1 Weltbank & Co: Wie funktionieren Entwicklungsbanken

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Weltbank & Co: Wie funktionieren Entwicklungsbanken?
Vorschlag für eine Vortragsreihe im Sommersemester 2013
Im Jahr 2013 müssen mehr als 1,3 Milliarden Menschen mit weniger als 1,25 Dollar pro Tag
auskommen. 33% aller Stadtbewohner in Entwicklungsländern leben in Slums. Wir sind
derzeit auf dem Weg zu einer um 4°C wärmeren Welt mit verheerenden Auswirkungen für
Mensch und Natur. Entwicklungsbanken, die auch als Internationale Finanzinstitutionen
(IFIs) bezeichnet werden, können einen wichtigen Beitrag leisten, diesen Problemen
entgegenzuwirken. Sie können bei Aufbau und Verbreitung von Wissen helfen, die
Entwicklung von Kapazitäten unterstützen und für die Bereitstellung von Kapital zugunsten
von Entwicklungs- und Schwellenländern sorgen. Entwicklungsbanken stellen pro Jahr weit
mehr als 100 Milliarden Dollar an Investitionsvolumen für den öffentlichen wie privaten
Sektor bereit.
Im öffentlichen Sektor ist beispielsweise die Internationale Entwicklungsorganisation IDA der
Weltbank tätig. Sie fokussiert sich auf die ärmsten Entwicklungsländer. Im Zeitraum 2000 bis
2010 wurden, finanziert durch IDA-Mittel, mehr als 3 Millionen Lehrer eingestellt oder
ausgebildet, 310 Millionen Kinder geimpft und mehr als 113 Millionen Menschen erhielten
Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die finanziellen Ausgaben im Bereich der PrivatsektorEntwicklung durch IFIs sind in den letzten Jahren stark angestiegen. Während im Jahr 2002
noch 10 Milliarden Dollar für diesen Bereich bereitgestellt wurden, waren es 2011 bereits
rund 40 Milliarden. Schätzungen zufolge generiert jeder Dollar, den die IFIs in den
Privatsektor von Entwicklungsländern investieren, bis zu 12 weitere Dollar an verfügbarem
Kapital. Entwicklungsbanken kommt daher für das Wachstum in Entwicklungsländern große
Bedeutung zu. Neben dem aufgestellten Finanzierungsvolumen können Entwicklungsbanken
auch bei der Einführung von verbesserten Umwelt- und Sozialstandards in Entwicklungs- und
Schwellenländern eine wichtige Rolle spielen.
Ziel der Vorlesungsreihe ist es, einen Einblick in die Praxis der Entwicklungsbanken als
wesentliche Akteure der internationalen Entwicklungszusammenarbeit zu geben. Die
unterschiedlichen Zugänge bei der Zusammenarbeit mit dem Privatsektor einerseits und dem
öffentlichen Sektor andererseits ziehen sich durch alle Vorträge. Anhand von konkreten
Beispielen werden zentrale Begriffe und komplexe Zusammenhänge verständlich erklärt. Die
Welt der Entwicklungsbanken wird aus unterschiedlichen Perspektiven durchwegs kritischreflektierend beleuchtet und die Vortragenden geben auch Einblicke aus ihrer eigenen
beruflichen Erfahrung bei und mit IFIs. Das Verständnis und Bewusstsein für
Entwicklungsfragen soll dadurch geschärft werden. Auf Anfrage können auch Wege
aufgezeigt werden, wie man bei Entwicklungsbanken beruflich fußfassen kann.
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Leitfragen:
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Wozu gibt es überhaupt Entwicklungsbanken?
Welche Entwicklungsbanken gibt es und wodurch unterscheiden sie sich?
Wie funktioniert eine Entwicklungsbank? Wie entstehen neue Projekte? Wie sieht die
Projektabwicklung aus? Welche Instrumente kommen dabei zum Einsatz?
Wie wird der Entwicklungserfolg gemessen und was kann man darunter verstehen?
Schaden Entwicklungsbanken der Umwelt? Welche sozialen Auswirkungen gibt es?
Welcher Kritik sind Entwicklungsbanken ausgesetzt?
Alle Vortragenden haben einschlägige Erfahrungen bei und mit Entwicklungsbanken (siehe
Anhang). Die vertretenen Inhalte spiegeln nicht notwendigerweise die Positionen der
Arbeitgeber der Vortragenden wieder. Zudem wird die Veranstaltung von den Vortragenden
nicht in offizieller Funktion, sondern ehrenamtlich abgehalten.
Voraussetzungen zur Teilnahme:
Die Veranstaltungen werden möglichst offen und interaktiv mit den Studierenden
abgehalten. Deshalb ist ein grundsätzliches Interesse an Fragen der Entwicklungszusammenarbeit erwünscht. Vortragssprache ist Deutsch. Englisch auf Anfrage.
Kontakt:
Daniel Pajank: [email protected], +43 650 5123 512.
INHALTLICHER ÜBERBLICK
1. Einheit: Grundkonzepte und internationale Finanzarchitektur
In dieser ersten Einheit liefert Daniel Pajank einen Überblick über die zentralen Akteure im
Bereich der Entwicklungsbanken auf multi- und bilateraler Ebene. Die Entstehungsgeschichte
der Weltbank wird kurz erläutert. Es werden auch wichtige technische Konzepte und Begriffe
wie Privatsektor, öffentlicher Sektor, Grants, Equity, Credit oder technische Assistenz
erläutert, was zum besseren Verständnis der weiteren Einheiten beitragen soll.
2. Einheit: Wie funktioniert eine Entwicklungsbank?
Veronika Baumgartner erläutert die Funktionsweise der Asiatischen Entwicklungsbank
eingebettet in den größeren Kontext der Entwicklungszusammenarbeit in dieser Region. Der
Fokus ihres Vortrags liegt auf der Unterstützung des öffentlichen Sektors. Dabei werden
Länder- und Sektor-Strategien vorgestellt. Die Vortragende gibt auch einen Einblick in die
ADF-Wiederauffüllung und erläutert, was man unter Shareholdervorgaben versteht.
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3. Einheit: Privatsektor-Finanzierung in Lateinamerika
Während in vergangenen Jahrzehnten Entwicklungsbanken vor allem Kredite an Staaten
vergaben, setzt sich mehr und mehr die Auffassung durch, dass der Privatsektor die
eigentliche Triebfeder von Entwicklung darstellt. Carina Lakovits führt in diesen wesentlichen
Trend der Entwicklungsfinanzierung ein und erläutert am Beispiel der Inter-Amerikanischen
Entwicklungsbank wie die Finanzierung des Privatsektors funktioniert.
4. Einheit: Die Formal- und Realverfassung der Weltbank. Eigentümerinteressen
und Governance-Strukturen
Gerhard Gunz greift in dieser Einheit auf seine langjährige Erfahrung als österreichischer
Vertreter im Exekutivgremium der Weltbankgruppe zurück. Er erläutert die Spannungsfelder,
innerhalb derer sich die Weltbank-Gruppe bewegt. Seine Innenperspektive bringt
Aufschlüsse über das Spiel der Kräfte bei der Gestaltung von Entwicklungspolitik.
5. Einheit: Das Tagesgeschäft der Weltbank
Welche Instrumente gibt es? Wie kommen Projektvorschläge zustande? Welche Stationen
durchlaufen diese im internen Prozessmanagement? Wie funktionieren Projekte in der
Praxis? Klaus Friesenbichler berichtet als ehemaliger Mitarbeiter der Weltbank, wie sich die
operative Tätigkeit im Bereich der Privatsektor-Entwicklung gestaltet.
6. Einheit: Umwelt- und Sozialstandards
Was sind Umwelt- und Sozialstandards? Wie werden sie angewandt? Haben alle
Entwicklungsbanken dieselben? Judith Pauritsch führt in dieser Einheit in die komplexe Welt
der Umwelt- und Sozialstandards ein, die ein wesentliches Element der Abgrenzung von
Entwicklungsbanken und Kommerzbanken darstellen.
7. Einheit: Die Messung entwicklungspolitischer Wirkungen
In den letzten Jahrzehnten haben die Messung von Resultaten sowie die Durchführung von
Wirkungsanalysen stetig an Bedeutung gewonnen. Wie erfolgt die Messung von Wirkungen
entwicklungspolitischer Maßnahmen? Trägt diese tatsächlich zur nachhaltigen Verbesserung
bei der zukünftigen Projektplanung bei? Diesen Fragen geht Reinhard Wagner im Rahmen
seines Vortrages nach.
8. Einheit: Zusammenfassung, Vertiefung, Ausblick
Wie hängt nun alles zusammen? Zum Abschluss der Vortragsreihe bietet Daniel Pajank eine
gründliche Zusammenfassung. Dabei können wichtige Themen vertieft und offen gebliebene
Fragen diskutiert werden. Auf Anfrage können auch Wege aufgezeigt werden, wie man bei
IFIs beruflich fußfassen kann. Schließlich werden die Studierenden um ihr Feedback gebeten,
um auch das Interesse für zukünftige Lehrveranstaltungen zu erheben.
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DIE VORTRAGENDEN
Veronika Baumgartner beschäftigte sich im Laufe ihrer Karriere mit
unterschiedlichen Themen der Entwicklungszusammenarbeit. Sie ist zudem
erfahren in der
Entwicklung, Durchführung und Kontrolle von
Entwicklungsprojekten und -programmen, sowie in der Geberkoordination
und der Kooperation mit Regierungen und der Zivilgesellschaft. Veronika
Baumgartner ist Referentin im Bundesministerium für Finanzen und war dort
bis vor kurzem für die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) zuständig. Davor
war sie, unter anderem, für UNDP in Burkina Faso, die Austrian Development Agency in Wien
und die Europäische Kommission in Brüssel tätig. Sie ist Juristin mit einem MA in Political
Economy von der University of Essex.
Klaus Friesenbichler ist ehemaliger Mitarbeiter der Weltbank, wo er an der
Entwicklung des Privatsektors in Südasien arbeitete. Beispielsweise war er
Projektökonom bei einem Investitionsprojekt in Bangladesch (Special
Economic Zones), leitete Unternehmensbefragungen in Sri Lanka (Enterprise
Surveys) und entwickelte federführend Szenarien für die weitere Entwicklung
von bislang wachstumstreibenden Branchen in Afghanistan. Er begann 2004
seine heutige Tätigkeit am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), wo er
als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsbereich "Industrieökonomie, Innovation und
internationaler Wettbewerb" tätig ist. Der promovierte Ökonom und Betriebswirt war an
zahlreichen nationalen und internationalen Forschungsprojekten beteiligt. Durch seine
Tätigkeiten war er u.a. Berater der Europäischen Kommission, der OECD und mehrerer
österreichischer Ministerien.
Gerhard Gunz war von 2007 bis 2011 in der Weltbank in Washington, D.C.
als Advisor bzw. Senior Advisor des Österreich und neun andere Länder
vertretenden Exekutivdirektors tätig. Seit November 2011 ist Gerhard Gunz
wieder im Finanzministerium in Wien, wo er nunmehr den Bereich
Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung betreut. Er ist
Jurist mit Abschlüssen der Universität Innsbruck und der American University
in Washington, D.C. Nach Praktika in Anwaltskanzleien arbeitete er einige
Zeit bei einer Kommerzbank im Bereich Internationale Finanzierungen, bevor er 2003 in das
Bundesministerium für Finanzen eintrat. Bis 2007 war Gerhard Gunz in der Abteilung für
Ausfuhrfinanzierung und Internationale Ausfuhrförderungspolitik tätig und beschäftigte sich
dort insbesondere mit Finanzierungen von Projekten in Entwicklungsländern zu
konzessionären Konditionen (soft loans).
Carina Lakovits ist Referentin im Bundesministerium für Finanzen und
zuständig für die Inter-Amerikanische Entwicklungsbank und die
Oesterreichische Entwicklungsbank. Ihre besonderen Interessen und
Arbeitsschwerpunkte betreffen die Entwicklung des Privatsektors, die
nachhaltige Stadtentwicklung sowie die Zusammenhänge zwischen
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Entwicklung und Sicherheit in Bezug auf fragile Staaten und Konfliktregionen. Carina Lakovits
hat langjährige Berufserfahrung in Liberia, wo sie sowohl bei der UNO als auch bei NGOs wie
der Deutschen Welthungerhilfe und dem Carter Center tätig war. Umfangreiche
Forschungsaufenthalte und -projekte brachten sie auch nach Haiti und Kolumbien. Carina
Lakovits absolvierte ihr Masterstudium an der School of International and Public Affairs
(SIPA) der Columbia University. Sie erhielt ihren Bachelor in Social and Political Science an
der Cambridge University.
Daniel Pajank ist Referent im Bundesministerium für Finanzen und zuständig
für die Weltbank-Gruppe und die Oesterreichische Entwicklungsbank. Davor
war er Analyst bei der Weltbank in Washington, D.C. In der Abteilung für
Regional Integration in Afrika beaufsichtigte er das regionale Projektportfolio
in West- und Zentralafrika und arbeite auch an intra-regionalen
Handelsfragen. Er begann seine berufliche Karriere im Direktorat für Zoll und
Handel der Ostafrikanischen Gemeinschaft in Tansania. Daniel Pajank hält
einen postgradualen M.A. in Internationaler Ökonomie und Entwicklung der School of
Advanced International Studies (SAIS) der Johns Hopkins University. Zudem erhielt er zwei
Magistertitel von der Universität Graz in Management und Internationalem Business sowie in
Philosophie und absolvierte das Global Studies Programm.
Judith Pauritsch arbeitet seit Mai 2009 im Team Advisory Programmes der
Oesterreichischen Entwicklungsbank AG (OeEB). Innerhalb der OeEB
beschäftigt sie sich mit dem Thema entwicklungspolitische, ökologische und
soziale Nachhaltigkeit in den finanzierten Projekten. Das bedeutet, auf die
Einhaltung gewisser Umwelt- und Sozialstandards sowie die Erreichung der
entwicklungspolitischen Ziele zu achten und die Projektpartner
gegebenenfalls mit Technical Assistance (TA) bei der Implementierung von
Maßnahmen in diesem Bereich zu unterstützen. Zuvor arbeitete Judith Pauritsch als Research
and Information Officer im Bereich Wirtschaft und Entwicklung bei ICEP (Institut zur
Cooperation bei Entwicklungs-Projekten). Sie studierte Internationale Betriebswirtschaft an
der Universität Wien und absolvierte einen Master in Development Economics an der
University of Sussex.
Reinhard Wagner arbeitet seit September 2010 als Projektmanager im Team
Advisory Programmes der Oesterreichischen Entwicklungsbank AG (OeEB),
wo er primär für Technical Assistance (TA) Projekte im Energiesektor
zuständig ist. Überdies ist er verantwortlich für die Messung der
entwicklungspolitischen Wirkungen und erstellte das Results Framework und
den ersten Development Report der OeEB, der zahlreiche Informationen
über die erreichten Ergebnisse der Entwicklungsbank für die Öffentlichkeit
und Stakeholder bereitstellt. Zuvor arbeitete er im Team Wirkungsorientierung in der
Zentrale des Deutschen Entwicklungsdiensts (DED) in Bonn, Deutschland. Zwischen 2008
und 2009 war er Junior Advisor für Wissensmanagement und Öffentlichkeitsarbeit beim
Deutschen Entwicklungsdienst in Accra, Ghana. Er studierte Politikwissenschaft, Europäische
Studien und Philosophie an fünf europäischen Universitäten.