Wie man auf den Skalar kommt

Wie man auf den Skalar kommt
Flemming Gloyer
Anfang der Jahres 1991 bekam ich von meinem Nachbarn sechs prächtige Skalare
geschenkt. Bei ihm hatten sich aus seinen zehn erworbenen Jungfischen zwei Pärchen
gebildet, die, jedes für sich, ein eigenes Revier in seinem 40O-Liter-Becken beanspruchten. Er mußte feststellen, daß die übrigen sechs etwas abseits in der Ecke
standen, jedoch keinesfalls von den zwei ,,regierenden" Pärchen hart attackiert oder
gar gebissen wurden. So wanderten die verschmähten Individuen wiederum in ein 400Liter-Becken, das ich meiner Frau eingerichtet hatte, da sie sich mit Cichliden aus Mittelamerika, die jch in meinem 9O0-Liter-Aquarium hielt, nicht anfreunden konnte.
In meinem sehr dicht bepflanzten 400-Liter-Aquarium verschwanden die Skalare und
1ießen sich die nächsten sieben Tage nicht mehr blicken. Nur ab und zu kamen die verängstigten Tiere an die Frontscheibe, verabschiedeten sich dann aber schnell wieder.
Im Laufe der Zeit gewöhnten die Fische sich an das Treiben in dem wasserlosen Raum
vor ihrem Behältnis und standen nun. sobald sich etwas rührte. bettelnd unter der Futterluke. Das veranlaßte meine Frau, sofbrt zur Futterdose zu greifen, um die hungrigen
Mäuler zu stopfen. Gierig stürzten sich die Beckeninsassen (Trauermantelsalmler,
Glühlichtsalmler, Schmucksalmlerusw.) auf dasFutter. Neidvollmußteichzugeben,
daß man den Skalaren beim Wachsen fast zusehen konnte. was ich von den Nachzuchten meiner Mittelamelikaner nicht unbedingt sagen konnte.
Ungefähr ein halbes Jahr, nachdem die sechs Segelflosser ihr Aquarium bezogen hatten (ich karr gerade von der Arbeit), mußte ich dem Geplapper meiner Tochter entnehrnen, daß eine Vallisnerie krank sei. Sie schilderte die Symptome a1s blasenförmigen
Ausschlag aufeinem Blatt der Pflanze, worüber zwei Skalare scheinbar genauso verwundert waren wie meine Tochter. Ich sah mir also die Bescherung an und stellte f-est,
daß sich ein Pärchen gefunden hatte und seinen ehelichen Pflichten nachkam. Jetzt
packte mich das Zuchtfieber. Schnellstens wurden die DATZ-Ordner der vergangenen
drei Jahre hervorgekramt, und es begann das Suchen nach Zuchtberichten über P. sca-
lare. Doch leider mußte ich die Ordner enttäuscht zurückstellen. Es fand sich kein
Zuchtbericht ! So wälzte ich alle Aquaristikbücher, die ich besaß, bis ich 1ündig wurde.
Ich holte ein 3O-Liter-Becken aus dem Keller, stellte es aufder Fensterbank a1s Zuchtbecken auf. Gegen Sonnenlicht schirmte ich es ab, so daß sich keine Algen bilden
konnten.
Zur Freude meiner Tochter schnitt ich das ,,kranke" Blatt ab, beschwerte es mit zwei
Bleistreifen und legte es in eine Glasschale auf dem Boden des Aufzuchtbeckens.
Schätzungsweise 300 Eier dürften es gewesen sein. Ich stellte die Temperatur auf 28
Grad Celsius ein und hoffte, daß alles gut gehen würde. Doch am ersten Tag nach dem
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Ablaichen waren etwa 50 Prozent des Geleges verpilzt. Am zweiten Tag fand ich nur
noch etwa 20 unverpilzte Eier. Am dritten Tag konnte man annehmen, das Blatt hätte
tatsächlich eine abscheuliche Krankheit: Das Gelege war komplett verpilzt.
Es dauerte nicht lange, und das Pärchen laichte erneut. Es begann also die gleiche prozedur wie beim elsten Mal. Dieses Mal setzte ich dem wasser ein Mittel gegen Laichverpilzung zu. Das Ergebnis: erster Tag: fünf Eier verpilzt; zweiter Tag: 15 bis 20 Eier
verpilzt; dritter Tag: ungefähr 70 Stunden nach dem Ablaichen erfolgte der Schlupf.
Am vierten Tag zappelten die Larven in der Nähe der leeren Eihüllen und zehrten von
ihrem Dottersack. Man konnte sehen, wie sie sich entwickelten. bis sie dann am achten
und neunten Tag frei schwammen. Es dürften rund 500 Jungfische gewesen sein, die
nun das Aufzuchtbecken besiedelten.
Als die Jungfische frei schwammen und den Dottersack aufgebraucht hatten, mußten
sie etwas zu fressen bekommen. Ihre erste Mahlzeit bestand aus wasserflöhen. die ich
in den umliegenden Tümpeln fing. Doch die Kost schien ihnen nicht zu behagen.
Einige nahmen die Flöhe auf, spuckten sie aber wieder aus. Andere interessierten sich
überhaupt nicht für die Kleinkrebse. Da erinnerte ich mich, daß ich meine ersten
Guppy-Nachzuchten vor gut 20 Jahren mit gekauftem Staubfutter aufgezogen hatte.
Flugs wurde ein Döschen gekauft und den Jungfischen zum Verzehr angeboten. Es
nutzte nichts, die Biester verschmähten auch dieses Futter'. Das wasser wurde leicht
trüb, und das Staubfutter lag unberührt aufdem Boden. Die ersten Jungfische schwammen spiralförmig durch das Becken. Am dritten Tag konnte ich den verlust von etwa
70 Prozent meiner Nachzucht verzeichnen. Ein wasserwechsel beförderte die verbliebenen 30 Prozent zu ihren Geschwistern in die ewigen Fischgründe.
lch war enttäuscht und wandte mich an einen Vereinsfreund der DCG und schilderte
ihm die Situation. Er riet mir. es mil Artemia zu versuchen. Nach den anfänglichen
Schwierigkeiten mit der Kultivierung von Arrezia starlete ich den dritten versuch. Die
Jungen schwammen frei, und, man glaubt es kaum, sie fraßenl Endlich konnte ich
Besuchern sagen: ,,Guck mall Das sind meine jungen Skalare!"
viel war zuerst gar nicht zu sehen. ungefähr 600 Jungfische von runtl fünf Millimeter
Länge schwammen in einer Pfütze von 30 Liter wasser. Im Laufe der nächsten drei
Wochen wurden die Kleinen ihren Elten-r aber doch immer ähnlicher. Nach vier
wochen waren sie schon richtige kleine Skalare. Mittlerweile bereite ich das wasser
mit einem Kationenaustauscher auf, mische das aufbereitete zur Hälfe mit Leitungswasser und habe ein Zuchtwasser mit 6 bis 7 Grad KH, 7 bis 9 Grad GH und einem pHWert von 6,2 bis 6,5.
Das wasser ist den Alttieren sehr zuträglich. Sie beweisen das mit regelmäßigen Gelegen und guter Kondition. Auch die Jungfische ziehe ich in diesem Wasser auf. Sie zei-
Segelflosser, Pterophyllum scalare
Foto: Stawikowski
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gen ein gutes Wachstum bei vier bis fünf Fütterungen täglich und wöchentlichem Was-
serwechsel. Drei Zoogeschäfte in meiner Umgebung schwören auf meine Nachzuchten, was dazu führen mußte, daß jetzt im Keller sechs Aquarien zwischen 100 und 300
Litern ungefähr 1500 Jungfischen als Aufzuchtbecken dienen.
Die Mittelamerikaner aus meinem 9O0-Liter-Aquarium habe ich verkauft. Hier
schwimmen jetzt die schönsten Skalare aus den letzten Zuchten.
Neulich war ich mit meiner Familie in einem Zoogeschäft. Meine Frau stand auffäIlig
lange vor den Diskusfischen . .
Heim-Tier und Pflanze, Berlin 1992
Christian Wyrwich
Alle zwei Jahre findet die Ausstellung ,,Heim-Tier und Pflanze" in den Messehallen
unter dem Funkturm statt. Nur die Kombination mit anderen Veranstaltungen variiert.
Während 1990 zur gleichen Zeit noch die Handwerksmesse und die LebensmittelbranKulinaria nul eine Eintrittskarte erforderten. konnte im November 1992 nur
die Gesundheitsmesse zusätzlich erreicht werden. 40000 Besucher ließen sich auch
durch den Eintrittspreis von 12 DM für Erwachsene und 7 DM für Kinder nicht davon
abhalten, diese Messe zu besuchen. Hauptanziehungspunkt waren sicher die Hundeund Katzenvorführungen, aber auch Aquaristik und Terraristik kamen nicht zu kurz.
Während eine Halle dem Fachhandel vorbehalten war. wulde für die Vereine von der
Messeleitung die halbe Nachbarhalle reserviert.
Neben einem Informationsstand des VDA-Bezirk 01 (Berlin) beteiligten sich 15 Vereine mit über 60 Aquarien und Terrarien. Zum erstenmal konnten die Besucher eigene
Stände von Vereinen aus Brandenburg sehen. D.ie Palette der ausgestellten Fische
reichte von Lebendgebärenden über Regenbogenfische, Salmler, Schmerlen, Welse
bis zu den Cichliden Afrikas und Amerikas. Besonders auffallend war ein Paludarium.
dessen Landteil mit verschiedenen Bromelien, Tillandsien und Orchideen gestaltet
war. Nur der Wasserteil, mit verschiedenen Wasserrpflanzen und Fadenfischen
besetzt. fiel für meinen Geschmack etwas zu klein aus. Ruhe und Harmonie strahlte ein
mit Pterophyllmn altumrnd S-tmphysodon-Arten besetztes Aquarium aus. Bei einem
mit marmorierten Skalaren besetzten Becken laichte ein Paar während der AusstelIung. Einige Exponate, die als holländische Pflanzenaquarien eingerichtet waren, ließen erkennen, daß das Pflanzenmaterial extra für die Ausstellung im Handel erworben
worden war. Die Meeresaquaristik wurde durch zwei Becken repräsentiert.
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