Trinken – warum? wann? wie oft? was? Physiologie des Wasserhaushaltes Dr. Ina Bergheim, Universität Hohenheim Trinken – Warum? Wann? Wie oft? Was? Physiologie des Wasserhaushaltes Dr. Ina Bergheim Institut für Ernährungsmedizin Universität Hohenheim Stuttgart 6 Flüssigkeitshaushalt I Abhängig von Alter, Geschlecht und Körperzusammensetzung macht Wasser 40-80% der Körpermaße aus. Aus: www.lotus-vita.de Flüssigkeitshaushalt II Fettfreie Körpermaße: 70-75% Fettgewebe: 10-40% Muskulöser Mensch: ca. 70% Wasser Adipöser Mensch: ca. 40-45% Wasser Frauen: höhere Fettgehalt ⇒ durchschnittliche 10% geringerer Wassergehalt als Männer Flüssigkeitsumsatz pro Tag Erwachsener: 5-6% des Gesamtkörperwassers bzw. 3-5% des Körpergewichts Säuglinge: ca. 20% des Körpergewichts Wasserbilanz: setzt sich aus Zufuhr und Ausscheidung bzw. Verlust zusammen 7 Verteilung des Körperwassers II Erwachsener: 65% im Intrazellularraum 35% im Extrazellularraum Bei einem 70 kg schweren Erwachsenen: ⇒ Insgesamt ca. 42 Liter Körperwasser ⇒ 28 Liter im intrazellulären Kompartiment ⇒ 14 Liter im extrazellulären Kompartiment Hormonelle Regulation des Wasserhaushaltes Wasseraufnahme im Darm 8 Wasserausscheidung I Erfolgt über Niere, Haut, Lunge, Darm Aufrechterhaltung des Körperwassers wird durch verschiedenen Reglersysteme eng kontrolliert Wasserausscheidung II Niere: Ca. 1000-1500 ml Urin/ Tag Harnpflichtige Substanzen: ca. 15 ml Wasser / 1g gelöste Substanz (z.B. Harnstoff, NaCl) ⇒ Zusammensetzung der Nahrung beeinflusst Wasserausscheidung erheblich Wasserausscheidung III Haut: Passiv als Wasserdampf (Wärmeregulation) ! Auch bei Wassermangel kaum regulierbar ! Aktiv als Schweiß über Schweißdrüsen Bei „normaler“ Aktivität und Umgebungswärme ca. 100-350 ml/Tag Schweißbildung kann an die Umgebung adaptiert werden. 9 Wasserausscheidung IV Atemluft: Täglich 250-350 ml Wasser, abhängig von der Umgebungstemperatur, dem Wasserdampf- und Sauerstoffdruck Kalte, trockene Luft: Wasserverlust steigt aufgrund des sinkenden Wasserdampfdrucks Grosse Höhe: Wasserverlust steigt an, da Atemvolumen aufgrund des geringen Sauerstoffgehalts steigt. Starke körperliche Belastung in großer Höhe: bis zu 800 ml Wasserausscheidung V Gastrointestinaltrakt: Fäzes: ca. 150-200ml Aber: es werden täglich 4-8 l Verdauungssekrete sezerniert, die größtenteils reabsorbiert werden Ausnahme: Durchfall Regulation des Wasserhaushalts I Normohydration /Euhydration = ausgeglichener Wasserhaushalt Hypohydration/ Dehydration = Wasserdefizit Hyperhydartion = Überwässerung 10 Folgen einer unzureichenden Wasserzufuhr Durstgefühl: setzt bereits beim einem Verlust von ca. 0,3-04 l ein Durst ist die wichtigste physiologische Regelgröße des Wasserhaushalts Aber: unter körperlicher Belastung, vor allem bei hoher Umgebungstemperatur ist Durst gelegentlich ein unzureichendes Signal! Milde und schwere Dehydration Milde Dehydration/ Hypohydration: 1-2% Verlust von Körperflüssigkeit Moderate Dehydration: 2-4% Verlust von Körperflüssigkeit Schwere Dehydration: >4% Verlust von Körperflüssigkeit 11 Ursachen der Dehydration Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes Fiebrige Erkrankungen Hohe Umgebungstemperatur Grosse körperliche Anstrengung Nierenerkrankungen Unzureichende Rehydration Äußere Symptome: 12 Formen der Dehydration I Isotone Dehydration: Der osmotische Druck des EZR ändert sich nicht, da der Verlust von Wasser und Salz (Natrium) im gleichen Verhältnis erfolgt Beispiel: unzureichende Wasser + Na-Zufuhr, Durchfall, Erbrechen Formen der Dehydration II Hypertone Dehydration: Der Körper verliert freies Wasser ohne entsprechenden Verlust von Salz (Natrium) Beispiel: Fieber Formen der Dehydration III Hypotone Dehydration: Im Verhältnis zur Wassermenge ist der Gehalt an Salz (Natrium) überproportinal verringert. Beispiel: starkes Schwitzen bei grosser körperlicher Belastung 13 Subjektive Bewertung Aus Maughan et al. 2003 14 Einfluß von Dehydration auf die Muskelstärke Aus Maughan et al. 2003 Chronisch defizitäre Zufuhr von Flüssigkeit Beispiel: Nierenstein: betrifft ca. 8-15% der Bevölkerung in US und Europa Betrifft ca. 20% der Bevölkerung in SaudiArabien (trockenes heißes Klima) Prävention bei bereits erkrankten Patienten: tägliche Wasserzufuhr, die zu einer Harnmenge von 2-2,5 l führt. Hyperhydration wird auch Wasservergiftung genannt resultiert aus einem Ungleichgewicht von Salzen und Flüssigkeit im Körper 15 Physiologie der Wasservergiftung I Wasser ist nicht toxisch für den Organismus, egal in welcher Menge konsumiert. Aber: erfolgt die Wasseraufnahme schneller als die Ausscheidung kommt es zur Verdünnung der Körperflüssigkeiten und damit zu potentiell gefährlichen Verschiebungen im Elektrolythaushalt. Physiologie der Wasservergiftung II Häufigste Ursache der Wasservergiftung ist die Hyponaträmie. Hyponaträmie: Überverdünnung von Natrium in Plasma ⇒ osmotischer Shift von Wasser aus der Extrazellularraum in den Intrazellularraum ⇒ die Zelle schwillt an ⇒ Zelle ist eingeschränkt in der Funktion oder stirbt Alle Zellen des Organismus können davon betroffen sein. Symptome/ Folgen Schwindel, Kopfschmerz, Übelkeit Natriumkonzentration im Plasma <100 mmol Natrium/ L (2,3 g/L) ⇒ Zerebrale Ödeme, Koma, und eventuell Tot Gesunde Niere kann max. 0,9-1,5 l/h filtrieren ⇒ Konsum von 1,8 l/h Wasser kann bei einer natriumarmen Diät bzw. 3 l/h Wasser bei einer „normalen“ Diät kann fatale Folgen haben 16 Ursachen der „Wasservergiftung“ Marathonläufer: bei ausschließlichem Konsum von Wasser Hitze: Menschen, die in grosser Hitze und/ oder Luftfeuchtigkeit arbeiten Psychogene Polydipsie: krankhaft gesteigerten Durst exzessives Trinken bei Hunger, Anorexie, nach Dialyse Prävention der Hyperhydration Wasser- und Elektrolytaufnahme anpassen Regelmäßige Flüssigkeitsaufnahme bei körperlicher Anstrengung, nicht nur Wasser Beachten: das Durstgefühl wird über die Dehydration und nicht die Veränderungen des Elektrolyhaushalts/-gleichgewichts moduliert Empfehlungen zur täglichen Flüssigkeitszufuhr aus Getränken: 17 Empfehlungen für Sportunterricht und Schule In der Halle oder auf dem Sportplatz eine Trinkecke einrichten, in der mitgebrachte Getränke abgestellt werden können. Klare Regeln vereinbaren, wann und wo getrunken werden darf. In der Pause: erst trinken, dann essen. Da ein unausgeglichener Flüssigkeitshaushalt die Konzentrations- und Merkfähigkeit beeinflussen kann, für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr nach dem Sportunterricht sorgen. Unterrichtseinheiten zum Trinken und zur Bedeutung einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr sowie Einführen von „Trinkritualen“. 18 Allgemeine Empfehlungen zur Flüssigkeitsaufnahme: Über den Tag verteilt und zu bzw. vor den Mahlzeiten trinken. Bei großer Hitze oder Anstrengung (Sport, körperlicher Arbeit) die Flüssigkeitszufuhr erhöhen. Mineralwasser und kalorienarme Getränke bevorzugen. Alkohol erhöht die Flüssigkeitsausscheidung! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 19
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