Fliegen wie ein Fisch - SmartFish

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Flugzeugbau
Schafroth: „Die ersten Modelle haben
wir in Bern von Brücken geworfen. Da
konnten die guten Gleiteigenschaften
bereits nachgewiesen werden.“
Text | Elisabeth Dokaupil
Fotos | Peter Mosimann
Fliegen wie ein Fisch
In der Schweiz wurde ein Flugzeug entwickelt, das sich
den Thunfisch als Modell genommen hat. Die unkonventionelle Form macht Fliegen sparsamer und sicherer.
Ein Interview mit dem Entwickler Koni Schafroth.
Sie haben ein Flugzeug entwickelt, das
einem Fisch ähnlicher sieht als einem
konventionellen Verkehrsflugzeug. Welche
Vorteile hat diese neue Form?
Unser Modell SmartFish verbraucht wenig
Energie, macht wenig Lärm, bietet sehr
gute Reiseflugleistungen, ist einfach im
Unterhalt und benötigt wenig Platz im
Hangar, bietet aber viel Stauraum für
Tank, Fahr- und Triebwerk.
Wie kamen Sie auf die Idee, das Flugzeug
neu zu erfinden?
Vorbild waren schnell schwimmende
Fische. Der Thunfisch etwa erreicht dank
seinem minimalen Strömungswiderstand
im Wasser bis zu 80 km/h. Wir fragten
uns, ob es möglich ist, ein Fluggerät zu
bauen, das sich ebenso effizient durch die
Luft bewegt. Aus Neugierde testeten wir
mit Papierflugzeugen und waren über die
guten Gleiteigenschaften erstaunt. Dann
wurden Modelle aus Styrofoam gebaut.
Wo wurden die ersten Modelle getestet?
Wir haben sie in Bern von Brücken geworfen, und Bern hat viele hohe Brücken.
Dabei konnten die guten Gleiteigenschaften von SmartFish bereits nachgewiesen
werden.
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Hatten diese ersten Modelle bereits dieselbe Form wie jener SmartFish, der nun
gebaut werden soll?
Nein, damals hatte das Modell noch keine
Winglets, brachte aber schon gute Flugleistungen. Mit unserer Idee gingen wir zur
Hochschule in Lausanne, die immer auf
der Suche nach interessanten Projekten
für ihre Studenten ist. Dort wurde das
Modell im Windkanal getestet. Dabei kam
letztlich auch heraus, wie wichtig Rückenund Brustflossen für den Thunfisch und
unser fischähnliches Flugzeug sind.
Wozu benötigt SmartFish seine „Flossen”?
Der Thunfisch benötigt sie, um als Jäger
elegant und effizient um die Kurve schwimmen zu können. Er erzeugt Auftrieb, um
den Zentrifugalkräften entgegenhalten zu
können. Wenn SmartFish ein Looping fliegt,
hat er dasselbe Problem. Wir haben SmartFish kleine Winglets, ähnlich den Rückenflossen von Fischen, gegeben und damit
die Flugleistung und Flugstabilität erhöht.
Was ist der zentrale Unterschied Ihres Flugzeugmodells im Vergleich zu konventionellen Verkehrsflugzeugen?
Bei konventionellen Flugzeugformen
strömt die Luft entweder über oder unter
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»DER THUNFISCH ERREICHT IM WASSER 80 KM/H. UNSER FLUGGERÄT SOLLTE SICH
EBENSO EFFIZIENT IN DER LUFT BEWEGEN.« KONI SCHAFROTH
SmartFish-Modell
im Flug: Der Pototyp
soll sechs Meter
lang sein und vier
Meter Spannweite
haben – er ist für
zwei Personen
ausgelegt.
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dem Flügel durch; dies ist bedingt durch
die große Streckung der Flügel. Bei SmartFish kann die verdrängte Luft aber auch
seitlich um die Tragfläche ausweichen. Dadurch wird der Widerstand verringert. Die
Strömung reißt durch die spezielle Form
der Tragfläche auch bei großen Anstellwinkeln nicht ab. Die große Auftriebsfläche
von SmartFish ermöglicht den Langsamflug ohne Auftriebshilfen und minimiert
die Geschwindigkeit bei Start und Landung.
Gibt es bereits ähnliche Flugzeugtypen?
Nein, ein Flugzeug, das ähnlich ist wie der
SmartFish, ist uns nicht bekannt. SmartFish ist eine Kombination von Flying Wing
und Lifting Body: Flying Wings haben keinen Rumpf. Cockpit und Frachtraum sind
in der Tragfläche integriert. Ihr Vorteil ist
die gute Gleitzahl, ihr Nachteil sind die
aerodynamischen Stabilitätsprobleme sowie die Dicke des Flügels im Bereich von
Passagierkabine und Frachtraum. Angewendet wird das Konzept der Flying Wings
in den Entwürfen von Boeing und Airbus:
für eine neue Generation von Großraumflugzeugen. Lifting Bodies sind Flugkörper
ohne Tragflächen im herkömmlichen Sinn.
Der ganze Körper des Fluggeräts erzeugt
den Auftrieb. Der Nachteil der Lifting Bodies sind die schlechten Gleiteigenschaften.
Sie benötigen eine große Antriebsleistung,
um fliegen zu können.
Was entscheidet über die mögliche Reisegeschwindigkeit des Flugzeugs?
Wichtig ist die Eintrittskante, wo die Luftströmung auf den Flügel trifft. Sie ist bei
uns ähnlich stark gepfeilt wie bei den Deltaflugzeugen, beispielsweise der Concorde.
Das ermöglicht eine hohe kritische Machzahl und erlaubt Reisegeschwindigkeiten
von über 900 km/h.
SmartFish ist im Vergleich zu anderen Flugzeugen besonders leicht. Wo sparen Sie Gewicht?
SmartFish hat eine sehr kompakte Form.
Durch die geringe Spannweite und die
große Bauhöhe können die auftretenden
Kräfte mit einer sehr leichten Struktur
aufgenommen werden. Konventionelle
Flugzeuge erzeugen den Auftrieb nur
über die Flügel. Diese Kraft muss dann auf
den Rumpf übertragen werden. Durch die
langen Hebelarme entstehen große Kräfte,
die durch eine entsprechend massive
Struktur aufgenommen werden müssen.
Gibt es noch weitere Punkte, wo Gewicht
gespart werden kann?
Normale Flugzeuge haben auf den Flügeln
verschiedene Klappen. Wir benötigen
diese nicht. Das allein spart bereits Gewicht. Außerdem erzeugen diese Klappen
Widerstände. SmartFish hat eine saubere
Oberfläche, erzeugt damit weniger Widerstände und benötigt deshalb auch weniger
Energie. Und er ist damit außerdem noch
sicherer, denn eine geringe Zahl bewegter
Teile reduziert auch das Risiko, dass Probleme entstehen.
Warum ist SmartFish leiser als andere
Flugzeugtypen?
Das hat auch mit den fehlenden Landeklappen zu tun. Das Flugzeug hat keine
scharfen Kanten, das sind die größten
Lärmerzeuger, wenn der Wind mit
350 km/h vorbeibläst.
Welches Triebwerk setzen Sie für SmartFish
ein?
Damit unser Modell optimal funktioniert,
benötigen wir ein Düsentriebwerk. Konventionelle Triebwerke sind allerdings zu
groß. Es gibt kleinere Triebwerke, die im
militärischen Bereich in Drohnen eingebaut sind. An einer kommerziellen Variante wird derzeit gearbeitet. Diese sogenannten Turbo-Fans der neuesten Generation
werden im Rahmen des NASA-Programmes GAP (General Aviation Propulsion
Program) von Williams Int. entwickelt.
Wie groß – oder besser klein – wird der
erste SmartFish sein, den Sie bauen wollen?
Wir wollen zuerst einen Proof-of-ConceptPrototypen bauen, der sechs Meter lang
sein soll und 4,5 Meter Spannweite haben
wird. Er ist für zwei Personen ausgelegt,
hat aber mehrere tausend Kilometer
Reichweite und wird so schnell fliegen wie
ein normales Verkehrsflugzeug.
Wann wird Ihr SmartFish das erste Mal
abheben?
Wir suchen noch Sponsoren, weil erst ein
Teil der Finanzierung zugesichert ist.
Wenn sich noch weitere Firmen finden, die
mit SmartFish Werbung betreiben wollen,
können wir bereits nächstes Jahr fliegen.
Warum hat man nicht schon früher Verkehrsflugzeuge in dieser Art gebaut?
Das hat auch mit der Geschichte des Fliegens zu tun. Lilienthal hat Vögel kopiert,
SmartFish mit 2 Plätzen
Länge
Spannweite
Streckung
Höhe
max. Abfluggewicht
Leergewicht
Treibstoff
Nutzlast
Start- und Landestrecke
Minimalgeschwindigkeit
Reisegeschwindigkeit
Reiseflughöhe
Reichweite
Treibstoffverbrauch
18
6,0 m
4,5 m
1,57
2,0 m
1.000 kg
400 kg
300 kg
300 kg
700 m
125 km/h
900 km/h
12.000 m
4.600 km
8,15 l / 100 km
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und letztlich sind heute noch alle Verkehrsflugzeuge nach diesem Grundmodell konstruiert.
Wo haben die Innovationen in der Luftfahrtindustrie in den vergangenen Jahren
angesetzt?
Die Luftfahrtindustrie ist konservativ.
Die Entwicklung von Flugzeugen ist
eine riesige Investition und bedingt lange
Bauzeiten. Da geht man nur ungern ein
Risiko ein. Es gibt sehr strenge staatliche
Zulassungsvorgaben, also ist es für die
Entwickler einfacher, auf dem vorhandenen Modell aufzubauen und es zu
verbessern.
Benötigt die Luftfahrtbranche überhaupt
neue Flugzeugmodelle?
In der aktuellen Marktlage kämpfen alle
um eine Senkung der Kosten pro Person
und Kilometer. Ein neues Flugzeugmodell,
das die Kosten in allen Bereichen senkt,
wäre daher sehr interessant. Da SmartFish
wesentlich weniger Teile benötigt als ein
klassischer Flugzeugtyp, ist schon die
Entwicklung und auch die Herstellung
günstiger. Die Investitionskosten sinken
ebenso wie die Unterhalts- und Reparaturkosten. Gleichzeitig wird während
des Betriebs weniger Energie verbraucht.
Doch wir wollen nun zuerst den Prototypen bauen und werden dann sehen,
was man alles damit machen kann.
Natürlich spielt auch die Psychologie eine
Rolle. Die Frage ist, ob Passagiere und
Piloten einen völlig neuen Flugzeugtyp
■
akzeptieren.
Koni Schafroth
■ Studium als Maschineningenieur
an der ETH Zürich, Konstrukteur und
Testpilot von Gleitschirmen
■ Entwicklung und Realisierung
eines mechanischen Uhrwerkes mit
der Präzision einer Quarzuhr
(basierend auf einer eigenen Idee
und dem entsprechenden Patent) für
Ronda und Cartier
■ Initiator des Projekts „SmartFish“
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