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Portrait Amal Murad (14), Schülerin
„In Syrien war es schöner.“
Amal hat eine gefährliche Reise hinter
sich. Mit ihrer Familie ist die 14-Jährige zu
Fuß bei klirrender Kälte über die Berge in
den Libanon geflüchtet.
In ihrem Dorf im Qalamun-Gebirge konnte Amal nicht mehr bleiben. Im Winter 2013 wurden die Kämpfe zwischen der syrischen
Armee und den Aufständischen immer heftiger, so dass die meisten Zivilisten flüchten mussten. Viele Dorfbewohner überquerten
die Grenze ins sichere Nachbarland Libanon.
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Flüchtlin n!
berichte
Amals Familie ist beim Flüchtlingswerk der
Vereinten Nationen UNHCR registriert. Sie
bekommt Lebensmittelcoupons. Manchmal
findet ihr Bruder in Baalbek oder Umgebung Arbeit.
Ihre Spende ermöglicht
uns, ein friedliches Zusammenleben im Libanon zu fördern
Mit anderen syrischen Mädchen besucht Amal das „Zentrum für Schülerhilfe“ in Baalbek. Dort nimmt sie an einem Englischkurs teil. Das
Zentrum organisiert Bildungsangebote für libanesische und syrische
Schüler. Eigentlich würde das Mädchen gerne eine normale libanesische Schule besuchen. Aber es gab keinen Platz mehr für sie. Dennoch
hofft Amal, dass sie bald wieder die Schulbank drücken darf und in allen
Fächern Unterricht bekommt.
Die Förderung von ziviler Konfliktbearbeitung in den Gemeinden im
Libanon ist ebenso wichtig wie humanitäre Hilfe. Das forumZFD unterstützt die Kommunen darin, sich verschärfende Konflikte zwischen der
libanesischen Bevölkerung und den Flüchtlingen aus Syrien zu schlichten,
Traumata aufzuarbeiten und die Integration der Syrer/-innen zu fördern.
Unsere Friedensfachkräfte vor Ort leisten im Libanon eine Frieden stiftende Arbeit. Tragen auch Sie mit Ihrer Spende dazu bei!
Diese drei Mädchen hatten Glück. Wenige Wochen nach der Flucht aus Syrien haben sie
noch einen Platz in der Dorfschule gefunden, obwohl das Schuljahr bereits begonnen hatte.
Mit ihrer siebenköpfigen Familie lebt Amal nun in Baalbek in einer
Zweizimmerwohnung. Sie konnte nichts mitnehmen. Amal fühlt
sich wohl in Baalbek, denn sie hat an ihrem neuen Wohnort viele
Mädchen getroffen, die sie aus ihrem Dorf kennt. „Aber Syrien ist
schöner“, sagt die Teenagerin. „Wir hatten dort eine größere und
schönere Wohnung. Außerdem kannte ich eine Menge Leute im
Dorf. Wir hatten viele Verwandte. Und mein Vater hatte Arbeit.“
Die Faktenlage:
Bevölkerung des Libanon: 6 Millionen.
Aufgenommene Flüchtlinge: 1,5 Millionen.
(über die Hälfte davon Kinder unter 14 Jahren)
Viele Flüchtlinge sind vom (Bürger-)Krieg traumatisiert.
Die meisten Flüchtlinge mussten ihr komplettes Hab
und Gut zurücklassen.
Die lokale Infrastruktur ist völlig unzureichend.
(Wohnungsmangel, Wassermangel, zu wenig Schulen und Lehrpersonal, Energie- und Abfallprobleme etc.).
Konflikte um Arbeitsplätze zwischen Libanesen und
Flüchtlingen nehmen zu.
Die Herausforderungen:
Die Rückkehr in das Heimatland Syrien in den kommenden Jahren ist unwahrscheinlich.
Wachsendes Konflikt- bzw. Gewaltpotential muss
dringend durch Konfliktbearbeitung aufgefangen
werden, um sich verschärfende Differenzen zwischen
Gastkommunen und Flüchtlingen zu begegnen.
Die soziale Not und die humanitäre katastrophale
Lage muss bewältigt werden.
Es mangelt an finanziellen Möglichkeiten und Ressourcen im Land.
Kriegs-Traumata müssen aufgearbeitet werden.
Forum Ziviler Friedensdienst e. V.
Am Kölner Brett 8
50825 Köln
Tel.: 02 21 91 27 32 - 0
E-Mail: [email protected]
Spendenkonto:
IBAN: DE 37 3702 0500 0008 2401 01
BIC: BFS WDE 33XXX
www.forumZFD.de
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Aus der S ischen
Einheim
Dunja Shabshoul
(56, Grundschullehrerin)
und Aziza Shabshoul (60, Rentnerin)
sind Libanesinnen und leben in Baalbek
„Die Syrer nehmen uns die
Arbeitsplätze weg.“
Frage: Seit dem Ausbruch des Krieges in Syrien haben Tausende
Syrer in Baalbek Zuflucht gefunden. Was hat sich dadurch in ihrer
Stadt verändert?
Dunja: Die Infrastruktur verkraftet das nicht. Der Strom fällt ständig
aus. Auch das Wasser wird immer wieder abgestellt. Und dann muss ich
sagen, dass ich mich manchmal ziemlich fremd in Baalbek fühle. Früher habe ich auf der Straße viele bekannte Gesichter gesehen. Wenn ich
jetzt in die Stadt gehe oder ins Café, sind alle um mich herum fremd. Ich
kenne niemanden.
Aziza: Die Syrer nehmen uns die Arbeitsplätze weg. Sie nehmen jede
Arbeit an, zum Beispiel als Verkäufer in den Läden. Libanesische Ladenbesitzer entlassen einheimische Verkäufer und stellen Syrer ein.
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Wie Sie u Libanon
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Krieg
Trauma
Gewalt
Syrische Flüchtlinge im Libanon
Der Bürgerkrieg in Syrien hat über 200.000 Todesopfer gefordert.
Mehr als 4 Millionen Menschen wurden aus ihren Häusern vertrieben.
Davon sind 2.500.000 ins Ausland geflüchtet, fast 1.500.000 davon
sind im Libanon untergekommen. Aus politischen Gründen gibt es
keine offiziellen Flüchtlingscamps für die syrischen Flüchtlinge, um
einen längerfristigen Verbleib im Land zu verhindern.
Bei 6 Millionen Einwohnern im Libanon bedeutet dies:
Jeder 3. Einwohner im Libanon ist ein Flüchtling. Die ohnehin bestehenden Spannungen zwischen den Religionsgemeinschaften werden
durch den Zuzug syrischer Flüchtlinge verstärkt.
Flüchtlingsaufnahme überfordert
Gemeinden im Libanon
Familie Hussein, Vater Imad (33 Jahre),
Mutter Nour (26 Jahre), Sohn Raid (7 Jahre)
und Tochter Lujain (5 Jahre)
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Flüchtlin n!
berichte
„Wir haben bei den
Bombardierungen alles verloren.“
Seit Herbst 2013 lebt Familie Hussein in Baalbek, einer Regionalhauptstadt im Nordosten des Libanon in der Bekaa-Ebene. Die
vierköpfige Familie wohnt in einer Einzimmerwohnung, zusammen mit Imads Bruder. Die Husseins stammen aus dem syrischen
Zabadani, das in der Nähe der libanesischen Grenze liegt.
Die Region West Bekaa mit der Regionalhauptstadt Baalbek an der
Grenze zu Syrien gehört zu den ärmsten des Libanon. Die Gemeinden in
der Region haben eine große Zahl syrischer Flüchtlinge aufgenommen.
Doch diese Hilfsbereitschaft
stellt die Gemeinden zugleich
vor große Herausforderungen:
Die Infrastruktur ist überlastet
und die ökonomische Situation verschärft sich. Syrische
Flüchtlinge, die keine Verwandten oder Freunde im Libanon
haben, sind auf sich allein
gestellt. Es gibt keine Flüchtlingslager und sie erhalten
als Flüchtlinge keine offizielle
Arbeitserlaubnis. Um zu überleben, arbeiten viele syrische Flüchtlinge im Libanon illegal und akzeptieren notgedrungen Löhne, die deutlich unter der üblichen Bezahlung
liegen. Einheimische können auf diesem Niveau nicht konkurrieren.
Frage: Warum haben Sie Syrien verlassen?
Imad Hussein: Unser Haus wurde bombardiert. Wir können nicht zurück. Wir konnten bei unserer Flucht nichts mitnehmen. Alles war wir
dort hatten, ist verbrannt.
Nour Hussein: Als unsere Wohnung bombardiert wurde, hat sich
meine Tochter furchtbar erschrocken. Danach hat sie lange kein Wort
mehr gesprochen. Es wurde dann etwas besser. Aber bis jetzt hat sie
Sprachstörungen. Und bei lauten Geräuschen zuckt sie zusammen und
bekommt Angst. Ich wünsche mir, dass sie behandelt werden kann.
Konflikte werden verstärkt
Frage: Wie leben Sie in Baalbek?
Imad: Wir bekommen Lebensmittelgutscheine vom UNHCR. In Syrien
hatte ich eine Bäckerei. Hier habe ich nichts. Es ist nicht leicht, hier Arbeit zu finden, weil es sehr viele arbeitssuchende Flüchtlinge aus Syrien
gibt. Ungefähr einmal in der Woche finde ich Arbeit, zum Beispiel als
Bauarbeiter. Von meiner Arbeit bezahle ich die Miete. Wir leben sehr
sparsam. Das heißt, wenn mein Sohn sich ein Spielzeug wünscht, kann
ich es für ihn nicht kaufen.
Das schürt Ressentiments und viele Libanes/-innen machen die
Flüchtlinge für die gestiegene Armut verantwortlich. Auch der Neid
auf die Hilfeleistungen für syrische Flüchtlinge durch humanitäre
Organisationen spielt eine Rolle. Erschwerend kommt hinzu, dass der
Libanon selbst von 1975 bis 1990 Schauplatz eines blutigen Bürgerkrieges war und die Konfliktursachen teilweise denen im Nachbarland Syrien sehr ähnlich sind.
Hier setzt unsere Friedensarbeit an
Friedensfachkräfte des forumZFD unterstützen Kommunen und Organisationen vor Ort dabei, die zunehmenden Konflikte im Norden des
Libanon zu deeskalieren und den Behörden und Flüchtlingen Hilfestellung bei der Bewältigung dieser schwierigen Situation anzubieten.
Zum Beispiel wird mein Sohn in der Schule manchmal
beschimpft. Andere Schüler sagen zu ihm „Hau ab, du
Syrer“. Er wurde auch schon zusammengeschlagen.
Nour: Ich habe keinen Kontakt zu meinen libanesischen Nachbarn. Einmal bin ich zu meiner Nachbarin gegangen, weil ihr Sohn
meinen Sohn Raid geschlagen hat. Ich wollte mit ihr darüber sprechen. Aber sie zeigte kein Verständnis, hat nur gesagt, wir Syrer
würden den Libanon kaputt machen.
Aber ich habe auch positive Erfahrungen mit Libanesen gemacht.
Als meine Tochter schwer krank wurde, haben einige Libanesen
für uns Geld gesammelt. Damit konnte ich in die Hauptstadt Beirut
fahren und meine Tochter dort behandeln lassen.
Frage: Wo gehen sie hin, wenn sie in Baalbek etwas Luft
schnappen möchten?
Nour: Einmal in der Woche gehen wir nach Ras Al-Ain, es liegt
Mitten in Baalbek, ein Park mit einem Spielplatz. Wir setzen uns
auf eine Bank und die Kinder spielen.
Mohamed Al-Daif, 15 Jahre
„Mein größter Wunsch: Nach
Syrien zurückkehren zu können.“
Die vierköpfige Flüchtlingsfamilie Hussein muss nach der Flucht in den Libanon
zusammen mit einem weiteren Verwandten in einem einzigen Zimmer leben.
Frage: Sie haben libanesische Nachbarn und ihre Kinder gehen in
libanesische Schulen. Wie ist ihre Beziehung zu Einheimischen?
Imad: Ich habe das Gefühl, dass wir hier Eindringlinge sind. Durch uns
wird das Leben auch für die Libanesen schwieriger, vor allem wenn es
um Arbeitsplätze geht. Ich denke, dass das der Grund ist für die Spannungen zwischen uns und für die Diskriminierung, die wir erleben.
Frage: Gehst du in Baalbek in die Schule?
Nein. Als ich in der 9. Klasse war, musste ich die
Schule verlassen und in den Libanon gehen. Weder ich noch meine Geschwister besuchen hier
eine Schule. Das ist zu teuer für uns.
Frage: Was tust du den ganzen Tag?
Manchmal gehe ich in die Stadt und treffe andere Flüchtlinge aus
Syrien, die aus dem gleichen Dorf stammen wie wir. Wir sitzen im
Café und unterhalten uns, dann gehe ich nach Hause zurück. Oder
ich sehe mit meiner Familie fern, vor allem syrische Serien mögen
wir. Und ich spiele gerne Fußball mit meinen Geschwistern im Hof.
Früher im Dorf habe ich mit meinen Freunden gespielt. Ich war
Stürmer und habe viele Tore geschossen.
Frage: Welchen Verein unterstützt du?
Mein Lieblingsverein ist Real Madrid, die spielen gut.
Frage: Was wünschst du dir?
Mein größter Wunsch ist, nach Syrien zurückzukehren.