Gewerbezeitung - Erbschaftssteuer

GEWERBE AKTUELL
Schweizerische Gewerbezeitung – 10. April 2015
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Die Erbschaftssteuer-Initiative bedroht für die Baselbieter Nationalrätin und Präsidentin von Treuhandsuisse,
Daniela Schneeberger, die Existenz von KMU und vernichtet Werte bestehender Unternehmen.
ERBSCHAFTSSTEUER –
«Ein volkswirtschaftliches Eigentor»
nehmer, jede Unternehmerin, alle,
die es einmal werden wollen und alle, die in privaten Unternehmen ihre
Arbeitsstelle haben, sind daher gut
beraten und aufgefordert, dieser Initiative eine gehörige Abfuhr zu erteilen.
«BELASTEN WIR UNSERE
KMU ZUSÄTZLICH ODER
STEHEN WIR ZUM VERSPRECHEN, SIE ZU
ENTLASTEN?»
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Am 14. Juni stimmen wir über die
Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer ab. Als Treuhänderin
möchte ich besonders auf die Themen eingehen, die für KMU wichtig
sind. Die KMU sind das Rückgrat unserer schweizerischen Wirtschaft. 99
Prozent der Unternehmen sind KMU.
Sie beschäftigen 1,1 Mio. Menschen.
80 Prozent der 300 000 KMU sind
Familienbetriebe. Ich führe selbst ein
KMU, ein Treuhandunternehmen,
das ich von meinem Vater übernommen habe. Alle politischen Lager verlangen, die KMU seien zu entlasten,
zu schützen und zu fördern. Nur gesagt ist nicht getan, denn die Erbschaftssteuer-Initiative trifft vor allem und zuerst die KMU.
«KMU MÜSSTEN FAST
DIE HÄLFTE DER GEWINNE EINSETZEN, UM DIE
STEUER BEZAHLEN ZU
KÖNNEN.»
Das Beratungsunternehmen PwC hat
in einer Studie die Effekte der Erbschaftssteuer analysiert. Die Ergebnisse sind alarmierend: Bei einem
Steuersatz von 20 Prozent und einem
Freibetrag von 2 Millionen Franken
müssten KMU rund 20 bis 30 Prozent
des Eigenkapitals oder während zehn
Jahren 30 bis 40 Prozent der Gewinne einsetzen, um die Erbschaftssteuer zu bezahlen.
Verheerende Konsequenzen
Bei vielen KMU sind die Vermögen
der Besitzer in der Firma investiert
und nicht im Privatvermögen. Die
Mittel für das Bezahlen der Steuern
müssen den Unternehmen entzogen
werden und fehlen für Investitionen
und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Deshalb wird die Steuer massive
Liquiditätsprobleme auslösen. Eine
Annahme der Initiative wird die Weiterführung vieler KMU und damit zusätzlich auch bestehende Arbeitsplätze gefährden. Diese Initiative wird
volkswirtschaftlich zum Eigentor und
führt zu Wohlstandsverlust.
Zwar können gemäss Initiative für
KMU theoretisch Ermässigungen eingeführt werden, beispielsweise durch
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Die Erbschaftssteuer-Initiative ist
sehr gefährlich. Solche Eingriffe in
die unternehmerische Substanz unseres Landes führen dazu, dass immer weniger Menschen bereit sind,
sich den Risiken des Unternehmertums auszusetzen. Es ist doch viel
einfacher und viel bequemer, sich
anstellen zu lassen, am besten bei
der öffentlichen Hand, wo das Arbeitsplatzrisiko am geringsten
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Gewährung eines Freibetrages und
der Anwendung eines reduzierten
Steuersatzes. Dies gilt aber nur, wenn
die Unternehmung während mindestens zehn Jahren weitergeführt wird.
Für Erben einer Unternehmung besteht also die Gefahr einer Nachbesteuerung aufgrund des nachträglichen Verlustes der Steuerermässigung. Das führt zu unerträglichen
Schwebezuständen, Unsicherheiten
und auch Druck – für die Übernehmenden ergibt sich ein doppeltes Risiko: Zum einen durch den Führungswechsel und zum zweiten durch das
Damoklesschwert der Steuer bei
Misserfolg.
Unternehmen geraten in Konkurs
Weiter muss man die Frage stellen,
was mit Unternehmen geschieht,
wenn weder die Erben noch die Unternehmung selber ausreichend Liquidität zur Verfügung haben, um
die Erbschaftssteuer zu bezahlen. Die
Erben sind versucht oder vielleicht
gar genötigt, die Erbschaft auszuschlagen, und die Unternehmung gerät in Konkurs! Solche Szenarien sind
schon als Vorstellung schrecklich und
es wäre für mich als Nationalrätin
unerträglich, an der Schaffung eines
Gesetzes für die Umsetzung dieser
unsäglichen Initiative mitwirken zu
müssen.
«DIE ERBSCHAFTSTEUER
FÜHRT ZU UNERTRÄGLICHEN UNSICHERHEITEN
UND DRUCK FÜR KMU.»
Die Begünstigung der Unternehmen
wird zur Augenwischerei und verhindert nicht, dass das Umfeld für eine
erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung weiter gestört wird. Die Initianten können auch ihre Absicht nicht
verbergen, mit dem vermeintlich hohen Freibetrag, der angeblichen Begünstigung von Unternehmen und
der nur anteilmässigen Nachbesteuerung bei Landwirtschaftsbetrieben
unaufmerksame Stimmbürger unterschiedlicher politischer Couleur einlullen zu wollen, um die Erfolgschancen an der Urne zu erhöhen. Doch
das sind Mogelpackungen. Die Initiative sägt an der Wurzel unseres
Wohlstandes – nämlich an der Garantie des Eigentums. Jeder Unter-
scheint. Es geht dabei also auch um
eine grundsätzliche Frage: Belasten
wir unsere KMU zusätzlich oder stehen wir zum Versprechen, sie zu entlasten und zu stärken? Meine Antwort ist klar nein zu neuen Belastungen und ja zur Stärkung der KMU.
Angriff auf das Erfolgsmodell
Schweiz
Nun noch ein paar Worte zu weiteren stossenden Aspekten:
n Die Initiative greift vehement in die
Steuererhebungskompetenz unserer
Kantone ein und die Kantone werden
ihre Steuerausfälle aus dem Wegfall
ihrer kantonalen Erbschaftssteuer
durch Steuererhöhungen kompensieren müssen. Das ist ein Angriff auf
unseren Föderalismus und damit auf
unser Erfolgsmodell Schweiz.
n Die Mittel aus der Erbschaftssteuer
sollen zu zwei Drittel dem AHV-Ausgleichsfonds zugute kommen. Sie
wecken dadurch weitere Begehrlichkeiten für den Ausbau der AHV. Das
ist ein weiterer Schritt zur gefährlichen Abkehr von unserem System
der beitragsfinanzierten Sozialversicherung. Ein Drittel der Erträge wiederum sollen den Kantonen zufliessen und den entstandenen Schaden
kompensieren helfen – ein Tropfen
auf den heissen Stein.
«DIE INITIATIVE SÄGT AN
DER WURZEL UNSERES
WOHLSTANDES!»
n Die Initiative enthält eine Rückwir-
kung auf den 01.01.2012. Das stellt
die Verlässlichkeit unseres Rechtsstaates in Frage. Recht muss für uns
Bürger jedenfalls planbar sein und
mit dieser Rückwirkung droht ein
Damm aufzubrechen, der die Rechtssicherheit unterminiert.
Daniela Schneeberger,
Nationalrätin (FDP/BL)
und Präsidentin Treuhandsuisse
LINK
www.erbschaftssteuer-nein.ch