Wie wird Sprache im Fachunterricht gelernt

Wie
wird
Sprache
im
Fachunterricht
gelernt?
Josef
Leisen
Welche
Sprache
soll
im
Fachunterricht
gelernt
werden?
Die
Aufgabe
des
DaF
ist,
bei
den
Lernern
Sprachkompetenzen
in
der
deutschen
Allgemeinsprache
(Alltagssprache)
und
in
der
gehobenen
deutschen
Sprache
zu
entwickeln.
Die
Sprache
im
Bildungsbereich
(Unterricht
und
Beruf)
ist
eine
Bildungssprache,
die
sich
in
vielen
Merkmalen
von
der
Alltagssprache
unterscheidet.
In
der
Sprachforschung
wurden
dazu
zwei
Begriffe
gebildet,
die
auf
Cummins
zurückgehen:
Alltagssprache
und
Bildungssprache
Alltagssprache
=
BICS
=
Basic
Interpersonal
Communicative
Skills
umfasst
– „grundlegende
Kommunikationsfähig‐
keiten“
– Sprachfähigkeiten
in
der
Alltagskommunikation
und
im
zwischenmenschlichen
Bereich
Bildungssprache
=
CALP
=
Cognitive
Academic
Language
Proficiency
umfasst
– „schulbezogene
kognitive
Sprachkenntnisse“
– Sprachfähigkeiten
in
der
Bildungssprache
im
kognitiv
schulisch‐
akademischen
Bereich
Die
Kommunikation
im
Alltag
und
im
Bildungsbereich
unterscheiden
sich:
Merkmale
der
Kommunikation
im
Alltag
(BICS)
– meist
einfache
und
unvollständige
Sätze
– viele
Füllwörter
– auch
grammatikalische
Fehler
– zirkuläre
Argumentation
– oft
Wiederholungen
– oft
Gedankensprünge
– unpräziser
Wortgebrauch
Merkmale
der
Kommunikation
im
Bildungsbereich
(CALP)
– komplexe
und
vollständige
Sätze
– keine
Füllwörter
– keine
grammatikalischen
Fehler
– lineare
Argumentation
– wenig
Wiederholungen
– keine
Gedankensprünge
– präziser
Wortgebrauch
Die
Kommunikation
im
Alltag
und
im
Bildungsbereich
ist
unterschiedlich
fehlertolerant,
wie
folgende
Auflistung
zeigt:
Kommunikation
im
Alltag
ist
fehlertolerant
– Sprechsituationen
sind
vertraut
und
bekannt
– es
wird
vorwiegend
über
Persönliches
gesprochen
– konkrete
Erfahrungen
werden
mitgeteilt
– Sprachfehler
sind
geläufig
und
vertraut
Kommunikation
im
Bildungsbereich
ist
nicht
(so)
fehlertolerant
– Sprechsituationen
sind
unvertraut
und
neu
– es
wird
meist
über
Un‐persönliches
gesprochen
– abstraktes
Wissen
wird
kommuniziert
– Sprachfehler
fallen
auf
und
entstellen
den
Sinn
Die
Aufgabe
des
Fachunterrichts
ist
es,
Lerner
in
die
Bildungssprache
einzuführen
und
kompetent
zu
machen.
Im
Berufsleben
wird
die
Bildungssprache
gebraucht
und
die
Schule
ist
der
einzige
Ort
wo
diese
erlernt
werden
kann.
Eine
Sprache
lernt
man,
indem
man
in
das
Sprachbad
eintaucht
und
darin
‐
metaphorisch
gesprochen
–
schwimmen
lernt.
Man
ist
permanent
mit
der
Sprache
umgeben
und
muss
sprachliche
Situationen
erfolgreich
bewältigen.
Was
für
das
Erlerne
einer
Fremdsprache
gilt,
gilt
gleichermaßen
für
das
Erlernen
der
Bildungssprache
im
Fach.
Metaphorisch
gesprochen
werden
die
Lerner
im
Fachunterricht
in
ein
bildungssprachliches
Sprachbad,
also
ein
CALP‐Sprachbad,
gebracht.
Dort
müssen
sie
sprachliche
Standardsituationen
erfolgreich
bewältigen.
Das
gelingt
aber
nur,
wenn
vier
Bedingungen
erfüllt
sind:
1. Das
Sprachbad
muss
sprachlich
reichhaltig
sein.
Metaphorisch
gesprochen:
In
einem
Fußbad
lernt
man
nicht
schwimmen.
In
einem
sprachlich
armseligen
Sprachbad
lernt
man
die
Sprache
nicht.
2. Das
Sprachbad
muss
kognitiv
anregend
sein,
d.h.
es
muss
Herausforderungen
geben,
die
den
Gebrauch
der
Sprache
erfordern.
Wenn
ich
ohne
Schwimmen
mich
im
Wasser
aufhalten
kann,
warum
soll
ich
dann
schwimmen
lernen.
Die
Notwendigkeit
besteht
nicht.
3. Das
Sprachbad
muss
sprachsensibel
und
sprachfördernd
sein,
d.h.
metaphorisch
gesprochen,
das
Wasser
des
Sprachbades
muss
die
passende
Temperatur
haben.
Im
Eiswasser
lernt
man
nicht
schwimmen,
weil
die
Muskeln
verkrampfen
und
die
erforderlichen
Schwimmbewegungen
können
nicht
ausgeführt
werden.
4. Das
Sprachbad
muss
lernergerecht
und
bewältigbar
sein,
d.h.
metaphorisch
gesprochen,
muss
der
Lerner
solange
Schwimmhilfen
bekommen,
bis
er
schwimmen
kann
und
diese
dann
entbehren
kann.
Die
Bedingungen
1
und
2
gelten
für
alle
Sprachlernsituationen.
Die
Bedingungen
3
und
4
gelten
insbesondere
für
den
DFU.
Die
Bedingung
3
wird
durch
passende
und
didaktisch
sinnvolle
Aufgabenstellungen
erreicht.
Die
Unterstützungen
in
der
Bedingung
4
werden
mittels
der
Methoden‐Werkzeuge
gewährleistet.
Sprache
im
Fachunterricht
Für
das
Sprachlernen
im
Fachunterricht
sollten
folgende
Aussagen
leitend
sein:
– Fachlernen
ist
an
Sprachlernen
gebunden.
– „Sprache
im
Unterricht
ist
wie
ein
Werkzeug,
das
man
gebraucht,
während
man
es
noch
schmiedet.“
(Butzkamm)
– Sprachförderung
im
Fachunterricht
ist
nicht
alles,
aber
ohne
Sprachförderung
im
Fachunterricht
ist
alles
nichts.
– Sprache
ist
kein
„Transportmittel“
für
Inhalte
– Sprache
ist
ein
Konstruktionsmittel
für
Verstehenskonstruktionen
– Kommunikation
beim
Sprachlernen
ist
ein
Sprachspiel
(Wittgenstein)
– Das
Sprachspiel
findet
vornehmlich
in
der
Unterrichtssprache
im
Sinne
eines
kommunikativen
Aushandelns
statt
(Diskurs!)
Im
folgenden
stellt
sich
die
Frage
wie
die
Sprache
im
Fachunterricht
gelernt
wird
und
welche
sprachdidaktischen
Prinzipien
zu
berücksichtigen
sind.
Wie
Sprache
im
Fachunterricht
gelernt
wird
– Sprache
im
Fachunterricht
muss
Bildungssprache
sein.
– Lerner
lernen
die
Sprache
im
Fachunterricht
in
einem
bildungssprachlichen
Sprachbad
(CALP‐Sprachbad).
– Das
CALP‐Sprachbad
muss
vier
Bedingungen
erfüllen:
o es
muss
sprachlich
reichhaltig
sein
o es
muss
kognitiv
anregend
(herausfordernd)
sein.
o es
muss
sprachsensibel
und
sprachfördernd
sein
(durch
passende
Aufgabenstellungen)
o es
muss
lernergerecht
und
bewältigbar
sein
(durch
Sprachhilfen
und
Methoden‐Werkzeuge)
– Das
bildungssprachliche
Sprachbad
(=
Wasser)
sind
die
sprachlichen
Standardsituationen
im
Fachunterricht.
Welche
Sprache
braucht
das
Lernen?
Zur
Beantwortung
der
Frage
ein
Beispiel
aus
dem
Physikunterricht
der
Klassenstufe
8
zum
Flaschenzug.
Im
vergleich
werden
zwei
Formulierungen
gezeigt:
Schüler:
„Am
Flaschenzug
macht
ich
es
so:
Ich
zähle
die
Seilstücke
rechts
und
links
von
der
losen
Rolle
und
teile
das
Gewicht
durch
diese
Zahl.
Das
ist
dann
die
Zugkraft
am
Flaschenzug.“
Schulbuch:
„Hängt
beim
Flaschenzug
die
Last
an
n
tragenden
Seilabschnitten,
so
ist
die
am
Seilende
erforderliche
Zugkraft
F
gleich
dem
n‐ten
Teil
der
Gewichtskraft
der
Last“
Zweifelsfrei
hat
der
Schüler
eine
richtige
Vorstellung
von
der
Flaschenzugregel.
Er
hat
sie
operational
formuliert
im
Sinne
einer
Handlungsanweisung.
Das
Schulbuch
formuliert
sie
hingegen
deskriptiv
im
Das
Beispiel
zeigt
die
Theoriegeladenheit
der
Begriffe.
Begriffe
sind
theoriegeladen,
d.h.
sind
in
ein
Netz
theoretischer
Zusammenhänge
gebunden.
Sprache
wird
immer
in
einem
situativen
Kontext
handelnd
genutzt
und
handelnd
gelernt.
Damit
ist
das
Lernen
von
Begriffen
ist
immer
ein
Lernen
von
Begriffsnetzen
im
Kontext.
Das
bestätigt
erneut
die
These,
dass
Sprachlernen
und
Fachlernen
untrennbar
miteinander
verbunden
sind.
Lerner
im
Fachunterricht
sind
als
Novizen
Erstlerner
im
Fach,
d.h.
die
Begriffsbildung
findet
erst
statt.
Sprechen
und
Denken
(Vorstellungen
bilden)
gehen
Hand
in
Hand.
„Kein
Begriff,
keine
Aussage
kann
präziser
verstanden
werden,
als
es
die
individuelle
Denkstruktur
zulässt.“
(Muckenfuß)
Die
Denkstruktur
des
Schülers
ist
demnach
sprachlimitierend.
Damit
ist
auch
die
Frage
nach
der
Exaktheit
der
Begriffe
aufgeworfen.
Exakte
Begriffe
von
Anfang
an,
oder
eine
„allmähliches
Ausschärfen
der
Begriffe“
beim
Verfassen
der
Gedanken.
Die
Antwort
liegt
in
der
Erkenntnis,
dass
exakte
Begriffe
nicht
für
das
Verstehen
taugen,
sondern
für
das
Verstandene.
Das
Lernen
und
Verstehen
brauchen
die
Plastizität
und
die
Vagheit
der
Alltags‐
und
Unterrichtssprache.
Das
Lernen
braucht
den
Diskurs.
Wie
gestalte
ich
einen
kommunikativen
und
diskursiven
Unterricht?
– Wer
unverständliche
Lehrermonologe
als
Sprache
sät,
kann
keine
gelingende
Kommunikation
ernten.
– Positiv
gewendet:
Fachunterricht
muss
diskursiv
angelegt
sein,
um
Kommunikation
im
Unterricht
zu
bewirken.
– Kommunizieren
lernt
man
durch
Kommunizieren
und
Reflektieren
an
den
Gegenständen
des
Fachs
–
also
in
authentischen
(Lern‐)Situationen.
– Leitlinien
des
sprachsensiblen
Fachunterrichts
– Die
Lerner
werden
in
fachlich
authentische,
aber
bewältigbare
Sprachsituationen
(CALP‐Sprachbad)
gebracht.
– Die
Sprachanforderungen
liegen
knapp
über
dem
individuellen
Sprachvermögen
(kalkulierte
sprachliche
Überforderung).
– Die
Lerner
erhalten
so
viele
Sprachhilfen,
wie
sie
zum
erfolgreichen
Bewältigen
der
Sprachsituationen
benötigen
(Sprachförderung).