Von der Idee zum Konzept Erfahrungen bei der praktischen Umsetzung der Projektinhalte im rheinland-pfälzischen Modellprojekt. André Hennig Diplom-Pflegewirt (FH), Pädagoge, Coach (FH) Projekt Demenzkompetenz im Krankenhaus 1 Idee Konzept Beratung 2 Strukturelle Voraussetzungen 3 Anforderungen an die Modellkliniken Zielvereinbarung mit der Geschäftsführung Bildung einer Steuerungsgruppe Möglichst hierarchieübergreifend Möglichst interdisziplinär (Medizin, Pflege, Sozialdienst, etc.) 4 Unterschiedliche strukturelle Verankerungen der Projekte • Projektverantwortliche – Teils Einzelkämpfer – dann als Netzwerker/“Verführer“ – Teils eines Teams – teils disziplinär, teils interdisziplinär – Demenz bereits als persönliches Thema / neues Thema – in Stabsstellenposition ohne Delegationsrecht – in Direktorenposition mit großen Delegationsrechten – mit pflegerischem oder medizinischem Hintergrund 5 Erfahrungen zum Screening 6 Erfahrung: Sinn und Nutzen wird erkannt Abhängigkeit von einer validen und von der Subjektivität enthobenen Einschätzung (Assessment) wurde deutlich Hohe Motivation zur Studienteilnahme Einfinden in die Rolle des „Diagnostikers“ und „Diagnosen-Überbringers“ war unvertraut Gebetsmühle: Screening ist keine Demenzdiagnostik 7 Qualifizierungsmaßnahmen 8 Qualifizierung der Ärztinnen/Ärzte Psycho-soziale Aspekte • Sensibilisierung für die Wahrnehmung und Bedürfnisse von Menschen mit Demenz • Kennenlernen des Screening-Instruments • Schmerzassessment • Entlassmanagement • Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen Medizinische Aspekte • Ätiologie, Diagnostik und Therapie der Demenz (S3-Leitlinie) • Delirprävention 9 Qualifizierung sonstiger (Berufs-)Gruppen Grüne Damen (Ehrenamt); Reinigungskräfte; Hol- und Bringedienst; Seelsorge; MTA; etc. Inhalte: • Kommunikation mit demenziell erkrankten Menschen • Beschäftigungsangebote • Umgang mit herausforderndem Verhalten 10 Haltung Qualifizierung der Pflegekräfte (Physiotherapeuten, Sozialdienst) Inhalte • Screening kognitiver Beeinträchtigungen • Demenz – Aktuelle Ätiologie, Diagnostik und Therapie • Kommunikation mit demenziell erkrankten Menschen • Abklärung von und Umgang mit herausforderndem Verhalten • Beschäftigungsangebote und tagesstrukturierende Maßnahmen • Angehörigenarbeit • Patientenüberleitung und Entlassungsmanagement • Milieugestaltung und der Einsatz von Hilfsmitteln • Alternativen zu Fixierungen • Delirprävention • Schmerzassessment 11 Problemorientierte Didaktik • Mitarbeiter an den Alltagsproblemen abholen – Unkooperative Patienten – Komplikationen • Akzeptanz der unterschiedlichen Perspektiven: – „Unser Problem ist deren Lösung“ • Hoch heterogenes Vor-Wissen und Haltung bei den Mitarbeitern – Vom Validationsanwender bis zum Fakten-Kommunizierer • Enormes Interesse bei den Mitarbeitern – für eine tiefergehende sozial-psychologische Betrachtung – für Tricks und Kniffe für den gelingenden Alltag • Wissen oft nützlich für den „Privatgebrauch“ 12 Erfahrungen bei der Umsetzung 13 Erfahrung 1: Wissen um vulnerable Patientengruppe „So seltsam es klingen mag, die erste Anforderung an ein Krankenhaus ist, dass es den Kranken nicht schaden soll“ (Florence Nightingale) Großes Wissen und Sorge um mögliche Komplikationen eines Krankenhausaufenthalts Verwirrtheit Vertrauensbrüche Übergriffe Stürze Schmerzen Delir Inkontinenz Psychopharmaka Langzeitperspektive ist vielen Mitarbeitern weniger bekannt 14 Erfahrung 2: Pflege und Medizin im Aufgabe-Verantwortungs-Dilemma „Erst gar nicht nicht ins Krankenhaus schicken“ Nutzen-/Schadensabwägung in Hinblick auf einen Krankenhausaufenthalt im Allgemeinen und die Diagnostik im Speziellen „Wer drin ist drin!“ dominante monetäre und rechtliche Aspekte „Rund-um-Sorglos-Paket wird mitgebucht“ Bis zu 30% der elektiven OPs wären ambulant abzudecken 15 Erfahrung 3: Ein „Problem“ wird hin- und hergeschoben Wer ist verantwortlich? Rufen, Umherlaufen, aggressives Verhalten nächtliches nach Hause wollen Jede Disziplin scheint in diesen Momenten ein „Grundrecht“ auf einen „kooperativen, verstehenden und akzeptierenden Mitmachpatienten“ zu haben. 16 Erfahrung 4: Fraglicher medizinischer Auftrag • Großes Interesse an Fortbildung zu Diagnostik und Therapie (S3-Leilinie) • Ernüchterung mit Blick auf den medizinischen Alltag: – Diagnostik der Demenz nicht Teil der Aufgabenstellung – Therapeutisch kaum Wirkmöglichkeiten (med. Nihilismus) • Med. Auftrag in der Somatik ist der Vulnerabilität dieser Klientel zu begegnen 17 Erfahrung 5: Verrichtungs- vs. Personorientierung Der Blick der Mitarbeiter ist notwendigerweise auf die effiziente Verrichtung von Aufgaben gerichtet. Zur effizienten Aufgabenerledigung bedarf es jedoch zumeist der „Zuarbeit“ des Patienten Menschen mit Demenz arbeiten jedoch zumeist nur „zu“, wenn es ihren Bedürfnissen, ihrem Personsein dient. Diese Erkenntnisse reifte bei den Mitarbeitern über die Qualifizierungszeit: Personorientierung ist damit Sozialromantik sondern faktische Notwendigkeit „Kontakt vor Funktion“ 18 Ergebnisse 19 Pre-Post-Test: Pflegekräfte (Physiotherapeuten/Sozialdienst) Demenz im Krankenhaus als sinnvolles Thema 3,84 3,77 Kennen standardisierter Verfahren zur Risikoeinschätzung Umfassendes Wissen zum Krankheitsbild Demenz Sicherheit im Umgang mit Menschen mit Demenz Sicherheit im Umgang mit Angehörigen 3,11 2,09 Post-Test 1,92 2,22 2,06 2,23 stat. signifikant (α < 0,01) 2,53 Kennen regionaler Demenznetzwerke 2,47 trifft weniger zu Projekt Demenzkompetenz im Krankenhaus 2,83 2,34 Patientenüberleitung erfolgt reibungslos trifft nicht zu Pre-Test 2,89 2,39 2,51 Zufriedenheit mit Versorgung auf meiner Station gute interdisziplinäre Zusammenarbeit 3,18 2,47 3,15 trifft eher zu trifft voll zu 20 Veränderungen im Alltag (Beispiele) Erkenntnisse der Mitarbeiter: • „Entweder er beschäftigt uns oder wir beschäftigen ihn“ • „… wenn ich jetzt nicht entspanne, hört sie gar nicht mehr auf!“ • „ich habe es dann einfach mal anders versucht und es hat geklappt. Maßnahmen der Mitarbeiter: • Biografieorientierte Maßnahme: Patient erhält Schreibtisch und Stempel • Vermehrte Wahrnehmung und Prüfung von Schmerzen 21 Organisatorische Veränderungen (Beispiele guter Praxis) • Aufnahmemanagement: Haus-/Fachärzte erhalten spezielle Nummer zur Anmeldung elektiver Patienten mit Demenz Informationsblatt für Angehörige von Menschen mit Demenz Zusatzaufgabe des Prozess-/Bettenbelegungsmanagements: Frage bei Anmeldung nach kognitiven Veränderungen • Gewinnen von Ehrenamt Gewinnen und Qualifizieren von Demenzbegleitern/Besuchsdiensten Kooperation mit Alzheimergesellschaft • Beschäftigung und Milieugestaltung „Demenz“-Kisten Umgestaltung der Patientenzimmer 22 Organisatorische Veränderungen (Beispiele guter Praxis) • Angehörigenarbeit – Angebot von Informationsbroschüren und Belletristik – Angebot zur Teilnahme an Schulungen • Vernetzung und Austausch – Einbindung stat. und amb. Einrichtungen in den internen Steuerungskreis – Vorträge und Diskussionen zum Thema vor Ort – Einladen der Pflegestützpunkte – Austausch • Qualitätssicherung: – Verfahrensanweisung: Menschen mit Demenz im Krankenhaus – Überarbeitung der Überleitungsbögen und des Standards Entlassungsmanagement 23 Beratungsleistungen Interne Kommunikationswege zur Optimierung der interdisziplinären Zusammenarbeit Vernetzungsarbeit und -verständnis Weiteren möglichen Organisationsentwicklungsmaßnahmen Aufnahme- und Entlassungsmanagement 24 Idee Konzept Die Konzepte sind und bleiben im Prozess Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht… 25 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Projekt Demenzkompetenz im Krankenhaus 26
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