Wirtschaftskammer Österreich Abteilung für Finanz- und Handelspolitik Wiedner Hauptstraße 63 1045 Wien Wirtschaftskammer Kärnten Europaplatz 1 | 9021 Klagenfurt am Wörthersee T 05 90 90 4 - 220 | F 05 90 90 4 - 294 E [email protected] W wko.at/ktn 2. Juni 2015 DI.G/TK Steuerreformpaket 2015/2016 Sehr geehrte Damen und Herren, die Wirtschaftskammer Kärnten hat bei der Begutachtung des Steuerreformpaketes 2015/2016 erstmals eine „offene Begutachtung“ durchgeführt. Alle Mitglieder der Wirtschaftskammer Kärnten wurden aufgerufen, ihre Kritikpunkte an den vorliegenden Gesetzesentwürfen zu äußern. Als Sukkurs dieses Begutachtungsverfahrens übermitteln wir Ihnen die zusammenfassende Stellungnahme der Wirtschaftskammer Kärnten, die sich auf die wesentlichen kritischen Punkte konzentriert. In Ergänzung dieser zusammenfassenden Stellungnahme übermitteln wir branchenspezifische Einwände und in Anlage die Einzelstellungnahmen von Mitgliedsbetrieben. Zusammenfassung: Betrugsbekämpfung – eine Gegenfinanzierung am Rücken der Falschen Die Steuerreform ist im Wesentlichen eine Tarifreform und kompensiert den Effekt der kalten Progression der letzten paar Jahre. Trotzdem ist der Spitzensteuersatz von 55% im absoluten Spitzenfeld der europäischen Union und die Abgabenquote ist im Vergleich zur Eurozone um mehr als 3 Prozentpunkte über dem Schnitt. Mehr als ein Drittel dieser Tarifanpassung soll gegenfinanziert werden durch eine massive Betrugsbekämpfungs-Kampagne, welche durch die Einführung von Registrierkassen und der Bankkonteneinsicht durch die Finanzverwaltung erreicht werden soll. Das Signal, dass die Lösung unserer Budgetprobleme in der Bekämpfung von Steuerbetrügern liegt, die noch dazu bei den wirklich kleinen UnternehmerInnen (Barumsätze bereits ab EUR 15.000,-- jährlich !!!) gesucht werden, ist ein fatales Signal durch eine pauschale Schuldvermutung der Unternehmerinnen und Unternehmer sowie ein kodifiziertes Misstrauen des Staates gegenüber seinen echten Leistungsträgern. Gefordert wird eine gezielte Betrugsbekämpfung von echten Betrügern und eine Beendigung des Unternehmer-Bashings. Registrierkassenpflicht Die Einführung einer elektronischen Registrierkassenpflicht quasi für Alle ist bei weitem überschießend. Daher wird gefordert: - Registrierkassenpflicht bei überwiegenden Barumsätzen gemessen an der Höhe der Umsätze nicht gemessen an der Anzahl der Umsätze DVR 0043 133 - Elektronische Registrierkassenpflicht erst ab einem Nettoumsatz von EUR 30.000,-(Harmonisierung mit der Kleinunternehmergrenze Keine Registrierkassenpflicht bei der Verwendung von Bankomat und Kreditkarten da eine ausreichende Überprüfbarkeit der Geschäftsvorfälle gegeben ist Weiterbestand der Kalte-Hände-Regelung ohne Beachtung einer Umsatzgrenze, da in vielen Fällen die Verwendung einer Registrierkasse unzumutbar ist Sicherstellung, dass bestehende (teure Kassenlösung) mit geringem Kostenaufwand auf den manipulationssicheren Standard umgerüstet werden können Ausnahmemöglichkeiten in berücksichtigungswürdigen Fällen, wenn die Verwendung einer elektronischen Kasse bspw. mangels Strom unzumutbar ist – vorstellbar mittels Vorabprüfung der Zumutbarkeit durch das Finanzamt in Bescheidform Keine Nachbonierung von Umsätzen durch „Mobile Gruppen“ (mobile Friseure, Masseure) da eine solche administrative Mehrbelastung in keiner Relation zum Normzweck stünde Bankenpaket Der Schutz der Privatsphäre ist als Grundrecht zu respektieren. Eine Einschau in Bankkonten nach Maßgabe der §§ 143 und 165 BAO bei „Zweifeln an der Richtigkeit“ ist de facto ein Freibrief für jeden Finanzprüfer im Zuge einer Nachschau sämtliche Konten offenlegen zu lassen. Es ist damit auch die Gefahr gegeben, dass im Prüfungsfall wiederum der kleine Unternehmer unter Generalverdacht gestellt wird, jede private Überweisung begründet bzw. belegt werden muss und eine gezielte Bekämpfung eines organisierten Betruges damit sicher nicht erreicht wird. Eine weitreichender Schutz der Privatsphäre ist durch eine Verlagerung des Verfahrens auf richterliche Entscheidungsebene oder hin zu einer anderen unabhängigen Instanz zu gewährleisten. Zweckmäßig wäre eine Verknüpfung des Einschaurechtes mit der Einleitung eines Strafverfahrens. Durch die Einrichtung des Kontenregisters ist das dann durchzuführende Verfahren jedenfalls erleichtert und wäre im Sinne einer treffsicheren Betrugsbekämpfung ein vorstellbarer Weg. Grunderwerbsteuer Die Einführung eines Betriebsfreibetrages (EUR 900.000,--) und eine Deckelung des Tarifes in Höhe von 0,5% vom Grundstückswert ist derzeit nur für unentgeltliche Betriebsübergaben vorgesehen. Bereits durch eine teilentgeltliche Übertragung (über 30% Entgeltlichkeit) kommt es zu einer Kürzung des Freibetrages bzw. zu einer vollen Tarifbesteuerung (3,5%) für den entgeltlichen Teil. Vor allem im Bereich der Hotellerie und Gastronomie, aber auch in vielen anderen Familienbetrieben ist die Übergabe innerhalb des Familienverbandes ein Garant für eine nahhaltige Bewirtschaftung von Gewerbebetrieben. Jedoch ist es ebenfalls ein Faktum, dass es nur wenige Betriebe gibt, die mit einer nahezu 100%igen Eigenkapitalquote ausgestattet sind; vielmehr sind die überwiegende Anzahl der Betriebe auch zu einem überwiegenden Teil fremdfinanziert. Insofern ist die Übergabe eines Betriebes mit Verbindlichkeiten stark benachteiligt gegenüber der Übergabe eines völlig schuldenfreien Betriebes und stellt damit eine weitere überproportionale Belastung im Sinne einer Vermögensbesteuerung dar, die nicht im Sinne des Gesetzgebers bzw. einer standortfreundlichen Steuergesetzgebung sein kann bzw. vor allem im Familienbereich zu sinnwidrigen Ergebnissen führt. Gefordert wird daher Ausdehnung des Betriebsfreibetrages von 900.000,-- auch auf (teil-)entgeltliche Übergaben im Familienverband aufgrund der Mit-Übergabe von Schulden. Seite 2 von 8 Ausdehnung der Deckelung des Tarifs mit 0,5% vom Grundstückswert im Familienverband auch im Bereich der (Teil-)Entgeltlichkeit. Erhöhung der Umsatzsteuer für gewisse Branchen von 10% auf 13% Die Anhebung der Umsatzsteuer vor allem im Bereich der Beherbergung, aber auch in gewissen Handelsbranchen ist abzulehnen. Die budgetären Effekte sind unter Betrachtziehung sämtlicher volkswirtschaftlicher Faktoren mehr als hinterfragenswert. Eine umsatzsteuerliche Mehrbelastung im Bereich B2C führt zu einer direkten Verringerung der Ertragskraft, wenn dieser Kostenfaktor nicht im gesamten Ausmaß an die Kunden weiterverrechnet werden kann. Zuzüglich der üblichen Inflation ist daher auszuschließen, dass eine vollständige Weitergabe der Mehrbelastung an die Kunden möglich ist. Aufgrund der relativ knappen Umsatzrentabilität in vielen Betrieben sind dadurch auch bestandsgefährdende Auswirkungen bei Betrieben zu befürchten. Zweiteilung und Erhöhung des Kapitalertragsteuersatzes von 25% auf 27,5% Die Aufteilung des bislang mit 25% einheitlichen KESt-Satzes in die „besonderen Steuersätze“ 27,5% (auf Dividenden, Gewinnausschüttungen etc) und 25% (auf Zinsen auf Bankeinlagen/Sparbücher) bewirkt die Steigerung der Attraktivität der Fremdfinanzierung von Unternehmen gegenüber der volkswirtschaftlich sinnvollen Eigenfinanzierung und konterkariert damit die wirtschaftspolitische Zielsetzung sowie bereits gesetzte gesetzliche Maßnahmen der Eigenkapitalstärkung der letzten Jahre. Problematisch sind auch die durch die KESt-Erhöhung hervorgerufenen Nachteile für ausschüttende Kapitalgesellschaften (Erhöhung der Gesamtsteuerbelastung auf 45,63%) und die damit verbundene Minderung der steuerlichen Attraktivität der Rechtsform der GmbH, damit auch der erst jüngst geschaffenen gründungsprivilegierten GmbH. Gefordert wird eine Beibehaltung des einheitlichen KESt-Satzes. Verlängerung der Gebäudeabschreibung im betrieblichen Bereich Die vorgeschlagene Verlängerung der Nutzungsdauer unmittelbar betrieblich und nicht zu Wohnzwecken genutzter Gebäuden von 3 % (33 Jahre) auf 2,5 % (40 Jahre) unter gleichzeitiger Reduktion bei übriger Verwendung von 2 % (50 Jahre) auf 2,5 % (40 Jahre) wird im Allgemeinen eine Verlängerung der Nutzungsdauer zum Ergebnis haben. Für zu Wohnzwecken überlassene Gebäuden des Betriebsvermögens soll die jährliche Absetzung für Abnutzung (exakt wie im außerbetrieblichen Bereich der Vermietung und Verpachtung) gar nur 1,5 % (67 Jahre) betragen. Die Verlängerung der Nutzungsdauer bei betrieblichen Gebäuden bewirkt angesichts der zunehmend „kurzlebigen“ Notwendigkeiten, sich zB auf Trends, infrastrukturelle Kundenerwartungen aber auch gesetzliche Auflagen (vgl gesonderter baulicher Raucherbereich in der Gastronomie) einzustellen eine weitere Verschärfung und in vielen Fällen die wohl nicht mehr zu bewerkstellende Herausforderung, betriebliche Gebäudeinvestitionen zu finanzieren. Trotz identer Nutzungsdauern bei für zu Wohnzwecken überlassenen Gebäuden im Betriebs- und Privatvermögen (1,5% = rd 67 Jahre) und identem Steuersatz soll unverändert bei Entnahme dieser Betriebsgebäude in das Privatvermögen das Erfordernis der Entnahmebesteuerung (Realisation) bestehen. Sofern an der vorgeschlagenen Regelung des Entwurfs festgehalten wird, wäre gleichzeitig die sachgerechte Möglichkeit der steuerneutralen Überführung von Gebäuden des Betriebsvermögens in das Privatvermögen - wie bereits für Grund und Boden zutreffend gesetzlich vorzusehen. Einlagenrückzahlung – Vorrang der Gewinnausschüttung Kapitalgesellschaften (GmbH/AG) können sich nach geltender Gesetzeslage zwischen einer (idR KESt-pflichtigen) Gewinnausschüttung oder sog. steuerneutralen Einlagenrückzahlung (in Seite 3 von 8 Rückgängigmachung einer zuvor getätigten Gesellschafter-„Einlage“ in das Eigenkapital) entscheiden. Nunmehr soll ein Verwendungsvorrang der (idR und nun sogar zu 27,5% KESt-pflichtigen) Gewinnausschüttung gegenüber der steuerneutralen Einlagenrückzahlung gesetzlich vorsehen werden. In Vermeidung dessen werden Gesellschafter künftig anstelle der volkswirtschaftlich sinnvollen Eigenfinanzierung auf die Fremdfinanzierung ausweichen, da Gesellschafterdarlehen - sieht man von Regelungen des Eigenkapitalersatzrechts ab – regelmäßig und ohne vorangegangene KEStpflichtige Gewinnausschüttung rückzahlbar ist. Im Ergebnis ist die beabsichtigte Regelung geeignet, die Unternehmer geradezu in die Fremdfinanzierung zu zwingen. Die vorgeschlagene Regelung ist nicht nur nicht praktikabel, sondern geht in ihrer Zielsetzung, steuerneutrale „Gewinnausschüttungen“ im Gefolge von Umgründungen zu verhindern, weit hinaus und ist daher in dieser Form abzulehnen. Sie ist im Übrigen zu Lasten der Unternehmer unvollständig und geeignet, durch eine so herbeigeführte Präferenz der Fremdfinanzierung (gegenüber der Eigenfinanzierung) die Volkswirtschaft insgesamt zu schwächen. Branchenstellungnahme Tourismus: Die Tarifreform in Höhe von knapp 5 Mrd. Euro wird, wenn die Rechnung aufgeht, zu der dringend notwendigen Belebung der Konjunktur führen, von der grundsätzlich auch die Tourismuswirtschaft profitieren kann. Dass für die Umsetzung der Tarifreform Gegenfinanzierungsmaßnahmen erforderlich sein würden, war von Anfang an ebenso klar wie die Tatsache, dass auch die Tourismuswirtschaft ihren Anteil daran zu tragen haben würde. Nun sieht sich aber der Tourismus mit überproportionalen und unangemessenen Mehrbelastungen konfrontiert, die den Rahmen jeder gebotenen Solidarität sprengen! Wir dürfen in Erinnerung bringen, dass Tourismusbetriebe sichere Arbeitsplätze auch in Regionen schaffen, in denen es sonst kaum noch Beschäftigung gibt und der Tourismus damit der drohenden Abwanderung aus diesen Regionen entgegenwirkt. Der touristische Arbeitsmarkt ist auch in Krisenzeiten stabil und selbstverständlich lagern Tourismusbetriebe ihre Produktionsstätten nicht in Billiglohnländer aus. Dafür sind Tourismusbetriebe erfolgreiche Exportbetriebe und damit verlässliche „Devisenbringer“, die dann die Einnahmen auch gleich noch zu über 80% in der Region reinvestieren. Also Unternehmer, die man eigentlich hegen und pflegen sollte. Umso unverständlicher und inakzeptabler ist es, dass nun gerade die Tourismuswirtschaft mit einer Reihe von Maßnahmen im Zuge der Steuerreform überproportional betroffen ist. Das Paket ist wettbewerbsschädigend, standortgefährdend und investitionsfeindlichen! Mehrwertsteuer Entgegen anderslautenden Versprechungen soll nun die Mehrwertsteuer auf Beherbergungsleistungen auf 13% angehoben werden. Dazu darf zunächst in Erinnerung gerufen werden, dass Österreichs Hotellerie im Zeitalter der multioptional agierenden, preisbewussten Konsumenten auf einem hart umkämpften Markt im internationalen Wettbewerb steht. Gerade unmittelbare mitteleuropäische Mitbewerber haben bereits reagiert – aber in die andere Richtung: Deutschland hat die MwSt in der Beherbergung von 19% auf 7% gesenkt, die Schweiz verlangt gar nur 3,8% MwSt auf Beherbergungsleistungen. Hier findet ein massiver Verdrängungswettbewerb statt, in dem Österreich gerade drauf und dran ist, freiwillig seine Wettbewerbsposition massiv zu verschlechterm! Seite 4 von 8 Gerade deswegen wird die MwSt-Erhöhung auch kein Durchlaufposten sein. Studien ergaben, dass 40% der Betriebe diese Erhöhung nicht über den Preis weitergeben können, sie werden die Belastung selbst getragen müssen. Das bedeutet rund 100 Mio Euro Mehrbelastung für die österreichische Hotellerie. Wären Preiserhöhungen am Markt so leicht zu platzieren, würden die zusätzlichen Einnahmen im Übrigen dringend für Qualitätsverbesserungsmaßnahmen benötigt. Die Österreichische Hotel- und Tourismusbank bescheinigt nämlich den Kärntner Tourismusbetrieben einen Investitionsrückstand von zumindest acht Jahren im Vergleich zu anderen Bundesländern und eine Entschuldungsdauer weit über dem Österreichschnitt. Ein touristisches Spezifikum ist weiters, dass im Logispreis oft auch Verpflegungsanteile enthalten sind. Entgegen den politischen Beschwichtigungen soll das im Preis der Nächtigung inkludierte Frühstück nun ebenfalls dem 13%igen Mehrwertsteuersatz unterliegen. Das ist nicht akzeptabel ! Bei Halb- und Vollpension muss wegen der nunmehr unterschiedlichen Steuersätze noch eine praktikable Lösung gefunden werden. So ist noch zu definieren, wie mit den Anteilen des mit 10 % zu versteuernden Verpflegungsanteile zu verfahren ist. Keinesfalls darf es zu zusätzlichen bürokratischen Belastungen etwa durch die Verpflichtung einer individuellen Herausrechnung kommen. Gefordert wird eine Pauschalierungsmöglichkeit mit realistischen Prozentsätzen. Abschreibung Innovationskraft der Betriebe nun noch von einer anderen Seite bedroht: Zusätzlich zur höheren Mehrwertsteuer soll die ohnehin schon wirklichkeitsfremde Abschreibdauer von Hotels auf 40 Jahre angehoben werden. Vermisst wird im Entwurf zudem eine Umsetzung der politischen Ankündigung, dies beziehe sich nur auf die „Hülle“ bzw. auf das „Skelett“ des Haues. Zumindest diese Klarstellung wäre im Gesetz eindeutig zu verankern! GrESt Eines der drückendsten Probleme im Tourismus ist mittlerweile die Betriebsnachfolge. Lt. KMU-Forschung Austria stehen in Österreich rund 2.200 Betriebe aus Hotellerie und Gastronomie in den nächsten 10 Jahren zur Übergabe an und immer öfter findet sich innerhalb der Familie kein Übernehmer. Ohne jetzt in Details der neuen Grunderwerbsbesteuerung einzugehen: Jede zusätzliche steuerliche Belastung der Betriebsübergabe wird weitere potenzielle Unternehmer davon abhalten, den oft ohnehin mit Verbindlichkeiten eingedeckten elterlichen Betrieb zu übernehmen. Oder wie es ein Jungunternehmer ausdrückte: Wenn ich die ersten paar Jahre nur für die „Erbschaftssteuer“ arbeiten muss, lasse ich es lieber bleiben. Wir fordern daher ganz global: Die Übernahme eines Betriebes innerhalb der Familie darf nach der Steuerreform um keinen Cent teurer werden als bisher! Registrierkassenpflicht Die Verpflichtung zur Anschaffung bzw. Aufrüstung von Registrierkassen bedeutet zunächst einmal Kosten für den Betrieb und ist schon daher sehr kritisch zu sehen. Jedenfalls aber muss sichergestellt werden, dass dieselben Rahmenbedingungen für alle am Wirtschaftsleben Teilnehmenden, also insbesondere auch für Vereine gelten. Höhere Umsatzgrenzen für Vereine sind absolut inakzeptabel! Barbewegungsverordnung Vor allem im Bereich der Freizeit- und Vergnügungsbetriebe werden viele Umsätze im Freien ohne Zuhilfenahme technischer Unterstützung getätigt. Die bisher geltende „Kalte-HändeRegelung“ war eine den Umständen angemessene Regelung. Seite 5 von 8 Nun sollen nur mehr bis zu einem Jahresumsatz von 30.000,- Euro die Losungsermittlung mittels Kassensturzes möglich sein. Dabei wird aber verkannt, dass die Höhe des Umsatzes nichts an den (widrigen) Umständen ändert, unter denen das Inkasso erfolgt. Ein Beispiel: Ein Schaustellerbetrieb betreibt auf Veranstaltungsplätzen neben diversen Fahrgeschäften auch einen Zuckerwattestand mit einer Grundfläche von kaum mehr als einem Quadratmeter. Der Zuckerwatteumsatz geht im Gesamtumsatz des Unternehmens auf mit der Konsequenz, dass am Zuckerwattestand eine Registrierkasse samt Bondrucker zu installieren wäre! Das ist unsinnig. Es wird daher gefordert, die ursprüngliche Regelung vollinhaltlich beizubehalten! Völlig inakzeptabel ist es auch, dass es für Vereine weiterhin keine Umsatzgrenzen geben soll und somit die Losungsermittlung durch Kassensturz bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch in Zukunft uneingeschränkt möglich sein soll. Branchenstellungnahme Handel: Zur Registrierkassenpflicht: Unternehmer mit einem Jahresumsatz bis zu 50.000 Euro (Barumsätze) sollen keine Registrierkassa verwenden müssen – Hier wird eine Erhöhung von 15.000 Euro auf 50.000 Euro gefordert. Umsätze mittels Bankomat oder Kreditkarte sollten nicht als Barumsatz gewertet werden Die „Kalte-Händeregelung“ muss in der bisherigen Form, unabhängig vom Umsatz bestehen bleiben. Würde die Regelung auf einen Umsatz bis zu 30.000 Euro pro Jahr beschränkt hätte das zur Konsequenz, dass 95% der Marktfahrer die Kalte-Hände-Regel nicht mehr anwenden können. Bei der Anti-Manipulationssoftware soll nicht eine einzige Lösung (=INSIKA) in die Registrierkassen integriert werden, sondern es sollen Standards für eine Sicherungslösung definiert werden. Hier sollen folgende Kriterien zugrunde gelegt werden: · Die externe Sicherungslösung muss manipulationssicher sein, · Die Belegerteilung muss auch elektronisch möglich sein (nicht nur in Papier-Form), · Die Beschränkung auf einen Softwarehersteller ist abzulehnen. Es sollen auch andere Lösungen (E131, EFSTA) akzeptiert werden, die in bestehende Systeme integriert werden können, · Die Sicherungslösung muss kostengünstig sein, Einführung einer Ausnahmeregelung für „geschlossene Gesamtsysteme“. „Geschlossenes Gesamtsystem“ bedeutet, dass Warenwirtschaftssystem, Buchhaltungssystem und Kassensystem lückenlos miteinander verbunden sind. Die Systeme werden über interne Scoringprozesse (interne Revision) regelmäßig überprüft. Im Ergebnis geht es darum, mit „möglichst geringen Entwicklungs- und Wartungskosten für Wirtschaft und Finanzbehörde“ eine erhöhte Sicherheit / Vollständigkeit der Kassentransaktionen zu erreichen (Sicherheit auch für Kunden). Investitionen (wenn notwendig) sollen zielgerichtet getätigt werden, um auch den gewünschten, erwarteten vollen Effekt zu bringen. Arbeitet das Unternehmen in einem geschlossenen System und ist sichergestellt, dass der ausgedruckte Beleg (Kundenbeleg) eindeutig dem Beleg im elektronischen Journal (Speicher der Kassa) zuordenbar ist, ist es nicht verpflichtet, zusätzlich eine externe Sicherungslösung im Kassensystem zu implementieren. Aufgrund des geschlossenen Kreislaufs ist es unmöglich, Umsatzsteuerbetrug durchzuführen. Die Aufwendungen, die bei der Implementierung eines externen Sicherungsystems entstehen Seite 6 von 8 würden, wären extrem hoch und würden nachweislich keinen einzigen Zusatzeuro für die Finanz bringen. Die Prämie von 200 Euro ist zu gering und muss erhöht werden. Systemausfälle der Software dürfen zu keiner Behinderung des laufenden Geschäftsbetriebs führen. Zur geplanten Umsatzsteuererhöhung: Die Sparte Handel lehnt die Erhöhung der Umsatzsteuer von 10 auf 13% ab. Insbesondere die Erhöhung der Umsatzsteuer auf Blumen wird vehement abgelehnt. Die Erhöhung des Umsatzsteuersatzes bei Blumen und Pflanzen hätte dramatische Auswirkungen auf den Absatz und würde die Existenz zahlreicher Unternehmen (Blumengroßhandel) gefährden. Blumen sind Produkte mit hohem emotionalem Wert. Entsprechend sensibel reagieren Kunden auf Preisanstieg oder Kaufkraftverluste. Beispiele aus anderen EU-Mitgliedstaaten (z.B. Spanien, Frankreich) zeigen, dass die Anhebung der Umsatzsteuer bei Blumen nicht zu einem erhöhten Steueraufkommen geführt hat. Nach einem dramatischen Absatzrückgang wurde diese verfehlte steuerliche Maßnahme wieder rückgängig gemacht. Zur Änderung der Sachbezugsverordnung: Die Sparte Handel lehnt die Änderung der Sachbezugswerteverordnung in vorliegender Form ab. Eine für den Handel gerade noch akzeptabel Variante sollte wie folgt aussehen: I. Die CO² Ausstoßgrenze im Hinblick auf die Erhöhung von geplanten 120g pro km sollte unbedingt auf 130 g pro km angehoben werden II. Alle Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, also Elektro-, Hybrid- und Erdgas sollten neben den reinen Elektrofahrzeugen vom Sachbezug ausgenommen sein. Der im Bericht der Steuerreformkommission angesprochene vorgesehene Vorsteuerabzug sollte unbedingt eingeführt werden. Wird die Anhebung des Sachbezugs nach dem derzeit vorliegenden Entwurf beschlossen, ist nach unseren Berechnungen damit zu rechnen, dass in Zukunft von Unternehmen günstigere und weniger Dienstwagen als bisher angeschafft werden. Nach den moderatesten Berechnungen würde das zu einem jährlichen Steuerausfall von ca. 95 Mio. Euro führen. Stellt man diesen Betrag den kolportieren Mehreinnahmen von 50 Mio. Euro durch die Anhebung des Sachbezugs gegenüber, ergibt sich ein Steuerverlust von 45 Mio. Zu den Mitarbeiterrabatten: Die Sparte Handel setzt sich seit Jahren für die Steuerbefreiung von Mitarbeiterrabatten ein und begrüßt grundsätzlich die Änderung. Die Grenze von 10% ist allerdings viel zu gering – Wir fordern hier einen steuerfreien Rabatt von 20%. Der Freibetrag im Ausmaß von 500 Euro ist ebenfalls zu niedrig angesetzt. Schon im Jahr 2011 haben wir beim BMF einen Rabattfreibetrag in der Höhe von 2.000 Euro gefordert. Branchenstellungnahme Information und Consulting Seitens der Sparte Information und Consulting sprechen wir uns ausdrücklich gegen die zu Artikel 9 (Finanzstrafgesetz) in § 99 Abs 3a Finanzstrafgesetz vorgesehene Beauskunftung von IPAdressen aus. Sollte diese Beauskunftungspflicht trotzdem kommen, muss folgendes sichergestellt sein: - Es ist die bereits bestehende Durchlaufstelle (DLS) zu verwenden - Voraussetzung ist eine richterliche Anordnung/Kontrolle - Es muss ein angemessener Kostenersatz erfolgen Seite 7 von 8 Registrierkassenpflicht: 4 große Themenfelder 1) Definition der technischen Sicherheitseinrichtung in Verordnung auf Basis der Rahmenbedingungen laut Gesetz (BAO) => Gesetz sieht eine sehr starke und maßgeschneiderte Einschränkung auf eine Sicherheitslösung (INSIKA) vor, zB „Signaturerstellungseinheit“ oder „Smartcard“ => Forderung nach Systemoffenheit durch allgemein „technische Sicherheitseinrichtung“ (in VO im Detail zu definieren) 2) „soll Protokollierung der Datenerfassung“ erfolgen, statt bisher „beispielsweise“ in § 131 (1) Z 6 b BAO-neu => Zugriff der Prüfer auf alle nachgelagerten Aufzeichnungssysteme (Fakturierung, Warenwirtschaft, Zeiterfassung, Schankanlage…)? Teilsatz gehört gestrichen, da Unveränderbarkeit der Daten sowieso bereits durch technische Sicherheitseinrichtung gegen Manipulationen gegeben ist. 3) Strafbarkeit der „Programmierer“ nach §§ 39 und 51 Finanzstrafgesetz „durch Gestaltung oder Einsatz eines Programms, mit dessen Hilfe Daten verändert, gelöscht oder unterdrückt werden können“ => überschießend, Formulierung unscharf (was genau strafbar?), wer strafbar (Auftragskette? Adressat?), Definition der veränderten „Daten“ bzw. der „Gestaltung“? Strafbarkeit von Manipulationssoftware und aktiven Maßnahmen zur Umgehung der technischen Sicherheitseinrichtung verständlich, aber kein Generalverdacht für Programmierer! 4) allgemein: a. Registrierkasse einzusetzen, mit Beginn des drittfolgenden Monats ab erstmaligem Überschreiten der definierten Umsatzgrenzen => nicht abgestimmt mit Praxis (plötzliche Notwendigkeit einer Registrierkasse, technischer Vorlauf?) sowie anderen steuerrechtlichen Vorschriften (zB UVA quartalsweise) b. Notwendigkeit von Regelungen, wenn Systemausfall/-störungen => Recht auf vorübergehenden Umstieg auf Paragons, Nachbuchung in Registrierkasse c. Definition der „Barumsätze“ überarbeiten => aktuell zählen auch Bankomatund Kreditkartenzahlungen zu Barumsätzen. Daher Anwendung auch auf Webshops, Spieleentwickler etc? Vermutlich Redaktionsversehen bzw. bedarf Klarstellung d. Möglichkeit des elektronischen Belegs neben dem Papierbeleg Freundliche Grüße Jürgen Mandl, MBA Präsident Dr. Michael Stattmann Direktor Seite 8 von 8
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