Wie konnte er ohne Aufforderung von Jesus einfach zuschlagen? Es

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Wie konnte er ohne Aufforderung von Jesus einfach zuschlagen? Es sei denn, Jesus
wäre ein ebensolcher Anführer und in der Christensekte das Ziehen eines Schwerts
und das Drauflosschlagen (Lk. 22:49) so üblich gewesen. 182 Da kann ich nur noch
sagen: „Wer es fassen kann, der fasse es!“
Stellen Sie sich nun diesen Petrus in dieser Szene bildlich vor. Wenn er den Knecht
des Hohepriesters niederschlägt, müsste Petrus, wenn er so heilig gewesen sein sollte wie
ihn die Kirche uns präsentiert, doch genau gewusst haben, dass der Knecht nur die An­
ordnungen des Priesters ausführt. Petrus als fiktiver (erdichteter) 1. Papst oder Bischof
von Rom hätte doch, wenn Gott als Person Jesus (die Wesensgleichheit von Vater und
Sohn wurde von der Kirche festgestellt) neben ihm steht, abwarten müssen, was denn
Jesus (Gott) vorhat. Jesus hätte sich auch den römischen Soldaten oder den Scharen von
Gelehrten und Priestern stellen können, wenn er gewusst hätte, dass eine bevorstehende
Kreuzigung im Sinne Gottes ist. Wenn Gott sich selbst, in Person von Jesus, hinrichten
hätte müssen, um die Sünden von den Menschen zu nehmen, dann hätte es keine Ge­
fangennahme gebraucht. Ich hoffe, das ist verständlich? Und ich hoffe, dass Sie diesen
Unsinn der Kirchen zu durchschauen beginnen und sich von all den Irreführungen los­
machen. Jesus hätte, wenn es tatsächlich so gewesen sein sollte, nicht als „König der
Juden“ vor Pilatus gestanden, sondern als Gründer des Christentums und Befreier der
Welt, anstelle eines Opfer-Messias von Israel und Judäa. Und Jesus hätte die Auferste­
hung öffentlich angekündigt und er hätte persönlich seine Lehren zu Papier gebracht,
anstatt eine Bibel zuzulassen, die jeglicher rationaler Grundlage entbehrt. Jesus hätte
es der Mühe wert gefunden, zeit seines Lebens griechisch zu lernen und er hätte nicht
in einem nicht direkt übersetzbaren Dialekt (aramäisch) gesprochen. Jesus hätte eine
Lehre weitergegeben und einen Nachfolger bestimmt und Jesus hätte niemals am Kreuz
„Eli, Eli, lama asabthani?“ (Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?) ge­
rufen. Jesus als Gott, hätte niemals einen solchen irren Missionar wie Saulus Paulus aus­
182So fragt zum Beispiel der Spiegel-Autor Matthias Schulz: „Starb auf Golgatha ein politi­
scher Rebell? Bibelforscher sehen die historische Gestalt des Messias in neuem Licht. Als er
lehrte, tobte in Palästina ein blutiger Freiheitskampf gegen Rom. War Jesus Christus gewalt­
bereit? [...] Religionswissenschaftler haben sich darangemacht, das Neue Testament anders
zu bewerten. Die Lebensgeschichte Jesu, so ihr Verdacht, wurde verklärt und umfrisiert.
Folgende Punkte schälen sich heraus:
• Jesus lehnte das Finanzsystem des Jerusalemer Tempels ab;
• er rief zum Steuerboykott auf;
• er zählte zu seinen Anhängern Leute einer gewaltbereiten Kaste.
Mutiert der Heiland zum Verkünder einer rohen Botschaft? Gegründet ist diese andere Be­
wertung auf eine Vielzahl an Befunden. Entlegene Wüstenbibliotheken wurden durchfors­
tet. Ausgräber haben in Israel Ruinen, Bäder und Stallgehöfte freigelegt: In diesem Umfeld
lief das Drama von Tod und Erlösung ab.“ Siehe Schulz, Matthias: Die rohe Botschaft. In:
Der Rebell Gottes. Als Christus Rom herausforderte. DER SPIEGEL 17/2011, 22. April
2011, siehe http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-78145174.html
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gewählt. Und Jesus als Gott hätte vorausgesehen, dass sich eine Institution Kirche mit
einer Zwei-Schwerter-Lehre 183 in seinem Namen etablieren wird, die loshetzt und die
Weltbevölkerung bekehren will. Zurück zur Realität.
16.2 Die Sukzessionslüge
Die Bischöfe berufen sich auf eine Sukzession (Nachfolge) des Apostel Petrus Simon,
der in Rom den Heiligen Stuhl gegründet haben soll. Die Kirche mit dem Papsttum
wurde eine Institution und pocht auf eine göttliche Berechtigung und Berufung. Ein
fehlgedeutetes Bibelzitat, das heute in zwei Meter hohen Buchstaben in der Kuppel im
Petersdom verewigt ist, war der Grundstein, der den Weg an die Macht ermöglichte.
Matthäus 16, 18
[...] et ego dico tibi quia tu es petra [petros] et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam
et portae Inferi non praevalebunt adversum eam
Matthäus 16, 18
Und ich sage dir auch, Du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle, sollen sie nicht Überwältigen
Die römisch-katholische Amtsbibel, die lateinische Vulgata, sagt uns: Die Worte “tu es
petros” (männlich) heißen “Du bist ein Stein”. Die nachfolgenden Worte “et super
hanc petram” (weiblich), weisen eindeutig nicht auf den Mann Petrus hin, sondern be­
ziehen sich auf den Felsen als Glaubensbekenntnis zu den Worten und der Lehre des
Jesus Christus. Hier will das Papsttum diesen ewigen Felsengrund “petra” (weiblich)
in das männliche Wort “petros” verwandeln und somit auf Petrus anwenden. Mit die­
ser Verfälschung des Wort- und Satzsinnes erhielt der Vatikan seine kirchlich-weltliche
Allkompetenz und Legitimation als bestellter designierter Vertreter Gottes auf Erden.
Diese zur Festigung der Papstherrschaft betriebene Verfälschung der Worte Jesu vom
“Fels” seiner Gemeinde auf Erden, wurde jedoch auch von römischen Bischöfen und
Kirchenvätern wie zum Beispiel Hieronymus, Johannes Chrysostomos oder Augustin
von Hippo kritisiert. Diese legten die Zusage als Vorbildfunktion für alle Gläubigen aus
und sahen darin keine Vollmacht für ein erbliches Führungsamt.
Also heißt die richtige Übersetzung, eines ohnehin umgeschriebenen und gefälsch­
ten, mündlich übertragenen Evangeliums: Auf die Felsen (weiblich), will ich bauen (ge­
meint ist das Christuswort und die Lehre), anstatt auf Petrus den Felsen (männlich) will
ich bauen. Ob es irgendeine Christenlehre gibt, die auf einen oder neben einen Felsen
hinzustellen ist, sei hier nicht weiter wichtig.
183 Die Zwei-Schwerter-Lehre beschreibt das Rangverhältnis zwischen kaiserlicher und päpst­
licher Macht und Rechtsetzungsbefugnis im frühen Mittelalter. Vgl. http://de.wikipedia.
org/wiki/Zwei-Schwerter-Theorie
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Die römische Kirche behauptet z.B. durch Hieronymus (331-420), dass Petrus die rö­
mische Christengemeinde im Jahre 42 gegründet und dann 25 Jahre auf dem Presbyter­
thron in Rom gesessen habe. Tatsache ist, dass der Apostel Paulus im Jahre 58 in seinem
Brief an die Römer insgesamt 25 dortige Christen mit Namen grüßte, Petrus jedoch we­
der erwähnte, noch ihm Grüße bestellte. Auch als Paulus im Jahre 61 als Gefangener
nach Rom gebracht wurde, wussten weder die Juden in Rom noch die römischen Chris­
ten etwas von einem Apostel Petrus in ihrer Mitte. Und als Paulus in den Jahren 61-67
von Rom aus fünf Briefe an die östlichen Christengemeinden sandte und dabei jedes Mal
Grüße an seine Mitchristen beifügte, erwähnte er in keinem einzigen Brief den Apostel
Petrus. Ein wiederholter Beweis dafür, dass Petrus nie in Rom war. Damit erweist sich die
katholische Behauptung von der Gemeindegründung und der 25jährigen Anwesenheit
Petri in Rom als der größte Bluff der Geschichte. Die Behauptung ist so überwältigend,
dass der mutige Bischof Strossmayer im Jahre 1870 in Rom aus eigenen Reihen, an sei­
ne Genossen appelliert, endlich mit der Lüge Schluss zu machen. In der Konzilrede des
römisch-katholischen Bischofs wird erstmals reiner Wein eingeschenkt, denn das Gebot
„Du sollst nicht lügen!“ gilt offensichtlich nicht für die ehrlichen Kirchenväter.
Protestrede von Bischof Strossmayer gegen die Unfehlbarkeitserklärung des Papstes am
Konzil 1870 in Rom:
Ein allgemeines Konzil war in Jerusalem versammelt zur Beschlussfassung über Fragen,
über die sich die Gläubigen nicht einig waren. Wenn Petrus der Papst gewesen wäre, wer
würde dieses Konzil zusammen berufen haben? Der heilige Petrus. Wer würde die Beschlüsse formuliert und bekannt gemacht haben? Der heilige Petrus. Gut! Aber nichts von
all diesem geschah.
Welche Tragweite hat eine solche Feststellung? Die Kirche zu Rom baut sich auf einer erfundenen durchschaubaren Lüge auf. So etwas wie die göttliche Berechtigung des päpstlichen
Amtes hat niemals existiert.
Weder in den Schriften des Paulus noch des Johannes und Jakobus habe ich auch nur eine
Spur oder einen Keim der päpstlichen Gewalt entdecken können.
Lukas, der Geschichtsschreiber der Missionsarbeiter der Apostel, schweigt über all diese
wichtigen Punkte. Das Stillschweigen dieser heiligen Männer, deren Schriften einen Teil
der kanonischen, von Gott eingegebenen Schriften ausmachen, ist mir unmöglich vorgekommen. Wenn Petrus der Papst gewesen wäre, wäre dieses Stillschweigen so unverantwortlich gewesen, als wenn Thiers, welcher die Geschichte des Napoleon Bonaparte schrieb, den
Kaisertitel ausgelassen hätte [...] 184
184Vgl. Josip Juraj Strossmayer: Rede gegen die Unfehlbarkeit des Papstes, Linz 1871,
nachzulesen auf der evangelischen Webseite: http://www.offenbarung.de/papst-alsgotteslaesterer.php; siehe auch Strossmayer, Josip Juraj: Govor o nepogrješivosti pape na
crkvenom saboru u Rimu (Rede über die Unfehlbarkeit des Papstes, gehalten auf dem Konzil
in Rom), Vukovar 1872; sowie http://de.wikipedia.org/wiki/Josip_Juraj_Strossmayer