Spannend wie ein guter Krimi - LOKAL - OSTSEE ZEITUNG Seite 1 von 1 /OZ/LOKAL/DBR vom 24.12.2010 00:00 Spannend wie ein guter Krimi Gerhard Grabow spielt seit 65 Jahren leidenschaftlich gern Schach. (OZ) - KühlungsbornSchwarz und weiß geht es im Leben von Gerhard Grabow zu. Doch keineswegs macht den Kühlungsborner das traurig. Im Gegenteil — er lacht viel. Vielleicht hat das damit zu tun, dass Gerhard Grabow gerne Kinder und Jugendliche unterrichtete und es auch mit 78 Jahren noch immer macht: Grabow ist leidenschaftlicher Schachspieler im SV Empor Kühlungsborn. Dort grübeln um die sieben Kinder und Jugendliche über dem Spielbrett mit Bauern, Königen und Königinnen, Läufern, Pferden, Türmen und Springern. Unterrichtet wird jeden Freitag im Schulzentrum Kühlungsborn. Dienstag bietet Grabow 16 Schülern Schach im Rahmen des integrierten Unterrichts an. Als sei das noch nicht genug, singt er auch noch. Im Lehrerchor gehört Gerhard Grabow zu den Gründungsmitgliedern. „Ich sag immer, ich bin kein Rentner, sondern Schachspieler und Chorsänger“, sagt er und lacht erfrischend ansteckend. Als Flüchtling kam Grabow aus Ostpreußen im März 1945 nach Warin in Mecklenburg. Nach einer Ausbildung zum Zuckerfacharbeiter, Rohrschlosser und Kupferschmied drückte Gerhard Grabow noch einmal die Schulbank, um Unterstufenlehrer zu werden. 1955 fing er als Lehrer in der DiesterwegGrundschule in Kühlungsborn an. Eine Tätigkeit, die er bis kurz nach der Wende ausübte. Etliche Jahre unterrichtete der Pädagoge Schach auch im Kindergarten. Dabei entwickelte er eine Methode, in der er zwischen den Erklärungen der Spielanleitung Geschichten und Märchen erzählte, Tierrätsel malte. Auf diesem Weg schaffte Grabow es, vielen jungen Leuten den Denksport näherzubringen, gleichzeitig das Gedächtnis zu stärken, Geduld und Strategie zu lehren: „Viele haben nach der Schule weiter Schach gespielt. Das freut mich natürlich.“ Wie alles begann: Mit 13 erhielt Gerhard Grabow von seinem Schwager ein Schachspiel geschenkt. „Mich hat das Spiel gleich gepackt. Es ist das Brettspiel mit den meisten Facetten. Spannend, wie ein guter Krimi.“ Grabow wurde Schachspieler, sein Bruder Fußballer. So ist das Leben. Schach ist das einzige Brettspiel, das dem Deutschen Olympischen Sportbund angeschlossen ist. „1959 mit Anregung einer Ausschreibung gründete ich die Sektion Schach des SV Empor Kühlungsborn“, berichtet der Mann mit Köpfchen. Außerdem engagierte er sich im Kreisfachausschuss Schach und in der Kommission Schulschach, war nach der Wende auch Schulschachreferent. 2006 erhielt er eine Ehrung der Stadt Kühlungsborn. „In der DDR wurde immer gesagt: Das wichtigste Training ist das Haustraining. Das gilt immer noch“, sagt Grabow entschlossen. „Ein Intelligenzbolzen muss niemand sein, der Schachspiel lernen möchte. Allerdings sollten Kombinationsgabe und ein gutes Gedächtnis Voraussetzung sein.“ Geduld sei ebenfalls wichtig. „Geduld, ja, die musste ich erst lernen“, entsinnt sich der Profi. Wenn ein verpatzter Zug sechs Wochen lang im Kopf rumschwirrt, dann sei man ein echter Schachspieler gewordent. Einen Schach-Computer hat auch er zu Hause. „Doch daran werden eher Spiele ausgewertet, als gespielt.“ Ob er schon mal beim Schachspiel gesungen hat? „Das ist wirklich mal geschehen, mit weiteren drei Spielern der deutschen Meisterschaft“, berichtet er und lacht wieder so richtig herzlich. Sabine Hügelland http://www.ostsee-zeitung.de/ozdigital/archiv.phtml?param=news&id=2995548 24.12.2010
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