KULTUR NR. 141 | FREITAG, 20. JUNI 2014 HANNOVERSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG | W Erst die Moral, dann das Essen InItIal von Ronald MeyeR-aRlt Raus aus den Netzwerken! Philosophin Corinna Mieth bei den Hannah-Arendt-Lectures D von daniel alexandeR Schacht „Er hüpfte wie ein Gummiball vor mir herum. Gut, dass er angekettet war“: Schnappschuss von Hundefreund Axelsson. „Grönland ist wie ein Magnet“ Ein Picasso hinter einem Picasso Unter einem Gemälde von Pablo Picasso haben Forscher ein weiteres Bild des spanischen Malers entdeckt. Eine Untersuchung der für das Gemälde „Das blaue Zimmer“ von 1901 verwendeten Pigmente habe den alten Verdacht bestätigt, dass es sich bei dem übermalten Bild eines bärtigen Mannes ebenfalls um ein Gemälde Picassos handelte, sagte die Kuratorin der privaten PhillipsSammlung in Washington, Sue Frank, am Donnerstag. Nun sollten weitere Untersuchungen Klarheit darüber bringen, wer der Mann auf dem Bild ist. Laut der Kuratorin könnte es sich bei dem bärtigen Mann um den Kunsthändler Ambroise Vollard oder den Kritiker Gustave Coquiot handeln. Sängerin in Peshawar erschossen Die populäre Sängerin Gulnar Bibi ist im Nordwesten Pakistans getötet worden. Ein Polizeisprecher sagte am Donnerstag, maskierte Männer seien in ihr Haus in der Provinzhauptstadt Peshawar eingedrungen und hätten fünf Schüsse auf die 38-Jährige abgegeben. Das Motiv sei unklar. Bibi war unter ihrem Künstlernamen Muskan bekannt. Sie sang auf Paschtu, der im Nordwesten Pakistans und im Süden und Osten Afghanistans verbreiteten Sprache. Drohungen der Taliban haben viele paschtunische Sänger zur Flucht aus dem Nordwesten Pakistans gezwungen. Vor zwei Jahren war die Sängerin Ghazala Javed (24) ebenfalls in Peshawar erschossen worden. Uraufführung an der Staatsoper verschoben Die an der Staatsoper Hannover für die Spielzeit 2014/2015 geplante Uraufführung der Oper „Lot“ von Giorgio Battistelli verschiebt sich um eine Saison. Nach Angaben der Oper kann der Komponist die Partitur nicht rechtzeitig zum Termin fertigstellen. Stattdessen hat jetzt am Sonnabend, 17. Januar 2015, in der Staatsoper „Caligula“ von Detlev Glanert Premiere: ein Stück, das 2006 in Frankfurt uraufgeführt wurde und danach international Erfolge feierte. In Deutschland wurde es seitdem aber nicht mehr gezeigt. jr Jazzmusiker Horace Silver gestorben Der US-Jazzmusiker Horace Silver ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 85 Jahren, wie das Label Blue Note Records mitteilte. Silver hatte fast 30 Jahre mit dem legendären Jazzlabel zusammengearbeitet. Der Musiker und Komponist galt als Pionier des Hardbop und Funk-Jazz. Mit dem Schlagzeuger Art Blakey gründete er in den 50er Jahren die Jazz Messengers, ging dann aber mit seinem Horace-Silver-Quintett eigene Wege. Zu seinen Hit-Kompositionen zählen „The Preacher“, „Sister Sadie“ und „Song for my Father“. Horace Silver starb in seinem Haus in New Rochelle im US-Bundesstaat New York. Zu Gast beim Lumix-Festival: Der isländische Fotograf Ragnar Axelsson Herr Axelsson, seit drei Jahrzehnten fotografieren Sie in Ihrer Heimat Island, aber auch auf Grönland. Warum? Ich wollte als junger Fotograf etwas zeigen, was von Bedeutung ist. Zuerst wollte ich den Hunger in Afrika dokumentieren. Aber ich war zu spät. Alle waren schon da. So entschied ich mich, in diese kalte Gegend zu gehen, um den Menschen Dinge zu zeigen, über die sie wenig wissen. Niemand arbeitet da gern. Es ist kalt, dir frieren die Fingernägel ab, deine Ausrüstung geht kaputt. Aber ich hatte Bilder, die sonst niemand hatte. Anfangs stieß das auf wenig Interesse. Aber es wurde immer mehr. Sie dokumentieren auch den Klimawandel in Ihrer Arbeit. War das immer Ihr Ziel? Vor 30 Jahren, als ich anfing, auf Grönland zu fotografieren, habe ich überhaupt nicht über den Klimawandel und das Abschmelzen des Eises nachgedacht. Die Inuit-Jäger auf Grönland, die ich fotografierte, sagten irgendwann, dass etwas falsch läuft. Sie sagten: Das Eis ist krank. Mittlerweile ist das meterdicke Eis, auf dem ich damals stand und Bilder machte, an denselben Stellen nur noch wenige Zentimeter dick. Springt man, bricht man ein. Haben die Menschen in Grönland Zukunftsangst? Es gibt eine junge Generation, die aktiv ist und etwas verändern will. Die Jäger haben Angst um ihre Zukunft, weil es ihre Existenz ist. Die Suizidrate unter ihnen ist hoch. Ist der Klimawandel zu Ihrem zentralen Thema geworden? Ich habe irgendwann bemerkt, dass ich dieses Thema weitermachen will. Ich fühlte mich wie ein Puzzleteil in einem großen Bild. Alle müssen ihren Teil beitragen, ob Journalisten oder Wissenschaftler. Mein Part ist es, das zu dokumentieren, was dort passiert. Und es passiert. Jetzt gerade. Mit Ihrer Fotografie sind Sie mittlerweile weltbekannt. Bin ich? Glauben Sie nicht? Ich habe das jedenfalls nie so richtig verstanden. Trotzdem arbeiten Sie noch bei einer isländischen Tageszeitung. Ja, das ist eine ganz andere Welt. Das ist der Traktor auf dem Feld. Meine private Arbeit ist der Porsche zu Hause. Ein Porsche in Schwarz-Weiß. Wenn ich auf Reisen bin, fotografiere ich in Schwarz-Weiß. Ich liebe es. Bei der täglichen Arbeit für die Zeitung mache ich das nie. Weil ich das Gefühl nicht zerstören will. Finanzieren Sie das eine mit dem anderen? Ich habe immer alles selbst bezahlt, ich habe mal ein Auto verkauft, sogar mal eine Kamera, um meine Reise finanzieren zu können. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, will ich es auch verwirklichen. Ich habe mal Fußball gespielt. Ich hasse es, zu verlieren. Könnten Sie dort leben? Eine Zeit, ja. Aber immer – nein. Es dauert Jahre, bis man sich umgestellt hat. Warum? Es ist eine andere Welt. Alles ist langsam. Viele Menschen haben die Mentalität der Jäger. Sie jagen, wenn sie Hunger haben. Manche Leute gehen zur Arbeit, und wenn sie bezahlt worden sind, gehen sie erst wieder arbeiten, wenn das Geld alle ist. Und versuch mal, ein Foto aus Grönland per Mail zu senden. Aber es ist sehr entspannend. Wenn man in die moderne Welt zurückkommt, fällt einem auf, wie dumm hier vieles ist. Sie sind Pilot und fliegen auch manchmal zur Arbeit. Nützlich, oder? Sehr. Ich wollte immer Pilot werden, aber es gab keine Jobs für Piloten. Ich hätte die älteren Piloten erschießen müssen, aber das verbietet ja das Gesetz. Also bin ich Fotograf geworden. Dafür konnte ich das Fliegen gut gebrauchen. Und es ist sehr entspannend. Ich bin in einem Fliegerklub. Unsere Flugzeuge sind alle älter als 50 Jahre. Sie sprechen – wie jetzt auf dem LumixFotofestival – oft vor Studenten. Was empfehlen Sie ihnen? Es kreist heute alles ums Geld. Als ich das Grönland-Projekt begann, sagten alle: „Warum machst du das? Es ist dumm, da immer wieder hinzufahren und dauernd die gleichen Bilder zu machen.“ Es wird immer wieder Leute geben, die dich für verrückt halten, aber man muss als Fotograf seinem Gefühl, seinen Ideen und Idealen folgen. Wenn man das nicht machte und immer wieder den Rahmen sprengte, würden heute alle Lieder gleich klingen. Und ich bin sicher, der eigene Weg wird sich am Ende immer bezahlt machen. Sie haben nicht nur Fußball gespielt, sondern in Island sogar einen Klub mitgegründet. Spielen Sie selber auch noch? Nein, ich gucke nur noch. Wer wird Weltmeister. In Island glauben alle: Deutschland. Interview: Uwe Janssen Zur Person Ragnar Axelsson, Jahrgang 1958, ist der bekannteste Fotograf seiner Heimat Island. Seit fast 40 Jahren arbeitet er für die Tageszeitung „Morgunbladet“, seine Fotobände wie „Gesichter des Nordens“ oder „Die letzten Jäger der Arktis“ erlangten internationalen Ruhm, sie dokumentieren das Leben von Jägern, Hirten, Bauern und Fischern unter härtesten Bedingungen. Ragnar Axelsson lebt in Rejkjavik. uj/von Ditfurth Fliegen Sie regelmäßig nach Grönland? Grönland ist zu einer Herzensangelegenheit geworden. Ich muss immer wieder hin. Das ist ganz komisch. Ein seltsames Land. Wie ein Magnet, der dich immer wieder anzieht. Die Seidenspinnerin Der zweite unter Pseudonym veröffentlichte Krimi von J. K. Rowling erscheint auf Englisch von nina May Seidenwürmer erwartet ein grausames Schicksal. Um an die Seide zu kommen, verbrennen die Menschen die Larven im Kokon gemeinhin – und auf ähnlich grausame Weise lässt die Harry-PotterAutorin J. K. Rowling ihr Opfer in ihrem gestern in englischer Sprache erschienenen Krimi „The Silkworm“ sterben. Mit Säure übergossen wird der Schriftsteller Owen Quine in einem grausigen Ritualmord hingerichtet. Der verschlossene Privatdetektiv Cormoran Strike, der als Soldat ein Bein verlor und durch seine massige Statur auffällt, begibt sich auf die Suche nach dem Mörder. Es ist der zweite Fall für Strike und seine Assistentin Robin. Die Geschichte um den ersten Band, „Der Ruf des Kuckucks“, klingt selbst wie ein Krimi: Die britische Verlagsgruppe Little Brown Book veröffentlichte den Roman unter dem Pseudonym Robert Galbraith im April 2013 ohne viel Aufsehens, drei Monate später die Enthüllung: Die Bestsellerautorin J. K. Rowling steckt hinter dem Pseudonym. Im Nachhinein kursierten die abenteuerlichsten Theorien, wie man Rowling von Anfang an hätte enttarnen müssen: Die genaue Beschreibung von Geheimnisse im Roman: J. K. Rowling. Damenmode weise auf eine weibliche Feder hin. Ein Oxford-Professor wollte gar über ein Computerprogramm, das die Häufigkeit von Wörtern misst, auf Rowlings Spuren gekommen sein. Es mag sein, dass Rowling diese Erfahrung zu ihrer jüngsten Geschichte inspiriert hat. Denn auch in „The Silkworm“ geht es um ungewisse Autorschaften und um versteckte Botschaften im letzten Werk des Opfers. In einem Schlüsselroman portraitierte Owen Quine Verleger, Geschäftsführer, Frau, Geliebte und einen erfolgreicheren Schriftstellerkollegen auf wenig schmeichelhafte Weise. Die Liste möglicher Mörder ist also lang. Owen Quine wählte den Romantitel „Bombyx Mori“ – lateinischer Name für Seidenwurm. Das Opfer nennt sich im Roman selbst so, seine Weggefährten stellt er als widerwärtige Insekten oder Giftpilze dar. Rowling kostet die Anspielungen auf diese seltsame, allegorische Parallelwelt so genüsslich aus wie in ihren Romanen um den Zauberlehrling Harry Potter. Es macht Spaß, ihren Ermittlern dabei zuzuschauen, wie sie Verbindungen zwischen Realität und Quines Roman aufdecken. Das ewig regnerische London, das Rowling mit ihrer Schilderung von U-Bahn-Menschen mit feuchter Kleidung einfängt, ist die perfekte Kulisse für die düstere Geschichte. Auch die Dramaturgie passt: Cormoran Strike geht in Pubs, Verlagsgebäude und auch mal mit einer Frau ins Bett, um an winzige Informationen zu gelangen. Das ungleiche Ermittlerpaar – der versehrte Held mit weichem Kern und Robin, seine hübsche Assistentin mit Köpfchen – und die verhohlene Anziehungskraft zwischen den beiden sind reizvoll. Lediglich die Verehrung von Armee und Soldatentum stößt beim Lesen bitter auf. Strike – selbst der Name „Treffer“ passt zu seiner Veteranenkarriere – sehnt sich nach der Anonymität der Truppe, immer wieder kommt er auf soldatische Tugenden wie Ehre und Ordentlichkeit zu sprechen. Rowling teilt diese Einstellung offenbar: Ihrem Alter Ego Galbraith dichtete sie eine Soldatenkarriere samt Tapferkeitsmedaille an. Das Geld, das der Anwalt zahlen musste, der das Geheimnis ihrer Autorschaft ausplauderte, spendete sie an Kriegsveteranen. In deutscher Sprache erscheint „Der Seidenspinner“ am 24. November bei Blanvalet. Rowling hat zwei lesenswerte Krimis geschrieben, die im Vergleich mit den Potter-Romanen jedoch gewöhnlich wirken. Doch was aus ihrer Feder kommt, verkauft sich gut. Insofern ist J. K. Rowling die wahre Seidenspinnerin. Galbraith: „The Silkworm“ (Engl.), Sphere z Robert Books, 464 Seiten, 19,95 Euro. „Wenn ich im Restaurant ein argentinisches Rumpsteak esse“, sagt Corinna Mieth, „ist das unmoralisch?“ Die Frage mag Freunden fleischlichen Genusses abseitig erscheinen. Aber wir sind ja nicht im Steakhaus, sondern bei den HannahArendt-Lectures. Da geht es unter dem Titel „Tischgesellschaft der Zukunft“ um die Ethik der Ernährung – und damit halt eher moralisch als kulinarisch zu. Doch was heißt schon kulinarisch? Wer Fleisch isst, fügt seinem Körper Cholesterin, gesättigte Fettsäuren, Nitrite und Purine zu und erhöht damit sein Infarktund Diabetesrisiko, erinnert Mieth in ihrem Vortrag über Konsumentenethik. Bei Fleisch aus Massentierhaltung kommen Antibiotika und jene Stresshormone dazu, die die Tiere ausschütten, wenn sie die Todesschreie ihrer Artgenossen hören. Solcher Fleischkonsum mag ungesund sein, aber ist er auch unmoralisch? Corinna Mieth erwähnt noch, dass für die Fleischproduktion Regenwälder abgeholzt werden, dass Tiergase den Klimawandel vorantreiben, dass Osteuropäer in den Schlachtereien zu Niedriglöhnen schuften und dass subventionierte EUFleischexporte die Märkte in Afrika zerstören. Und dass es in Deutschland 2010 allein 7000 Tierschutzvergehen gab, darunter 844 Fälle fahrlässiger Tötung. Schlimm, schlimm. Aber ist der einzelne Fleischesser daran schuld? Corinna Mieth, Professorin für Praktische Philosophie an der Uni Bochum, mutet ihrem Publikum erst einmal einen Moralexkurs zu: Ein moralisch gebotenes Handeln erlege Menschen starke oder schwache Pflichten auf. Eine starke Pflicht bestehe zu einem Handeln, das notwendig, zumutbar und klar bestimmt ist – etwa die Rettung eines Ertrinkenden. Eine schwache Pflicht besteht, wo diese Faktoren entfallen – etwa wenn es um die Rettung aus einem gefährlichen Wildwasser geht oder Foto: Feliix Schledding ie Kunst, deshalb lieben wir sie, weiß vieles schon vorher. Künstler sind ahnungsvoll, sie spüren Zeitströmungen, lange bevor sie relevant werden. Sie sind uns immer etwas voraus. Festivalmacher schaffen es gelegentlich, das, was Künstler gerade erspürt haben, in einer griffigen Formulierung zusammenzufassen. So entsteht ein Festivalmotto. Der Steirische Herbst, das älteste, sich aber immer wieder neu erfindende und daher recht jung wirkende Festival für neue Kunst in Europa, hat jetzt das Motto für die neue Ausgabe (vom 26. September bis 19.Oktober in und um Graz) herausgegeben. Es lautet „I prefer not to ... share!“ In diesem Leitmotiv steckt einerseits die grundsätzliche Verweigerung von Herman Melvilles großem Neinsager Bartleby, andererseits aber auch eine wunderbare Unlust an den Verheißungen der sozialen Medien. Ohne Menschen, die teilen, würde ja vieles im Netz gar nicht funktionieren. Facebook, Twitter, Xing, You Tube und auch Google könnten einpacken, wenn plötzlich keiner mehr etwas teilen würde. Die Idee ist aufregend. Rettet sich das Individuum in der Abwendung von der erzwungenen Gemeinschaft der Netznutzer? Ist, wer nicht mehr teilt, kein Teil des Ganzen mehr? „Das Nichtteilen ist im digitalen Heute nicht mehr vorgesehen“ heißt es im Programm des Festivals. Aber vielleicht im digitalen Morgen. 5 Über die schwache Pflicht, das Essverhalten zu ändern: Corinna Mieth. der Retter so schlecht schwimmen kann, dass unklar ist, ob seine Handlung die Not des Ertrinkenden wenden kann. In diesem Sinne habe der Fleischkonsument vorerst nur eine schwache Pflicht, sein Essverhalten zu ändern. Denn ein individueller Fleischverzicht würde nichts an der Massentierhaltung ändern. Die basiert auf legalen Normen und als legitim anerkannten Interessen – vom Gewinnziel des Fleischunternehmers über den Lohn des Fleischverarbeiters bis zur Ernährung des Fleischessers. Trotzdem, argumentiert Mieth, führe dieser Produktionsprozess zu „struktureller Ungerechtigkeit“ mit für alle schädlichen Auswirkungen. Und wer Teil eines Prozesses sei, sei auch verantwortlich für dessen Folgen. Diese Verantwortungsethik zielt, anders als eine individuelle Schuldzuweisung, nicht auf Entschädigung für früheres Unrecht, wohl aber auf die moralische Pflicht, künftiges Unrecht zu verhindern. Also: Verzicht aufs argentinische Steak? Dazu besteht weiter nur eine schwache moralische Pflicht, solange es keine klare und zumutbare Handlungsalternative gibt. Die aber könnte schon die Kennzeichnung von Massentierhaltungsfleisch ergeben, weil dann der Verzicht darauf eben klar und zumutbar ist – womit aus der schwachen eine starke moralische Pflicht würde. Ist das die Renaissance abgestandenen Moralisierens? Keineswegs. Denn diese Moral entspränge keinem dumpfen Zwang, sondern – ganz nach dem Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel – aus freier Einsicht in die Notwendigkeit. Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral, heißt es in Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“. Wo es statt um animalisches Fressen um menschliches Essen geht, könnte es genau umgekehrt sein. Hannah-Arendt-Lecture: Ingo Pries: zNächste „Hunger bekämpfen! Aber wie?“. 9. Juli, 18 Uhr, Neues Rathaus, Trammplatz 2. KulturnotIZ Was für Probleme haben moderne Familien? Was bedeutet Elternsein heute? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Kölner Erziehungswissenschaftlerin Jutta Ecarius am Freitag, 27. Juni, von 19.30 Uhr an bei einem Vortrag der Volkswagenstiftung im Tagungszentrum Schloss Herrenhausen.
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