Bewerbungsgespräch im Diakonie Zentrum Spattstraße Multimodales Interview1 „Das Multimodale Interview ist eine Form des strukturierten Interviews, bei der die Schlüsselqualifikationen durch eine Kombination verschiedener Methoden erfasst werden.“(Eilles-Matthiessen, et al. 2002, S67) Beim Multimodalen Interview wechselt die Abfolge von frei geführten und standardisierten Gesprächsteilen. Durch die Kombination dieser verschiedenen Bausteine soll eine zuverlässige Informationsgewinnung, die einen Vergleich zwischen Bewerbern zulässt, ermöglicht werden. Durch die Flexibilität dieses Verfahrens, kann es zur Einschätzung der unterschiedlichsten Schlüsselqualifikationen eingesetzt werden. Laut Eilles-Matthiessen, et al. (2002, S.67) sieht ein typischer Ablauf wie folgt aus: - Gesprächsbeginn: kurze, informelle Unterhaltung - eine angenehme Atmosphäre soll hergestellt werden - Selbstvorstellung des Bewerbers: bezüglich des persönlichen und beruflichen Hintergrunds - Freies Gespräch: offene Fragen vom Interviewer, die an der Selbstvorstellungen und den Bewerbungsunterlagen anknüpfen. - Lebenslaufbezogene Fragen: die biographischen Fragen sollen aus der Anforderungsanalyse abgeleitet werden - Realistische Tätigkeitsinformation: der Interviewer stellt das Unternehmen und den Arbeitsplatz vor - Situative Fragen: es werden Fragen gestellt, die auf Basis der Anforderungsanalyse konstruiert wurden. Auf einer Beurteilungsskala werden die Antworten eingestuft - Gesprächsabschluss. Fragen des Bewerbers, Zusammenfassung, weitere Vereinbarungen Grundsätzlich kann zwischen guten und nicht empfehlenswerten Techniken unterschieden werden. Zu den guten Techniken zählen zum Beispiel offene Fragen, vertiefende Fragen, reflektierende Fragen, der Selbstbeurteilung dienende Fragen, 1 Anmerkung: diese Art des Interviewablaufes wurde in einer leicht abgewandelten Form gewählt. Diakonie Zentrum Spattstraße, Symposium 2015 – WS 1 das gezielte Einsetzen von Pausen, Zusammenfassungen, Wiederholungen des Gesagten, Vergleichsfragen empfehlenswerten oder Techniken kontrastierende zählen unter Fragen. anderem Zu den geschlossene nicht Fragen, mehrgliedrige Fragen, Suggestivfragen, irrelevante Fragen, diskriminierende oder bewertende Fragen (vgl. Kahlke/Schmidt 2004, S. 132) Im Folgenden soll nun auf die im Multimodalen Interview verwendeten Fragetechniken eingegangen werden. - Offen Fragen: diese zählen zu den bekanntesten Frageformen. Im Unterschied zu geschlossenen Fragen, die sich meist nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten lassen, beginnen offene Fragen mit einem W-Fragewort: wer, wie, was, warum, wozu,.....Offene Fragen geben wenig vor und der Bewerber bekommt keine Hinweise auf die Erwartungen oder versteckte Hinweise des Interviewers. Geschlossene Fragen manipulieren eher, der Bewerber richtet seine Antwort danach aus, was er denkt, was der Interviewer hören möchte. Zu häufiges Anwenden Hypothesenbildung und von birgt geschlossenen die Gefahr Fragen den verführt Gesprächs- zu und Informationsfluss zu stoppen. Beispiele: Geschlossene Frage: „Hatten Sie in letzter Zeit ein Projekt übertragen bekommen?“ Antwort: „Ja!“ Offene Frage: „Was ist denn dabei besonders gut gegangen?“ Antwort: „Das war so.......“ Man unterscheidet bei offenen Fragen auch weite und enge offene Fragen. Enge, offene Fragen erlauben eine knappe, ausweichende Antwort Weite, offenen Fragen (im obigen Beispiel durch die Wörter „besonders“ und “gut“ ersichtlich) fordern in höchsten Maße Informationen oder Begründungen und erschweren ein Ausweichen, (vgl. Lucas, 2004, S.26) - Skalenfrage: ist eine Sonderform der, der Selbstbeurteilung dienenden Frage. Grundlage für die Skalenfrage sind die zu erfragenden Kriterien der Anforderungsanalyse, die auf einer Liste vorbereitet sein sollen. Man erfährt in kürzester Zeit Informationen zu allen relevanten Kriterien des Anforderungsprofils. Den eigentlichen Output von Skalenfragen erreicht man durch gezieltes Nachfragen, warum sich der Bewerber wie bewertet hat. Dazu eignen sich situative Fragen (vgl. Lucas 2004,S. 29) Diakonie Zentrum Spattstraße, Symposium 2015 – WS 1 2 - Situative Fragen: relevante Situationen aus der Vergangenheit sollen hier erfragt werden. Durch gezieltes Nachfragen soll erfahren werden, wie genau der Bewerber vorgegangen ist und welches Ergebnis erzielt wurde. (vgl. Lucas 2004,S. 37) Beispiel aus dem Fragenkatalog bezüglich der Kompetenz „Lernbereitschaft“: „Beschreiben Sie eine Situation, in der Sie dachten sich zu verändern und sich dafür Ziele setzen mussten. Wie sind Sie dies angegangen und wie haben Sie Ihr Ziel erreicht?“ (vgl. Behavioral Technology 1999, S. 41) - Direkt projektive Fragen: sind breitbanddiagnostische Fragen 2 . Mit wenig Übung und Aufwand erhält man im Gespräch sehr gute Ergebnisse. Der Bewerber wird hier nicht nach einer Selbsteinschätzung gefragt, sondern man bedient sich einer Person, die anstelle Seiner berichten soll. Man bittet zum Beispiel den Bewerber zu berichten, wie ihn sein Bruder / seine Schwester oder ein Kollege beschreiben würde. Man bekommt hier mehrere Stärken und Schwächen des Bewerbers genannt, die man dann dem Anforderungsprofil zuordnen muss (vgl. Lucas 2004,S. 23 - 29) - Biographische Fragen: ermöglichen den Zugang zu Persönlichkeitsmerkmalen und zu dem Wertesystem des Bewerbers. Fragen können rückblickend bezogen auf Erfolge und Misserfolge, auf wichtige Entscheidungen im Leben des Bewerbers, auf charakterliche Vergleiche zu verwandten Bezugspersonen sowie auf Werte in der Erziehung sein.3 (vgl. Lucas 2004,S. 34) Unterschiede im Ergebnis der Antworten erhält man auch noch durch die Wahl der Zeitform. Zukünftiges Verhalten kann zuverlässig vorhergesagt werden, wenn man früheres, vergleichbares Verhalten ermittelt und mit dem geforderten Verhalten aus dem Anforderungsprofil vergleicht. Je konkreter nach Beispielen gefragt wird, umso zuverlässiger können die Aussagen beurteilt werden. Es wird hier die Erfahrung, die schon gemacht wurde, genützt. Wenn jemand zum Beispiel in der Vergangenheit in der Lage war, sich seine Arbeit effizient zu organisieren, dann wird er das auch in der Zukunft können. Stellt man jedoch zukunftsbezogene Fragen, so lässt man den Bewerber nur „probehandeln“, da der direkte Verhaltensbezug fehlt. Man erhält nur hypothetische Verhaltensaussagen über erworbenes Wissen. Diese Art des Fragens braucht man vor allem bei Bewerbern, die keine Berufserfahrung haben (vgl. Jetter 2 Breitbanddiagnostische Fragen sind offener und zielen nicht auf die Bestätigung oder Widerlegung einer einzigen bestimmten Eigenschaft des Bewerbers ab (Lucas 2004,S. 23) 3 vgl. Aufzeichnungen über das Bewerbungsgespräch – biographische Fragen Diakonie Zentrum Spattstraße, Symposium 2015 – WS 1 3 2003, S. 108 - 110). Laut Kahlke/Schmidt (2004, S.144) richten sich verhaltensbescheibende Fragen auf die Vergangenheit und Gegenwart während hypothetische Fragen zukunftsgerichtet sind. Außerdem ist immer zu beachten, dass man sich, wenn man Kompetenzen oder tätigkeitsrelevante Bereiche offen legen möchte, niemals nur auf eine Frage stützen soll.4 Leitfaden für Bewerbungsgespräche O O O Aufwärmphase • Erläuterungen über den Ablauf des Gespräches. • Warum es wichtig ist persönliche und biografische Fragen zu stellen. • Information über die Dauer des Gespräches • Gesprächsregeln festlegen Biografische Fragen • Lebenslauf kurz frei erzählen lassen • Siehe Bewerbungsgesprächsbogen Fragen zu den geforderten Anforderungen • Siehe Bewerbungsgesprächsbogen • Bei drei Fragen zusätzlich Skalierungsfrage stellen und Einschätzung begründen lassen O Vorstellen des Aufgabenbereiches • Eventuell mittels einer Powerpointpräsentation ,Folder oder Teammitglied beschreibt sein Aufgabenfeld O Zeit für Rückfragen • Vom Bewerber über den Aufgabenbereich O Offene Fragen des Bewerbers O Feedback • Wie ist es dem Bewerber/ der Bewerberin bezüglich der Fragen zu den Anforderungen gegangen? • Was war unangenehm? Warum? Dauer: ca. 1,5 Std. 4 Es sind immer jeweils zwei Fragen aufgelistet. Zusätzlich sollen auch Skalierungsfragen zur Anwendung kommen Diakonie Zentrum Spattstraße, Symposium 2015 – WS 1 4
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