Fallkonferenzen im jugendstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren „Welche Fallkonferenzen sind erforderlich – und wenn ja, wie viele ?“ Wer geht mit welcher Erwartungshaltung in eine Fallkonferenz Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 1 Auftrag aus Koalitionsvereinbarung v. 17. Juni 2007, Seite 88f Jugendgewalt • Die steigende Zahl jugendlicher Straftäter betrachten wir mit besonderer Sorge. Es ist erforderlich, dass Polizei-, Justiz-, Sport-, Jugend- und Bildungspolitik der Jugendgewalt entschieden, aber auch angemessen und vor allem präventiv entgegentreten. • Dabei erfordern die Intensivtäter, die im jugendlichen Alter eine lebenslange kriminelle „Karriere“ beginnen, und besonders die wachsende Zahl jugendlicher Gewalttäter ganz besondere Aufmerksamkeit. Hierauf muss die Polizei mit einem täterorientierten Ansatz (Intensivtäter, Ersttäter) reagieren. In der Justiz müssen die Voraussetzungen getroffen werden, dass „Strafe unmittelbar auf dem Fuße folgen“ muss, bzw. mit Mitteln der Diversion Konsequenzen gezogen werden. Die Institutionen des Jugend- und Familienrechts müssen ressortübergreifend diese Prozesse unterstützen. • Die Koalitionspartner vereinbaren daher, dass Innen-, Justiz-, Sport-, Jugend- und Bildungsressort noch im Jahr 2007 ein gemeinsames Handlungskonzept „Stopp der Jugendgewalt!!“ vorlegen, in dem die unterschiedlichen Ansätze und Möglichkeiten der beteiligten Ressorts zu einem wirksamen Maßnahmenbündel zusammengefasst werden. • Bei der Erarbeitung von Konzepten zum Umgang mit Jugendkriminalität sind geschlechtsspezifische Unterschiede zu berücksichtigen. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 2 1. Handlungsebene und Projekte Universelle Prävention zielt auf eine Verbesserung der allgemeinen Lebensgrundlagen von Kindern, Jugendlichen und Familien (4) Handlungsfelder • Lebenslagen in Bremen (Armuts- und Reichtumsbericht 2009) • Anpassungskonzept • Integrierte sozialräumliche Handlungskonzepte weiter entwickeln • Waffenverbotszone • Frühkindliche Bildung und migrationsspezifische Handlungsbedarfe beachten • Eltern- und Familienbildung • Schulische Bildung und Förderung • Kulturelle Kompetenz fördern • Zielgruppenorientierte Angebotsstruktur in der Erziehungsberatung • Fachtage Qualifizierung • Kooperationsstelle Kriminalprävention • Ergebnisse Dunkelfeldforschung Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 3 2. Handlungsebene und Projekte Selektive Prävention fokussiert bereits auf Gefährdungsmomente und eine Vorbeugung durch Hilfe, Stützung und Intervention in besonderen Lebenslagen und für bestimmte Risikogruppen (15) • • • • • • • • • • • • • • • Hilfeplanverfahren weiter qualifizieren Heimintensivgruppe aufbauen Niedrigschwellige geschlechtsspezifische Beratung gewährleisten Niedrigschwellige sozialräumliche Cliquen- und Gruppenarbeit (HzErziehung) Regionale Schulmeiderprojekte Schulvermeidungs- und Präventionsausschüsse (SCHUPS) Nachhaltige Gewaltprävention an Schulen sichern Auf Fehlverhalten und Regelverstöße in Schulen konsequent reagieren Übergänge Schule und Beruf sichern Werkschule Kompetenzagenturen Sport gegen Gewalt Suchtverhalten in der Familie Alkoholmissbrauch durch Kinder und Jugendliche eindämmen Rechtsextreme Jugendgewalt bekämpfen Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 4 3. Handlungsebene und Projekte Indizierte Prävention ist als Folge problematischer (Fehl-) Entwicklungsprozesse von Bedeutung und zielt auf Hilfen und Interventionen zur Unterstützung einer weiteren positiven Entwicklung und ggf. auch Spontanbewährung. Entscheidend ist eine Zielsetzung zum Ausstieg bzw. Abbruch aus delinquenten Entwicklungen. Maßnahmen sind dabei u.a. Therapie, Entlassungshilfen, Wiedereingliederung etc. (10) • Strafunmündige / Kinderdevianz • Erst- und Episodentäter • Schwellentäter • Intensivtäterkonzept (Gefährderansprachen, POB, Behördübergr. Fallkonferenzen) • Jugendstrafverfahren beschleunigen • Jugendhilfe im Strafverfahren (JGH) - abgestimmte Priorisierung • Diversionsmaßnahmen / Diversionsrichtlinie • Täter Opfer Ausgleich / gem. Richtlinie • Erziehungswirksamer Strafvollzug / Resozialisierung / Wiedereingliederung • Interventionsteams (Kompetenzteams) Eigenständige Projekte in Bremerhaven Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 5 Wenn Soziale Arbeit auf Polizei trifft Wenn Professionen ein altes Handlungsfeld neu entdecken Weser-Report v. 14. Dez. 1994 Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 6 Gesetzliche Grundlagen der Zusammenarbeit für die Jugendhilfe SGB VIII Vierter Abschnitt § 81 Strukturelle Zusammenarbeit mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben mit anderen Stellen und öffentlichen Einrichtungen, deren Tätigkeit sich auf die Lebenssituation junger Menschen und ihrer Familien auswirkt, insbesondere mit 1. den Trägern von Sozialleistungen nach dem Zweiten, Dritten, Vierten, Fünften, Sechsten und dem Zwölften Buch sowie Trägern von Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz, 2. den Familien- und Jugendgerichten sowie den Justizvollzugsbehörden, 3. Schulen und Stellen der Schulverwaltung, 4. Einrichtungen und Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, den Schwangerschaftsberatungsstellen und sonstigen Einrichtungen und Diensten des Gesundheitswesens, 5. Einrichtungen und Dienste zum Schutz gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen, 6. den Stellen der Bundesagentur für Arbeit, 7. Einrichtungen und Stellen der beruflichen Aus- und Weiterbildung, 8. den Polizei- und Ordnungsbehörden, 9. der Gewerbeaufsicht und 10.Einrichtungen der Ausbildung für Fachkräfte, der Weiterbildung und der Forschung im Rahmen ihrer Aufgaben und Befugnisse zusammenzuarbeiten.“ (BR-Drucksache 202/11) ¨ (siehe auch §§ 4 und 8a SGB VIII) Aber: eine gesetzliche Pflicht zur Zusammenarbeit löst weder die Probleme noch qualifiziert sie die Zusammenarbeit. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 7 Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) vom 04./05. Juni 2009 TOP 3.4 Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Jugendgericht • „das kooperative Zusammenwirken von Jugendhilfe und Jugendstrafrechtspflege (ist) bei der Reaktion auf Delinquenz für unverzichtbar. Sie regen an, dass sowohl die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe als auch die Jugendgerichte geeignete Formen und Wege entwickeln, um diese kooperative Grundstruktur mit Leben zu erfüllen. Neben der direkten Zusammenarbeit von Jugendgerichtshilfe und Jugendgericht erscheint es sinnvoll, in regelmäßigen Abständen auf der Ebene der jeweils Verantwortung Tragenden eine Auswertung der Zusammenarbeit vorzunehmen und bei Bedarf Zielvereinbarungen zu schließen. Hilfreich kann es auch sein, wenn Themen der Jugendgerichtshilfe und ggf. bestehenden Schwierigkeiten der Zusammenarbeit in den Jugendhilfeausschüssen thematisiert werden, in denen Vertreter der Justiz zu den beratenden Mitgliedern gehören. Die Jugend- und Familienministerinnen und -minister, -senatorinnen und senatoren der Länder bitten die Justizminister, sich dafür einzusetzen, dass diese Kooperation vor Ort gestärkt wird“. Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder vom 4./5 Mai 2006 TOP 26 • „Darüber hinaus spricht sich die IMK dafür aus, die Zusammenarbeit zwischen Schule, Polizei und Jugendhilfe bedarfsorientiert weiter auszubauen.“ Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 8 Daraus ergeben sich mögliche Fragen i.S. der Zielgruppe : 1. Wer kann in jeweiliger Zuständigkeit zur Wirksamkeit der Wiedereingliederung Was beitragen ? 2. Wer hat dazu welche Kompetenzen ? 3. 4. Was versteht 1. - die Polizei, 2. - die Jugendhilfe, 3. - die Schule, 4. - ggf. die Justiz unter erfolgreicher Arbeit ? Braucht der junge Mensch im Strafverfahren eine Person seines Vertrauens ? Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 9 Schule, Jugendhilfe, Polizei und Justiz Profile und Erwartungshaltungen • Schulen Erziehungs- und Bildungsauftrag, Leistungen, angepasstes Verhalten • Öffentliche Jugendhilfe Individuelle Hilfe und Förderung, Schutz und Unterstützung (§ 1 SGB VIII); Beteiligung und Mitwirkung • Freie Träger der Jugendhilfe analoger Auftrag unter Wahrung derer Selbständigkeit • Polizei Strafverfolgung (Legalitätsprinzip), Gefahrenabwehr (vorbeugende Bekämpfung von Straftaten auch über Informationen im Vorfeld), Prävention (Vorbeugung) • Justiz (Jugendgerichtsbarkeit) Täterorientierte Individualprävention unter dem Primat des „vorrangigen Erziehungsgedankens“ Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 10 Problem in der Jugend(gerichts)hilfe und bei der Jugendgerichtsbarkeit: Die Sorgeberechtigten sind in aller Regel nicht einzubeziehen oder werden nicht einbezogen. ¨ JGG § 2 Ziel des Jugendstrafrechts „Um erneut Straftaten von Jugendlichen entgegenzuwirken, sind die Rechtsfolgen und unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts auch das Verfahren, vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten“. Ziel ist es in der Jugendhilfe: B Eltern in ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen B ihre Erziehungsfähigkeit verbessern B Mitwirkungsbereitschaft erzielen ¨ SGB VIII § 8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen (1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Familiengericht, dem Vormundschaftsgericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen. (2) ... ¨ SGB VIII §§ 8a und 36 Beteiligung und Mitwirkung mehrere Fachkräfte und der Personensorgeberechtigten " Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 11 Dies bedeutet: Vorrang der Jugendhilfe ggf. unter Hinzuziehung des Familiengerichts für alle Kinder und Jugendliche !! Auch für diejenige, deren Brücken (bereits) abgebaut sind Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 12 Behördenübergreifende/ressortübergreifende Fallkonferenzen im Bremen - Handlungsanleitung * Zielgruppe: Ziel: durch ausschließlich Schwellen- und Intensivtäter; - „ultima ratio zur Verstärkung staatl. Handelns“, - „die Abwehr der Gefahr kann mit eigenen Mitteln nicht erreicht werden“, - „als letzte Möglichkeit zur Abwehr einer Gefahr für IT/Schwellentäter und für das soziale Umfeld miteinander abgestimmte Maßnahmen“, - „Kindeswohlsicherung“. Konstant teilnehmende und Polizei Schule Jugendhilfe initiierende Institution/en Einwilligungserklärung ** (zwingend notwendig) schriftl. Sachstandsberichte der Teilnehmer Behördenübergreifende Fallkonferenz Ergebnis z.B.: - StA - Ausländeramt bei Bedarf weitere Dienste und Institutionen dokumentiertes Ergebnis * Laufzeit drei Jahre – danach Evaluation ** zu beachten: Der Akteur wird im Verfahren ausgeschlossen. Vom Subjekt zum Objekt der Veränderung ! Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 13 Säulenmodell zu den behördenübergreifenden ... Ziel - Rollen- und Aufgabenklarheit - Transparenz - Zweck ... Fallkonferenzen Titel und Federführung Schulische Fallkonferenz Fallkonferenz der Kinder- und Jugendhilfe gesetzl. Grundlage BremSchulG § 47a SGB VIII §§ 36, 52 i.V. mit JGG Zielgruppe Schülerinnen und Schüler bei Fehlverhalten und Regelverstößen Kinder, Jugendliche und HW zur Prüfung eines geeigneten, notwendigen und erforderlichen Hilfebedarfes; Schutzauftrag für Kinder- und Jugendl. nach § 8a - Schwellen- und - Intensivtäter - ggf. Familien mit erhöhtem Krim.risiko Inhaftierte entspr. der Notwendigkeit, Geeignetheit und Angemessenheit Ziel Verhaltensänderung; Sicherung Schulerfolg Förderung, Schutz und Unterstützung Gefahrenabwehr Strafverfolgung Prävention Haftvermeidung (Haftverkürzung) Einwilligungserklärung Einbeziehung der Betroffenen ggf. Klärung zu § 36 SGB VIII notwendig notwendig Benachrichtigung / Einbeziehung der Pers.sorgeberecht. Beteiligung der Betroffenen und ggf. Sorgeberechtigten ja ja nicht vorgesehen ja Bernd Rein Polizeiliche Fallkonferenz Fallkonferenz im Ermittlungsverfahren (z.B. StA SH) JGG § 72 DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 14 Fallkonferenzen oder Fachberatung ? • Fallkonferenzen • Fachberatungen innerhalb der bestehenden gesetzlichen und fachlichen Vorgaben in den Institutionen („Säulenmodell“); hier: Polizei: zur Gefahrenabwehr; Jugendhilfe: unter Beteiligung der Betroffenen (§§ 8 und 36) und deren Mitwirkung (Leistungsanspruch nach § 27ff SGB VIII haben die Personensorgeberechtigten !). Berichte zu allgemeinen sozialen Notlagen und Gefährdungsrisiken Minderjähriger und Beratung mit der Jugendhilfe zu möglichen grundsätzlichen Interventionsmöglichkeiten oder Hilfen. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 15 mögl. Hemmnisse einer gelingenden Fallkonferenz 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. Macht- und Statusunterschiede der einzelnen Systeme; Delegationsketten sind problematisch; verdeckte / unbewusste Aufträge werden erteilt; je größer das Hilfesystem, je größer die Probleme; der multiperspektivische Ansatz muss zur Förderung des gem. Zieles erlernt werden; es liegt keine „Interventionsberechtigung“ vor. Unterschiedliche Aufgaben und Ziele der beteiligten Akteure bilden den Ausgangspunkt für Konflikte; Kooperieren kann nur, wer den seinen eigenen Auftrag kennt und den des Partners (Wiesner) Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 16 Voraussetzungen für eine gelingende Fallkonferenz / Fachberatung Strukturell sind die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen am ehesten auf regionaler kleinräumiger Ebene geschaffen ... hier erscheint die konkrete Verzahnung verschiedener Akteure am erfolgversprechenden - Rahmenbedingungen für Netzwerkarbeit ist oft vorhanden und bereits entwickelt; - gemeinsame Erfahrungen, Tradition und gegenseitiges Kennen ist vorhanden; - Einblicke in die Arbeitsfelder der anderen Profession sind möglich (z.B. gegenseitige Hospitationen, Aus-, Fort- und Weiterbildung). Notwendig sind generell - Vorrang der Jugendhilfe unter der Maßgabe der Verhältnismäßigkeit - schonender Umgang mit den Ressourcen - Grundkenntnisse über die gegenseitigen gesetzlichen Rahmenbedingungen - Kennen der jeweiligen Arbeitsfelder und deren Strukturen und - Kenntnisse über deren Zuständigkeiten; - Entwicklung von Sprachverständnis; Klärung von Arbeitsbegriffen - gegenseitige Akzeptanz zu Rolle und Aufgabe im beruflichen Selbstverständnis - Respekt vor der jeweiligen Rolle und den Normen (Legalitätsprinzip und Vertrauensschutz) - gegenseitige Wertschätzung, Offenheit und Vertrauen - Persönliche Vertrautheit und Kontinuität der Ansprechpartner_in - Die Zusammenarbeit im Einzelfall richtet sich nach den konkreten einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und den dort eingeräumten Befugnissen und den Entscheidungsbefugnissen. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 17 Ich würde mich freuen über eine spannende Diskussion... ... unter Wahrung eigenständiger Rollen und Aufgaben ! Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 18 Übermittlung steht unter Richtervorbehalt § 73 SGB-10 Übermittlung für die Durchführung eines Strafverfahrens (Sozialdatenschutz) (1) Eine Übermittlung von Sozialdaten ist zulässig, soweit sie zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen eines Verbrechens oder wegen einer sonstigen Straftat von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. (2) Eine Übermittlung von Sozialdaten zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer anderen Straftat ist zulässig, soweit die Übermittlung auf die in § 72 Abs. 1 Satz 2 genannten Angaben und die Angaben über erbrachte oder demnächst zu erbringende Geldleistungen beschränkt ist. (3) Die Übermittlung nach den Absätzen 1 und 2 ordnet der Richter an. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 19 BremSchG § 47a Maßnahmen zur Sicherheit der Schule (1) Eine Schülerin oder ein Schüler, durch deren oder dessen Schulbesuch die Sicherheit von Menschen erheblich gefährdet wird, kann vom Besuch aller öffentlichen Schulen im Land Bremen ausgeschlossen werden, wenn eine Änderung des schulischen Verhaltens der Schülerin oder des Schülers auch für die Zukunft nicht erwartet werden kann. Der Ausschluss darf nur in der Sekundarstufe II und der Schule für Erwachsene angeordnet werden. (2) Über den Ausschluss entscheidet die Fachaufsicht auf Antrag der Schulleiterin oder des Schulleiters. Bis zur Entscheidung kann die Schulleiterin oder der Schulleiter der Schülerin oder dem Schüler mit sofortiger Wirkung den Schulbesuch untersagen. (3) Bevor die Fachaufsicht entscheidet, hat sie der Schülerin oder dem Schüler sowie den Erziehungsberechtigten und dem Jugendamt Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (4) Wird eine schulpflichtige Schülerin oder ein schulpflichtiger Schüler vom Schulbesuch ausgeschlossen, wirkt die Fachaufsicht auf geeignete Maßnahmen, insbesondere der Jugendhilfe, für diese Schülerin oder diesen Schüler hin; diese Maßnahmen sollen schulisch begleitet werden. (5) Eine vom Schulbesuch ausgeschlossene Schülerin oder ein vom Schulbesuch ausgeschlossener Schüler ist von der Fachaufsicht auf Antrag wieder zum Schulbesuch zuzulassen, wenn Tatsachen die Erwartung rechtfertigen, dass durch den Schulbesuch der Schülerin oder des Schülers die Sicherheit von Menschen nicht mehr erheblich gefährdet wird. Der Antrag kann erstmalig sechs Monate nach der Entscheidung über den Ausschluss gestellt werden. § 47a Abs. 1 und 5 neu gef., Abs. 3 geänd. mWv 1. 8. 2009 durch G v. 23. 6. 2009 (Brem.GBl. S. 237). Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 20 SGB VIII § 36 Mitwirkung, Hilfeplan (1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. (...) (2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. • (....) Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 Beteiligung Beratung S. 15 Partizipation S. 14 21 JGG § 72 Untersuchungshaft (1)... Wird Untersuchungshaft verhängt, so sind im Haftbefehl die Gründe anzuführen, aus denen sich ergibt, dass andere Maßnahmen, insbesondere die einstweilige Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe, nicht ausreichen und die Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig ist. (2) ... (3) ... (4) Unter denselben Voraussetzungen, unter denen ein Haftbefehl erlassen werden kann, kann auch die einstweilige Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe (§ 71 Abs. 2) angeordnet werden. In diesem Fall kann der Richter den Unterbringungsbefehl nachträglich durch einen Haftbefehl ersetzen, wenn sich dies als notwendig erweist. (5) ... (6) ... § 72a Heranziehung der Jugendgerichtshilfe in Haftsachen Die Jugendgerichtshilfe ist unverzüglich von der Vollstreckung eines Haftbefehls zu unterrichten; ihr soll bereits der Erlass eines Haftbefehls mitgeteilt werden. Von der vorläufigen Festnahme eines Jugendlichen ist die Jugendgerichtshilfe zu unterrichten, wenn nach dem Stand der Ermittlungen zu erwarten ist, dass der Jugendliche gemäß § 128 der Strafprozessordnung dem Richter vorgeführt wird. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 22 JGG § 38 Jugendgerichtshilfe (1) Die Jugendgerichtshilfe wird von den Jugendämtern im Zusammenwirken mit den Vereinigungen für Jugendhilfe ausgeübt. (2) Die Vertreter der Jugendgerichtshilfe bringen die erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte im Verfahren vor den Jugendgerichten zur Geltung. Sie unterstützen zu diesem Zweck die beteiligten Behörden durch Erforschung der Persönlichkeit, der Entwicklung und der Umwelt des Beschuldigten und äußern sich zu den Maßnahmen, die zu ergreifen sind. In Haftsachen berichten sie beschleunigt über das Ergebnis ihrer Nachforschungen. In die Hauptverhandlung soll der Vertreter der Jugendgerichtshilfe entsandt werden, der die Nachforschungen angestellt hat. Soweit nicht ein Bewährungshelfer dazu berufen ist, wachen sie darüber, daß der Jugendliche Weisungen und Auflagen nachkommt. Erhebliche Zuwiderhandlungen teilen sie dem Richter mit. Im Fall der Unterstellung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 üben sie die Betreuung und Aufsicht aus, wenn der Richter nicht eine andere Person damit betraut. Während der Bewährungszeit arbeiten sie eng mit dem Bewährungshelfer zusammen. Während des Vollzugs bleiben sie mit dem Jugendlichen in Verbindung und nehmen sich seiner Wiedereingliederung in die Gemeinschaft an. (3) Im gesamten Verfahren gegen einen Jugendlichen ist die Jugendgerichtshilfe heranzuziehen. Dies soll so früh wie möglich geschehen. Vor der Erteilung von Weisungen (§ 10) sind die Vertreter der Jugendgerichtshilfe stets zu hören; kommt eine Betreuungsweisung in Betracht, sollen sie sich auch dazu äußern, wer als Betreuungshelfer bestellt werden soll. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 23 SGB VIII § 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe (1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. (3) Jugendhilfe soll zur Verwirklichung des Rechts nach Absatz 1 insbesondere 1. junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern und dazu beitragen, Benachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen, 2. Eltern und andere Erziehungsberechtigte bei der Erziehung beraten und unterstützen, 3. Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen, 4. dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 24 SGB VIII § 52 Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz (1) Das Jugendamt hat nach Maßgabe der §§ 38 und 50 Abs. 3 Satz 2 des Jugendgerichtsgesetzes im Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz mitzuwirken. (2) Das Jugendamt hat frühzeitig zu prüfen, ob für den Jugendlichen oder den jungen Volljährigen Leistungen der Jugendhilfe in Betracht kommen. Ist dies der Fall oder ist eine geeignete Leistung bereits eingeleitet oder gewährt worden, so hat das Jugendamt den Staatsanwalt oder den Richter umgehend davon zu unterrichten, damit geprüft werden kann, ob diese Leistung ein Absehen von der Verfolgung (§ 45 JGG) oder eine Einstellung des Verfahrens (§ 47 JGG) ermöglicht. (3) Der Mitarbeiter des Jugendamts oder des anerkannten Trägers der freien Jugendhilfe, der nach § 38 Abs. 2 Satz 2 des Jugendgerichtsgesetzes tätig wird, soll den Jugendlichen oder den jungen Volljährigen während des gesamten Verfahrens betreuen. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 25 SGB VIII § 8 Beteiligung von Kindern und Jugendlichen (1) Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Familiengericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen. (2) Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden. (3) Kinder und Jugendliche können ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten beraten werden, wenn die Beratung aufgrund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungszweck vereitelt würde. Bernd Rein DVJJ/Hofgeismar 05. Mai 2011 26
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