AKTUELL Abgase ade! COOP STELLT DIE WEICHEN FÜR EINE CO2-FREIE MOBILITÄT ♦ Wegweisend Coop will in Zusammenarbeit mit der Axpo die erste öffentliche Wasserstoff-Tankstelle der Schweiz eröffnen. Zudem wird Coop ihre Fahrzeugflotte auf den Einsatz mit der Brennstoffzellentechnologie ausrichten. STEFAN FEHLMANN Empa (Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt), erklärt: «Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum. Durch die Elektrolyse, die viele vielleicht noch aus dem Chemieunterricht kennen, trennt man Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Das Wasserstoffmolekül ist gasförmig Unterzeichnung der Absichtserklärung in Baden. Von links: Hansueli Loosli, Verwaltungsratspräsident Coop und Coop Mineraloel AG, Joos Sutter, CEO Coop, Andy Heiz, Leiter Produktion und Netze Axpo, und Andrew Walo, CEO Axpo. 64 Coopzeitung · Nr. 15 vom 7. April 2015 Fotos: Gian Vaitl, Keystone, Imago stock&people S eit Jahrzehnten wird an Fahrzeugen geforscht, welche weniger oder gar kein CO2 ausstossen. Vielversprechend ist dabei die Wasserstofftechnologie, wie Andreas Züttel, EPFL-Professor für Physikalische Chemie und Leiter der Abteilung Wasserstoff und Energie bei der und ein optimaler Energiespeicher. Ein Kilo Wasserstoff beinhaltet rund drei Mal mehr Energie als Benzin oder Diesel.» Das macht die Wasserstofftechnologie als nachhaltiger Energieträger der Zukunft hochspannend. So haben etwa Toyota und Hyundai als weltweit bedeutende Automobilhersteller ihre ersten serienmässigen Brennstoffzellen-Autos bereits der Öffentlichkeit vorgestellt – also Autos, die mit Wasserstoff betrieben werden. Die Funktionsweise dieser Autos ist so komplex wie einfach zugleich, wie Andreas Züttel erläutert: «Mit Wasserstoff betriebene Autos verfügen über eine Brennstoffzelle. Der Wasserstoff verbindet sich in dieser Zelle durch eine chemische Reaktion mit dem Sauerstoff aus der Luft zu Wasser und setzt die Energie als Elektrizität wieder frei. Diese dient dann, wie bei einem batteriebetriebenen Auto, als Energiequelle für den Antrieb eines Elektromotors.» Tankstelleninfrastruktur dank Coop Mineraloel AG Was bestechend klingt, hatte bis anhin allerdings einen Haken: die fehlende Wasserstoff beinhaltet rund drei Mal mehr Energie als Benzin oder Diesel. Andreas Züttel, EPFL-Professor, Lausanne Wasserstoff tanken, wie hier an einer Tankstelle in Kalifornien (USA), dauert weniger als fünf MInuten. Wasserstoff braucht einen speziellen Tankstutzen. Wasserstoff-Tankstelleninfrastruktur. Coop hat nun vor, das zu ändern und bringt auch gleich die Voraussetzungen dazu mit. «Dank unseres dichten Tankstellennetzes ist die Coop Mineraloel AG bestens für die Umsetzung prädestiniert», erklärt Roger Oser, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Coop Mineraloel AG. «Wir beabsichtigen, die erste Tankstelle in der Schweiz zu eröffnen, an der CO2-frei produzierter Wasserstoff getankt werden kann.» Coop-Fahrzeugflotte mit Brennstoffzellen Die Umrüstung weiterer Coop-Tankstellen mit Wasserstofftanksäulen soll dann in Etappen erfolgen. Und das ist auch nötig, denn der erste Grosskunde steht bereit: Coop will die Brennstoffzellentechnologie künftig auch in der eigenen Fahrzeugflotte einsetzen und damit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung ihrer Vision, bis 2023 CO2-neutral zu sein, leisten. Die Umsetzung ●●● Coopzeitung · Nr. 15 vom 7. April 2015 65 WASSERSTOFF IM MOBILITÄTSKREISLAUF Wasserstoff: H2 für den Tank Sauerstoff: O2 in die Luft CO2-frei produzierter Wasserstoff aus Schweizer Wasserkraft Da es mit abgasfreien Autos alleine aber nicht getan ist, setzt Coop konsequent auf Wasserstoff, CO2-frei produziert aus einheimischer Wasserkraft. Dafür geht das Unternehmen eine Partnerschaft mit der Axpo ein, der grössten Produzentin von erneuerbarer Energie in der Schweiz. Die beiden Unternehmen haben in Baden eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Die Axpo wird für Coop Wasserstoff mittels Elektrolyse CO2-frei produzieren. Dabei handelt es sich um einen chemischen Prozess, bei welchem Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird. Mit diesem CO2-frei produzierten Wasserstoff ermöglicht Coop weltweit zum ersten Mal Autofahren im geschlossenen Wasserkreislauf. Meilenstein hin zur CO2-Neutralität 2008 hat Coop den wegweisenden Entscheid gefasst, bis 2023 CO2-neutral zu werden. Dank zahlreicher Massnahmen ist Coop auf Zielkurs. Die Detailhändlerin verlagert beispielsweise immer mehr Warentransporte von der Strasse auf die Schiene. So beliefert Railcare seit Juli 2013 alle 42 Coop-Supermärkte in Genf via UKV (unbegleiteter kombinierter Verkehr) ab den Verteilzentralen Aclens und Wangen. Eine weitere wichtige Massnahme ist, dass seit 2007 bei allen Neu- und Umbauten von Coop-Supermärkten der Minergie-Standard angewandt wird. Dadurch benötigen diese Gebäude 20 Prozent weniger Strom und 40 Prozent weniger Heizwärme als die bisherigen Verkaufsstellen. Dies sind nur zwei von vielen Taten, um die CO2Neutralität zu erreichen. Mit der Lancierung der ersten Wasserstofftankstelle beweist Coop einmal mehr ihre Pionierrolle und unternimmt einen wichtigen Schritt in die nachhaltige Zukunft. ● Wasser: H2O gelangt durch den Regen in die Umwelt Wasserstoffherstellung am Flusskraftwerk mit Axpo-Wasserkraft Fahrzeug nutzt Energie zur Fortbewegung und gibt Wasser in die Umwelt ab Transport des Wasserstoffs an die Coop-Tankstellen Wasserstoff: H2 für die Coop-Tankstellen H2 Wasserstoff: H2 für die Wasserstoff-Fahrzeuge Betankung der Wasserstoff-Fahrzeuge an den Coop-Tankstellen Quelle: Andreas Züttel; Illustrationen: Fotolia dieses zukunftsträchtigen Projekts erfolgt mit tatkräftiger Unterstützung der Industrieexpertin H2 Energy AG, an welcher sich Coop mit einem Minderheitskapitalanteil beteiligt. ●●● «Wasser aus dem Auspuff» ♦ Saubere Zukunft Wir sprachen mit Andreas Züttel, Professor für Physikalische Chemie an der EPF in Lausanne, über Wasserstoff als Mobilitätsquelle. Herr Professor Züttel, wie entsteht eigentlich Wasserstoff? Wasserstoff gewinnt man durch Spaltung von Wasser oder Kohlenwasserstoffen. Durch Elektrolyse trennt man Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Also ähnlich einer Batterie? Ja, so ungefähr, nur dass die Energiedichte im Wasserstoff hundertmal grösser ist als in der Batterie. Zudem lässt sich die elektrische Energie ohne Entladungsverluste über eine lange Zeit speichern und der Wasserstoff bringt keine Entsorgungsproblematik wie die Batterie mit sich. Wieso kommt man erst heute auf diese Idee? Wasserstoff wurde bereits 1766 vom englischen Chemiker und Physiker Henry Cavendish entdeckt. Aber erst jetzt, mit der wachsenden Verfügbarkeit an erneuerbarer Energie, wird der Wasserstoff zum idealen Energiespeicher. Wie bringt man mit diesem Treibstoff nun ein Fahrzeug in Bewegung? Der Wasserstoff verbindet sich in der Brennstoffzelle durch eine chemische Reaktion mit dem Sauerstoff aus der Luft zu Wasser und setzt die Energie als Elektrizität wieder frei. Andreas Züttel EPFL-Professor und Die Elektrizität dient als Energie- tätig bei der Empa quelle für den Antrieb eines Elektromotors. Aus dem Auspuff entweicht also einzig Wasser. Was ist der Vorteil gegenüber Batteriefahrzeugen? Mit 400 bis 700 Kilometern verfügen mit Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge über eine wesentlich grössere Reichweite als Batteriefahrzeuge bei vergleichbarem Gewicht. Zudem kann Wasserstoff in weniger als fünf Minuten getankt werden. Was zeichnet die Lösung von Coop und Axpo besonders aus? Beides sind führende Unternehmen in der Schweiz mit grossen Kompetenzen in ihrem jeweiligen Kerngeschäft. Das gemeinsame Vorhaben hat in meinen Augen schweizweit Pioniercharakter und kann die Verbreitung von Brennstoffzellenfahrzeugen in der Schweiz anstossen und auch massgeblich beeinflussen. Coopzeitung · Nr. 15 vom 7. April 2015 67
© Copyright 2024 ExpyDoc