Nr.5 April 2015 KOLUMNE Wie viele eigentlich? Moment…berichten wir hier nicht eigentlich über unsere Aktivitäten? Stimmt! In dieser Ausgabe von Trittsiegel wollen wir uns aber der Frage nähern, wie viele Tiere es eigentlich in den Städten von BadenWürttemberg gibt. Wer sich hiermit befasst muss schnell feststellen, dass das wirklich keine triviale Frage ist. Um Zahlen vorlegen zu können, müssten systematisch Daten erhoben werden – es müsste also eine Einrichtung geben, welche systematisch die Bestände von Tieren in Städten erfasst. Das ist bei uns jedoch nicht der Fall. Es ist auch schwer vorstellbar, da der damit verbundene Arbeitsaufwand immens wäre; selbst wenn wir nur die Bestände von Säugetieren erfassen wollten. In manchen Siedlungsräumen mag, vor allem in Stadtrandlagen, unter Umständen ein Anstieg in den Jagdstatistiken auf eine vermehrte Besiedlung hindeuten. Dadurch können wir aber über viele (nicht bejagte) Arten keine Aussage treffen, vor allem nicht über die Zentren urbaner Räume. Das MLR Verweist als Antwort auf eine ähnliche Anfrage der SPD im Januar 2015 auf eine Zunahme in der Häufigkeit von Anfragen aus der Bevölkerung zum Thema Wildtiere in der Stadt. Das MLR stellt jedoch fest, dass auch diese Daten nicht systematisch erhoben werden. Wie viele Tiere gibt es in Städten? Wir wissen es nicht! Es sind aber sicher mehr als früher. Trittsiegel Der Wildwege e.V. Newsletter Wildtiere in Städten Meisen, Tauben, Mäuse und Ratten sind Tiere, die wir in unseren Städten gewohnt sind. Doch können wir vermehrt auch Füchse, Dachse, Marder oder sogar Wanderfalken inmitten unserer Siedlungszentren beobachten. Die Amsel zum Beispiel ist eigentlich ein scheuer Waldvogel, der sich in urbanen Gegenden gut an die neuen Umstände angepasst hat. Vielen Tieren bieten unsere Städte scheinbar hervorragende Lebensbedingungen. Die meisten von uns sind fasziniert, wenn ihnen in der Stadt ein Tier über den Weg läuft, doch einige Tiere können auch Schäden verursachen oder dem Menschen zu nahe kommen. Grundsätzlich gilt wie bei allen wilden Tieren: Anschauen erlaubt, Anfassen verboten. In dieser Ausgabe des Trittsiegels erfahren wir von Wildtierexpertin Geva Peerenboom mehr über die Tiere in unseren Straßen und wie wir uns ihnen gegenüber verhalten sollten. Projekttage: Wilder Wald - auf den Spuren der Wildtiere Warum sollten wir Menschen uns im Wald naturbewusst verhalten? Was lösen wir mit unserem Verhalten aus, wenn wir zum Beispiel zu Fuß, mit dem Rad oder dem Schlitten im Lebensraum der Wildtiere unterwegs sind? Wie können wir uns so verhalten, dass Wildtiere auch in Zukunft noch Lebensraum vorfinden, und nachfolgende Generationen die Chance haben, sich an diesen Tieren zu erfreuen? Diese Fragen werden in einer Projekteinheit “Wilder Wald” auf spielerische und kindgerechte Weise beantwortet, um ein naturbewusstes Verantwortungsgefühl möglichst früh zu fördern. Dazu wird das Themenfeld „Bewusstsein und Nachhaltigkeit für Wald und Wild“ anhand des Beispiels Wildtier anschaulich aufgearbeitet und den Kindern während eines Projekttags nähergebracht. Ab nächstem Jahr soll der Projekttag “Wilder Wald” als offenes Angebot für alle Freiburger Grundschulen angeboten werden. Unterstützt werden wir von unseren Freiburger Kooperationspartnern: der Evangelischen Hochschule, dem Waldhaus und der Kopernikus Grundschule. Das Projekt wird außerdem durch den Freiburger BNE-Fonds gefördert (http://www.oekostation.de/de/themen/freiburger_bne_fonds.htm) Wenn Sie sich für dieses Projekt interessieren, Fragen oder Anregungen haben, wenden Sie sich gerne an: [email protected] Wildwege e.V., Postfach 5848, 79026 Freiburg im Breisgau Telefon 0761/ 7680486 oder 0176/63161168 email: [email protected] Internet: www.wildwege.de GLS Gemeinschaftsbank IBAN: DE92430609677900062700 Reineke zieht in die Neubausiedlung - Experteninterview mit Geva Peerenboom Geva Peerenboom ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Freiburg. Ihr Interesse gilt Wildtieren in Siedlungsräumen und unserem Umgang mit diesen neuen Nachbarn. Trittsiegel hat bei ihr zum Thema Wildtiere in der Stadt nachgefragt. Hallo Frau Peerenboom, mittlerweile leben eine ganze Menge verschiedener Tierarten in Städten. Welche gehören denn zum Beispiel hierzu? In Baden-Württemberg sind das vor allem Füchse und Steinmarder, aber auch viele Arten von Singvögeln, Igel oder auch Siebenschläfer. In Gebieten mit hohen Schwarzwilddichten im Umland dringen auch Wildschweine in Stadtgebiete vor, wie man in Mannheim und Baden-Baden beobachten konnte. Im Osten Baden-Württembergs breitet sich langsam aber stetig der Waschbär aus, der sich im Siedlungsbereich ganz besonders wohl fühlt. In den Ortschaften der Rheinebene finden sich häufig Wildkaninchen in Parkanlagen. Zunehmend lassen sich auch Wildgänse, wie Kanada- , Grau- und Nilgänse beobachten. Arten, die früher selten und scheu waren, lassen sich heute im Siedlungsraum regelmäßig beobachten, wie beispielsweise der Graureiher an der Dreisam in Freiburg. Diese Liste lässt sich beliebig verlängern. Städte haben sich inzwischen zu weltweiten Zentren der Biodiversität entwickelt. In Chicago etwa lebt eine sehr stabile Population an Kojoten. In der rumänischen Stadt Brasov lassen sich Braunbären beobachten, die die Müllcontainer plündern. In Berlin leben Wanderfalken mitten in der Stadt. Einige bedrohte Arten, wie der San Joaquin Kit Fuchs, überleben vor allem in urbanen Habitaten, da ihr natürlicher Lebensraum zerstört wurde. -Dieses Interview wird fortgesetzt auf Seite 3 - Unsere Mitglieder im Portrait Ausgabe II: Judith Ohm Hallo liebe LeserInnen! Ich bin studierte Wildbiologin und habe mich bis bisher im Berufsleben vor allem mit dem Auerhuhn beschäftigt. Seit kurzem bin ich zudem im Monitoring von Luchs und Wolf tätig. Bei Wildwege kümmere ich mich um Verwaltungsaufgaben und Organisatorisches, beispielsweise organisiere ich die Infostände der Naturparkmärkte. Mich faszinieren Wildtiere und ihre Lebensweise von klein auf, und ich bin froh dass ich meine Faszination im Beruf und bei meiner Tätigkeit bei Wildwege ausleben kann. Ich denke, es ist wichtig, den Menschen die Wildtiere, die direkt vor Ihrer Haustüre leben, näherzubringen. Denn nur was man kennt, ist einem Wert, geschützt und erhalten zu werden. TERMINE 03.05.2015 Naturparkmarkt in Elzach Regionale Produkte und 00 Kräuterexkursion (14. ) 11 – 17 Uhr Stadtmitte Am Schießgraben 10.05.2015 Naturparkmarkt in Schönwald Regionale Produkte, Musik, Essen & Kinderschminken 11 – 18 Uhr Kurpark und Parkplatz Freibad 17.05.2015 Fräulein Brehms Tierleben im WaldHaus Freiburg: 14 & 16 Uhr Canis lupus – Der Wolf Felis silvestris – Die Wildkatze 28.06.2015 Fräulein Brehms Tierleben im WaldHaus Freiburg: 14 & 16 Uhr Lynx lynx – Der Luchs Canis lupus – Der Wolf 28.06.2015 Fräulein Brehms Tierleben im WaldHaus Freiburg: 14 & 16 Uhr Canis lupus – Der Wolf Phocoena phocoena – Schweinswal LUST AKTIV ZU WERDEN? Wildwege e.V. freut sich auch immer über schöne Bilder von Wildtieren & unseren Events! Judith Ohm ist Wildbiologin und engagiert sich seit 2013 bei Wildwege e.V. Schickt gelungene Aufnahmen gerne an: [email protected] Nachrichten & Co Die Forstliche Versuchs und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) hat kürzlich im Schwarzwald einen Luchs gefangen und besendert. Die Daten, die das Halsband des Luchses übermittelt, sollen z.B. Informationen über das Wanderverhalten liefern, um mehr über den Umgang mit diesem Tier herauszufinden. Immer wieder zieht es einzelne Luchse aus der Schweiz zu uns, doch aktuell wird der Luchs vermutlich vergeblich nach Artgenossen bei uns suchen. Dem Luchs auf der Spur Wer oder was ist eigentlich dieses Fräulein Brehm? In diesem Clip erfahrt ihr mehr! Fortsetzung Interview Ist dieses urbane Wildtieraufkommen eine neue Entwicklung, oder war das schon immer so? Arten wie Fuchs oder Steinmarder haben vermutlich immer schon in der Nähe des Menschen gelebt. Dass diese Arten bis in die Zentren von Großstädten vordringen, scheint jedoch eine neuere Entwicklung zu sein. Beim Fuchs wurde dies in Mitteleuropa das erste Mal Anfang der neunziger Jahre beobachtet, nachdem die Fuchspopulation durch die Tollwutimmunisierung stark angestiegen war. Warum fühlen sich diese Tiere in Städten so wohl? Weil das Habitat so gut ist. Hier mangelt es weder an Nahrung, noch an Nistmöglichkeiten. Außerdem ist es in Städten wärmer als im Umland - im Schnitt 2°C - davon profitieren auch Wildtiere. Was sollten wir in dieser nahen Nachbarschaft zu den Tieren besonders beachten? Müssen wir Angst haben, dass Wildtiere uns in Städten gefährlich werden? Grundsätzlich müssen wir keine Angst vor den Wildtieren in unserer Nachbarschaft haben. Dennoch gibt es einige wichtige Regeln zu beachten: Wildtiere nicht in die Enge treiben, nicht anfassen, nicht füttern. Den Kot mit Handschuhen beseitigen. Dann sollte nichts passieren. © F.Böcker Auch der schnellste Vogel der Welt, der Wanderfalke, findet zwischen den hohen Gebäuden vieler Innenstädte gute Jagdbedingungen. Vielerorts bieten Städte auch vielen anderen bedrohten Tieren geeigneten Lebensraum. Wie können wir den Tieren der Stadt etwas Gutes tun? Füttern, oder lieber in Ruhe lassen? Auf keinen Fall füttern. Wildtiere finden in der Stadt mehr als genug Nahrung. Mit der Fütterung erreicht man nur eine falsche Konditionierung der Wildtiere und diese verlieren ihre natürliche Scheu - was oft zu weiteren Problemen führt. Nach dem neuen Jagd- und Wildtiermanagementgesetz in Baden-Württemberg ist die Fütterung von Wildtieren, die dem Jagdrecht unterliegen, verboten. Bitte auch passive Futterquellen, wie Katzenfutter auf der Terrasse, für Wildtiere unzugänglich machen. Etwas Gutes tun wir den Wildtieren, wenn wir sie in Ruhe lassen. Wenn wir Teile unserer Gärten verwildern lassen, profitieren Wildtiere davon. Igel z.B. überwintern in Laubhaufen. Für Singvögel und Fledermäuse kann man Nisthilfen aufhängen. Man kann bestimmte Blumenmischungen anpflanzen, die Insekten als Nahrung dienen. Was macht man am besten, wenn man verletzte Wildtiere in der Stadt findet? Diese Frage lässt sich nicht so leicht beantworten. Grundsätzlich lieber erst mal die Finger davon lassen, Abstand halten und das Wildtier nicht weiter beunruhigen. Verletzte oder kranke Tiere können unvorhergesehen reagieren. Am besten Polizei oder Feuerwehr informieren. Bisher haben es wenige Kommunen in Baden-Württemberg eingerichtet, dass es zentrale Ansprechpartner zum Thema Wildtiere im Siedlungsraum gibt. Ist das Tier schwer verletzt, verlangt es der Tierschutz, dieses Tier von seinem Leid zu erlösen und es sachgerecht zu töten. Das darf jede Person, die dazu die Sachkunde besitzt. Also Jäger, Tierärzte, Schlachter, sowie geschulte Polizisten. Wildtiere, die dem Jagdgesetz unterliegen, dürfen nicht einfach mitgenommen und zum Tierarzt gebracht werden, diese Handlung gilt als Wilderei und ist somit eine Straftat. Arten, die nicht dem Jagdrecht unterliegen, können, wenn eine Chance der vollständigen Genesung besteht, durch sachkundige Personen gesund gepflegt und wieder ausgewildert werden. Unterstützung bieten hier die Wildtierauffangstationen. Scheinbar verwaiste Jungtiere bitte nicht einsammeln und mitnehmen. Oft ist das Muttertier in der Nähe, ohne dass dies bemerkt wird. Alles klar! Vielen Dank Frau Peerenboom! Wildwege e.V. aktiv unterstützen? Mehr zu einer Mitgliedschaft im Verein unter www.wildwege.de Wildwege e.V., Postfach 5848, 79026 Freiburg im Breisgau Telefon 0761/ 7680486 oder 0176/63161168 Redaktion Trittsiegel: Felix Böcker & Lino Kämmerle
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