Was passiert im Steinsalz bei der Einlagerung radioaktiv strahlender Abfälle? Kalorimetrische und andere Befunde Heiko K. Cammenga Technische Universität Braunschweig Noch immer ist über Art und Ort der Endlagerung lang strahlender hochradioaktiver Abfälle nicht endgültig entschieden worden. Eine Entscheidung in dieser Sache wird jedoch immer dringender. Die Endlagerung in einer Salzformation („Salzstock“) scheint durch eine bereits vor Jahrzehnten erfolgte, vorher ungenügend überlegte Einlagerung im ausgebeuteten und danach zunächst aufgegebenen Salzbergwerk „ASSE II“ bei Wolfenbüttel diskreditiert, da dort u.a. infolge der Vornutzung mittlerweile große Probleme auftreten. Diese werden voraussichtlich zu einer Rückholung der Abfälle führen. Bei der Einlagerung radioaktiver Abfälle in Steinsalz (Halit, NaCl) wird von diesen Wärme abgegeben, die das umgebende Salzgestein erwärmt, und die durch Wärmeleitung dissipiert werden muss. Die Erwärmung führt zu einem plastischen „Fließen“ des Halits, wodurch die Abfälle letztendlich besser vom Salz umschlossen werden können. Tritt durch die Ummantelung der Abfälle deren radioaktive Strahlung teilweise aus, kommt es dadurch bedingt zu Schädigungsprozessen im zuvor intakten Halit. Der Halit verfärbt sich von weiß über hell- und dunkelblau bis schwarz. Über eine komplizierte Folge von Einzelschritten entstehen letztendlich molekulares Chlor (Cl2), das auf Zwischengitterplätzen eingelagert wird, sowie kolloidales Natrium in Clustern (Nax), das die Verfärbung des Halits verursacht („Farbzentren“). Diese Farbzentren wurden von uns UV-spektrometrisch vermessen. Die Temperaturerhöhung im Halit aufgrund der Wärmeabsorption wirkt den Prozessen der Aufspaltung des Halits in seine Elemente entgegen (Rekombination), so dass es zu einem stationären Zustand kommt. Wir haben uns vor geraumer Zeit in Zusammenarbeit mit Geochemikern experimentell mit der Frage beschäftigt, wie weit die Radiolyse in Halit fortschreiten kann (Strahlungsausbeute), wie die Strahlungsleistungs- und die Temperaturabhängigkeit dieser Prozesse sind und wie groß die maximale Energiespeicherung aufgrund der radiochemischen Einwirkung sein kann. Die pro Masseneinheit gespeicherte Energie haben wir mittels eines dynamischen Zwillingskalorimeters vom CALVET-Typ gemessen. Die erhaltenen Werte lassen sich in Relation setzen zu den mikrochemisch ermittelten Mengen von Natrium und Chlor. Die maximale im Halit gespeicherte Energie würde freigesetzt, falls es (durch welche Ereignisse auch immer) zu einem Wasserdurchbruch bis zum Einlagerungsbereich der radioaktiven Abfälle kommen sollte. Daneben käme es auch zu einer Reihe weiterer unerwünschter chemischer Reaktionen aufgrund der vorhandenen Radiolyseprodukte.
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