8 SEITEN SONDERBERICHTE - Lange Nacht der Kirchen

Nr. 23 • 7. Juni 2015 | www.sonntagsblatt.at
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8 SEITEN SONDERBERICHTE
Mit Begeisterung dabei
Geschätzte 33.000 Besucherinnen
und Besucher nahmen die Einladung von 106 Kirchen und kirchlichen Einrichtungen zur Langen
Nacht freudig an. Sie erlebten
ein buntes Programm, etwa im
Innenhof von Schloss Brunnsee
bei Mureck (links), in Graz in der
Bürgerspitalskirche (ganz oben),
in der Leechkirche (oben) und in
Graz-Straßgang (unten).
Fotos: Röck, Neuhold (2x), Geißler
II
Das war die Lange Nacht der Kirchen
Funkelnde
Nacht
E
in wundervoller Abend“,
„Die Lange Nacht der
Kirchen sollte es öfter
geben“, „Immer wieder überraschend und neu“, „einfach
genial :-)“, „Wir haben viele
Freunde getroffen und alles sehr
genossen …“ So und ähnlich
lauteten Rückmeldungen zur
Langen Nacht der Kirchen in
der Steiermark im persönlichen
Gespräch, aber auch auf Facebook und Messenger. „Finsternis wäre für dich nicht finster,
die Nacht würde leuchten wie
der Tag“ stand als Leitwort aus
dem Psalm 139 über diesem
österreichweiten ökumenischen
Projekt, an dem sich u. a. auch
Südtirol, die Tschechische Republik, Ungarn und Estland mit
hunderten Kirchen beteiligten.
Allein vom Boden- bis zum
Neusiedlersee waren über 700
Kirchen hell erleuchtet und
boten über 3000 Stunden Programm. In der Steiermark luden
106 Kirchen und Klöster zu 500
Veranstaltungen, rund 33.000
Besucher wurden aus den Pfarren rückgemeldet.
Die Lange Nacht der Kirchen
ist aber keine Großveranstaltung, bei der einfach eine Menschenmenge zur selben Zeit
am selben Ort dasselbe erlebt.
Der Zauber dieser Nacht liegt
vielmehr darin, dass sich hier
übers ganze Land verteilt Orte
auftun für immer wieder andere
Begegnungen und Erlebnisse,
die Kirche in all ihren Facetten
zum Funkeln bringen. Und das
noch verstärkt wird durch die
unglaubliche Begeisterung, die
unzählige Menschen großteils
ehrenamtlich über Monate in
diese Veranstaltung gesteckt haben – um mit viel Sorgfalt und
Liebe und in großer Gastfreundschaft auch in anderen diese
Freude am Kirchesein und am
Glauben zu wecken.
Gertraud Schaller-Pressler
7. Juni 2015
Klingende Fülle
Die Besucher waren mit Begeisterung
dabei. Sie lauschten den Chören und
bewunderten den Kirchturm mit Uhr
und Glockenwerk. Auch ein neuer
Kirchenführer wurde präsentiert.
Der Chor Cantichorum erfreute bei Maria
Painolds Tour „Klingende Pilgernacht“ in GrazFoto: Christine Geissler
Straßgang.
Der Innenhof des Schlosses Brunnsee bot ein wunderbares Ambiente.
Begonnen hat der Abend mit einer
Maiandacht, gestaltet von der Volksschule Brunnsee. Beim offenen Singen konnte man in frühere Zeiten eintauchen. Der Schlossherr erzählte uns
seine Familiengeschichte. Danke auch,
dass SchülerInnen der Musikschule
Mureck und die Gruppe Keymotion
noch um 22 Uhr die Messgestaltung
Anna Rössler, Mureck
übernahmen.
Das albanische Märchen, gespielt von
der Jungschar, wurde musikalisch
begleitet von der Musikschule Fernitz.
Andreas Patsch, Fernitz
Ein wunderbarer Filmvortrag!
Elisabeth Stoißer-Widegger,
St. Margarethen bei Lebring
Anni Reiterer, Arnfels
Während in der Kirche die Camerata
Pätzold begeisterte, bastelten Kinder
im Pfarrhof Rosenkränze, die vor der
hl. Messe gesegnet wurden. Gertrude Schmidbauer, Maria Osterwitz
Der Seniorentanzkreis, der Kirchenchor, der Männergesangsverein und
die Katholische Frauenbewegung
gestalteten in St. Peter die Nacht.
Wolfgang Toberer, St. Peter am Ottersbach
Fans reisten sogar aus Wien an,
um das Blueskonzert zu erleben.
Monika Leitner, Spital am Semmering
Liturgische Gegenstände, Noten und
auch alte Musikinstrumente wurden
gezeigt, die sonst nie bzw. nur selten
zu sehen sind .
Stephan Werner, Minoritenkirche Bruck
In der voll besetzten Pfarrkirche
wurde vom Vokalensemble Gnas ein
ergreifender Konzertabend geboten. Stefan Fink, St. Stefan im Rosental
„Du bist das Licht der Welt“ ertönte um Mitternacht beim ökumenischen Schlussgebet zur Musik
Foto: Neuhold
der Gruppe Mundwerk im Innenhof des Priesterseminars in Graz. 7. Juni 2015
Das war die Lange Nacht der Kirchen
III
BLITZLICHTER
ST. VEIT AM VOGAU. Einfach zum Staunen
sind die beeindruckenden Deckenfresken, die
in St. Veit am Vogau bei Kirchenführungen
vorgestellt wurden. Rudolf Pauli erzählte die
Entstehungsgeschichte der weitum bekannten
barocken Wallfahrtskirche, die dem heiligen
Veit geweiht ist.
Die Orgelführung von Christoph Tschiggerl
bot zudem Einblick in ein Instrument, das
ursprünglich in der Basilika Mariazell stand,
erst um 1753 nach St. Veit am Vogau kam
und zu den bedeutendsten Klangdenkmälern
Österreichs zählt. Nach dem Eintreffen der
Pilgerfackelwanderer aus Straß wurde um 22
Uhr ein Lichtergottesdienst mit Pfarrer Robert
Strohmaier und Diakon Johann Pock gefeiert. Foto: Ruckenstuhl
Von Freud’ und Einsatzbereitschaft
Ökumenisch & generationsübergreifend – auch im Dekanat
Leibnitz wurde Gemeinschaft
gelebt.
D
ie Kirchenmusik ist ein bisschen der
evangelische Stolz“, davon sprach
Pfarrerin Marianne Pratl-Zebinger, als
sie die zahlreichen Gäste in ihrem „evangelischen Kirchlein“ in Hengsberg begrüßte.
Passend hierzu und zum ökumenischen
Gedanken interpretierte der katholische Kirchenchor Hengsberg mit Violinen- und Viola-Unterstützung Paul Gerhardts „Geh aus
mein Herz und suche Freud“. Eine perfekte
Einstimmung, suchten die Besucher anschließend ja wirklich die Freud in der Langen
Nacht. Entweder ein paar Schritte weiter in
der katholischen Kirche, bei der Fotoausstellung in Leibnitz oder hinter einer der vielen
anderen geöffneten Kirchentüren.
Viele jüngere Besucher taten dies etwa in
der Stadtpfarrkirche Leibnitz. Dort präsentierten sich Feuerwehr und Rot-Kreuz-Jugend,
nachdem es die Initialzündung für diese
Zusammenarbeit schon beim letztjährigen
Regiotag gegeben hatte. „Sagt’s, wenn ihr was
braucht’s, wir machen was“, erzählt Stadtpfarrer Anton Neger vom Angebot, das er nicht
und schon gar nicht die begeisterten Kinder
ausgelassen hatten.
Auch das anschließende Programm sprach
(nicht nur) der Jugend zu. Mit dem Jungscharchor ging es zuerst musikalisch „Gemeinsam einmal um die Welt“, bevor mit
dem Kirchturm ein nicht ganz so weit entferntes (aber immerhin 26 Meter hohes) Ziel
ausgewählt wurde. Als Belohnung für die
Bezwingung der steilen Stufen gab es nicht
nur einen tollen Ausblick über die Stadt, man
konnte auch die Jugendblaskapelle hautnah
miterleben. Ihre Einsatzgebiete stellten übrigens auch die Orden, konkret die Kapuziner
und Schulschwestern, vor.
Und nicht nur Leibnitz ließ die Lange
Nacht musikalisch (mit einem gemeinsamen
Singen) ausklingen, auch in der Pfarrkirche
Wildon ging es mit einer Mischung aus Jazz,
Gospel und Pop ins große Finale. Den Besuchern kam das gemütliche Zuhören gerade
Recht, konnte doch das vorangegangene
Kirchturmabseilen durchaus in körperliche
Anstrengung ausarten. Dann doch lieber zur
Musik mitwippen und/oder mit dem Smartphone filmen. Um auch für die Daheimgebliebenen festzuhalten: Die Kirchenmusik ist
halt schon ein bisschen der christliche Stolz.
BENJAMIN TRABY
Ein Fest für die Ohren waren die klassischen Klänge in der evangelischen Kirche Hengsberg, auch wenn manch jüngere Besucher sich mehr AufFotos: Traby
regung wünschten, wie z. B. Kindermusical, Feuerwehrautos und Rettungseinsätze – die gab es in und vor der Stadtpfarrkirche Leibnitz. IV
Das war die Lange Nacht der Kirchen
7. Juni 2015
Quer durch Graz. Tandemfahren
trainiert Wadln und den Glauben.
GISELA REMLER
V
iele haben sich schon länger daran
gewöhnt, in der Langen Nacht in der
Grazer Innenstadt einen entspannten Spaziergang von Kirche zu Kirche zu
unternehmen. Durchaus mit überraschenden Erkenntnissen. In der Murvorstadt blühen vor der Bürgerspitalskirche zum Heiligen Geist die Rosen. „Ich hab’ ja gar nicht
gewusst, dass hier eine Kirche ist“, sagt eine
Besucherin. Ja, es ist ein verborgenes und
meist versperrtes Schmuckstück, das die
Türen geöffnet hat, die sonst außer zu den
Gottesdiensten geschlossen sind. „Effata“,
sagte Jesus zu einem Taubstummen. Das ist
auch heute noch Motto: Türen werden geöffnet, weil es etwas zu sagen gibt. Das wird
durchaus goutiert.
Für meine Nachbarin Gesine – eigentlich
nicht religiös – gehört die Lange Nacht einfach dazu. Sie weiß schon, was heuer auf
ihrem Programm steht: „Ich mag das Lichterlabyrinth im Priesterseminar, da geh ich
immer hin, weil es so schön ist.“ Aber „nur
keinen Kulturstress“, meint sie. Den könnte
man auch bekommen bei den vielen verführerischen Angeboten.
In der vollen Heilandskirche nehmen sich
Rotraud Perner und Superintendent Hermann
Miklas, moderiert von Edith Zitz, des Universalthemas Liebe an. Viele Fortbewegungsmöglichkeiten boten sich den Besuchern der Langen Nacht bei den Touren in Graz: Roller,
Skater, Segways und Vespas sind unterwegs.
Zum ersten Mal gibt es eine sportliche Variante, um eine selbst gewählte Kirche im Stadtgebiet zu erreichen. Ziemlich viel Mut muss
jeder aufbringen, der zum ersten Mal Tandem
fährt. „Augen zu und durch“, empfiehlt Klaus
Brandl, der routinierte Tandemfahrer von der
DSG. Eine Kirche kann man sich aussuchen
und wird vom Treffpunkt in der Herrengasse
Viel Auswahl. Verborgene Klostergärten
öffnen die Türen (Bild oben). Start für die
Tandemfahrer ist beim Kircheneck in der
Fotos: Neuhold
Herrengasse (Bild rechts). Besuchen Sie auch: www.sonntagsblatt.tv
Überraschende
hingeführt. St. Veit oder Mariatrost soll es
nicht gerade sein, verständlich bei den Steigungen zum Schluss. Recht weit ist allerdings
auch der Weg von der Innenstadt bis zur koptisch-orthodoxen Kirche am Ende der Wienerstraße, aber wenigstens flach, sehr schön
an der Mur entlang. Ganz im Grünen, die
Vögel zwitschern, nur die Kurven machen
mir zu schaffen. „Es ist uns jedes Jahr eine
große Freude, unseren Beitrag zur Langen
Nacht der Kirche zu leisten und interessierte
Gäste bei uns willkommen heißen zu dürfen“, erzählt Vater Raphael. Die Gemeinde in
Graz ist sehr lebendig und eine zweite Kirche
schon im Entstehen. Verlockend die süßen
Kuchen, interessant ein Comic über das
Leben von Sr. Emmanuelle und ein Bericht
über das ägyptische Mönchtum.
Sich durchzukosten durch die Vielfalt
macht Appetit, eine alte Erfahrung: Abschluss
ist für mich in der Andräkirche. Pfarrer Hermann Glettler sagt am Beginn ganz zu Recht:
DOBL. Das schwungvolle Nachtgebet stand unter dem Motto „Wofür schlägt dein Herz?“ Unter
dem Rhythmus des Herzschlags erzählte Jung
und Alt, wofür das Herz schlägt: für die Musik,
für die Kinder, die Familie, die Menschen in der
Pfarre, für Gott. „Das Nachtgebet hat das Herz
Foto: Franz Habith
berührt“ – so eine Teilnehmerin.
GRAZ-LIEBENAU. Überaus groß war die Beteiligung am „ökumenischen Baustellengottesdienst“ beim Südgürtel in Graz-Liebenau.
Meditiert wurde die „Baustelle Leben“: Ist es
ein geräumiges Haus? Eine kalte Höhle? Eine
Luxusvilla? Für die Musik sorgten „Contigo“
Foto: prtrumler
und der Musikverein Liebenau. BLITZLICHTER
BREITENAU. Kirche, Pfarrhof und der Vorplatz bilden einen Klangraum, weil man tolle
Stimmen hört. Es ist ein großer Begegnungsraum und Bewegungsraum. Interessante
Einsichten in die historische Orgel und Spannendes in der Opferkammer gab es in BreiFoto: Ernst Grabmaier
tenau. Das war die Lange Nacht der Kirchen
7. Juni 2015
V
Wofür mein Herz schlägt
„Wofür mein Herz schlägt“ war das Motto
der Langen Nacht der Kirchen in Fürstenfeld. Foto: Alois Schlemmer
E
„Sie haben sicher schon einige Stationen hinter sich.“ Und er bietet mit Annelies Pichler,
Chefredakteurin des Megaphon, ein weiteres
Schmankerl. Den neu gegründeten Chor
der Megaphonverkäufer und Freunde des
Megaphons. Sie nehmen die Besucher mit
in ein swingendes Musikerlebnis. Anregend,
bis auch die und der Letzte eigentlich völlig
unmusikalisch zumindest leise und vorsichtig
mitzusummen beginnt. So schwingt eine sternenklare Nacht ganz harmonisch aus.
ine kunterbunte Vielfalt bot sich in Fürstenfeld, denn Menschen jeden Alters
brachten sehr individuell zum Ausdruck,
wofür ihr Herz schlägt. So brachten Jugendorganisationen der Freiwilligen Feuerwehr und
vom Roten Kreuz Statements und luden zum
Mittun ein. Liebestexte in ihrer Vielfalt wurden vorgetragen, und verschiedene Gruppen
brachten ihr Herzensanliegen musikalisch
zum Ausdruck. „Besonders berührt hat mich,
dass auch unsere syrischen Flüchtlinge den
Abend mit uns feierten, sich unter das Volk
mischten und für Begegnung offen waren“,
berichtet Regina Stampfl, Pastoralassistentin
im PV Fürstenfeld – Altenmarkt – Söchau.
All das, was an diesem Abend an unser Herz
rührte, konnte als Botschaft mit Gasluftballons in den lauen Nachthimmel entsandt
werden. Die Schautafeln zum Thema: „Liebe,
Segnen“ sowie das Hohelied in seiner ganzen
Länge können noch in den nächsten Wochen
in der Stadtpfarrkirche besichtigt werden.
HARTBERG. Gemeinsam mit dem Gymnasium
Hartberg wurde das Thema „Mensch, wo bist
du?“ in kreativer Form bearbeitet. Beim ökumenischen Gottesdienst mit Franz Rechberger, Josef
Reisenhofer und der evangelischen Pfarrerin Barbara Schildböck begeisterte die Church-Band des
Foto: Gymnasium Hartberg
Gymnasiums die Besucher.
LEOBEN. In der St.-Alfons-Kirche in Leoben
wurde ökumenisch gefeiert. Abt Paisios von der
Metropolis Austria sprach über die orthodoxe
Spiritualität, ostkirchliche Gesänge umrahmten
den stimmungsvollen Abend. Bei der Agape
gab es auch praktische Einblicke in das orthoFoto: Karl Mlinar
doxe Glaubensleben.
Wege
„Glaube – Hoffnung – Liebe“ war das Motto
der beeindruckenden geistlichen Reise in St.
Foto und Text: Irene Perchthaler
Lambrecht. W
eit waren die Türen und Tore geöffnet, und das Licht leuchtete in
jeden Winkel: Die Benediktinerabtei St. Lambrecht gewährte tiefe Einblicke in
sonst verschlossene Räume: Sakristei, Dachboden, Glockenturm, Gruft, die „Schule des
Daseins“ wurden zugänglich gemacht. Es war
dies aber auch die Nacht der Orgel-Musik, der
Chöre und Musikgruppen, die die Gottesräume und den Kreuzgang erfüllten! Küche und
Keller hatten auch Gutes zu bieten! So wurde
etwa der „Lamberti-Wein“ im Kaisersaal verkostet und mit Chorgesang untermalt. Die
Katholische Frauenbewegung und der Verein
des Benediktinerstiftes bewirteten die Gäste
mit kulinarischen Schmankerln. Ein musikalisches Marienlob gab es in der Schlosskapelle. Mit dem Totengedenken in der Gruft
der Stiftskirche endete eine beeindruckende
Reise durch die Nacht, welche als Botschaft
„Glaube – Hoffnung – Liebe“ zum Inhalt
hatte!
LIEZEN. Nach der Kirchen- und Kirchturmführung von Franz Weber und dem spirituellen Lauf gaben die „Free Drummers“ in der
Pfarrkirche Liezen ein tolles Trommelkonzert.
Im Anschluss lud Pfarrer Andreas Fischer zu
einer „meditativen Reise zu einem Leben
Foto: Gerhard März
nach der Geburt“.
VI
Das war die Lange Nacht der Kirchen
Heilandskirche: Rotraud Perner, Edith Zitz und
Hermann Miklas begeben sich auf die Spuren
der „Dimensionen der Liebe“.
Stadtpfarrkirche: Stadtpfarrpropst Christian
Leibnitz und Matthias Beck ermuntern: „Liebe
das Leben – Lebe die Liebe.“ 7. Juni 2015
Leechkirche: Arnold Mettnitzer lädt anspruchsvoll und zugleich eindringlich dazu ein, „der
Fotos: Neuhold
Seele eine Stimme zu geben“. Lange nach-denkliche Nacht
Drei gut besuchte „philosophische“
Nachtgespräche im Rahmen der
„Langen Nacht der Kirchen“.
D
as diözesane „Jahr der Liebe“ stand Pate
für drei Veranstaltungen mit renommierten Gästen aus Wien. Den Anfang
machten die Psychoanalytikerin und evangelische Theologin Rotraud Perner, die sich mit
Superintendent Hermann Miklas, moderiert
von der ehemaligen Grün-Politikerin Edith
Zitz, in der Heilandskirche auf die Spuren der
„Dimensionen der Liebe“ begab. Dabei taten
sich doch bemerkenswert unterschiedliche
Zugänge auf. Während Miklas – „Wer das
Ich aufgibt, hört auf, ein Gegenüber zu sein“
– vor allem das Getrenntbleiben in der Liebe
in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellte, strich Perner das Ineinander-Aufgehen in
der Liebe hervor. Einig war man sich dagegen
darin, dass jede Liebe Zeit brauche, damit
sie, um mit Perner zu sprechen, das „Herz
ausdehnen“ könne. Und Miklas wiederum
verwies auf Martin Buber: „Das Ich wird erst
zum Ich am Du!“ Weil fast alle die Liebe von
ihren Eltern lernen, diese allerdings immer
auch aus einer Perspektive der Machtlosigkeit
erlebt werde, finden sich viele Menschen als
erwachsene Liebende oft in einer Art „Froschperspektive“ wieder. Achtsamkeit und Machtverzicht sind daher in jedem Fall zentrale
Dimensionen jeder Liebe.
In der Stadtpfarrkirche, der zweiten Station,
sprach Stadtpfarrpropst Christian Leibnitz mit
dem Wiener Moraltheologen und Arzt Matthias Beck über „Liebe das Leben – Lebe die
Liebe“. Nach dem eher psychologisierenden
Herangehen an das Thema in der Heilandskirche entfaltete sich zwischen den beiden Priesterpersönlichkeiten ein hoch theologischer
Diskurs. Beck entwickelte nach seinem eingangs formulierten Zweifel, ob viele ihr Leben
leben würden, in das sie ja – ganz nach Martin Heidegger – „geworfen“ und nicht freiwillig getreten sind, eine Dreifaltigkeit der
Liebe: Gott ist als Vater der Urgrund des Seins,
der Heilige Geist unser Seelengrund und der
inkarnierte Jesus das unüberbietbare „Beziehungsgeschehen“ und somit Liebesgeschehen
Gottes mit dem Menschen. Und diese Beziehung wiederum sei untrennbar mit der Freiheit des Menschen verbunden. Weil Gott uns
ganz ernst nimmt, hat er diesen „Machtver-
lust“ in Kauf genommen. „Gott ist ein Gott
der Entfaltung“, und eine Kirche, die nicht zu
dieser Freiheit führe, sei eine Kirche, die nicht
im Sinne Gottes wirke. Unter allen Religionen
sei das Christentum „die höchste Wertschätzung für die Menschen“.
Den – mehr meditativen als diskursiven
– Schlusspunkt setzte der Wiener Psychotherapeut und Theologe Arnold Mettnitzer, der,
begleitet vom Saxofonisten Edgar Unterkirchner, die zur späten Stunde noch in großer
Zahl in die Leechkirche Gekommenen einlud,
mit ihm das Thema „Der Seele eine Stimme
geben“ anspruchsvoll und zugleich eindringlich zu bedenken. Man höre am besten mit
dem Herzen, könnte man Mettnitzers Gedanken zusammenfassen, den Beweis erbrachte
er mit Texten von Martin Buber, Rainer Maria
Rilke, Ingeborg Bachmann und Christine
Lavant. Liebe kann immer nur dort gelingen,
wo die Menschen einander Gehör verschaffen, zugleich aber auch das Geheimnis aufrechterhalten und auf gleicher Augenhöhe
miteinander leben. Unterkirchners Klänge
zwischen den einzelnen Impulsen verdichteten den ohnehin schon intensiven Abend.
PISCHELSDORF. „Wir sind Pfarre“ stand auf der
von Kindern bemalten Fahne. Nach dem von
den „Romatschachner Dirndln“ mitgestalteten
Gottesdienst gab es von der Katholischen Jugend und Landjugend Pischelsdorf interpretierte Musik und meditative Texte. Steckerlbrot
und Lichterlabyrinth begeisterten.Foto: Jonas Pregartner
ROTTENMANN. Zur Nachtwallfahrt nach
Frauenberg hat der Pfarrverband Rottenmann – Selzthal – Oppenberg eingeladen.
Besonders gut kam das „Gebet an die Nacht“
an, bei dem die Teilnehmer aktiv mit Gesten
und Gebärden ihren Glauben zum Ausdruck
Eva Hohenwarter-Hagen
bringen konnten.
HANS PUTZER
BLITZLICHTER
ÖBLARN. „Mache dich auf und werde Licht“
war das Motto zur Langen Nacht der Kirchen
in Öblarn. Bei der im Vorjahr renovierten
„Stapfer-Kapelle“ in Bach gab es nach einem
spirituellen Licht-Impuls eine Agape, bevor
es in einem stimmungsvollen Fackelzug wieder zur Pfarrkirche zurückging. Foto: Karl Edegger
7. Juni 2015
Das war die Lange Nacht der Kirchen
St. Johann ob Hohenburg. Mehrere meditative Stationen halfen beim Gehen entlang der am Kirchplatz mit Steinen und Licht ausgelegten Spirale, den Weg zur Mitte
zu finden. Außerdem gab es eine Messwein- und Käseverkostung, musikalische LeckerFoto: Muhri
bissen und eine Märchenstunde mit Blasmusik.
VII
St. Bartholomä. Eine Führung auf den Kirchturm wurde in vielen Pfarren angeboten. Hier war
der abenteuerliche Aufstieg verbunden mit einer
Foto: Melbinger
Video-Show.
Mitterdorf IM MÜRZTAL. Zwei- oder dreirädrig waren die meisten
der Fortbewegungsmittel, die zur Kinder- und Jugendfahrzeugsegnung
mitgebracht wurden. Damit begann das Programm zur Langen Nacht der
Foto: Helfgott
Kirchen im Pfarrverband Mitterdorf – Wartberg.
Afro-asiatisches Institut Graz. Stimmungsvoll beleuchtet bot
sich das Foyer der KHG als Bühne für die Community Dance Performance
„Through the open door“ von der Tanzkompanie der Grazer Oper unter
Foto: Neuhold
der Leitung von Darrel Toulon.
So vergeht eine Lange Nacht schnell:
wenn man mit dem Segway unterwegs ist! Hier der Speisesaal der
Schulschwestern in Eggenberg,
dort das Marienstüberl, wo an 365
Tagen im Jahr all jene etwas zu essen
bekommen, die sich sonst nichts
leisten könnten – und denen durch
die rund 100 HelferInnen wohl auch
jene menschliche Zuwendung zuteil
wird, nach der sie mindestens ebenso
Ulrike Schantl, GrazGuides
hungern. Nach dem Einstieg ins Grazer Kanalsystem kamen wir bei der Ursulinenkirche heraus, wo uns Sr. Andrea
Eberhart über Kirche und Konvent
Auskunft gab. Ein weiterer Höhepunkt war die Besichtigung des Hubschrauberlandeplatzes am LKH. Der
herrliche Ausblick auf Graz in alle
Himmelsrichtungen – inklusive Sonnenuntergang – hat die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr beeindruckt!
Nach einem einstündigen Fußmarsch
durch den Leechwald erreichten wir
das Ziel, die Basilika von Mariatrost.
Christian Kronheim, Zertifizierter Pilgerbegleiter
Weitere Fotos auf www.SONNTAGSBLATT.at
Viele Stunden
Unsere Fotografen erlebten
(rechts oben beginnend im
Uhrzeigersinn) die Lange
Nacht der Kirchen in Graz
in der Stiegenkirche (Foto:
Neumann), im Hof des Priesterseminars und vor dem
Dom (2 x Neuhold), in St.
Stefan im Rosental (Fink),
in St. Peter am Ottersbach
(Schweitzer), in Pischelsdorf
(Pregartner) und in St. Bartholomä (Melbinger).