EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?

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3. März 2009
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Banken und Verbraucher sind nach wie vor auf ihre nationalen Heimatmärkte ausgerichtet, wenn sie Retailbankingprodukte anbieten bzw. nachfragen. Die Bemühungen der EU-Kommission, dies zu ändern und schrittweise einen europäischen
Retailbankingmarkt zu schaffen, sind zu begrüßen.
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Auch Integrationsfortschritte müssen genau erfasst werden. Andernfalls ist ein
Einsatz der richtigen regulatorischen Instrumente in der richtigen Dosierung nicht
möglich.
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" Die Auswahl, Berechnung und Interpretation mögli-
cher Integrationsindikatoren stößt regelmäßig auf eine Reihe von Schwierigkeiten.
Vorschnelle, auf der Basis isoliert betrachteter Indikatorwerte gefällte Urteile verbieten sich.
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" Nur die gleichzeitige Be-
trachtung vieler unterschiedlicher Indikatoren ermöglicht Schlussfolgerungen,
die valide genug sind, um als Ausgangspunkt für regulatorisches Handeln dienen
zu können.
Autor
Stefan Schäfer
+49 69 910-31832
[email protected]
Editor
Bernhard Speyer
Publikationsassistenz
Sabine Kaiser
Deutsche Bank Research
Frankfurt am Main
Deutschland
Internet:www.dbresearch.de
E-Mail [email protected]
Fax: +49 69 910-31877
DB Research Management
Norbert Walter
„Alles messen, was messbar ist − und messbar machen, was noch
nicht messbar ist.“ (Galileo Galilei)
EU-Monitor 63
2
3. März 2009
EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?
EU-Retailbankingmärkte noch nicht
integriert
Einen einheitlichen Binnenmarkt für Güter und Dienstleistungen zu
schaffen, zählt seit Jahrzehnten zu den wesentlichen Zielen der
europäischen Politik. Der Weg zu diesem Ziel – die Weiterentwicklung der Einzelmärkte in den 27 Mitgliedsstaaten zu jenem einheitlichen Binnenmarkt – wird als Integrationsprozess bezeichnet. Wie
weit das Integrationsziel heute schon erreicht ist, variiert sehr
stark – abhängig davon, welchen Güter- bzw. Dienstleistungsmarkt
man betrachtet. Zu den am wenigsten integrierten Märkten zählt der
Retailbankingmarkt, also der Markt für Dienstleistungen für die Privatkunden (inkl. der Kleingewerbetreibenden) von Kreditinstituten.
Sowohl Banken als auch Verbraucher sind noch weitgehend auf ihre
nationalen Heimatmärkte ausgerichtet, wenn sie Retailbankingprodukte anbieten bzw. nachfragen.
Volkswirtschaftliche Vorteile der Retailbankingintegration
Wenn Kreditinstitute und Verbraucher
europaweit tätig werden...
... kann sich das Preis-Leistungsverhältnis der Bankdienstleistungen
verbessern
Vollständige Integration, also die Schaffung eines wirklich einheitlichen Binnenmarktes für Retailbankingprodukte, würde dagegen
bedeuten, dass die Verbraucher Bankdienstleistungen EU-weit
nachfragen und die Kreditinstitute selbige EU-weit anbieten – dass
Anbieter und Nachfrager also auf dem integrierten Markt insgesamt
tätig werden, ohne Rücksicht auf nationale Grenzen. Oder anders
ausgedrückt, dass sie den einheitlichen Binnenmarkt in seiner Gänze als ihren Heimatmarkt ansehen.
Die Integration der Retailbankingmärkte würde die volkswirtschaftliche Wohlfahrt über zwei Wirkungskanäle steigern. Erstens nähme
die Wettbewerbsintensität auf den zuvor nationalen Märkten mit
dem Grad der Integration zu. Diskretionäre, auf Marktsegmentierung
basierende Handlungsspielräume der Kreditinstitute bei der Gestaltung des Preis-Leistungs-Verhältnisses würden verringert. Die Konsumenten erhielten eine breitere Auswahl besserer Produkte sowie
besseren Service zu niedrigeren Preisen. Für diese Wirkungsmechanismen ist der Markteintritt ausländischer Anbieter nicht zwingend erforderlich. Entscheidend ist vielmehr die Bestreitbarkeit der
Märkte, also die Möglichkeit, dass ausländische Anbieter jederzeit
aktiv werden können. Zweitens würde Marktintegration die Anbieter
in die Lage versetzen, Größenvorteile zu realisieren, wenn sie ihre
Produkte nicht nur auf ihrem Heimatmarkt, sondern in der gesamten
EU anbieten könnten. Es wäre ihnen möglich, ihre Produkte zu niedrigeren Kosten herzustellen, und die Gewinnschwelle für Innovationen könnte sinken. Auf wettbewerbsintensiven Märkten würde dies
ceteris paribus zu sinkenden Preisen für innovative Produkte führen.
Die Realisierung von Skalenerträgen würde sich hierbei nicht auf
das Produktmanagement, den Vertrieb und die Refinanzierung,
beschränken, sondern auch die Risikosteuerung einschließen, denn
auf einem integrierten Markt könnten die Kreditinstitute ihre Risiken
besser diversifizieren.
Aktivitäten der europäischen Politik
EU-Kommission will Integrationsbarrieren abbauen
3. März 2009
Die Integration der Retailbankingmärkte hätte also viele Vorteile. Um
diese zu realisieren, hat die europäische Politik eine Reihe von Initiativen gestartet, von einer Wettbewerbsuntersuchung über die
Verbraucherkreditrichtlinie bis hin zum Weißbuch Hypothekarkredite,
um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Diesen Initiativen ist gemeinsam, dass die EU-Kommission zunächst einzelne Märkte (zum
Beispiel denjenigen für Hypothekarkredite) einer genaueren Analyse
3
EU-Monitor 63
unterzieht, dabei in der Regel mangelhafte Integration diagnostiziert
und daraus schließlich eine Therapie ableitet, die meist aus einer
Reihe regulatorischer Maßnahmen besteht. Letztere sollen Barrieren abbauen helfen, an denen die Integration der nationalen Märkte
bislang gescheitert ist.
Einige Fragen noch unbeantwortet
Das Ziel der Kommission, die Retailbankingmärkte zu integrieren, ist
unumstritten. Allerdings besteht allgemeine Unsicherheit darüber,
(1) welche Kriterien heranzuziehen sind, um den Integrationsgrad
der Märkte zu beurteilen, (2) inwieweit Integrationslücken auf „natürliche“ Ursachen wie die Sprachbarrieren zurückzuführen und deshalb nicht mittels regulatorischer Maßnahmen zu schließen sind und
(3) welche regulatorischen Instrumente vor diesem Hintergrund
geeignet erscheinen, die Integration der Retailbankingmärkte voranzubringen.
Offene Fragen
Daraus resultieren drei Fragen, die bisher weder in der regulierungspolitischen noch in der wissenschaftlichen Diskussion zufriedenstellend beantwortet worden sind:
— Wie kann man den Grad der Integration des Retailbankingmarktes messen?
— Was sind die Ursachen für eventuell festzustellende mangelhafte
Integration?
— Wie kann die gewünschte Integration vorangebracht werden?
Wie kann man Integration messen?
Um die erste der drei Fragen zu beantworten, soll zunächst in Abschnitt 2 geklärt werden, wie Integration definiert wird bzw. definiert
werden kann. Hier kommt einerseits eine weitgehende Begriffsabgrenzung in Frage, derzufolge Integration, wie oben beschrieben,
erreicht ist, wenn Banken und Verbraucher die gesamte EU als ihren Heimatmarkt ansehen und sich die positiven ökonomischen
Effekte der Integration einstellen. Andererseits kann auch geprüft
werden, inwieweit auf dem Weg zur vollständigen Integration bestimmte Zwischenziele erreicht sind, etwa Verhaltensänderungen
bei Anbietern und Nachfragern oder die Beseitigung regulatorischer
Integrationshemmnisse. Es geht also in Abschnitt 2 zunächst um die
Frage, was wir messen, wenn wir Integration messen, bevor in Abschnitt 3 untersucht wird, wie Integration gemessen werden kann.
Hierbei ist zunächst zu prüfen, ob ausreichend Datenmaterial für die
Berechnung von Messgrößen zur Verfügung steht. Ist dies der Fall,
muss jede Messgröße daraufhin abgeklopft werden, ob bestimmte
Werte wirklich einen hohen Integrationsgrad anzeigen und ob Integration nicht auch dann erreicht sein kann, wenn die Werte der Messgröße dies nicht anzeigen. Mit anderen Worten ist zu untersuchen,
ob sich die jeweilige Messgröße als Indikator eignet oder nicht. Abschnitt 4 fasst zusammen, welche Konsequenzen diese Überlegungen für die EU-Integrationspolitik haben können.
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Drei Abgrenzungen von Integration
denkbar
4
,
Die Vorteile eines einheitlichen Binnenmarktes kommen den Europäern zugute, wenn die Banken ihre Produkte europaweit anbieten
und die Konsumenten sie europaweit nachfragen können. Auf dieser
Basis können grundsätzlich drei Abgrenzungen von „Integration“
abgeleitet werden. Diese setzen an den Ergebnissen des Integrationsprozesses, dem Verhalten der Marktteilnehmer bzw. den regulatorischen Rahmenbedingungen an. Die Dreiteilung lehnt sich inhalt3. März 2009
EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?
lich an das Marktergebnis-/Marktverhalten-/Marktstruktur-Paradigma
der Wettbewerbspolitik an.
Integration ist erreicht, wenn sich die erhofften
ökonomischen Wirkungen einstellen
Integration ist kein Selbstzweck. Sie soll – über eine höhere Wettbewerbsintensität und die Möglichkeit, Skalenerträge zu erzielen –
den Banken neue, europäische Geschäftsmöglichkeiten eröffnen
und den Kunden in der gesamten EU den Zugang zu einer ähnlich
breiten und günstigen Produktpalette bieten. Nach der am weitesten
gehenden Definition kann man somit von Integration sprechen,
wenn diese mit dem Integrationsprozess verbundenen Ziele erreicht
sind.
Zu enge Definition nicht zweckmäßig
Für die politische Praxis dürfte die Beschränkung auf eine derartige
Definition aus zwei Gründen nicht hilfreich sein. Zum einen würde
sie – streng genommen – nicht zulassen, Integrationsfortschritte zu
messen. Integration wäre dann entweder erreicht oder nicht erreicht.
In der Realität kann man die auf dieser Definition basierenden Integrationsindikatoren zwar durchaus so konstruieren, dass unterschiedliche Grade von Integration und damit Integrationsfortschritte
zumindest in ihrer Tendenz abgeschätzt werden können. Dennoch
lässt diese Herangehensweise zu viele Fragen offen, unter anderem
hinsichtlich der Geschwindigkeit des Integrationsprozesses, möglicher Integrationshemmnisse und des Einflusses regulatorischer
Initiativen. Zum anderen spricht gegen die enge Abgrenzung des
Begriffes Integration auch, dass eine so verstandene Integration der
EU-Retailbankingmärkte faktisch unmöglich sein könnte. Dies ist der
Fall, wenn „natürliche“ Barrieren, die aus langfristig-strukturellen
Unterschieden zwischen den Mitgliedsstaaten (wie Sprache, Geschäftsgewohnheiten, langfristig aufgebautes Vertrauen zu heimischen Anbietern etc.) resultieren, verhindern, dass Anbieter und
Nachfrager die gesamte EU als ihren Heimatmarkt betrachten können oder wollen. Als vollständiges Erreichen der Ziele des Integrationsprozesses verstandene Integration würde dann niemals erreicht.
Bei entsprechender Konstruktion der verwendeten Indikatoren könnten allenfalls Fortschritte auf dem Weg zu den erhofften Zielen erkannt und analysiert werden.
Zwischenziele erforderlich
Aus diesen Gründen sind geeignete Zwischenziele zu definieren,
die eine differenziertere Analyse ermöglichen. Ansatzpunkte bieten
die beiden wesentlichen Schritte, die der endgültigen Marktintegration vorausgehen: die europäische Orientierung von Banken und
Verbrauchern und der Abbau aller regulatorischen Hürden, welche
diese europäische Orientierung der Marktteilnehmer be- oder verhindern können.
Integration ist erreicht, wenn Banken und Kunden die
gesamte EU als ihren Heimatmarkt betrachten
Am Verhalten der Marktteilnehmer
anknüpfen
3. März 2009
Die mit dem Integrationsprozess verbundenen Ziele sind nur zu
erreichen, wenn Banken und Verbraucher die gesamte EU als ihren
Retailbanking-Heimatmarkt betrachten können und wollen. Deshalb
ist es naheliegend, Integration auch anhand des Verhaltens der
Marktteilnehmer zu definieren. Integration ist dann der Zustand, in
dem Banken und Kunden über die nationalen Grenzen hinweg als
Anbieter und Nachfrager auftreten, ohne dass sich die positiven
Wirkungen (breite Produktpalette zu niedrigen Preisen, innovativer
Wirtschaftsraum) schon zwingend eingestellt haben müssen. Letzteres kann – zumindest zeitweise – mit Pfadabhängigkeiten (schrittweise Anpassung von Verhaltensweisen der Banken bzw. Verbrau5
EU-Monitor 63
cher) und trotz aller Integrationsbemühungen verbleibenden Unterschieden zwischen den Mitgliedsstaaten erklärt werden. So ist beispielsweise denkbar, dass die Verbraucher in kleineren Mitgliedsstaaten zwar Zugriff auf die gleichen Produkte haben wie alle anderen EU-Bürger, diese von den Banken aber nur relativ teuer hergestellt werden können – etwa wegen der Übersetzung aller Informationen und Vertragstexte in Sprachen, die nur von relativ wenigen
Konsumenten gesprochen werden.
Integration ist erreicht, wenn alle regulatorischen
Integrationshemmnisse beseitigt sind
Europaweite Aktivitäten ermöglichen
Schließlich kann Integration aber auch bloß derjenige Zustand sein,
in dem Banken und Konsumenten in der Lage sind, europaweit tätig
zu werden. Dies ist der Fall, wenn den europaweiten Aktivitäten
keine (regulatorischen) Barrieren mehr entgegenstehen. Ob die
Marktteilnehmer grenzüberschreitend aktiv werden, ist für dieses
Verständnis von Integration ebenso irrelevant wie die Frage, inwieweit der Integrationsprozess die ihm zugeschriebenen positiven
Wohlfahrtswirkungen entfaltet. In diese Richtung ist auch die Defini1
tion der Europäischen Zentralbank formuliert: Demnach ist Integration auf dem Markt für ein bestimmtes Finanzprodukt erreicht, wenn
alle Marktteilnehmer (a) dem gleichen Regelwerk unterworfen sind,
(b) gleichen Zugang zu diesem Finanzprodukt haben und (c) gleich
behandelt werden, wenn sie auf diesem Markt tätig werden.
„Natürliche“ Barrieren bleiben
Somit können die „natürlichen“ Barrieren weiter existent sein. Sie
resultieren aus langfristig-strukturellen Unterschieden zwischen den
Mitgliedsstaaten (wie Sprache, Geschäftsgewohnheiten, langfristig
aufgebautes Vertrauen zu heimischen Anbietern etc.), die kurz- und
mittelfristig nicht durch regulatorische Maßnahmen verringert oder
sogar beseitigt werden können. Die EZB-Definition bezieht sich nur
auf „künstliche“ Barrieren. Sie sind rechtlicher Natur und durch regulatorische Maßnahmen zu beseitigen und daher alleiniger Ansatzpunkt für das Aktivwerden der europäischen Politik.
&
,
Klassifizierung von Integrationsindikatoren2
Verschiedene Arten von Indikatoren
Die Klassifizierung von Integrationsindikatoren kann sich auf der
einen Seite an der Art der Datenerhebung oder der zum Ausdruck
kommenden Information orientieren. Nach diesem Ansatz gibt es
Indikatoren, die entweder auf der Basis statistischer Daten zu tatsächlichen Geschäftsaktivitäten (z.B. Zinsstatistiken) oder mittels
Umfragen zu Verhaltensweisen und Absichten von Banken und Verbrauchern berechnet werden. Umfragen können beispielsweise
dazu dienen, die Auslandsstrategien der Banken oder die Einstellung der Verbraucher gegenüber ausländischen Anbietern kennenzulernen. Was die Art der zum Ausdruck kommenden Information
betrifft, kann es sich entweder um qualitative oder um quantitative
Indikatoren handeln. Letztere wiederum können Volumen- oder
Preisindikatoren sein.
1
2
6
Baele, L. et al. (2004). Measuring financial integration in the Euro area. ECB Occasional Paper, Vol. 14, 2004. S. 6.
Für einen umfassenden Überblick über Möglichkeiten und Grenzen der Messung
von Marktintegration vgl. Speyer, Bernhard (2006). Bewertung der wirtschaftlichen
Effekte des FSAP – Anmerkungen zur Methodologie. Deutsche Bank Research.
EU Monitor 41. Frankfurt am Main.
3. März 2009
EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?
Beitrag zur Messung von Integration
als Kriterium
Auf der anderen Seite lassen sich Indikatoren aber auch nach ihrem
Beitrag zur Messung von Integration den drei obigen Abgrenzungen
dieses Begriffes entsprechend klassifizieren. Dementsprechend gibt
es:
— Indikatoren, die darstellen, inwieweit die mit dem Integrationsprozess verbundenen ökonomischen Zielvorstellungen erfüllt
sind, inwieweit also Integration tatsächlich erreicht ist;
— Indikatoren, die darstellen, ob die Banken und Verbraucher den
einheitlichen Binnenmarkt insgesamt als ihren Heimatmarkt betrachten;
— Indikatoren, die darstellen, inwieweit die rechtlichen Voraussetzungen für die europäische Orientierung von Banken und Verbrauchern gegeben sind, inwieweit also die beschriebenen
künstlichen Hürden beseitigt worden sind.
Zwei Probleme sind zu lösen
Bei jeder der drei Gruppen von Indikatoren können jeweils zwei
Schwierigkeiten auftauchen: Zum einen kann es problematisch sein,
die in den jeweiligen Indikator einfließenden Größen korrekt zu
messen, zum Beispiel aufgrund eingeschränkter Datenverfügbarkeit. Wenn das problemlos möglich ist, ist zum anderen zu prüfen,
ob der errechnete Indikator zielführende Aussagen über den Stand
der Integration der Retailbankingmärkte zulässt.
Hat der Integrationsprozess die prognostizierten Wohlfahrtswirkungen?
Gibt es Preiskonvergenz auf niedrigem Niveau?
.
0
Bei Diskussionen über den Integrationsgrad von Wirtschaftsräumen
bildet in der Regel das „Gesetz des einheitlichen Preises“ (Law of
one price) von William Stanley Jevons den Ausgangspunkt der Betrachtung. Danach kann es für ein Gut nur einen einheitlichen Preis
geben, wenn das Gut zu einem bestimmten Zeitpunkt überall und
für jeden sachlich gleichartig verfügbar ist und vollkommene Information herrscht. Aufgabe der Integrationspolitik ist es, dafür zu sorgen, dass diese Bedingungen erfüllt sind. Wenn das der Fall ist,
können alle Anbieter im gesamten Wirtschaftsraum tätig werden;
Marktmacht wird minimiert, und die Preise gleichen sich auf niedrigem Niveau an. Inwieweit dies für die europäischen Retailbankingmärkte gilt, zeigt folglich der Vergleich der Preise für die auf diesen
Märkten angebotenen Produkte.
!) /
Spannbreite zwischen höchstem und
niedrigstem Preis p.a. in EUR
AT
BE
k.A.
CY
DE
ES
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FR
Messung der Gültigkeit des „Law of one price“
k.A.
GR
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IT
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k.A.
NL
PT
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k.A.
SI
k.A.
UK
k.A.
0
200
400
Quelle: EU Kommission
3. März 2009
1
Bei Retailbankingprodukten sind Preisvergleiche allerdings sehr
schwierig. Das hat zwei Gründe. Erstens ist es außerordentlich
schwierig, wirklich gleichartige Produkte zu finden, weil jedes einzelne Produkt eine Vielzahl von Merkmalen aufweist, die eine Klassifizierung erschweren. Bei Krediten kommt erschwerend hinzu,
dass auch die Kundenmerkmale, ausgedrückt durch die Bonität, den
Charakter des Produktes und dessen Preis beeinflussen. Zweitens
spielen bei Retailbankingprodukten – auch bei Krediten – Gebühren
eine wichtige Rolle. Der Vergleich von Zinssätzen allein ist deshalb
kein vollständiger Preisvergleich. Die Datenverfügbarkeit von Gebühren ist aber noch viel schlechter als im Falle von Zinssätzen.
Dies gilt insbesondere für den Girokonto- und Zahlungsverkehrsbereich, wo so gut wie keine internationalen Vergleiche möglich sind.
7
EU-Monitor 63
Eine Untersuchung der EU-Kommission versucht, diese Lücke zu
3
schließen, stößt aber auf zahlreiche methodische Schwierigkeiten.
Abbildung 1 stellt beispielhaft die Bandbreite der Preise für „Kontopakete“ (Girokonto und verschiedene Zahlungsverkehrsprodukte)
dar. Hierbei fällt zunächst auf, dass für etliche Länder keine Daten
beschafft werden konnten. Für die anderen Länder kann festgehalten werden, dass die Preise sowohl innerhalb der Länder als auch
zwischen ihnen erheblich variieren. Gleiche Erhebungen wurden für
die Preise von Girokonten, Überweisungen, Lastschriften, Debitund Kreditkarten, Verfügungen am Geldautomaten und für die Nutzung von Onlinebanking durchgeführt.
Interpretation
Identifizierung wirklich vergleichbarer
Produkte
Selbst wenn die methodischen Probleme gelöst wären, bliebe zu
berücksichtigen, dass das Vergleichsprodukt in den Mitgliedsländern
unterschiedlich beliebt sein kann. Im Extremfall ist es in einem Land
das von der überwiegenden Mehrzahl der Kunden nachgefragte
Standardprodukt, während es in einem anderen Land zwar grundsätzlich verfügbar ist, die Verbraucher es aber so gut wie nicht in
Anspruch nehmen. Das wird sich auf das Preissetzungsverhalten
der Banken auswirken. Die Aussagekraft des Preisvergleichs ist
entsprechend eingeschränkt. Auf ähnliche Weise, nämlich über die
Motive der Anbieter, lassen Cross-Selling-Erwägungen produkt- und
zeitpunktbezogene Preisvergleiche wenig sinnvoll erscheinen, weil
viele Kreditinstitute bei der Preisgestaltung ihre Ertragspotenziale
über den Lebenszyklus des Kunden hinweg im Blick haben.
Preisunterschiede wird es immer
geben
Darüber hinaus stellt sich die grundsätzliche Frage, inwieweit die
vollständige Geltung des „Law of one price“ Maßstab für politische
Integrationsbemühungen sein kann. Voraussetzung für einheitliche
Preise ist nämlich, dass es überhaupt keine – weder künstliche noch
natürliche – Barrieren mehr gibt, die EU-weite Aktivitäten von Banken und Kunden behindern. Mit regulatorischen Maßnahmen lassen
sich aber bestenfalls die „künstlichen“ Hürden abbauen. Selbst
wenn dieses Ziel erreicht sein sollte, können sich aus den natürlichen Hürden immer noch Preisunterschiede innerhalb der Europäischen Union ergeben. Diese Erkenntnis kann zwei Konsequenzen
haben:
— Man versucht zu ermitteln, welcher Anteil der Preisunterschiede
auf die regulatorisch beseitigbaren, also die „künstlichen“ Barrieren zurückzuführen ist. Wenn sich die Preisunterschiede entsprechend verringert haben, ist Integration erreicht. Diese Vorgehensweise dürfte daran scheitern, dass die Quantifizierung der
Bedeutung der künstlichen Hürden sehr schwierig ist.
— Statt die Unterschiede zwischen den Preisen für Retailbankingprodukte in den einzelnen Ländern als absoluten Maßstab anzusehen, kann man als Alternative auch zu einer relativen Betrachtung übergehen. In diesem Fall interessieren nicht die internationalen Preisdifferenzen, sondern Ausmaß und Geschwindigkeit
der Preiskonvergenz. Wiederum ist die Interpretation des Ergebnisses nicht eindeutig. Ist Preiskonvergenz zu beobachten, so ist
das allein noch kein hinreichender Beleg für die Wirksamkeit entsprechender regulatorischer Maßnahmen. Vielmehr können auch
im Zeitablauf die natürlichen Hürden immer mehr an Bedeutung
verloren haben. Umgekehrt muss man aus Preisdivergenz nicht
unbedingt folgern, dass sich die regulatorischen Maßnahmen
3
8
Vgl. European Commission (2008). Preparing the Monitoring of the Impact of the
Single Euro Payment Area (SEPA) on Consumers. S. 65-77. Brüssel.
3. März 2009
EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?
nachteilig auf die Integration des Marktes auswirken. Vielmehr
kann die Zunahme der natürlichen Hürden die Verringerung der
künstlichen überkompensieren.
Somit kann Marktintegration durchaus auch dann erreicht sein,
wenn sich die Preise unterscheiden, ebenso wie sie nicht erreicht
sein kann, wenn die Preise einheitlich sind.
23
'
Beispiel: Internationale Preisvergleiche bei Hypothekenkrediten
0
#
Effektivzinssätze in %
7,0
6,5
6,0
5,5
5,0
4,5
4,0
3,5
3,0
2,5
03
04
05
06
07
Maximum
Median =Median
100
08
Minimum
Jan 03
Jul 03
Jan 04
Jul 04
Jan 05
Jul 05
Jan 06
Jul 06
Jan 07
Jul 07
Jan 08
Jul 08
130
120
110
100
90
80
70
Maximum
Median
Minimum
Quellen: Europäische Zentralbank, DB Research
23
0
4 0
&3
5
0
Preis 2003 Preis 2006
Diff.
FR
0,89
0,36
0,53
UK
1,15
0,68
0,47
GR
0,70
0,35
0,35
IT
1,34
0,99
0,35
NL
0,97
0,64
0,33
ES
1,03
0,87
0,16
PT
0,95
0,88
0,07
DK
0,70
0,63
0,07
Quelle: Oliver Wyman
3. März 2009
Der Versuch, die Preise von Hypothekenkrediten zu vergleichen und
daraus auf den Stand der Integration der Hypothekenmärkte zu
schließen, macht deutlich, wie schwierig die Überprüfung des „Law
of one price“ und die Bewertung der Ergebnisse dieser Überprüfung
in der Praxis sein kann. Das hat drei Gründe. Erstens muss der
Hypothekenzins ein komplexes Bündel von Risiken (Bonitäts-, Immobilienpreis- und Vorfälligkeitsrisiken) widerspiegeln, deren Abdeckung institutionell sehr unterschiedlich geregelt sein kann und die,
was bei den Immobilienpreisen sehr deutlich ist, lokal sehr stark
variieren können. Zweitens sind Hypothekenkredite für viele Banken
ein Ankerprodukt, das dazu dient, eine langfristige Geschäftsbeziehung mit dem Kunden aufzubauen und das entsprechende CrossSelling-Potenzial zu erschließen. Drittens unterscheiden sich die
Präferenzen der Verbraucher von EU-Mitgliedsland zu EU-Mitgliedsland sehr stark, beispielsweise hinsichtlich der Zinsbindungsfristen.
In der jüngeren Vergangenheit gab es zwei unterschiedliche Ansätze, diese Probleme zumindest zu entschärfen. Einer davon ist die
Einführung der EZB-Zinsstatistik, die seit 2003 für eine Reihe von
repräsentativen Kredit- und Einlagenprodukten den jeweiligen nationalen Mittelwert des Zinssatzes in den Ländern der Eurozone ausweist; dabei bleiben jedoch verschiedene Fragen offen: Die EZBZinsstatistik lässt nicht nur alle EU-Mitgliedsstaaten außen vor, die
noch nicht den Euro eingeführt haben, sondern beantwortet auch
nicht, wie sich Sicherheiten auf den jeweiligen Zinssatz auswirken.
Darüber hinaus werden die Daten nicht über den Konjunkturzyklus
hinweg normalisiert. Je stärker die nationalen Kreditzyklen in der
EU voneinander abweichen, desto weniger sind deshalb die Daten
miteinander vergleichbar, weil sich Gewinnmargen und Risikoprämien systematisch unterscheiden. Auch der Umgang mit dem Vorfälligkeitsrisiko, der seinen Niederschlag in vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen zur vorzeitigen Kündbarkeit, zum Vorfälligkeitsentgelt und zu Sondertilgungsoptionen findet, ist zu vielfältig,
um zufriedenstellend berücksichtigt werden zu können.
Abbildung 2 basiert auf der Veröffentlichung eines repräsentativen
Hypothekenzinssatzes für jedes Land der Eurozone durch die EZB.
Der obere Teil stellt den Verlauf des höchsten, des niedrigsten und
des Medianzinssatzes in % dar. Der untere Teil zeigt, wie sich der
höchste und der niedrigste Zins relativ zum Median, der gleich hundert gesetzt ist, entwickelt haben. Es fällt auf, dass die Abweichung
der beiden Extrema vom Median bis Mitte 2007 kontinuierlich abgenommen hat und von da an bis zum Sommer 2008 ungefähr gleich
geblieben ist. Seitdem hat sich der minimale Zinssatz wieder deutlich vom Median entfernt. Diese Schwankungen zeigen, dass allein
schon aufgrund der Kürze des Beobachtungszeitraums aus diesen
Daten keine Schlussfolgerungen bezüglich der Integration der EUHypothekenmärkte gezogen werden können.
Den zweiten Versuch eines europäischen Hypothekarzinsvergleiches hat die Beratungsgesellschaft Oliver Wyman (siehe Grafik 3)
unternommen. In einer Studie zur Integration der europäischen Hy-
9
EU-Monitor 63
pothekenmärkte wird mit einem um Gebühren, Effekte der Zinsstrukturkurve, Bonitätsrisiken sowie Vorfälligkeitsrisiken bereinigten Referenzzinssatz gearbeitet, der für den jeweiligen nationalen Hypothekenmarkt repräsentativ sein soll. Die Bereinigung soll helfen, eine
Reihe der erwähnten Mess- und Interpretationsschwierigkeiten zu
mildern. Dennoch bleiben auch hier viele Fragen offen, beispielsweise hinsichtlich der relativen Bedeutung der natürlichen bzw. der
künstlichen Hürden. Wichtiger ist jedoch, dass die Bereinigung
selbst nicht nur Schwierigkeiten mildert, sondern gleichzeitig ein
wesentliches neues Problem schafft: Der daraus resultierende Referenzzinssatz ist ein abstraktes Konstrukt, das nicht nur auf sehr
weitreichenden Annahmen basiert, sondern in der politischen Diskussion auch nur begrenzt vermittelbar ist.
#
#
6
#
Verbessert sich die Versorgung mit Retailbankingprodukten?
!
Die Marktintegration soll den Retailbankingkunden in der EU nicht
nur niedrigere Preise, sondern auch eine möglichst gute Versorgung
mit unterschiedlichen Produkten bringen. Je mehr Optionen die
Verbraucher haben, desto besser ist ceteris paribus die Allokation
des Kapitals (Einlagen und Kreditprodukte), desto effizienter können
wirtschaftliche Transaktionen abgewickelt werden (Zahlungsverkehrsprodukte) und desto eher sind gesellschaftliche Ziele, wie
der Zugang zu Basisleistungen (Girokonto) und Wohneigentum
(Hypothekarkredite), für möglichst breite Bevölkerungsschichten
zu erreichen.
Anteil von Schecks bzw. Lastschriften am
gesamten Zahlungsverkehrsvolumen in %
AT
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BG
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DK
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NL
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PT
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UK
Messung des Versorgungsgrades
Der Grad der Versorgung mit Retailbankingprodukten kann quantitativ und qualitativ definiert sein. Was die quantitative Versorgung mit
Retailbankingprodukten betrifft, gibt es kein Äquivalent zum „Gesetz
des einheitlichen Preises“. Dennoch ist es naheliegend, eine quantitativ einheitliche Versorgung auf hohem Niveau als Indikator für eine
fortgeschrittene Integration des Marktes anzusehen. Bei Einlagen
und Krediten kommt hier das Volumen, bei Zahlungsverkehrsprodukten die absolute Zahl in Frage – jeweils bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt bzw. die Bevölkerung.
0
20
Scheck
40
Lastschrift
Quelle: Europäische Zentralbank
7
Die Ausdifferenziertheit der Produktpalette zeigt, wie es um die qualitative Versorgung mit Retailbankingleistungen bestellt ist. Ziel des
Integrationsprozesses ist, dass im gesamten Wirtschaftsraum eine
einheitliche, möglichst breite Palette an Retailbankingprodukten für
die Kunden verfügbar ist. Es spricht für einen hohen Integrationsgrad eines Marktes, wenn es keine oder nur noch geringe Unterschiede zwischen den Produktpaletten auf den einzelnen nationalen
Märkten gibt. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die qualitative Ausstattung nicht so leicht messbar ist wie die quantitative. Da
die qualitative Sichtweise des Versorgungsgrades sich anhand der
Differenziertheit der Produktpalette bemisst, ist hier nicht die Versorgung mit Einzelprodukten, sondern die Breite des Angebotes
innerhalb einer Produktkategorie bzw. aller Retailbankingprodukte
von Interesse. Letztere kann zum einen durch eine rein enumerative
Aufstellung des Produktangebotes ermittelt werden. Die daraus
resultierende Unübersichtlichkeit kann es notwendig machen, zur
Beantwortung spezifischer Fragestellungen Indizes zu konstruieren,
die die Versorgung der nationalen Märkte beispielsweise mit unterschiedlichen Arten von Hypothekenkrediten zu einer Kennzahl aggregieren.
Ziel der Indexberechnung ist, die qualitative Ausstattung der einzelnen Märkte miteinander vergleichbar zu machen. Voraussetzung
10
3. März 2009
EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?
*
#
'
dafür ist zum einen, dass die Informationen über die Angebote der
Banken vorliegen. Ist dies der Fall, muss zum anderen jede einzelne
Produktvariante mit einem Wert und einem Gewichtungsfaktor für
die Indexberechnung versehen werden. Dabei sind Annahmen darüber zu treffen, welche Produktvarianten in die Berechnung einfließen sollen (weil sie als eigenständige Produkte anzusehen sind)
und welche nicht (weil sie nicht als eigenständige Produkte anzusehen sind).
0
Anteil der Haushalte mit Girokonto in %
DK
FI
BE
SE
FR
Interpretation
DE
Bei der Interpretation der so gewonnenen Zahlen ist Vorsicht geboten, denn kulturelle Unterschiede und Zeitpfadabhängigkeiten bauen
natürliche Hürden auf, die eine völlige Angleichung von Art und Nutzung der nationalen Produktpaletten an grundlegenden Divergenzen
in der Nachfrage scheitern lassen. Kulturell unterschiedlich kann
beispielsweise die Einstellung der privaten Haushalte zur Kreditaufnahme sein. Selbst wenn alle regulatorischen Hürden beseitigt sind,
wird es unterschiedliche Niveaus der Konsumentenkreditvergabe
geben. Ähnliches gilt auch für Zahlungsverkehrsprodukte, beispielsweise Kartenzahlungen. Insbesondere in diesem Bereich spielen
zudem Pfadabhängigkeiten eine bedeutende Rolle, denn um ein
Zahlungsverkehrssystem zu etablieren, sind hohe spezifische Investitionen erforderlich. Darüber hinaus ist die Nutzung von Zahlungsverkehrsprodukten durch Netzwerkexternalitäten gekennzeichnet.
Je mehr Nutzer sich für eine bestimmte Zahlungsart entscheiden,
desto vorteilhafter für alle. Änderungen des Zahlungsverhaltens
sind deshalb selbst bei restloser Beseitigung aller regulatorischen
Integrationshemmnisse bestenfalls langfristig zu erwarten (siehe
Grafik 4).
EE
UK
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GR
AT
NL
LU
MT
PT
SI
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CZ
CY
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BG
0
50
100
Quelle: Europäische Kommission
9
:
23
:
.
0
/
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8
! % .(
0
X-Achse: Hypothekenvolumen/BIP in %,
Y-Achse: BIP pro Kopf in EUR
EU-Mitgliedstaaten ohne LU
50.000
40.000
30.000
20.000
10.000
0
0
50
100
Quelle: European Mortgage Federation
Zudem ist ein positiver Zusammenhang zwischen dem Niveau der
wirtschaftlichen Entwicklung einer Volkswirtschaft und der Versorgung mit Retailbankingprodukten zu erwarten. So ist beispielsweise
das Niveau in den mittelosteuropäischen Mitgliedsstaaten durchgängig niedriger als in der EU-15 (siehe Grafik 5). Aus diesen
Gründen muss ein hohes Maß an Marktintegration nicht erst dann
erreicht sein, wenn alle Produkte überall verfügbar sind und überall
im gleichen Umfang nachgefragt werden.
Ein Beispiel: Internationale Vergleiche der Versorgung mit Hypothekenprodukten
Am Beispiel der Versorgung mit Hypothekenprodukten lassen sich
diese Überlegungen gut illustrieren. Die quantitative Versorgung,
gemessen am Volumen der ausstehenden Hypothekenkredite bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt bzw. die Bevölkerungszahl,
lässt sich leicht messen, denn die erforderlichen Daten stellt die
EZB zur Verfügung. Der Vergleich der ausstehenden Volumina bezogen auf die Bevölkerung bzw. das Bruttoinlandsprodukt zeigt auf
den ersten Blick, welche erheblichen Auswirkungen das Wohlstandsniveau hat (siehe Grafik 6). Anders lassen sich die durchgängig niedrigen Werte der mittelosteuropäischen Mitgliedsstaaten nicht
erklären.
Den Versuch, den qualitativen Versorgungsgrad mit Hilfe eines Index zu messen, haben in jüngster Zeit der Internationale Währungs4
5
fonds und das britische Beratungsunternehmen Oliver Wyman
4
5
3. März 2009
International Monetary Fund (2008). World economic outlook – housing and the
business cycle. April 2008. S. 103-132. Washington, D.C.
Mercer Oliver Wyman (2003). Study on the financial integration of European mortgage markets. Oktober 2003.
11
EU-Monitor 63
0,69
unternommen. Beide Untersuchungen diagnostizieren deutlich unterschiedliche Versorgungsgrade. Aussagen über die Entwicklung
im Zeitablauf sind nicht möglich, weil jeder der beiden Indizes nur
einmal berechnet wurde (siehe Grafik 7).
Gleicht sich die Servicequalität auf hohem Niveau an?
&
AU
MEW
Ref.
Yes
Ltd.
LTV Laufzeit
80
25
MMI
AT
No
No
60
25
0,31
BE
No
No
83
20
0,34
CA
Yes
No
75
25
0,57
DK
Yes
Yes
80
30
0,82
FI
Yes
No
75
17
0,49
FR
No
No
75
15
0,23
DE
No
No
70
25
0,28
GR
No
No
75
17
0,35
IE
Ltd.
No
70
20
0,39
IT
No
No
50
15
0,26
JP
No
No
80
25
0,39
NL
Yes
Yes
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30
0,71
NO
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No
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17
0,59
ES
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No
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20
0,4
SE
Yes
Yes
80
25
0,66
UK
Yes
Ltd.
75
25
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US
Yes
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30
0,98
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Var.
Risk
Dist.
Inf.
Index
DK
85
62
71
80
75
FR
81
67
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70
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DE
62
48
54 100
58
IT
65
51
42
50
57
NL
81
73
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35
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71
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ES
58
67
88
90
66
UK
77
92
100 100
86
;
Die Methodik
Die Berechnung eines solchen Index erfolgt in
vier Schritten. Zunächst muss der Maßstab
festgelegt werden, wobei niedrige Werte für
einen niedrigen und hohe Werte für einen
hohen Versorgungsgrad stehen. Der IWF bzw.
Oliver Wyman arbeiten dabei mit Werten
zwischen 0 und 1 bzw. 0 und 100. Als nächstes wird bestimmt, welche Variablen in die
Index-berechnung einfließen sollen. Im Fall
des IWF-Index sind dies die Existenz des
„Mortgage equity withdrawal“ (MEW), die
entschädigungsfreie Möglichkeit der vorzeitigen Darlehensrückzahlung (Ref.), die typische
Beleihungsgrenze (LTV) und die die durchschnittliche Vertragslaufzeit (Laufzeit). Oliver
Wyman arbeitet mit den verfügbaren Produktvarianten (Var.), dem Risikoprofil der bedienten Kundengruppen (Risk), der Bandbreite der
Distributionskanäle (Dist.) sowie der Qualität
von Information und Beratung (Inf.). Die Ausprägung der einzelnen Indikatoren wird für
jedes Land und jede Variable mit einem numerischen Wert gemessen. Anschließend ist zu
entscheiden, welches Gewicht die Werte der
einzelnen Variablen bei der Indexberechnung
haben sollen.
12
Bei der Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses von Bankdienstleistungen spielt die Qualität des Service eine üblicherweise
unterschätzte Rolle. Es ist aber davon auszugehen, dass im Zuge
des Abbaus regulatorischer Integrationshemmnisse und der damit
verbundenen Zunahme der Wettbewerbsintensität nicht nur die
Preise sinken, sondern auch die Servicequalität in den einzelnen
EU-Mitgliedstaaten steigt und sich weitgehend annähert.
Messung der objektiven und subjektiven Servicequalität
Die Servicequalität hat eine objektive und eine subjektive Komponente. Eine hohe (bzw. niedrige) subjektiv empfundene Servicequalität schlägt sich in Zufriedenheit (bzw. Unzufriedenheit) der Kunden
nieder. Die Messung der Servicequalität kann entsprechend einerseits an deren objektiven Bestimmungsgründen ansetzen; alternativ
kann versucht werden, vom Grad der Kundenzufriedenheit auf das
Niveau der Servicequalität zu schließen.
Objektive Faktoren der Servicequalität, wie beispielsweise die Öffnungszeiten, die Dichte des Filialnetzes oder die durchschnittliche
Wartedauer bei Telefonhotlines, sind direkt mess- und vergleichbar.
Allerdings dürfte damit nur ein kleinerer Teil aller Determinanten der
Servicequalität abgedeckt sein. Darüber hinaus haben unterschiedliche Kunden unterschiedliche Anforderungen an die Serviceleistungen eines Kreditinstitutes. Einem technologieaffinen Onlinekunden
wird die Übersichtlichkeit der Internetseite einer Bank wichtiger sein
als die Öffnungszeiten von deren Filialen, während es bei vielen
anderen, die Wert auf persönlichen Kontakt zu „ihrem“ Bankberater
legen, umgekehrt ist. Dieser Gegensatz spiegelt sich im Nord-SüdGefälle wider, das bei der Onlinenutzung in Europa zu beobachten
ist. Indikatoren, die die Möglichkeit des direkten Zugangs zu Bankmitarbeitern messen, würden an den Präferenzen der Bankkunden
in Skandinavien vorbeigehen; dasselbe gilt für Onlinebankingfokussierte Ansätze und die Interessenlage der Südeuropäer. Die
objektiven Faktoren der Servicequalität zu messen, erfordert daher
eine methodisch breite Vorgehensweise, die auf solche Unterschiede Rücksicht nimmt. Dennoch wird es kaum möglich sein, auf diese
Weise ein vollständiges Bild der Servicequalität von Banken in den
einzelnen EU-Mitgliedsstaaten zu zeichnen.
Deshalb ist erforderlich, auch die subjektive Empfindung der Servicequalität – die Kundenzufriedenheit – zu messen. Die Zufriedenheit
der Kunden kann durch Umfragen und durch Beobachtung des Kundenverhaltens ermittelt werden. Letzteres kann Aufschluss über die
Zufriedenheit ebenso wie über die Unzufriedenheit der Kunden geben. So ist beispielsweise die Wechselbereitschaft der Kunden, ausgedrückt etwa durch die durchschnittliche Dauer der Geschäftsbeziehung zu einer Bank, ein Maß für hohe Zufriedenheit, wenn sie
niedrig ist, und für niedrige Zufriedenheit, wenn sie hoch ist. Ähnliches gilt für das Beschwerdeverhalten. Viele Beschwerden sind zu
erwarten, wenn die Kunden unzufrieden sind, während es von zufriedenen Kunden nur wenige Beschwerden geben dürfte.
3. März 2009
EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?
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Die Abbildungen 8 und 9 stellen zwei zentrale Kennzahlen dar:
„Wechselhäufigkeit“ (Abbildung 8) und „durchschnittliche Vertragslaufzeit“ (Abbildung 9); sie erlauben einen Einblick in die Mobilität
der Bankkunden in den EU-Mitgliedsstaaten. Laut Datenquelle, dem
Kommissionsbericht über die Wettbewerbsuntersuchung im Retailbanking, soll die Größe „Wechselhäufigkeit“ abbilden, wie groß der
Anteil der Kunden ist, die jedes Jahr ihre Bank wechseln. Die
„durchschnittliche Vertragslaufzeit“ ist ein Maß für die durchschnittliche Lebensdauer aller aktuell existierenden Bankverbindungen. Aus
6
einer Reihe von methodologischen Gründen ist die tatsächliche
Lebensdauer der gegenwärtigen Bankverbindungen deutlich länger
als die rechnerische „Langlebigkeit“ und der tatsächliche Anteil von
Kunden, die die Bank wechseln, niedriger als die rechnerische
„Wechselhäufigkeit“. Dies soll am Beispiel der durchschnittlichen
Vertragslaufzeit erläutert werden: Die Bankensysteme der neuen
Mitgliedsstaaten waren beim Fall des Eisernen Vorhangs erheblichen Umwälzungen ausgesetzt. Deshalb ist es nicht verwunderlich,
dass die durchschnittliche Lebensdauer der derzeit bestehenden
Bankverbindungen in den neuen Mitgliedsstaaten (Durchschnitt 6,28
Jahre) niedriger ist als in der EU-15 (Durchschnitt 10,4 Jahre).
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Wechselhäufigkeit in %
EU-25
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BE
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Interpretation
0
5
10
15
Quelle: EU-Kommission
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— Wer führt die Befragungen durch bzw. sammelt die Kundenbeschwerden?
Hier kommen die Banken selbst, Bankenverbände oder Ombudsstellen, Verbraucherschutzorganisationen und staatliche Institutionen in Frage.
#!
0
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Definition und Messung
objektiver Indikatoren der Servicequalität vergleichsweise einfach
ist. Im Gegensatz dazu wirft die Bestimmung der Kundenzufriedenheit (bzw. –unzufriedenheit) mit Hilfe von Umfragen eine ganze Reihe methodischer Fragen auf, die es ratsam erscheinen lassen, dieses Instrument nur ergänzend einzusetzen:
Durchschnittliche Vertragslaufzeit in
Jahren
— Gibt es wirklich einen positiven Zusammenhang zwischen Zahl
der Beschwerden und Unzufriedenheit der Kunden?
Das muss nicht unbedingt der Fall sein. Vielmehr kann eine hohe
Zahl von Kundenbeschwerden auch aus großer Akzeptanz des
Beschwerdesystems resultieren.
EU-25
AT
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NL
PO
PT
SE
SI
SK
UK
— Wie können EU-weit vergleichbare Daten erhoben werden?
Nur wenn die Ergebnisse der Befragungen bzw. die Zahl der
Kundenbeschwerden auf einer einheitlichen methodischen
Grundlage erhoben werden, sind die Daten für die Untersuchung
des Integrationsgrades der Retailbankingmärkte nutzbar. Deshalb ist es notwendig, dass die Daten entweder von einer zentralen Stelle selbst erhoben werden oder diese zentrale Stelle zumindest die Methodik vorgibt.
— Sind einheitlich erhobene Daten wirklich vergleichbar?
Kulturelle Unterschiede können bewirken, dass Bankkunden aus
unterschiedlichen EU-Mitgliedsstaaten gleiche Fragen unterschiedlich beantworten bzw. auch bei einheitlicher Erfassung ein
unterschiedliches Beschwerdeverhalten aufweisen.
0
10
Quelle: EU-Kommission
3. März 2009
20
=
6
European Commission (2007). Report on the Retail Banking Sector Inquiry. Commission Staff Working Document. S. 71-72.
13
EU-Monitor 63
Ziele und Methodik des „Verbraucherbarometers“
Im Januar 2008 hat die EU-Kommission unter
Federführung der Kommissarin für Verbraucherschutz, Meglena Kuneva, erstmalig das
Verbraucherbarometer veröffentlicht. Die zweite Ausgabe des Barometers folgte im Januar
2009. Es soll zukünftig ein ständig genutztes
Informationsinstrument der Kommission werden, um die Zufriedenheit der Endverbraucher
festzustellen.
Das Verbraucherbarometer geht zurück auf
vorhergehende Untersuchungen, bei denen
sich aus Sicht der EU-Kommission Schwachstellen des Binnenmarktes offenbarten. Das
Barometer soll die allgemeine Marktüberwachung der Kommission ergänzen, indem es
zusätzliche Informationen zu Marktstörungen
aus Verbrauchersicht liefert. Vorrangiges Ziel
ist es, jene Bereiche zu ermitteln, in denen der
Binnenmarkt den Bedürfnissen der Endkunden
nicht gerecht wird.
Als Reaktion auf die Ergebnisse des ersten
Verbraucherbarometers hat die Kommission in
Zusammenarbeit mit den nationalen Verantwortlichen 2008 begonnen, gezielt verbraucherrelevante Informationen zu sammeln.
Kernthema ist die Verbesserung und Harmonisierung von Datenbasis und -qualität.
Das Verbraucherbarometer besteht aus drei
Teilen. Im ersten Teil wird die Leistung verschiedener Märkte aus Sicht der Verbraucher
anhand von fünf Indikatoren beleuchtet
(Screening). Bei den Indikatoren handelt es
sich um Verbraucherbeschwerden, das Preisniveau, Verbraucherzufriedenheit, die Möglichkeit eines Anbieterwechsels sowie das Vertrauen der Verbraucher in die Produktsicherheit. Im zweiten Teil werden Indikatoren präsentiert, mit denen die Fortschritte bei der
Integration der Privatkundenmärkte gemessen
werden (Analyse). Der dritte Teil soll gewährleisten, dass den nationalen Entscheidungsträgern vergleichbare Daten zur Verfügung
stehen, die die vollständige Integration des
EU-Binnenmarktes vorantreiben (Benchmarking). Ziel ist hier, dass sich durch das Verbraucherbarometer besonders erfolgreiche Mitgliedstaaten identifizieren lassen, deren Institutionen dann von den weniger erfolgreichen
kopiert werden können.
Die EU-Kommission hat für 2009 einige Handlungsschwerpunkte festgelegt, darunter spezielle Studien zum Einzelhandel und zum
Strommarkt für Endkunden, sowie die Entwicklung einer harmonisierten Methodik zur Klassifizierung von Verbraucherbeschwerden.
14
Beispiele: Internationale Vergleiche der Servicequalität im Retailbanking
Die Europäische Kommission untersucht regelmäßig mit Hilfe von
Eurostat-Umfragen, wie zufrieden die Verbraucher mit ihren nationalen Anbietern in puncto Servicequalität sind. Erfasst werden nicht
nur das Retailbanking, sondern eine breite Palette von Branchen.
Darüber hinaus gibt es zahlreiche Untersuchungen der nationalen
Bankenverbände und der Verbraucherschutzorganisationen zu dieser Thematik. Letztere kranken jedoch regelmäßig an zweifelhafter
Objektivität der Fragestellung und Auswertung – weil oftmals Marktteilnehmer die Umfragen in Auftrag gegeben haben – sowie an von
Mitgliedsland zu Mitgliedsland unterschiedlicher Methodik. Abgesehen davon ist es nicht einfach, die hinsichtlich der Servicequalität
von Land zu Land verschiedene Erwartungshaltung der Verbraucher
zu berücksichtigen. Selbst bei objektiv gleicher Servicequalität kann
die Kundenzufriedenheit unterschiedlich sein, weil sich auch die
Anforderungen der Verbraucher an die Servicequalität unterscheiden. Umfragen müssen deshalb hohen methodischen Ansprüchen
genügen. Wenn sie dies tun, sind Umfragen ein probates Mittel der
Integrationsmessung.
Mit ihrem Anfang 2008 initiierten „Verbraucherbarometer“-Projekt
möchte die EU-Kommission die Position der Verbraucher in den
Mitgliedstaaten differenziert nach Branchen systematisch erfassen.
Zu den Indikatoren, die in das Verbraucherbarometer einfließen
sollen, zählen auch die Zahl der Kundenbeschwerden und die Verbraucherzufriedenheit. Wenn das „Verbraucherbarometer“ so konstruiert ist, dass die oben beschriebenen Probleme der Servicequalitätsmessung vermieden werden, kann es ein nützliches Hilfsmittel
der Integrationspolitik werden (siehe Textbox). Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg.
Sehen Banken und Verbraucher die gesamte EU als
ihren Heimatmarkt an?
Eine eingehende Analyse des grenzüberschreitenden Geschäftes
bzw. der grenzüberschreitenden Nachfrage kann die Frage beantworten helfen, inwieweit sich Kreditinstitute und Verbraucher verhalten, wie sie es auf einem integrierten Markt tun könnten, nämlich so,
als ob die gesamte EU ihr Heimatmarkt wäre. Grenzüberschreitende
Geschäftsabschlüsse im Retailbanking sind allerdings, wie die weiteren Ausführungen zeigen werden, nur ein Aspekt der Europäisierung. In einem weiteren Sinne zählt dazu auch die Entstehung multinationaler europäischer Banken, die ihre Organisation so ausrichten, dass sie Skalenerträge realisieren und die Vorteile unterschiedlicher Standorte innerhalb der EU ausnutzen.
Messung des grenzüberschreitenden Retailbankinggeschäftes
Um das grenzüberschreitende Geschäft messen zu können, muss
zunächst definiert werden, was darunter zu verstehen ist. In der
engsten Begriffsabgrenzung nutzt der Verbraucher die Vertriebskanäle im Heimatland der ausländischen Bank, um deren Produkte zu
erwerben. Er fährt also über die Grenze, um eine Filiale aufzusuchen, ruft ein Call-Center im Ausland an oder greift auf die Onlineangebote der ausländischen Bank zu. Die etwas weitere Definition
des Begriffs „grenzüberschreitendes Geschäft“ lässt zu, dass der
Verbraucher das ausländische Retailbankingprodukt über (aus seiner Perspektive) inländische Vertriebswege erwirbt. Dabei kann es
sich entweder um eigene Vertriebswege der ausländischen Bank –
etwa eine Internetpräsenz und Callcenter oder sogar ein eigenes
3. März 2009
EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?
Filialnetz – oder um ihre Kooperationspartner vor Ort (andere Banken, Vermittler, Kooperationspartner im Einzelhandel etc.) handeln.
Retailbankinggeschäfte sind diesen beiden Definitionen zufolge also
grenzüberschreitend, wenn das jeweilige Produkt nicht im Heimatland des Verbrauchers „hergestellt“ wird. Dass die ausländische
Bank letzteren auch über ortsansässige Vertriebswege ansprechen
kann, steht diesem Verständnis von „grenzüberschreitend“ nicht
entgegen.
Erfassung des grenzüberschreitenden
Geschäfts
So definierte grenzüberschreitende Geschäfte kommen zustande,
wenn es Banken gibt, die ihre Produkte jenseits der Grenzen ihres
Heimatmarktes anbieten möchten, und Kunden, die diese Produkte
nachfragen. Das Volumen des grenzüberschreitenden Geschäftes
kann entsprechend bei den Banken oder bei den Kunden erfasst
werden. Bei den Banken ist eine direkte statistische Erfassung möglich, während die Geschäftsabschlüsse auf Kundenseite nur mit
Umfragen zu ermitteln sind.
Interpretation
Was verhindert grenzüberschreitende
Transaktionen?
.
!)
% der Befragten
%
)
Will man zunächst an der Kundenseite ansetzen, liegt es nahe, dem
Volumen des tatsächlichen grenzüberschreitenden Geschäftes das
mit Hilfe von Umfragen unter Verbrauchern ermittelte Niveau des
potenziellen gegenüberzustellen. Dass letzteres ersteres in der Regel erheblich übersteigt, legt nahe, die Europäer würden gerne
Bankprodukte aus dem Ausland nachfragen, können es aber aufgrund regulatorischer Hemmnisse nicht (siehe Grafik 10).
,
Fondsanlage
Hypothekarkredit
Private
Rentenversicherung
Kreditkarte
Girokonto
0
5
Grundsätzliches Interesse
10
Tatsächliche Inanspruchnahme
Quelle: Eurobarometer
3. März 2009
Wenn keine grenzüberschreitenden Geschäfte getätigt werden, liegt
das im Extremfall am mangelnden Interesse sowohl der Banken als
auch der Verbraucher. Alternativ kann es einerseits Bankkunden
geben, die gerne grenzüberschreitend Bankprodukte in Anspruch
nehmen würden, dies aber mangels entsprechender Angebote nicht
möglich ist; genauso können Banken andererseits durchaus willens
und in der Lage sein, ihre Produkte auch im Ausland zu vertreiben,
tun dies aber nicht, weil sie auf keine bzw. zu geringe Nachfrage
stoßen. In beiden Fällen verhalten sich Banken und Kunden jeweils,
wie es von ihnen in einem integrierten Markt erwartet werden kann,
ohne dass grenzüberschreitendes Geschäft im engeren Sinne zustande kommt. Diese Fälle und die ihnen zugrunde liegenden Ursachen eingehender zu betrachten, ist notwendig, um die Hürden zu
entdecken, an denen grenzüberschreitendes Geschäft bislang
scheitert.
1>
Das wirft jedoch zunächst die Frage auf, inwieweit Befragungsergebnisse die tatsächliche Bereitschaft der Verbraucher wiedergeben, Dienstleistungen ausländischer Anbieter in Anspruch zu nehmen. Wiederum sind hohe Anforderungen an die Methodik zu stellen. Eine Umfrage muss sehr geschickt konstruiert sein, wenn sie
die Kosten-Nutzen-Erwägungen – insbesondere unter Berücksichtigung der Risikopräferenz der Verbraucher – enthüllen sollen, die die
Verbraucher zu Pro und Contra grenzüberschreitender Bankgeschäfte in der Realität anstellen würden.
Über dieses Caveat hinaus vernachlässigt eine rein nachfrageorientierte Argumentation erstens die Angebotsseite und leitet zweitens
aus einfachen Umfragedaten eine sehr weitgehende These ab. Um
aus geringem oder nicht vorhandenem grenzüberschreitenden Geschäft die richtigen Schlüsse ziehen zu können, ist ein ausgefeilteres Vorgehen notwendig. Das gilt insbesondere für die Ermittlung
der Hürden, an denen das grenzüberschreitende Angebot bzw. die
grenzüberschreitende Nachfrage scheitern. Hier geht es in erster
15
EU-Monitor 63
%
0
#
+
Linie um die Frage, ob es sich dabei um natürliche oder um künstliche Hürden handelt, denn nur auf letztere hat die europäische Politik Einfluss. In einem nächsten Schritt ist zu klären, welche Hemmnisse die Abweichung vom theoretisch wünschbaren Zustand verursachen und mit welchen regulatorischen Mitteln sie zu beseitigen
sind. Die Befragung muss hierfür ermitteln, welche konkreten Gründe aus Sicht der Banken bzw. Verbraucher für bzw. gegen grenzüberschreitende Geschäfte sprechen.
#
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EU-27
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DE
SE
Darüber hinaus darf der Terminus „grenzüberschreitendes Geschäft“
nicht zu eng definiert sein. Ein hohes Ausmaß an grenzüberschreitendem Geschäft wäre auch dann möglich, wenn es in der Europäischen Union nur rein nationale Banken gäbe – also Banken, deren
Einheiten für das Produktmanagement und die Geschäftssteuerung
vollständig im Heimatland angesiedelt sind. Theoretisch könnte allein das grenzüberschreitende Geschäft solcher nationaler Banken
die Produktpalette für alle EU-Bürger verbreitern und die Preise auf
niedrigem sowie die Servicequalität auf hohem Niveau konvergieren
lassen. Daneben gibt es selbstverständlich aber auch Banken, die
sich durch Gründung von Tochtergesellschaften oder Übernahme
von Banken in anderen EU-Mitgliedstaaten über die Grenzen ihres
Heimatmarktes hinaus entwickelt haben. Die Europäisierung des
Geschäftes hilft ihnen dann, Erträge und Risiken zu diversifizieren.
Zu den eingangs dargestellten Erwartungen an den europäischen
Integrationsprozess zählt entsprechend auch, dass solche international tätigen Banken ihre Risiko- und Kapitalsteuerung europäisieren.
0
50
100
11
Quellen: EZB, DB Research
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%
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#
+
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Marktanteil von Banken aus dem EUAusland an den nationalen
Bankenmärkten in %
25
20
15
10
5
0
2001
2007
Quellen: EZB, DB Research
15
Indikatoren für diese Entwicklung sind unter anderem Anzahl und
Ausmaß grenzüberschreitender Fusionen und Übernahmen im Bankensektor, der Marktanteil von Banken mit ausländischem Eigentümer (siehe Grafiken 11 und 12) oder auch die geographische Zusammensetzung des Kreditbuches oder Einlagenbestandes eines
europäischen Bankkonzerns.
Bei der Interpretation dieser Zahlen ist wiederum Vorsicht angebracht. Die vollständige Integration des Retailbankingmarktes ist
sicher nicht erst dann erreicht, wenn die geschäftlichen Aktivitäten
der Banken in Europa keine geographischen Schwerpunkte mehr
haben. Vielmehr ist zu erwarten, dass der Bankensektor sich im
Zuge der Marktintegration zwar tendenziell europäisiert, diese Entwicklung aber auch an ihre Grenzen stoßen kann. Die Grenzen
ergeben sich nicht nur aus den natürlichen Integrationshemmnissen;
darüber hinaus kann gerade die Europäisierung des Bankgeschäftes Spielraum für rein national orientierte Anbieter schaffen, die sich
gegenüber ihren multinational tätigen Wettbewerbern durch besondere Marktkenntnis und kulturelle Nähe zu den Kunden in ihrem
Heimatmarkt abzugrenzen versuchen. Umgekehrt müssen selbst für
stark international ausgerichtete Banken nicht alle Märkte innerhalb
der EU gleichermaßen attraktiv sein, und einige können sogar unattraktiv sein, zum Beispiel, weil sie einfach zu klein sind.
Falls die Zahlen hinter den mit dem Integrationsprozess verbundenen Erwartungen zurückbleiben, können Umfragen die Motive der
Banken gegen ein europäisches Engagement erhellen. Hierbei
kommt es einmal mehr darauf an, zu erkennen, ob die europäische
Ausrichtung der Kreditinstitute an natürlichen oder künstlichen Hürden scheitert und – falls letzteres der Fall ist – wie die künstlichen
Hürden beseitigt werden können.
Über das grenzüberschreitende Geschäft und die multinationale
Risiko- und Kapitalsteuerung hinaus ist von besonderer Bedeutung,
16
3. März 2009
EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?
Europäisieren die Banken ihre
Organisationsstruktur?
inwieweit die Banken ihre Organisationsstruktur und ihre Prozesse
europäisieren. Hierfür gibt es zwei Ansatzpunkte, die Ausnutzung
von Skalenerträgen und die Ausnutzung von komparativen Kostenvorteilen unterschiedlicher Standorte innerhalb der EU. Zusammengeführt werden diese strategischen Optionen, wenn einzelne Funktionen zur Realisierung von Skalenerträgen dort zentralisiert werden, wo komparative Vorteile genutzt werden können. Da Informationen über die strategische Ausrichtung der Banken nur sehr begrenzt amtlichen Statistiken entnommen werden können, müssen
hier, unter Beachtung der schon mehrfach genannten Caveats, Umfragen zum Einsatz kommen.
Sind die Integrationshemmnisse beseitigt?
Voraussetzung für die Integration des EU-Retailbankingmarktes ist
die Beseitigung aller Hürden, die Finanzdienstleister und Kunden
daran hindern, die gesamte EU als ihren Heimatmarkt zu betrachten. Geht man wieder davon aus, dass die natürlichen Hürden zumindest kurz- und mittelfristig Bestand haben werden, steht vor der
Integration des Marktes also die Entfernung der regulatorischen
Hindernisse.
Bestandsaufnahme potenzieller regulatorischer Integrationsbarrieren
Welche „künstlichen“ Hürden gibt es?
Um einschätzen zu können, inwieweit der Abbau der Hindernisse
vorangeschritten ist, muss zunächst bekannt sein, welche Hürden
der Marktintegration im Einzelnen entgegenstehen. Dabei kann es
sich grundsätzlich um Hürden handeln, die entweder die Kreditinstitute oder die Verbraucher davon abhalten, die gesamte EU als ihren
Heimatmarkt zu betrachten. Welche es jedoch genau sind, muss
nicht nur für Banken und Verbraucher, sondern auch für jedes Produktsegment gesondert ermittelt werden.
Banken müssen Skalenerträge
realisieren können
Für die Banken ist die Realisierung von Skalenerträgen durch europaweite Geschäftsaktivitäten entscheidend. Diese kann daran scheitern, dass eine Bank ihre Produktgestaltung auf bis zu 27 unterschiedliche Rechtssysteme ausrichten muss. Probleme können
unter anderem im Verbraucherschutzrecht (z.B. bzgl. Werbung,
vorvertraglicher Informationspflichten, Rücktrittsrechte) und im allgemeinen und besonderen Zivilrecht (z.B. grenzüberschreitende
Übertragbarkeit von Forderungen, Umgang mit säumigen Schuldnern) auftreten. Ein Beispiel aus dem Bereich des Datenschutzes
verdeutlicht dies: Ein Konsumentenkreditanbieter, dessen Geschäftsmodell auf der weitgehend maschinellen Kreditvergabe in
Abhängigkeit vom Scoring des jeweiligen Kunden beruht, kann sein
Geschäftsmodell ohne größere Änderungen nur dann in andere EUMärkte exportieren, wenn er Zugriff auf die weitgehend gleichen
Kundendaten hat. Ist dies – beispielsweise aufgrund anderer Datenschutzbestimmungen zur Erhebung, Speicherung und Verarbeitung
sogenannter Positivdaten – nicht der Fall, ist der Markteintritt für
diese Bank nicht mehr lohnend, weil sie ihr Scoringmodell im Extremfall für jedes EU-Mitgliedsland, in dem sie aktiv ist, neu zuschneiden müsste.
Konsumenten müssen Vertrauen
haben
Auf Konsumentenseite ist das Vertrauen in Anbieter außerhalb des
vertrauten Heimatmarktes von herausragender Bedeutung. Das
bezieht sich insbesondere auf die Informationen über die Produktangebote und deren Vergleichbarkeit, die Möglichkeit des Rücktrittes vom Vertrag, Kündigungsmöglichkeiten sowie den Schutz vor
Qualitätsmängeln. Daneben dürfen der Vertragsabschluss, die Inanspruchnahme der Leistung während der Vertragslaufzeit sowie die
3. März 2009
17
EU-Monitor 63
Beendigung des Vertragsverhältnisses für den Verbraucher nicht mit
prohibitiv hohen monetären und nicht-monetären Kosten verbunden
sein. Hier stellt sich beispielsweise die Frage, inwieweit die Verbraucher von der Unsicherheit über ihre Rechte davon abgehalten werden, im einheitlichen Binnenmarkt von nicht-nationalen Anbietern
Produkte zu kaufen, deren Preis-Leistungs-Verhältnis sie grundsätzlich für vorteilhaft halten.
Interpretation
Regulierung kann Integration sowohl
behindern als auch fördern
Das erfordert ein vorsichtiges
Vorgehen
Damit kann die Regulierung der Integration einerseits im Weg stehen, ihn ihr andererseits aber auch ebnen. Dieses Nebeneinander
integrationsfördernder und –hemmender Wirkungen regulatorischer
Maßnahmen bestimmt oftmals die Diskussion über die Integration
der EU-Retailbankingmärkte. Dabei besteht die Gefahr, dass gut
gemeinte Vorschläge zur Erhöhung des Verbrauchervertrauens für
die Banken den Anreiz reduzieren, ihre Produkte andernorts anzubieten. Von Integration kann deshalb erst gesprochen werden, wenn
sowohl auf Kunden- als auch auf Bankenseite alle regulatorischen
Hürden entfernt sind, die den erwünschten Verhaltensweisen entgegenstehen. Dies ist der Fall, wenn die regulatorischen Rahmenbedingungen so beschaffen sind, dass die Banken ihre Produkte ohne
unvertretbar hohe zusätzliche Kosten in anderen Mitgliedsstaaten
anbieten können, und die Konsumenten dort diese vertrauensvoll
nachfragen.
Entsprechend vorsichtig muss die Antwort auf die Frage ausfallen,
ob alle regulatorischen Integrationshemmnisse beseitigt sind; die
Beseitigung eines Hemmnisses, das Banken davon abhält, im Ausland aktiv zu werden, kann nämlich die Kunden davon abhalten, die
Angebote ausländischer Banken in Anspruch zu nehmen. Genauso
können Maßnahmen zur Förderung der grenzüberschreitenden
Nachfrage neue bzw. höhere Kosten für multinational tätige Banken
nach sich ziehen. Wird Integration als Abwesenheit aller künstlichen
Hürden definiert, ist ihre Messung daher besonders schwierig.
-#
Ohne Messung keine zielführende
Politik
18
!
#
Am Anfang jeder zielgerichteten Integrationspolitik in der EU muss
eine genaue Bestandsaufnahme stehen, die den Integrationsgrad
des betrachteten Marktes erfasst. Andernfalls ist es nicht möglich,
die richtigen Instrumente in der richtigen Dosierung zum Einsatz
kommen zu lassen. Die Frage, wie man den Integrationsgrad eines
Marktes misst, ist bisher aber nicht abschließend beantwortet worden. Das gilt nicht zuletzt für den EU-Retailbankingmarkt.
Was ist Integration?
Hierbei ist zunächst zu klären, was überhaupt unter „Integration“ zu
verstehen ist. In Frage kommen hier erstens der Abbau aller regulatorischen Hemmnisse, die einer Europäisierung des Verhaltens von
Banken und Verbrauchern entgegenstehen, zweitens das Verhalten
der Marktteilnehmer selbst, also die Frage, inwieweit Banken und
Verbraucher die gesamte EU als ihren Heimatmarkt betrachten, und
drittens das Eintreten der positiven ökonomischen Wirkungen (Konvergenz der Preise auf niedrigem und der Produktpaletten sowie der
Servicequalität auf hohem Niveau), die mit der Marktintegration
theoretisch verbunden werden.
Berechnung und Interpretation der
Indikatoren
Unabhängig von der Integrationsdefinition gibt es bei der Feststellung des Integrationsgrades zwei grundsätzliche Schwierigkeiten:
Die ausgewählten Indikatoren müssen zu berechnen und die Indikatorwerte müssen sinnvoll zu interpretieren sein. Während die Frage
3. März 2009
EU-Retailbanking: Wie kann man Integration messen?
der Berechenbarkeit, also der Messung des Integrationsgrades auf
der Basis des jeweiligen Indikators, in erster Linie eine Frage der
Datenverfügbarkeit ist, gestaltet sich die Lage in Bezug auf die
Interpretation der Indikatorwerte komplizierter. Hier ist zu prüfen, ob
der jeweilige Indikator wirklich in jedem Fall den Schluss zulässt,
dass der EU-Retailbankingmarkt (oder Teile desselben) vollkommen, teilweise oder überhaupt nicht integriert ist. In vielen Fällen ist
das Ergebnis, dass Integration auch dann erreicht sein kann, wenn
ein Indikator dies nicht anzeigt. Ebenso ist es denkbar, dass der
Indikator Integration anzeigt, diese in der Realität aber allenfalls
ansatzweise erreicht ist.
Breit angelegte Bestandsaufnahme
erforderlich
Dass Integration ganz unterschiedlich definiert und gemessen werden kann und dass die Ergebnisse der Messung durchaus interpretationsbedürftig sind, zeigt, dass es nicht den einen Weg gibt, den
Stand der Integration der EU-Retailbankingmärkte zu beurteilen.
Notwendig ist eine breit angelegte Bestandsaufnahme, die sowohl
hinsichtlich der zugrundeliegenden Integrationsdefinition als auch
hinsichtlich der Messung des Integrationsgrades möglichst differenziert ist. Dies ermöglicht nicht nur, durch parallele Betrachtung mehrerer Indikatoren die Schwächen einzelner davon zu erkennen, sondern auch, sehr zielgerichtet die weiteren Schritte auf dem Weg zu
einem einheitlichen EU-Retailbankingmarkt zu gehen.
Stefan Schäfer (+49 69 910-31832, [email protected])
3. März 2009
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Finanzmarkt Spezial
Bankkundenmobilität in der EU: Viel Lärm um wenig
EU-Monitor 60 ........................................................................................................................... 23. September 2008
In den meisten EU-Mitgliedstaaten sind die Retailbankingmärkte sehr wettbewerbsintensiv – um so mehr
überrascht, dass die EU-Kommission die geringe Mobilität der Bankkunden als Grund für angeblich mangelnden Wettbewerb im Retailbanking ausgemacht hat. Tatsächlich belegen nämlich zahlreiche Studien, dass nicht
Wechselhindernisse die geringe Mobilität verursachen, sondern die Tatsache, dass die Kunden mit der Arbeit
der Banken zufrieden sind. Das eigentliche Problem besteht also nicht auf nationaler Ebene; vielmehr ist die
grenzüberschreitende Mobilität zu gering. Hier sollte eines Tages der Transfer der Bankverbindung in einen
anderen EU-Mitgliedsstaat genauso wenig Aufwand bereiten wie heute der Bankwechsel im nationalen Kontext.
EU-US-Finanzmarktintegration – die Arbeit hat erst begonnen
EU-Monitor 56 ........................................................................................................................................21. Juli 2008
Die transatlantische Finanzmarktintegration und eine engere Kooperation amerikanischer und europäischer
Regulierungs- und Aufsichtsbehörden sind zu einem zentralen Thema der Finanzdiplomatie geworden. Eine
stärkere Integration, basierend auf dem aus der EU bekannten Prinzip der gegenseitigen Anerkennung, würde
einen wichtigen Beitrag für eine höhere Effizienz und Stabilität der Finanzmärkte auf beiden Seiten des
Atlantiks leisten und sollte daher ganz oben auf der politischen Agenda stehen. Ziel sollte eine pragmatische,
an den erwünschten Resultaten orientierte Vorgehensweise sein, die einen freien Dienstleistungshandel in den
wichtigsten Teilmärkten ermöglicht.
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