Der Rat folgte dabei einstimmig (bei einer Enthaltung) dem Antrag von CDU und Grünen. Nicht nur diese Entscheidung macht deutlich, dass es bei uns in Rheine einen breiten gesellschaftlichen und politischen Konsens beim Thema Zuwanderung und Flüchtlingsarbeit gibt. Auch schwierige Entscheidungen werden vorher intensiv miteinander diskutiert und vorbereitet, teilweise in Sitzungen, die bis tief in die Nacht dauern. Es ist ein positives Bild, das die Kommunalpolitik abgibt, wenn sie ohne politisch motiviertes Gerangel im Einvernehmen miteinander eine vernünftige Entscheidung trifft. So kann es eben auch gehen! Und das ist gut so. Es ist eben zuallererst eine humanitäre Aufgabe, eine Frage der Menschlichkeit, dass wir Flüchtlingen bei uns in Rheine ein sicheres zu Hause gebe. Ich freue mich, dass wir mit Herrn Dr. Junk heute einen Oberbürgermeister zu Gast haben, der vor allem die Chancen sieht, die die Zuwanderung aufgrund der demographischen Entwicklung für unser Land bieten kann. Da dieser Blickwinkel gleich näher in den Mittelpunkt rücken wird, möchte Seite 3 Dr. Peter Lüttmann ich die Gelegenheit nutzen, auch auf die Herausforderungen einzugehen, die gerade in dieser Frage auf die Kommunen zukommen. Vielleicht haben wir damit eine breitere Grundlage für die anschließende Diskussion: Der gestrige 2. Flüchtlingsgipfel NRW wurde von einem Thema dominiert: Finanzen! Gerade aus dem Blickwinkel einer Kommune gibt es da einiges zu kritisieren. Wenn der Bund Länder und Kommunen insgesamt mit 1 Mrd. Euro, mit der sog. Flüchtlingsmilliarde, in den Jahren 2015 und 2016 entlastet, dann berücksichtigt diese Zusage aus dem letzten Jahr nicht die aktuell weiter steigenden Flüchtlingszahlen! Auf NRW entfallen von dieser Flüchtlingsmilliarde 108 Millionen Euro, wobei aber nur 54 Millionen Euro eins zu eins an die Kommunen weitergegeben werden. Für Rheine macht das nach vorläufigen Berechnungen rund 228.000 Euro aus. Das ist besser als nichts, – wer aber weiß, wie teuer die Anschaffung nur einer mobilen Wohneinheit ist, erkennt sofort, dass es in NRW noch an einer auskömmlichen Finanzierung der Kommunen fehlt. Andere Bundesländer sind da schon weiter. Aber die Forderung ist auch und vor allem an den Bund zu richten, der sich über 2015 und 2016 hinaus dauerhaft an den Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen muss, denn die Flüchtlingsversorgung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wichtig erscheint mir auch, dass das Land die geplanten 10.000 Plätze in Landeseinrichtungen weiter aufstocken muss. Das ist erforderlich, weil wir mit weiter steigenden Zahlen zu rechnen haben. Das ist aber auch erforderlich, weil die Menschen dann länger in diesen Einrichtungen verbleiben können, möglichst bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens. „Flüchtlingstourismus“ mit nur jeweils kurzfristigen Aufenthaltszeiten innerhalb von NRW ist unmenschlich und stellt alle Beteiligten vor enorme Probleme. Zudem gibt es noch eine große Zahl von Not-Unterkünften. Der Kreis unterstützt das Land und nutzt z.B. aktuell die Räumlichkeiten einer Berufsschule in Lengerich. Seite 4 Dr. Peter Lüttmann Wir werden sicher gleich Gelegenheit haben, über weitere Themen – wie kommunale Integrationszentren, ehrenamtliches Engagement und Fachkräftemangel zu diskutieren. Ich komme deshalb zum Schluss und möchte deutlich machen, dass auch ich – trotz aller Herausforderungen und Finanzierungsprobleme, die ich gerade angerissen habe und über die man auch sprechen muss – vor allem von den Chancen einer Zuwanderung überzeugt bin. Gestatten Sie mir als Fußballer, auch wenn ich das im Moment nur passiv bin, noch den folgenden Hinweis: Die erste Fußballweltmeisterschaft, an die ich bruchstückhafte Erinnerungen habe, liegt nun fast 41 Jahre zurück. Heute sind hier sicher einige zu Gast, die sich besser erinnern können. – In der Weltmeisterelf von 1974 gab es keinen Spieler mit Migrationshintergrund ... sieht man einmal von Sepp Maier, Franz Beckenbauer, Katsche Schwarzenbeck, Ulli Hoeneß, Gerd Müller und Jupp Kapellmann ab, die aus Bayern kamen bzw. dort spielten. In unserer aktuellen Weltmeisterelf gab es dagegen eine ganze Reihe von Spielern mit Migrationshintergrund: Miroslav Klose, Lukas Podolski, Mesut Özil, Sami Khedira, Jérôme Boateng und Shkodran Mustafi. Unsere Gesellschaft ist bunter geworden, unsere Nationalelf auch – und das ist gut so, denn sonst wären wir im letzten Jahr wohl nicht Weltmeister geworden. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich nun auf den Vortrag von Herrn Dr. Junk. [email protected] Seite 5
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