Stadt Bonn Statistikstelle Wie wählten Alt und Jung – Männer und Frauen in Bonn bei der Bundestagswahl 2009? Auch bei der vorgezogenen Bundestagswahl wurde eine repräsentative Wahlstatistik durchgeführt. In Bonn wurden 15 Wahlbezirke in die Stichprobe einbezogen. In diesen Wahllokalen erhielten die Wähler nach Alter und Geschlecht differenzierte Stimmzettel. Die Auswertung der Erhebung in den 15 Bonner Wahlbezirken führte zu einigen recht interessanten Ergebnissen: Bei der Wahlbeteiligung nach Alter und Geschlecht zeigten die Frauen ein etwas geringeres Interesse an der Wahl als die Männer. Es bleibt dabei, dass junge Menschen unter 30 Jahren mit Abstand das geringste Interesse an Wahlen zeigen. Bei den Jüngsten liegt die Beteiligung um mehr als zehn Punkte niedriger als im Durchschnitt. Neu aber ist die Tatsache, dass die über 70jährigen Senioren, insbesondere die Frauen bei der Beteiligung zurückblieben. Dieser Umstand dürfte der CDU sicherlich Stimmen gekostet haben. Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl 2009 nach Altersgruppen 85,0 82,5 80,0 76,4 77,0 77,1 79,7 78,5 75,1 76,6 75,0 69,5 70,0 69,2 65,6 65,0 63,0 M än n er F ra u en u .ä lt 70 60 -6 9 50 -5 9 45 -4 9 40 -4 4 35 -3 9 30 -3 4 25 -2 9 21 -2 4 18 -2 0 60,0 Betrachtet man die Differenz zur Bundestagswahl 2005, so zeigt sich, dass insbesondere die Wählerschaft Anfang 30 ein geringeres Interesse an der Wahl hatten: Der Anteilswert von 69,2 Prozent liegt um 12,0 Punkte niedriger als vor vier Jahren. Diesmal zeigten die Männer weniger Interesse an der Wahl, ihr Rückgang betrug 7,3 Punkte gegenüber 5,2 Punkten bei den Frauen. Wahlbe te iligung Bunde stagswahl 2009 - Diffe re nz zur BW '05 nachAlte rsgruppe n 0,0 -2,0 -1,7 -4,0 -4,8 -6,0 -8,0 -5,3 -7,1 -5,2 -6,2 -5,2 -6,3 -7,3 -7,7 -8,7 -10,0 -12,0 -12,0 1 F ra ue n M än n er u. äl t 70 60 -6 9 50 -5 9 45 -4 9 40 -4 4 35 -3 9 30 -3 4 25 -2 9 21 -2 4 18 -2 0 -14,0 Die Stimmenanteile der Parteien in den einzelnen Altersgruppen sowie bei den Männern und Frauen sind zum Teil sehr unterschiedlich, wie aus den folgenden Grafiken hervorgeht. Erststimmenabgabe nach Altersgruppen- Männer SPD CDU FDP GRÜNE LINKE Sonstige 45- 59 Jahre 60 Jahre u.ä. Männer 45,0 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 18- 24 Jahre 25- 34 Jahre 35- 44 Jahre Insgesamt Erststimmenabgabe nach Altersgruppen- Frauen SPD CDU FDP GRÜNE LINKE Sonstige 45- 59 Jahre 60 Jahre u.ä. Frauen 50,0 45,0 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 18- 24 Jahre 25- 34 Jahre 35- 44 Jahre 2 insgesamt Zweitstimmenabgabe nach Altersgruppen- Männer SPD CDU FDP GRÜNE LINKE Sonstige 60 Jahre u.ä. Männer 45,0 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 18- 24 Jahre 25- 34 Jahre 35- 44 Jahre 45- 59 Jahre Insgesamt Zweitstimmenabgabe nach Altersgruppen- Frauen SPD CDU FDP GRÜNE LINKE Sonstige 45- 59 Jahre 60 Jahre u.ä. Frauen 45,0 40,0 35,0 30,0 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 0,0 18- 24 Jahre 25- 34 Jahre 35- 44 Jahre insgesamt Die SPD erhielt ihre höchsten Erststimmenanteile bei den jüngeren Wählern mit um die 40 Prozent; dieser Anteilswert ist erst ab dem Alter von 60 Jahren rückläufig. Der SPD- Kandidat hatte den höchsten Zuspruch aller Parteien bei der Wählerschaft unter 60 Jahren. Der Anteil bei den über 60jährigen beträgt dagegen nur 31 Prozent. Der Zweitstimmenanteil bei den unter 60jährigen liegt um deutlich mehr als zehn 3 Prozentpunkte niedriger. Die größten Unterschiede mit über 18 Prozent gab es bei jüngsten Männern. Bei den Senioren betrug der Unterschied nur 5 Prozentpunkte (31 % Erststimmen, 27 % Zweitstimmen). Der CDU- Kandidat konnte nur bei den Senioren die Mehrheit der Stimmen erringen. Bei der Wählerschaft unter 30 fiel er sogar auf den dritten Platz hinter dem FDPKandidaten zurück. Die Männer votierten etwas eher für den Kandidaten; dagegen lag der CDU- Kandidat bei den Frauen nicht so hoch im Kurs: Bei den Frauen erhielt er weniger Stimmen als seine Partei an Zweitstimmen. Im Gegensatz zum SPDKandidaten waren die Unterschiede zwischen erst- und Zweitstimme deutlich geringer. Die Bundesstadt bleibt eine liberale Hochburg. Die FDP schaffte in allen Altersgruppen einen Anteilswert um die 17 Prozent, bei den Männern sogar über 19 Prozent der Zweitstimmen. Die Erstimmenaktion des Kandidaten hatte Erfolg bei der Wählerschaft unter 35 Jahre. In diesen Altersgruppen (besonders bei den Männern) lag der Anteilswert deutlich über 20 Prozent. Die GRÜNEN erreichten bei den Zweitstimmen bei der Wählerschaft unter 60 Jahre um die 15 Prozent. Ihren Schwerpunkt hatte sie jetzt bei der Wählerschaft um 30 Jahre, bei der sie ein Viertel der Zweitstimmen erhielten. Bei der über 60jährigen Wählerschaft votierte nur jeder 20. für die GRÜNEN. Durch das Stimmensplitting mit der SPD hatte die Kandidatin gut 7 Prozent weniger Erstimmen als die Partei an Zweitstimmen erhielt. Die LINKE hatte ihren höchsten Zuspruch bei den 50 jährigen, wo sie bei den Männern um 50 die 10- Prozent- Hürde bei den Zweitstimmen übersprangen. Sie wurde von den Männern mit 8,8 Prozent deutlich mehr als von Frauen (7,0 %) favorisiert. Die vorliegende Auswahl macht auch einen Vergleich zur Bundestagswahl 2005 möglich: Die größten positiven Veränderungen bei den Erststimmen unter allen Bewerbern konnte der FDP- Kandidat für sich verbuchen: In allen Altersgruppen beider Geschlechter gab es positive Resultate von über 10 Prozentpunkten Zugewinnen, nur bei der Wählerschaft um die 40 wurde diese Marke knapp verfehlt. Zweifellos ist dies das Ergebnis der FDP- Erststimmenkampagne. Im Gegensatz hierzu haben die SPD und CDU- Kandidaten in allen Altersgruppen Einbussen hinnehmen müssen; der SPD- Kandidat deutlich mehr bei den jüngeren Wählern. Über 13 Prozentpunkte verlor dagegen der CDU- Kandidat bei den ältesten Wählern; dadurch blieb er letztendlich hinter dem SPD- Bewerber zurück und gewann erneut den Bonner Wahlkreis. Die GRÜNEN hatten bei den Erststimmen (im Gegensatz zu den Zweitstimmen) in drei Altersgruppen (bei den Jüngsten und ab 45 Jahre) Verluste einstecken müssen. Etwas anders gestalten sich die Zweitstimmendifferenzen: Hier hat die SPD als einzige Partei in allen Altersgruppen verloren. Die CDU konnte bei den Jüngsten Wählern noch ein kleines Plus vorzeigen. Alle anderen Parteien haben gegenüber 2005 hinzu gewonnen. Die LINKE konnten bei den Zweitstimmen insgesamt ein Plus von 3,5 Punkten verbuchen, das bei den Frauen mit +3,6 Punkten etwas besser ausfiel. Die Linkspartei hatte sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitstimmen in allen Altersgruppen ein Plus zu verzeichnen gehabt. Die beiden nachstehenden Grafiken zeigen die Gewinne und Verluste der Parteien. 4 Erststimmenabgabe nach Altersgruppen insgesamt Differenz zur Bundestagswahl 2005 SPD CDU FDP GRÜNE LINKE Sonstige 16,0 12,0 8,0 4,0 0,0 -4,0 -8,0 -12,0 -16,0 18-24 Jahre 25-34 Jahre 35-44 Jahre 45-59 Jahre 60 Jahre u. älter Männer und Frauen zusammen Zweitstimmenabgabe nach Altersgruppen insgesamt Differenz zur Bundestagswahl 2005 SPD CDU FDP GRÜNE LINKE Sonstige 10 5 0 -5 -10 -15 -20 18-24 Jahre 25-34 Jahre 35-44 Jahre 45-59 Jahre 5 60 Jahre u. älter Männer und Frauen zusammen Gab es geschlechtsspezifische Unterschiede im Wählerverhalten? Auskunft hierüber erteilt nachstehende Tabelle (auf 1000 Männerstimmen kommen ... Frauenstimmen): Erststimmen Zweitstimmen SPD CDU GRÜNE FDP Die Linke. 914 1109 1421 895 805 1014 1187 1168 809 779 Es bleibt dabei: CDU und GRÜNE werden eher von Frauen bevorzugt, während sich FDP und die Linke als „Männerparteien“ entpuppten. Interessant ist auch das Ergebnis, dass die SPD und CDU- Kandidaten weniger bei den Frauen punkten konnte als ihre Parteien. Die Repräsentativ- Ergebnisse erlauben auch eine Hochrechnung des Umfangs des Stimmensplittings in Bonn. Tabelle: Hochgerechnetes Stimmensplitting in Bonn – Bundestagswahl 2009 Angaben in Tausend; /: unter 500 Stimmen Wahlvorschlag der Erststimme ungültig ungültig SPD CDU GRÜNE FDP Die Linke. Sonstige Erststimmen Insgesamt SPD CDU GRÜNE 1,0 / / / / / / 25,7 2,3 9,9 1,1 2,5 1,3 0,7 26,8 0,6 7,1 / 0,5 1,4 0,4 7,5 / 1,6 42,8 36,3 / / / FDP / Die Linke. / / / / / 0,6 0,7 0,9 5,6 0,8 13,9 / 1,1 5,5 0,5 11,8 22,9 6,8 Zweitstimmen SonsInsgesamt tige / / / / / / 0,5 1,5 1,4 28,9 35,9 19,5 23,1 9,4 5,5 172,8 Nur noch 65 Prozent der Bonner und Bonnerinnen wählten gleichförmig; d.h. mit ihrer Erst- und Zweitstimme haben sie die gleiche Partei gewählt. Das ist der niedrigste Anteil seit der Einführung der Zweitstimme bei der Bundestagswahl 1953 in Bonn. Gut 43.000 Bonner votierten verschieden. Die zahlenmäßig größte Kombination war Erststimme SPD/ Zweitstimme GRÜNE mit 9.900 Bonnern, gefolgt von den Kombinationen FDP/ CDU (7.100) und CDU/ FDP (5.600). Damit hat der CDU- Kandidat netto rund 1.500 Stimmen aus dem FDP- Lager erhalten, während der SPD- Kandidat durch die Stützung der GRÜNEN- und LINKE- Wähler den Bonner Wahlkreis gewann. Mehr als 2.000 Bonner entschieden sich für die Kombinationen SPD/ CDU (2.300) und SPD/ Die Linke. (2.500). 6 Auch hier ist ein Vergleich mit dem Ergebnis von vor vier Jahren möglich: Tabelle: Hochgerechnetes Stimmensplitting in Bonn – Differenz zur Bundestagswahl 2002 Angaben in Tausend; /: unter 200 Stimmen Wahlvorschlag der Erststimme ungültig ungültig SPD CDU GRÜNE FDP Die Linke. Sonstige Erststimmen Insgesamt SPD CDU GRÜNE FDP Die Linke. Sonstige / / / / / / / / / -0,3 / / / / / / / / -22,8 -0,3 -5,2 -0,8 0,1 1,3 -0,7 -23,9 0,2 -6,7 / 0,5 0,2 0,7 -0,1 0,5 0,3 6,2 / 1,1 -0,8 -28,7 -31,1 1,3 8,1 -1,4 -0,4 1,0 / / / / / 1,5 / 1,7 / 0,5 Zweitstimmen Insgesamt -0,6 -25,6 -23,3 -4,5 -0,3 1,9 2,2 -49,1 CDU und SPD verloren sogar von ihrem Stammwählerpotential, das mit Erst- und Zweitstimme eine dieser Parteien wählten. Zusammen verloren sie 46.000 Wähler. Dagegen konnten FDP und die Linken in dieser Disziplin zulegen und netto zusätzlich 7.700 Wähler hinzu gewinnen (davon die Linke 1.500 Wähler). Die massive Stützung des CDU- Kandidaten durch FDP- Wähler nützte ihm jedoch nichts, denn der Wahlkreis ging wieder an die SPD. Insgesamt haben 35 Prozent der Wähler mit ihrer Erst- und Zweitstimme unterschiedlich abgestimmt, das ist ein neuer Höchststand in der Geschichte der Bundestagswahlen in Bonn. Innerhalb der Altersgruppen haben 41 Prozent der jüngsten Wähler gesplittet, während bei den über 60jährigen der Splittinganteil nur 26 Prozent betrug. Dabei gab es zwischen Frauen und Männern kaum Unterschiede. Klaus Kosack 7
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