Datum: 11.04.2015 Tages-Anzeiger 8021 Zürich 044/ 248 44 11 www.tagesanzeiger.ch Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 172'920 Erscheinungsweise: 6x wöchentlich Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 15 Fläche: 74'861 mm² Imageprobleme «Was, du bist Albanerin?» Von wegen Raser und Machos: Burim Lusha, Vjosa Ismaili und Arbnora Aliu studieren an der Universität Zürich und an der ZHAW. Sie sind beste Beispiele dafür, wie falsch die Vorurteile über Albaner sind. 1 1 «Es wird ein ganzes Volk diffamiert»: Arbnora Aliu, Burim Lusha und Vjosa Ismaili (v. 1. n. r.). Foto: Urs Jaudas Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 57500346 Ausschnitt Seite: 1/3 Datum: 11.04.2015 Tages-Anzeiger 8021 Zürich 044/ 248 44 11 www.tagesanzeiger.ch Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 172'920 Erscheinungsweise: 6x wöchentlich Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 15 Fläche: 74'861 mm² «Figg dini Mueter.» Was würde dann nicht? Mit Arbnora Ahn, Vjosa Ismaili und Aliu: Gehen Sie mal nach Skopje, PrisBurim Lusha* sprach Denise Marquard passieren? Aliu: Das würde nicht gut ausgehen. tina oder Tirana. Es ist ein Witz, zu glau- Fühlen Sie sich in der Schweiz mehr Dieses Verhalten hat nichts mit Albanien ben, albanische Frauen würden unteralbanisch oder mehr schweizerisch? zu tun. Es stammt aus der Gangsta-Rap- drückt. Im Gegenteil: Sie sind offen und Burim Lusha: Die Frage lässt sich nicht Kultur und beeinflusst via Youtube, Inseindeutig beantworten. Für mich ist es tagram und Twitter die jungen Männer, eine Bereicherung, in zwei Ländern auf- auch die Schweizer. Lusha: Wenn ich lese, dass ein Schulgewachsen zu sein. leiter sagt: «Die Kinder lernen daheim, Es gibt immer wieder Diskussionen, dass die Mutter nichts wert ist», dann ob die albanischstämmigen Fussballer in der Nati «richtige Schweizer» seien. Lusha: In der öffentlichen Wahrnehmung sind Albaner primär nur im Sport sehr begabt. Dass es inzwischen auch an «Was über die <Balkan-Machos> geschrieben wird, der Uni, der ETH und der ZHAW viele albanische Studenten und Doktoranden kenne ich nicht.» hat, wird nicht wahrgenommen. Da es Arbnora Aliu keinen expliziten Wertekodex gibt, was einen «richtigen Schweizer» ausmacht, scheint mir dieser Vorwurf eher diffus. muss ich die Seriosität dieser Person infrage stellen. In der albanischen Kultur Albaner sind entweder Fussballer, Kampfsportler oder Türsteher. Stimmt das? einen hohen Stellenwert. ich heute noch an der Uni ausgesetzt. rung verwendet. total unangebracht finde, sage ich jeweils ironisch, dass ich zwangsverheiratet sei und heimlich an der Uni studiere. Dann wird auch nicht weiterdiskutiert. Dabei haben meine Eltern in Ex-Jugoslawien studiert. Ein Studium ist in meiner Familie selbstverständlich. Wie ist es mit den «Balkan-Machos»? Gibt es sie nun oder nicht? Ismaili: Ich lese solche Zeitungsberichte nicht mehr, da sie nicht der Realität entsprechen. Aliu: Was über die «Balkan-Machos» geschrieben wird, kenne ich nicht, weder zu Hause noch in meinem Umfeld. Es geht doch nicht, dass man ein ganzes Volk so diffamiert. Keine Burkas und so? Alle drei: Uns sind keine Burkaträgerinnen im albanischen Raum bekannt. Und die Chancengleichheit? Lusha: Ich selbst habe keine Diskrimi- nierung erlebt. Meinen besten Kollegen wollten die Lehrer zunächst nicht ans Gymi schicken, weil er scheinbar nicht geeignet sei. Jetzt schreibt er als 23-Jähriger an seiner Doktorarbeit an der Uni St. Gallen. Aliu: Ich hatte im Gymi eine Deutsch- lehrerin, die mir stets bloss eine knappe Vier in den Aufsätzen gab. Als ich nach dem Grund fragte, wollte sie wissen: Lesen deine Eltern die NZZ? Das war haben Frauen und vor allem Mütter absurd. Später erhielt ich eine andere Vjosa Ismaili: Leider nehmen es viele Es gibt die «Balkan-Raser», so wahr. Schon im Gymi wurde ich im- die «Balkan-Machos». Aber gibt es mer wieder gefragt: Was, du bist Albane- den Balkan-Typ an sich? rin? Nach dem Motto: Wenn du AlbaneAliu: Mich ärgert es, wenn wir alle imrin bist, kannst du gar nicht studieren. mer in einen Topf geschmissen werden. Arbnora Aliu: Solchen Situationen bin Auch der Begriff Jugo wird als Diffamie- Weil ich diese Kommentare und Fragen selbstbewusst. Deutschlehrerin - und glänzende Noten. Ismaili: Ich war eine von den wenigen Ausländerinnen in der Klasse, die den Sprung ins Gymi geschafft haben, und ich bin der Meinung, dass mit mehr För- derung wesentlich mehr diesen Sprung fertiggebracht hätten. Aliu: In der Primarschule war ich in ei- ner Klasse mit 80 Prozent Ausländern. Ich war die Einzige, die es ins Gymi geAber Kroaten, Serben und Albaner schafft hat. Pro Jahrgang schafften es haben doch Konflikte höchstens zwei, ohne zusätzliche Gymiuntereinander? Vorbereitung in der Schule, die gab es Ismaili: Wir begegnen zuerst einmal nicht. Deshalb gebe ich heute den KinMenschen, die Ethnie ist zweitrangig. dern aus meinem Quartier VorbereiAliu: Uns verbindet, dass wir alle als tungskurse. Immigranten in der Schweiz sind. Wie wichtig ist der Islam für Sie? Wie steht es um die Aliu: In meiner Familie ist Religion Gleichberechtigung bei Albanern? wichtig und Teil des Alltags. Wir praktiIsmaili: Mein Vater hilft im Haushalt zieren den Islam so, dass es für uns mit, das Geschlecht spielt keine Rolle. stimmt. Dazu gehört, sich mit dem Islam Aliu: Wir sind zu Hause vier Frauen. auseinanderzusetzen, damit man weiss Glauben Sie mir: Mein Vater hat einen und versteht, worum es in dieser Relischweren Stand. gion geht, und natürlich Feiertage geLusha: Und ich koche gerne. meinsam mit der Familie zu feiern. Ismaili: Religion ist etwa Persönliches. Wenn ein Teenager auf einem Pausenplatz in Pristina sagte: Albaner kommen aus konservativen Wenn es für mich stimmt, ist es okay. ländlichen Gesellschaften, in denen Lusha: Mir ist die Religion sehr wichFrauen unterdrückt werden. Oder tig, nicht wegen der Tradition, sondern Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 57500346 Ausschnitt Seite: 2/3 Datum: 11.04.2015 Tages-Anzeiger 8021 Zürich 044/ 248 44 11 www.tagesanzeiger.ch Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 172'920 Erscheinungsweise: 6x wöchentlich Themen-Nr.: 374.003 Abo-Nr.: 1044548 Seite: 15 Fläche: 74'861 mm² wegen der Überzeugung. Aufgrund historischer Ereignisse würde ich behaupten, dass Albanien eher weniger religiös geprägt ist als zum Beispiel Mazedonien und Kosovo, wobei man hier zwischen der ersten und der zweiten Generation differenzieren muss. Fakt ist, dass innerhalb der albanischen Gesellschaft keine religiösen Konflikte schwelen und die Vielfältigkeit allgegenwärtig ist. Würden Sie einen Schweizer, eine Schweizerin heiraten? Aliu: Mein Freund ist Albaner, ich habe ihn in den Ferien getroffen. Mein Vater sagte mir aber auch, er würde mir in dieser Frage nicht dreinreden, schliesslich sei es meine Entscheidung, mit wem ich mein Leben verbringen wolle. Er sagte mir aber klar, falls ich mich in einen Schweizer verliebt hätte, müsste ich in Erziehungs- und religiösen Fragen selbst klarkommen. Lusha: Für mich ist die Nationalität unwichtig. Wie sehen Sie Ihre Zukunft? Bleiben Sie in der Schweiz? Ismaili: Ich weiss es nicht. Wir kennen beide Perspektiven. Das ist bereichernd und ein grosser Vorteil fürs Leben. Lusha: Ich werde auf jeden Fall in der Schweiz bleiben. Wir können von den Italienern einiges lernen. Sie sind heute integriert. Ich hoffe, dass der italienische Professor einen albanischstämmigen Kollegen bekommt. An der ETH, der Universität und anderen Hochschulen gibt es sehr viele Talente. Spätestens in der dritten Generation werden die Albaner aufsteigen. Aliu: Ich kann es nicht sagen, ob ich hierbleibe oder nicht. Was ich aber über die Zukunft sagen kann, ist, dass es eine Verschiebung in der Bildung gibt, die schon jetzt im Gange ist. Die nächste Generation wird noch mehr Chancen haben und die auch nutzen. Dann wird nicht mehr über uns gesprochen, sondern von uns gesprochen. * Arbnora Aliu (24) studiert Erziehungswissenschaften, Vjosa Ismaili (23) Betriebswirtschaft, Burim Lusha (25) Wirtschaft und Ingenieurwesen. Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 57500346 Ausschnitt Seite: 3/3
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