Wo, bitte, darf ich einhängen? 20 3/2015 Bergführer omas Hafenmair nimmt »Die Allgäuerin« mit auf eine Klettersteigtour in den Tegelberg bei Schwangau. urin Unsere Redakte Mutig , mutig! iert im ganz konzentr Monika Läufle Klettersteig. I ch liebe meinen Job! Heute ist Freitag, die Sonne strahlt und ich bin beim Recherchieren. Das ist journalistisch und bedeutet in meinem Fall: Statt im Büro zu sitzen, besteht meine »Arbeit« bei dem tollen Wetter darin, mit Bergführer omas Hafenmair auf eine Klettersteigtour zu gehen. Yippie yeah! omas hat sich den Tegelbergsteig ausgesucht. Auf 1 km Länge und 270 m Höhendifferenz schlängelt sich der Weg durch die 3/2015 Nordwand des Gelbewandschrofens. Entlang des Steiges ist ein Stahlseil angebracht, an dem wir uns sichern können. Mit Zustieg sind wir etwa zweieinhalb Stunden unterwegs, erzählt omas. Das hört sich machbar an, denke ich mir, während uns omas mit dem Wichtigsten ausstattet: Einem Helm, falls Wanderer über uns Steine wegtreten, Handschuhen, falls das Stahlseil mit der Zeit doch zu fest in den Handinnenflächen kratzt, und dem Klet- Bergführer Thomas Hafenmair hat »Die Allgäuerin« zu einer Klettersteigtour eingeladen. Da sagen wir natürlich nicht nein. tergurt und dem Klettersteigset, falls man doch mal das Gleichgewicht verliert. omas warnt uns aber gleich: Im Gegensatz zu einem Kletterseil, in das man beliebig o reinfallen kann, darf man das bei diesem Sicherungsgerät nur ein einziges Mal. Danach ist es nicht mehr zu gebrau- 21 Nicht überschätzen! Die Klettersteige am Tegelberg haben am Einstieg jeweils eine Datentafel, auf der alle wichtigen Informationen zum jeweiligen Klettersteig stehen. Zusätzlich gibt es am Tegelbergsteig und am Fingersteig einen persönlichen Gefahrencheck, der unbedingt beachtet werden sollte. Immer wieder kommt es vor, dass Klettersteiggeher sich und ihre Fähigkeiten selbst falsch einschätzen. Aufwendige Rettungsaktionen sind dann notwendig. Deshalb sollte man seine Tour sorgfältig planen und seine eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen. Wichtig ist auch, dass man immer eine kleine Notfallausrüstung und ein Handy dabei hat und nie alleine einsteigt. Links: So nah an den Fels kommt man bei einer normalen Wanderung nicht. Rechts: Das Klettersteigset hat zwei Karabiner. Wechselt man den Abschnitt am Stahlseil, ist man so an mindestens einer Sicherung eingehängt. chen. Dann zählt er noch auf, dass es selbst mit Sicherungsgerät böse Verletzungen geben kann. Gut, ich hatte eh nicht vor, leichtsinnig zu werden oder gar absichtlich zu fallen. Gleich eine schwere Stelle Ein Klettersteig, verrät omas mit einem Grinsen, beginnt o mit einer der schwierigsten Stellen. So merkt man gleich am Anfang, ob man dem gewachsen ist, und kann gegebenenfalls umkehren. Würde so eine Stelle erst irgendwo in der Mitte kommen, würde man sich schlimmstenfalls nicht mehr vor, noch zurück trauen. 22 Also geht es beim Tegelbergsteig auf einer Eisenleiter erstmal einige Meter senkrecht nach oben. Danach geht es an einer steilen Wand gleich weiter. Die Zehen haben grad noch so Platz. Unter den Fersen befindet sich nichts außer Lu und man kann ein paar Meter nach unten sehen. Hätte ich Höhenangst oder wäre ich nicht schwindelfrei, würde ich auf der Stelle umdrehen. Hätte ich kein Stahlseil, an dem ich mich festhalten könnte und keine Sicherung, die mich im Notfall auffangen würde, würde ich mich das nicht trauen. Ein Klettersteig wird mit Buchstaben bewertet. Einfache Steige sind mit »A« gekennzeichnet. Der Tegelbergsteig wurde mit der Schwierigkeitsstufe»C« bewertet. omas erklärt, dass Klettersteige nicht nach Einzelstellen, sondern nach dem Gesamtweg klassifiziert werden. So wechseln sich auch bei diesem Klettersteig leichte mit kraraubenden Stellen ab. Während man sich bei manchen Stellen trauen würde, auch ohne Sicherung weiterzugehen, ist man an anderen Stellen gottfroh um das Sicherungsseil. Es gibt Stellen, in denen man abgedrängt wird, Stellen, die extrem steil sind oder wo es bis zu 200 m nach unten geht. An vielen Stellen hat man Eisenklammern oder Trittbügel in den Fels eingelassen. Sonst gäbe es 3/2015 Abenteuerlich und stellenweise anstrengend ist die Klettersteigtour. gar keine Stelle, an der man seinen Fuß aufsetzen könnte. Diese Eisenklammern liegen zum Teil auch weiter auseinander. Da braucht es einen riesen Schritt bis zur nächsten Stufe und gewaltig Kra in den Armen um weiterzukommen. Bei diesen Stellen nehme ich meinen Freudenjauchzer vom Anfang doch zurück. Da wäre ich lieber an meinem sicheren Bürotisch. Aber mit ein bisschen Ermutigung gehen auch diese Stellen ohne Probleme. Fast meditativ Nach einer Weile geht das Sichern ganz automatisch. Das Klettersteigset hat zwei Sicherungsseile. So ist man, auch wenn man die Abschnitte am Stahlseil wechselt, an mindestens einer Sicherung eingehängt. Das Sichern wird fast schon meditativ. Alle paar Schritte kommt ein neuer Abschnitt im Stahlsein. Erste Sicherung raus und im neuen Abschnitt wieder einhängen. Zweite Sicherung aus, und wieder einhängen. Klick, Klick, Klick, Klick. Man darf sich, betont omas immer wieder, nicht hetzen lassen. Schon alleine aus Sicherheitsgründen. Denn die Verantwortung für die eigene Sicherheit trägt man ganz alleine. Das merkt man auch in den Armen. Und so viel Körperspannung 3/2015 habe ich bis jetzt beim Wandern auch noch nie gebraucht. Nicht nur an den schweren Stellen bin ich froh um meinen Bergführer. Immer wieder gibt er Tipps. Wenn man die Arme gestreckt lässt und sie nicht krampfha anwinkelt, kann man viel Kra sparen, rät omas. Und selbst, wenn ein Tritt noch so klein ausschaut: Jeden Tritt mitnehmen. Es ist erstaunlich, wie wenig Trittfläche man braucht, um einigermaßen stabil stehen zu können. Ein Klettersteig gibt alpin unerfahrenen Menschen die Möglichkeit, den Berg viel direkter zu erleben, erklärt omas. Mal zu fühlen, wie es ist, wenn man sich ganz nah an den Fels drückt, wenn man an der Wand »klebt«. Es stimmt schon. Wenn man im Fels hängt, wenn die Wand vor einem steil nach oben und unten abfällt, oder wenn man von Steinen umgegeben ist, dann ist das ein Gefühl, das man beim Wandern so nicht bekommt. Nein, mit Wandern kann man einen Klettersteig wirklich nicht vergleichen. Man ist viel konzentrierter, nimmt alles viel bewusster wahr. Und am Ende ist man oben am Ziel ein klein wenig stolzer als wenn man »nur« auf den Berg gewandert wäre. Text: Monika Läufle; Fotos: Monika Läufle (6), privat (1) Info Geführte Touren & Leihausrüstung Für alle interessierten Klettersteiggeher, seien es die Schnupperer, Anfänger oder jene, die gerne noch was dazu lernen wollen, bieten die Bergführer des Bergsportzentrums in Schwangau geführte Touren in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen an. Ebenfalls kann man dort nach Voranmeldung Ausrüstung ausleihen. Zudem bietet die Gemeinde Schwangau jeden Mittwoch und Samstag von 9 bis 10 Uhr in der Mountain Lodge des Bergsportzentrums eine Alpine Beratung an. Weitere Infos unter: www.tegelbergbahn.de und auf www.schwangau.de. 23
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