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SEITE 13 Jenseits der LIEBIGSTRASSE
RB-Trainer Beierlorzer im Interview:
„Jeder kann die Tabelle lesen“
RB-Leipzig-Coach Achim Beierlorzer spendiert freie Tage und freut sich auf den Betzenberg
Tag eins nach dem 2:1-Sieg in Bochum.
Man(n) läuft aus oder schwitzt beim
Spiel-Ersatz-Training. Hinterher: Massage und Mini-Urlaub. RB-Leipzig-Coach
Achim Beierlorzer, 47, über Freizeit als
Motivationsspritze, Überzeugungsarbeit
der Trainer und Gottvertrauen in Ralf
Rangnick, 56.
den Ball nicht bekomme, bin ich abgesichert
oder ist die Defensive entblößt? Wir haben
das besprochen, trainiert und im Video analysiert, was gut und nicht gut war.
n Ist die Visualisierung der letzte Schrei der
Trainingslehre?
Sie gehört heutzutage absolut dazu. Wir
halten keine stundenlangen Video-Sitzungen ab, suchen uns zentrale Sequenzen raus.
Beispielsweise das Pressing gegen Ballbesitz.
n Zwei freie Tage mitten in der heißesten
Phase der Saison. Genie oder Wahnsinn?
Ein freier Tag ist normal, den zweiten haben
sich die Jungs mit einer Top-Leistung verdient. Letztendlich war es eine Prämie. Ich
wollte vor Bochum eine zusätzliche Motivation schaffen, habe mit Daniel Frahn darüber gesprochen.
n Freistoß-Varianten werden neuerdings
auch via Videobotschaft geboren. Siehe Dominik Kaisers fieses Tor zum 2:1-Sieg.
Im besten Fall auch das. Wir wussten, wie
sich die Bochumer Mauer verhalten könnte.
n Es gibt Trainer, die denken nur an Fußball und fordern das von ihren Untergebenen. Sie sind anders.
n Hat Emil Forsberg in Bochum seine besten 90 Minuten für RB geliefert?
Wir arbeiten alle mit viel Liebe zum Detail
für den Verein. Aber es gibt auch ein Leben
außerhalb des Fußballs. Man muss auch
mal die Seele baumeln lassen. Ich freue
mich sehr auf meine Frau, meinen Sohn,
unseren Hund, die Zeit mit der Familie.
Dass ich mit einem Sieg ins Fränkische
komme, macht das Ganze noch schöner.
Ja, er war präsent, hat viele Bälle festgemacht, einen entscheidenden Ball erobert
und danach Yussufs Tor perfekt vorbereitet.
Emil müsste sich jetzt auch mal belohnen.
Mit einem eigenen Tor.
n Yussuf Poulsen ist das Gesicht von RB,
Torschützenkönig des Clubs und entsprechend begehrt. Klebt noch das Etikett „unverkäuflich“ auf seiner Turnhose?
n Sie sind immer freundlich, machen keine
Wissenschaft aus Ihrem Job. Könnte es sein,
dass die Aufgeregtheiten des Profi-Geschäfts
selbst aus einem erdverbundenen Familienvater einen Sonderling machen?
n Am Montag (20. April) geht es zum Hit
auf den Betzenberg. Geht doch noch was im
Aufstiegsrennen?
Jeder kann die Tabelle lesen. Wir haben uns
mit zwei Siegen hintereinander eine Situation erarbeitet, in der es noch um etwas geht.
Das und das Spiel auf dem legendären Betzenberg ist doch Klasse!
n RB hat beim offensivstärksten Team der Liga gewonnen, weil ...?
Foto: Gepa
Ich habe meiner Frau gesagt, dass Sie mir
die Leviten liest, wenn ich mich verändere.
Dazu wird es aber nicht kommen.
Völliges Vertrauen in Sportdirektor Ralf Rangnick: RB-Cheftrainer Achim Beierlorzer hat sich als
erfolgreicher Coach der RB-U17 einen Namen gemacht und könnte zur Dauerlösung bei den Profis
werden.
Yussuf hat sich bei uns super entwickelt und
lernt täglich dazu. Wir wissen, was wir an
ihm haben – und dasselbe gilt umgekehrt.
Wir können uns aus dem Markt aus Angebot und Nachfrage nicht rausnehmen. Unverkäuflich ist nicht mal Ronaldo. Ich gehe
aber stark davon aus, dass wir noch lange
mit Yussuf zusammenarbeiten werden.
n Ihre Chancen auf Festanstellung als
Cheftrainer steigen stündlich. Wie fühlt sich
das an? Hat sich Ihr Boss diesbezüglich gemeldet?
Selbst wenn es so wäre, würde ich Ihnen das
wohl kaum auf die Nase
binden. Ich habe völliges
Vertrauen in die Entscheidungen von Ralf Rangnick.
n Wie läuft’s denn so mit
Herrn Rangnick? Darf er
mit in die Kabine? Klaut er
Ihr Shampoo? Äußert er
seine Vorlieben in Sachen
Aufstellung und Taktik?
n Mit welchen Ängsten
gingen die Ungläubigen
denn schwanger?
Manche fragten sich: Wenn
ich vorne drauf gehe und
Foto: Gepa
Weil wir alles umgesetzt
haben, was wir uns vorgenommen haben. Bochum
ist vor allem zu Hause eine
Macht. Es gehört viel Mut
dazu, diese Mannschaft so
früh zu attackieren und
insgesamt so hoch zu stehen. Wir haben unter der
Woche intensiv am Pressing
gearbeitet. Und das Trainerteam musste Überzeugungsarbeit leisten.
Dank einer geschlossenen Mannschaftsleistung konnten die Kicker von RB Leipzig ihr Auswärtsspiel beim starken Gegner VfL Bochum für
sich entscheiden – und sich entsprechend freuen.
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Die Aufstellung ist natürlich Sache des Trainers. Wir
besprechen uns vor dem
Spiel und kurz in der Halbzeit. Da ist auch mein CoTrainer Tamas Bodog und
unser Video-Analyst dabei.
Vier Augenpaare sehen
mehr als zwei. Ich wäre ja
schön blöd, wenn ich diese
Kompetenz nicht nutzen
würde.
Interview: Guido Schäfer
LIEBIGSTRASSE AKTUELL