Einbringungsrede

Rede
von Christian Lindner
Bundesvorsitzender der FDP
auf dem 66. Ord. Bundesparteitag am 16. Mai 2015 in Berlin
I. German Mut
In den Top 10 der amerikanischen Sachbuch-Bestsellerliste der NYT steht gegenwärtig der Titel
„A curious mind“, der davon handelt, wie wichtig Neugier im Leben ist. In Deutschland dagegen
findet sich in den SPIEGEL-Sachbuch-Top 10 das Buch „Die TTIP-Lüge. Warum TTIP nur den Konzernen nützt.“. Das ist mehr als nur ein Zufall – das ist ein Symbol: Während uns in Deutschland die Angst vor dem Neuen umtreibt, treibt die Amerikaner eher die Angst um, das
nächste große Ding zu verpassen.
Wenn sich hierzulande etwas verändert oder eine technische Neuerung auf den Markt kommt,
dann bildet sich sogleich eine breite Phalanx aus Globalisierungsgegner, Kulturpessimisten und angeblichen Verbraucherschützern, die dagegen mobil macht.
Computertechnik, Gentechnik, Stammzellforschung, Nanotechnologie, Fracking, Freihandel, aber
auch Industrie und neue Infrastruktur – überall lauern Gefahren. Und die Politik geht gesetzlich
dagegen vor. Oder um es mit Roland Tichy zu sagen: "Andere Länder haben Erfinder. Wir
haben Andrea Nahles."
Selbst der STERN, einst Sturmgeschütz des gesellschaftlichen Fortschritts, titelte neulich "Sitzen
– die unterschätze Gefahr." Man möchte den ängstlichen Redakteuren zurufen: Dann steht
doch einfach mal auf!
Es gibt eine Reihe von deutschen Begriffen, die es ohne Übersetzung in die englische Sprache
geschafft haben: Realpolitik, Kindergarten – und leider auch German Angst. Sie steht für eine
Melange aus Sicherheitsdenken und Besitzstandswahrung. Aus Bedenkenträgerei und Technikfurcht. Es ist dieses des Gefühl "Es geht uns ganz gut – bloß nichts verändern."
Wir sind eine andere Opposition. Wir reden das Land nicht schlecht, um gut dar zustehen. Sondern im Gegenteil. Wir sagen Deutschland ist ein großartiges Land, mit vielen Potenzialen. Mit
viel Know How. Mit einer immer noch guten Infrastruktur. Mit Millionen qualifizierten Menschen. Deutschland hat es in der Hand, etwas aus dem Wandel zu machen. Wenn wir ihn entschlossen gestalten und uns nicht in eine Angststarre flüchten, bis uns die Umstände zur Bewegung zwingen.
„Ja, aber...“ – das ist der Standstreifen des Lebens. Skepsis – das ist die Abrissbirne der Möglichkeiten. Wer sich von der Angst vor Risiken lähmen lässt, der wird keine Chance ergreifen. Wir hingegen glauben an die Kreativität, die Kompetenz und die Zähigkeit von Menschen,
Herausforderungen zu lösen und neue Technologien zu kontrollieren. Deshalb antworten wir
auf die "German Angst" mit "German Mut"!
Denn:
German Angst baut Mauern. German Mut reißt sie ein.
German Angst ist der Blick nach unten. German Mut richtet den Blick nach vorne.
German Angst macht klein. German Mut macht groß.
Unser Land braucht Reformen – Steuerreform, Rentenreform, Bildungsreform. Die wichtigste
und erste Reform, die wir unserem Land aber empfehlen, ist eine Reform der Mentalität.
Damit aus Mut nicht Übermut wird, braucht es Demut. Demut gegenüber dem, was unsere Vorfahren, unsere Gründerväter und –mütter für unser Land geleistet haben. Aber auch Demut gegenüber dem, was vor uns liegt.
Diese Regierung hingegen leidet indes eher an Hochmut. Sie hält die augenblickliche Sonderkonjunktur, die sich mehr den niedrigen Zinsen und dem niedrigen Euro-Kurs verdankt als ihren
Entscheidungen, für selbstverständlich. Die Große Koalition drückt sich vor unbequemen Wahrheiten. Sie vertagt unangenehme Entscheidungen. Aus der Geschichte kann man lernen: Die
größten Fehler macht eine Regierung nicht während der Krise, sondern während des
Booms!
German Mut hingegen fordert Klarheit. Der Journalist Bernd Ulrich hat auf der Titelseite der
ZEIT jüngst gefragt: "Warum sagen sie, nicht was ist?". Warum will die Politik die Realität nur in
homöopathischen Dosen verabreichen?
Sagen wir also, was ist:
Die Exportstärke Deutschlands ist das Rückgrat unseres Wohlstands. Wir sind von ihr abhängig.
In der Wohlfühlstagnation fühlen sich manche unbesiegbar. Wir wissen: Deutschland kann auf
den Freihandel mit Nordamerika nicht verzichten, wenn wir unseren Sozialstaat erhalten
wollen.
Die Alterung unserer Gesellschaft wird den Generationenvertrag unter Spannung setzen. Wir
können 63-Jährige nicht in den Ruhestand verabschieden, sondern wir werden eher länger arbeiten müssen. Die Älteren suchen heute vielfach keine Hilfe – sie suchen eine Aufgabe. Deshalb
wollen wir ihnen die Freiheit geben, selbst über ihren Ruhestand zu entscheiden. Deutschland
kann es sich nicht leisten, auf ihre Erfahrung zu verzichten.
In der „Hochgeschwindigkeitsglobalisierung“, wie Hans-Dietrich Genscher unsere Gegenwart
charakterisiert hat, kann der Staat Menschen vor Veränderungen nicht schützten. Wer den Menschen verspricht, Mauern gegen den Wandel zu bauen, um sie vor allen Lebensrisiken zu schützen, der wiegt sie nur in falscher Sicherheit. Das Versprechen der sozialen Sicherheit kann
der Einzelne nur in sich selbst und seiner Qualifikation finden – dabei kann der Staat sie
unterstützen.
Deutschland kann nicht gleichzeitig aus Kernenergie und Kohle aussteigen. Die Klimaziele müssen angepasst werden. Die Energiewende darf aus Deutschland kein industrielles Freilichtmuseum machen. Einem zweiten Hau-Ruck-Experiment werden wir nicht schweigend zusehen.
Die Stabilität in Europa zwischen 1990 und 2008 war historisch die Ausnahme, sie wird nicht
die Regel sein. Die westlichen Werte von Freiheit, Demokratie, Rechtstaat und Marktwirtschaft
sind nicht für alle Zeit erreicht. Sie sind keine Garantien – sie müssen stets aufs Neue errungen
werden. Gegen Extremismus im Inneren und gegen Bedrohungen von außen. Deshalb müssen
wir unsere Wehrhaftigkeit stärken – in Deutschland, Europa und im westlichen Bündnis.
Wir leben in einem Land, in dem Angela Merkels Raute längst zum Symbol geworden ist: bloß
nicht ausscheren, bloß nicht selbst denken, bloß nicht verändern. Die größte Provokation, die
man hierzulande wagen kann, ist der Optimismus, den Wandel in die Hand nehmen zu
wollen! Diesen Mut haben wir!
II. Digitales
Die Digitalisierung ist dabei der tiefgreifenste Wandel. Sie wird unsere Art zu leben und zu arbeiten so stark verändern wie die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts.
Der DGB-Chef warnt vor einem digitalen Prekariat. Der Dichter Hans Magnus Enzensberger
empfiehlt uns, das Handy einfach wegzuwerfen. Der Wandel ruft Ängste hervor. Vor Arbeitsplatzverlust, Ausbeutung und Überwachung.
Die Reserve ist nicht neu. Fritz Kuhn, heute grüner Bürgermeister von Stuttgart, schrieb in einem Aufsatz, dass „von dieser Technologie enorme ö kologische, technische und soziale Risiken
ausgehen“. Das war schon 1984. Er meinte Videotext im Fernsehen und ISDN-Telefone. Man
kann sagen, wir haben diese Technologien überlebt.
Ich habe gelesen, dass der durchschnittliche Deutsche zwischen 84- und 150-mal am Tag sein
Handy aktiviert – in diesen Durchschnitt muss meine Großmutter eingerechnet worden sein,
denn bei mir ist es öfter. Jedenfalls klingt das nach viel. Allerdings hatten die Menschen früher andere Objekte auch so oft in der Hand: den Hammer oder die Sichel zum Beispiel.
Deshalb sehen wir in der Digitalisierung vor allem die neuen Möglichkeiten: für Selbständigkeit,
für freies Arbeiten zuhause oder im Büro, wann man will. Sie erlaubt uns einen Schub den Produktivität, den wir brauchen, um trotz alternder Bevölkerung unseren Wohlstand zu sichern.
Die Digitalisierung ist keine Gefahr. Sie ist eine Chance, die wir gestalten können, aber
nicht verpassen dürfen!
Der deutsche Anteil am Weltmarkt für Informationstechnologie liegt bei 5 Prozent. Wir werden
nur zulegen können, wenn Deutschland zum Standort Nr. 1 in Europa für innovative Unternehmensgründungen wird. Da ist noch einiges zu tun: Laut Weltbank ist es in 110 Ländern leichter als in Deutschland ein Unternehmen zu gründen. Oder um es positiv zu formulieren:
Bürokratie können wir richtig gut!
Anderswo gehen Gründer in die Garage – bei uns aufs Amt. Während man dort an neuen Ideen
schraubt – füllt man bei uns noch Formulare aus. Wir sollten alle neuen Unternehmen im ersten
Jahr komplett von Statistikpflichten und anderer Bürokratie entlasten. Kein Gründer startet
gerne in einem Land, das mehr Gesetze als Garagen hat. Deshalb sollten wir ihnen ihre
Freiheit lassen.
Vor allem die Angst vor dem Scheitern ist in Deutschland besonders hoch. 50 Prozent der Gründungswilligen sagen das. Nur in Griechenland und Spanien ist die Quote höher. Ich habe gelernt,
es ist nicht allein das Scheitern, sondern seine Konsequenzen. Ich habe hunderte Zuschriften
erhalten, nachdem dieser kurze Redeausschnitt aus dem Landtag Nordrhein-Westfalen bekannt
wurde. Beklagt wurden Spott und Häme, aber auch Neid und Missgunst. Die größte Hürde für
Gründer liegt in den deutschen Köpfen.
Deshalb haben wir Anerkennung für alle, die es zu etwas gebracht haben. Aber unser Herz gehört all denen, die sich mit Enthusiasmus erst auf den Weg machen. Deren Mut verdient
Respekt – gerade dann, wenn das Experiment nicht gelingt.
III. Bildung
Werden nur die Reichen immer reicher?“, „Wer kann noch in Wohlstand leben?“, „Nimmt die
Kluft zwischen Arm und Reich weiter zu?“ – das sind die Dauerbrenner-Themen deutscher Fernsehsendungen. Briten reden durchschnittlich sechs Monate ihres Lebens über das Wetter –
Deutsche über das teure Auto ihres Nachbarn.
In einem Land, das Verteilungsdebatten liebt, erfordert es Mut zu sagen, dass eine Wissensökonomie und eine individualisierte Gesellschaft automatisch Vielfalt und Unterschiede produzieren. Hierzulande glaubt immer jeder gleich, dass eine ungleiche Einkommensverteilung etwas
mit Lug und Trug zu tun hat. Das Gegenteil ist der Fall: Wenn Talent, Fleiß, Lebensentscheidungen und Risikobereitschaft keinen Unterschied mehr machen dürfen, wie grau, langweilig und gelähmt wäre unsere Gesellschaft!
Das Gerechtigkeitsproblem, das uns Freie Demokraten umtreibt, liegt also nicht in der ungleichen Verteilung von Einkommen oder Vermögen. Der eigentliche Skandal in unseren Augen ist,
dass in Deutschland immer noch die Herkunft aus dem Elternhaus den Lebensweg bestimmt –
denn das hebelt das Aufstiegsversprechen unserer Gesellschaft aus. Wir wollen nicht, dass
Herkunft über Zukunft entscheidet – wir wollen, dass Leistung den Unterschied macht!
Immer noch verlassen aber 80.000 Kinder jedes Jahr die Schule ohne jeden Abschluss. Was haben sie für Lebenschancen? Was ist das für eine Chancengerechtigkeit? Darauf kann man versuchen, mit Mindestlohn und Stützmaßnahmen am Arbeitsmarkt zu reagieren – um die Abhängigkeit von Staat oder Caritas zu zementieren. Wir wissen aber: Keines dieser 80.000 Kinder wurde
ohne ein Talent geboren. Die Aufgabe unserer Gesellschaft ist es daher, diese Talente zum
Klingen zu bringen – statt sie weiter brach liegen zu lassen!
Das Ziel muss sein, jedem einen Startplatz ins Leben zu schaffen – nicht, indem die Standards
gesenkt und wertlose Abschlüsse verschenkt werden, sondern indem das Fördern und
Fordern verbessert wird!
Das größte Vermögen, dass meine Eltern mir mitgegeben haben, war kein Geldschatz, sondern
Bildung und Werte. Diesem Gedanken folgend wollen wir Kindertageseinrichtungen aufwerten –
Sprachförderung vor der Einschulung, Aufwertung der Grundschule, Weiterbildung der Lehrer,
mehr Wirtschaftskompetenz im Unterricht, moderne Lehrmethoden.
Gute Bildung kann es aber ohnehin nur geben, wenn Unterricht überhaupt erteilt wird. Manche
Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen weigern sich sogar, überhaupt eine Ausfallstatistik zu
führen - wegen des bürokratischen Aufwands. Was für eine Doppelmoral. Wenn die Politik
jeden Handwerksbetrieb dazu zwingt, die Mindestlohndokumentationsverordnung penibel zu beachten, dann dürfen wir erst Recht Transparenz beim Unterrichtsausfall erwarten!
Was wir nicht benötigen, sind neue Strukturdebatten über einzelne Schulformen. Die Angriffe
auf das Gymnasium lassen nicht nach. Es wird nicht mehr versucht, die erfolgreichste Schulform
in Deutschland offen in Frage zu stellen. Heute wird über Fragen der inneren Organisation die
innere Vergesamtschulung des Gymansiums schleichend vollzogen. Damit ist niemandem geholfen. Die Pläne von SPD und Grünen entkoppeln den Bildungsabschluss nicht von der Herkunft – sondern von der Leistung.
Wer das Gymnasium schwächt und unattraktiv macht, der wir viele Eltern nur veranlassen, ihre
Kinder auf Privatschulen zu geben. Statt mehr Fairness ist das praktische Ergebnis die Spaltung
der Gesellschaft – in diejenigen, die sich private Bildung leisten können, und die anderen, die
ihre Kinder auf öffentlichen Schulen belassen müssen. Weil wir diese Spaltung der Gesellschaft nicht wollen, brauchen wir starke Gymnasien und auch Realschulen.
Denn weltbeste Bildung heißt für Freie Demokraten gerade nicht, dass nur der akademische
Abschluss zählt. Mein Kollege Cem Özdemir sagte in einem Interview, wenn seine Eltern ihn
nicht so gut gefördert hätten, wäre er nicht Parteivorsitzender und Abgeordneter geworden –
sondern vielleicht nur Kfz-Mechaniker. Den Eltern von Özedmir muss man für diesen Beitrag zur
Verkehrssicherheit danken. Aber aus diesen Worten spricht auch Geringschätzung. Wer eine
Ausbildung im Handwerk als Bildungsabstieg oder gescheiterte Biographie betrachtet,
der verkennt was unser Land AUCH stark macht: großartige Karrieren in Ausbildungsberufen.
Mit Bildung assoziieren wir hierzulande immer noch primär ein Bild: ein Klassenzimmer, in dem
vorne an der Tafel ein Lehrer steht und seinen Schülern frontal Wissen vermittelt. „Wenn alles
schläft und einer spricht, so nennt man dieses Unterricht“, hat ja bekanntlich bereits Wilhelm Busch geunkt.
Es geht aber auch anders. Ich habe neulich in Arnsberg ein städtisches Gymnasium besucht: Das
ist eine Schule von morgen. Dort werden mit viel Enthusiasmus die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt. Die Schüler schleppen keine Wörterbücher, sondern nutzen die App auf dem
Smartphone. Der wichtigste Schüler ist nicht der Klassensprecher, sondern der Moderator der
Whats-App-Gruppe. In jedem Klassenraum gibt es mindestens einen Beamer. Und das sind erst
die Anfänge. Unsere Schüler werden morgen in Jobs arbeiten, die es heute noch nicht gibt.
Deshalb dürfen sie auch nicht länger mit den Methoden von gestern unterrichtet werden!
Die Digitalisierung von Bildung und die Stärkung ihre Qualität ist die gesellschaftspolitische
Schlüsselaufgabe. Das wird viel Geld kosten. Aber die Durchlässigkeit der Bildung bestimmt die
Durchlässigkeit der Gesellschaft. Und die Qualität des Bildungssystems bestimmt die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Weltbeste Bildung ist teuer, aber mittelmäßige Bildung
kann sich Deutschland erst Recht nicht leisten.
Wir selbst müssen deshalb als erste den Mut haben, auch überkommenes in Frage zu stellen.
Weder steht Bremen in der Bildungspolitik im Wettbewerb mit Bayern, noch Hessen mit Sachsen. Im Weltmaßstab sind wir insgesamt nur Mittelmaß. Wer an die Spitze will, muss eine Kräfte
bündeln.
Die bürokratischen Reibungsverluste zwischen den Ländern sind ein Ärgernis im Alltag. Schon
vor Jahrzehnten hieß es: "Vati wird versetzt, die Kinder bleiben sitzen." Den Investitionsbedarf
werden Länder und Kommunen allein nicht schultern können. Deshalb ist es Zeit, eine neue Bildungsverfassung zu fordern. Mehr Autonomie für diejenigen, die vor Ort arbeiten und entscheiden können, aber mehr Gemeinsamkeit für uns alle. Wenn Deutschland es mit weltbester Bildung ernst meint, dann müssen wir dieses Ziel zu einem Projekt des Gesamtstaats machen!
IV. Etatismus
Was ist der erste Brief, den ein neugeborener Mensch vom Staat erhält? Das Kind hat kaum das
erste Mal die Augen aufgeschlagen, da teilt das Bundesamt für Finanzen die Steuernummer mit.
Das ist mehr als Verwaltungstechnik, das ist ein Symbol für den neuen Etatismus. Wir sehen in
Kindern nicht zuerst das Objekt für den Fiskus, sondern einen einzigartigen, freien Menschen mit dem Versprechen auf die Zukunft!
Vor über 30 Jahren prognostizierte Ralf Dahrendorf ein Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts. Heute dürfen wir uns nicht mehr sicher sein, dass darauf ein freiheitliches folgt. Im
Gegenteil: Der einzelne Mensch in Deutschland wird bürokratisiert, bevormundet, abkassiert und bespitzelt – der Etatismus dieser Regierung hat jedes Maß verloren.
Beispiel Finanzen:
Die Staatseinnahmen wachsen ungebremst – durch die kalte Progression sieben Milliarden Euro
im Jahr. Die niedrigen Zinsen machen dem Staat das Wirtschaften leicht, bei den Bürger verdunsten die Ersparnisse. Das ist eine schleichende Enteignung – und eine gigantische Umverteilung von Privat zu Staat und von Zukunft in die Gegenwart.
Das Gros der „kalten Progression“ beansprucht der Fiskus für sich, Solidaritätszuschlag wird zur
Dauerabgabe, die Erbschaftsteuer wird in eine Vermögensteuer zulasten der Mittelstands
umgebaut – die Kreativität der Politik konzentriert sich darauf, die eigene Verteilungsmasse zu
maximieren. Lediglich um 1,5 Milliarden Euro soll die „kalte Progression“ reduziert werden.
Die Grenze ist erreicht, wenn die Menschen ihre Lebenspläne einschränken müssen, weil die
Politik deren Leistungskraft für sich beansprucht. Wenn die Erbschaftsteuer mittelständischen Unternehmen sieben Jahre die Spielräume für Investitionen nimmt, wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer einzigartigen Wirtschaftsstruktur vorsätzlich zerstört.
Das ist nicht nur eine fiskalische, sondern eine gesellschaftspolitische Frage: Wir brauchen wir
nicht nur eine Schuldenbremse für den Staat, sondern auch eine Belastungsgrenze für die Bürger. Weil wir nicht wollen, dass die Bürger zu staatlichen Taschengeldempfängern degradiert werden, ist die Zeit der Einschränkung für den Staat gekommen.
Wir wollen nicht mehr hören, warum der Solidaritätszuschlag doch bleiben muss. Wir
wollen hören, wie auf ihn verzichtet werden kann! Das ist ein Gebot der Glaubwürdigkeit
der Politik.
Beispiel Bürgerrechte:
Die Enthüllungen über die Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes haben uns den Atem verschlagen. Er hat sich offenbar an der Ausspähung von Europäern und der Wirtschaftsspionage
gegen deutsche und europäische Unternehmen beteiligt.
Wir sind nicht naiv: Deutschland benötigt Nachrichtendienste. Sie dienen unserer Sicherheit. Sie
sind Mittel zur Verteidigung unserer Freiheit. Aber sie dürfen im Verfassungsstaat niemals
ein Eigenleben entwickeln.
Der Bundesnachrichtendienst braucht deshalb nicht zuerst ein neues Gebäude, sondern einen
neuen Auftrag – und der Bundestag einen Geheimdienstbeauftragen. Die Regierung hat einen
Eid geschworen, unseren Grundrechten Geltung zu verschaffen – nicht sie zu gefährden.
Sagen wir es klar: Das Bundeskanzleramt hat die Öffentlichkeit und auch uns getäuscht, als im
Sommer 2013 der Abschluss eines No-Spy-Abkommens mit den USA in Aussicht gestellt wurde.
Diese Vorgänge müssen restlos aufgeklärt werden. Es wäre im Eigeninteresse der Bundeskanzlerin, damit einen Sonderermittler zu beauftragen.
Wer kann nach dieser Affäre noch daran glauben, dass die geplante Vorratsdatenspeichung
harmlos ist? Massenhaft und ohne Anlass sollen die Daten von unbescholtenen Bürgern gesammelt werden. Wir wollen einen Staat, der unsere Daten gegenüber kommerziellen und öffentlichen Datensammlern schützt, und keinen, der unsere Privatheit opfert.
Im preußischen Polizeirecht des 19. Jahrhunderts gab es anlasslose Kontrollen der Bürger. Liberale haben die Grundrechte dem Obrigkeitsstaat abgerungen. Wir werden den Marsch zurück in
den Kontrollstaat nicht mitgehen: Wenn Regierung und Parlament unsere Bürgerrechte
einschränken wollen, dann werden wir sie notfalls wieder vor den Gerichten verteidigen.
Beispiel Bürokratie
Mindestlohn, Mietpreisbremse, Subventionen für Ökostrom – die Liste der Einschränkungen
lässt sich beliebig fortsetzen. Damit wird uns die wichtigste Ressource im Wandel genommen –
die Flexibilität. Die Bürokratisierung des Lebens ist die größte Gefahr für unsere Freiheit.
Neulich bei „Günter Jauch“ wollte einer sogar alle Gehälter vom Staat festlegen lassen, um totale
Gerechtigkeit zu schaffen. Daran hat sich die DDR vierzig Jahre versucht – um am Ende in
jeder Hinsicht zu scheitern. Wir bleiben dabei: Geregelt werden sollte das zwischen denen, die
etwas anbieten, und den anderen, die dafür bezahlen. Dieses Konzept nennt man Marktwirtschaft.
Leicht ist es, ein Gesetz zu verabschieden. Aber jedem Gesetz folgt die Kontrolle. „Vertrauen ist
gut – Kontrolle ist besser“, sagte Lenin. Dahin wollten wir nie wieder zurück. 1.600 Beamte beim
Zoll hat die Regierung zur Kontrolle des Mindestlohns geschaffen. Was sagt es über unser Land,
wenn morgens Bäckereien nicht mehr von Hungrigen gestürmt werden, sondern von Bewaffneten? Wenn fleißige Menschen verhört und kriminalisiert werden? Handwerk und Mittelstand
haben Vertrauen verdient – und keine Misstrauensbürokratie.
Beispiel Bevormundung:
Früher war Konsens: Wer mit 18 Jahren wählen kann, sollte auch fähig sein, sich selbst
einen Joghurt auszusuchen. Das nannte man „mündigen Verbraucher“. Der Vorsitzende des
Verbraucherzentralen Bundesverbandes sagt hingegen, der mündige Verbraucher sei „eine Lebenslüge“. Was für ein Urteil über die Menschen in unserem Land.
Kinder sollen künftig an Supermarktkassen nicht mehr so stark zu Süßigkeiten verführt werden.
Die Bundesregierung wolle mit dem Handel darauf hinwirken, dass "quengelfreie" Kassen angeboten werden. Vom Lutscher bis zum Lohn – diese Regierung lenkt uns mit erhobenem
Zeigefinger, als wären wir alle Kinder.
Wir sehen das anders: Wir glauben, wir sind heute mündiger als je zuvor: Wir sind besser
ausgebildet. Wir vergleichen mehr und wissen mehr. Wir haben immer das Internet in der
Hand.
Wir wollen nicht, dass Erwachsene Menschen ein Leben mit Stützräder führen sollen. Wir wollen nicht, dass die Politik an den inneren Kompass der Menschen einen Magneten hält. Um uns
vor allen Lebensrisiken zu schützen, sollen wir ein Leben in der Zwangsjacke führen. Aus unserer freiheitlichen Gesellschaft darf keine staatliche Besserungsanstalt werden!
Die Zeit ist reif für mehr Selbstbestimmung:
- bei der Bildung
- im Arbeitsleben
- für berufliche Selbstständigkeit
- für Vertrauen in die Forschung
- beim Eintritt in die Rente
- und am Lebensende
Millionen Menschen erfüllen jeden Tag ihre Pflicht – und mehr als das. Sie haben Vertrauen verdient. Der zivilisatorische Fortschritt liegt deshalb nicht in der Einschränkung unserer
Freiheit, sondern in ihrer Entfesselung! Das ist German Mut!
Schluss
Wir vertrauen auf den einzelnen Menschen.
Wir glauben, dass es immer eine Möglichkeit gibt.
Wir wissen, dass wir es in der Hand haben, die Zukunft zu bestimmen.
Wir werden niemals „Ja, aber“ und Co. die Oberhand gewinnen lassen.
Wir stehen für German Mut.
Deshalb sind wir Freie Demokraten.