SpäteInnovation Wie Kri minelle? - Woxx

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Sterben als Chefsache?
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LANDESPLANUNG
Di e Mei nungsverschi edenheiten i nnerhal b der CSV-
SpäteInnovation
DP− Regi erung fi nden bi sweil en auf ganz funda menta-
l en Gebi eten der menschli chen Exi stenz statt. Da hat
doch Pre mi er mi ni ster Jean−Cl aude Juncker das The ma
I m Gesprächist das
Euthanasi e bei ml etzten Pressebri efi ng zur " Chefsache"
erkl ärt. W
ird di e Frage von Tod oder Leben nun i n Zu-
I VL−Konzept seit vorigem
vi ert? Und kann si ch der kl ei ne Koaliti onspartner dann
nun eine konkretere
Jahr. Am Dienstag wurde
kunft für den Regi erungschef höchstpersönli ch reserauf rei n di esseiti ge The men wie Außen− und W
irt-
Bestandsaufnahme
schaftspoliti k konzentri eren? Mitni chten, denn di e Li-
vorgestellt, auf deren
beral en antworteten fl ugs i n ei ner Presse mitteil ung:
"Ei n Probl e m zur Chefsache stili si eren zu woll en, wür-
Grundlage Szenarienfür
sorge oder Entschei dung ei nes berechti gten Chefs ge-
entwicklungs− und
eine globale Raum-
de bedeuten, dass es nur durch di e persönli che Für-
l öst werden kann." Ni cht nur, dass di e De mokraten ge-
genüber de m von ei ni gen ZeitgenossI nnen mit ei ne m
früheren, afri kani schen absol uti sti schen Gewaltherr-
Verkehrspolitik entwickelt
werden sollen.
scher vergli chenen Pre mi er da mit i hr − de mokrati sches
− Recht auf Mitsprache betonten. Si e eri nnerten auch
daran, dass der angebli che " Konsens" i n der parl a men-
tari schen Ethi kko mmi ssi on unter de m Vorsitz des DP−
Politi kers Jean−Paul Ri ppi nger ausgearbeitet wurde.
Auch di e Frage nach de m Recht auf Sterben i st fol gli ch
de mokrati schen Pri nzi pi en unter worfen.
Mouvement−Vorschl äge zur Kommodo−Refor m
Di e U mweltko mmi ssi on der Abgeordnetenka mmer hat
a m vergangenen Di enstag mit der Di skussi on über di e
Refor m
der
" Ko mmodo−I nko mmodo− Gesetzgebung"
begonnen. Dabei geht es u m di e U msetzung von zwei
europäi schen Direkti ven i n Luxe mburger Recht: di e so
genannte I PPC− Direkti ve über den i ntegri erten U mwelt-
schutz sowie di e I mpaktstudi en− Direkti ve. Der Mouve-
ment Ecol ogi que hatte dazu den Abgeordneten ei ne
Das IVL−Konzept ist ab nächster
Woche einsehbar unter
www.ivl. gov.lu
Stell ungnah me über mittelt. An de m Regi erungsentwurf
drängen si ch l aut Mitteil ung der U mweltschutzorgani-
sati on wesentli che Änderungen auf. Neben ei ner weite-
ren Verknüpfung von Bau− und Ko mmodo− Geneh mi-
gung bei ei ner Betri ebsni ederl assung sei en auch ei ne
bessere Kontroll e der Aufl agen der Betri ebe sowie ei ne
bessere I nfor mati on der Bevöl kerung unerl ässli ch.
Außerde mfordert der Mouve ment, " Straßenbauprojek-
te sowie di e Fl ughafenakti vitäten ei ner I mpaktstudi e zu
unter werfen und di es gesetzli ch zu verankern".
Darü-
ber hi naus treten di e U mweltschützerI nnen dafür ei n,
dass di e Größenordnungen von Akti vitäten, ab denen
ei ne U mweltverträgli chkeits−Studi e durchgeführt wer-
den muss, an Luxe mburger Verhältni sse angepasst
werden soll, al so ni cht erst "ab ei ner Rodung von 20
Hektar Wal d" oder bei ei ner Haltung von 40. 000 Ti eren.
NATOja, stupi der Militarismus nei n! ?
Ob di e Regi erung a m gepl anten Kauf ei nes Militär-
transportfl ugzeuges A400M festhalte, hatte Al y Jaer-
li ng ( ADR) i n ei ner " Questi on parl e mentaire" wissen
woll en. Deutschl and habe nä mli ch aufgrund der deso-
l aten Lage der Staatsfi nanzen sei ne Bestell ung von 73
auf 60 Stück abgesenkt, was zu ei ner Erhöhung des
Stückprei ses führen könnte.
I n sei ner Antwort eri nnert Ar mee mi ni ster Charl es
Goerens daran, dass si ch der Regi erungschef i n sei ner
Erkl ärung zur Lage der Nati on 2000 für ei ne Erhöhung
der Militärausgaben auf ei n Prozent des BI P ausge-
sprochen hatte. " Ohne stupi den Militari s mus betrei ben
zu woll en, denn davon si nd wir Li chtjahre entfernt,
muss Luxe mburg si ch di e Mittel geben, al s gl aubwür-
di ges Mitgli ed der EU und der NATO di e Stabilitäts-
verantwortung i n Europa mitzutragen", li est man weiter
i n der Antwort des Ar mee mi ni sters. Auch wenn, wie
Al y Jaerli ng es ange merkt hatte, di e fi nanzi ell e Situa-
ti on des Luxe mburger Staates "ni cht so gut wi e er war-
tet" sei, sehe di e Regi erung kei ne Notwendi gkeit, auf
den gepl anten Kauf zu verzi chten. Di es u mso mehr al s
si ch der Stückprei s si ch nur " margi nal" verteuere und
di e Anschaffungskosten si ch über mehr al s zehn Jahre
verteilten.
(r w/ik)− Es war Vic Reuter, der
− scheinbar vomPolizei− zum Regierungssprecher avanciert − am
vergangenen Dienstag in der
Grundschule in Steinsel durch
ein etwas langat miges Programmführte. Und das, obwohl
der Stoff, das neue "Integrative
Verkehrs− und Landesent wicklungskonzept für Luxemburg",
spannende Fragen auf wirft. Die
Regierung geht mit dieser Kombination von Verkehrs− und Landesplanung einen "innovativen
W
eg, der auf europäischer Ebene
in dieser Konsequenz noch nicht
beschritten wurde". Das meinte
jedenfalls der deutsche Verkehrsingenieur Prof. Hart mut
Topp, dessen Büro an der Ausarbeitung des Konzepts maßgeblich beteiligt ist. Ausgehend von
der BI T−Studie, welche ein erhebliches Bevölkerungswachstumfür die nächsten Jahrzehnte
prognostizierte, soll das I VL Ansätze für einen landesplanerischen Rahmen schaffen, der diese Ent wicklung in geordnete
Bahnenlenken soll.
De facto ist das I VL−Konzept
nichts anderes als eine Konkretisierung der seit 1969 i mmer wieder neu aufgelegten "programmes directeurs d' aménagement
duterritoire" − aber dass sich die
Regierung zu dieser entschlossen hat, ist schon ein Novum.
Denn bislang verstaubten die
Leitlinien meist in einer Schublade, statt dass sie einen konkreten I mpakt auf die Planung in
Sachen Verkehrs−,
Siedlungs−
ABSCHIEBEHAFT
Wie Kri minelle?
Lange war nichts Näheres
über die "Sans−papiers"i m
"Centre de séjour
provisoire" zu erfahren.
Jetzt hat die grüne
Abgeordnete Renée
Wagener die Häftlinge
besucht.
(ik) − " Dieser Standort ist für
"Sans−papiers" absolut falsch",
erklärt Renée W
agener. Die grüne Abgeordnete hatte schließlich doch vom zuständigen Justiz minister Luc Frieden die Erlaubnis
bekommen,
die in
Schrassig inhaftierten "Sans−papiers" zu besuchen. Der positive
Beschei d auf i hre Anfrage kam
am vergangenen Freitag, eine
Woche, nachdem die "Sans−papiers" i m"Centre de séj our provisoire" ihre Protestaktion abgebrochen hatten (woxx Nr. 675).
Ob es sich dabei tatsächlich
um einen Hungerstreik gehandelt hat, darüber sind sich die
Parteien nach wie vor nicht einig. Laut Aussagen der Inhaftierten jedenfalls dauerte der Hungerstreik insgesamt sechs Tage
und war vor allemals Protest gegen die langsame Bearbeitung
der Dossiers gedacht gewesen.
W
ie dem auch sei, die Situation der "rétenues" wird dadurch
nicht besser. So ist zwar richtig,
dass die Betroffenen telefonieren durften − einmal nach i hrer
Einweisung mit einem Rechtsanwalt oder Familienangehörigen,
mehr erlaubt der Justiz minister
nicht. Dass dies viel zu wenig
ist, meint sogar die Gefängnisleitung. Diskutiert werden zwei
Anrufe pro Woche, auch um
schlechte Sti mmung zu vermei den.
Doch nicht nurin Sachen Telefon sind die Menschen in der
oder Umweltschutzpolitik gehabt hätten.
Der
Vorgeschmack
vom
Dienstag auf die Arbeiten der
Planungsbüros
war
daher
durchaus beeindruckend. Erstmals für Luxemburg wurde dem
aus Abgeordneten und Ge meinderäten bestehenden Publikum
eine detaillierte Bestandsaufnahme präsentiert. So wurde etwa das Verhältnis Industrie− versus Wohnflächen für die einzelnen Regionen dargestellt oder
die Verkehrsflüsse in Richtung
Hauptstadt analysiert. Fraglich
waren allerdings manchmal die
Messinstrumente.
W
enn zum
Beispiel die W
egdauer einer Zugfahrt mit einer Autofahrt verglichen wird, genügt es sicher
nicht, sich auf den Fahrplan der
CFL zu basieren. Denn, dass hier
der Verspätungsvirus grassiert,
ist bekannt.
Hart i n Sachen
Umweltschutz?
Eine politischere Konnotation
hat die Auswahl von Kriterien,
um in Sachen Umweltschutz
"harte Restriktionen" auszusprechen. W
enn es darum geht,
Landstriche vor der Zersiedlung
durch Siedlungs− oder Straßenprojekte zu schützen, schlagen
die I VL−PlanerInnen durchgängig jene Definitionen vor, die
durch existierende Gesetze oder
EU−Direktiven eigentlich schon
geschützt si nd. Aber gi bt es
nicht auch heute noch Gebiete,
die eines Schutzes bedürfen,
ohne dass dieser bereits in eine m Gesetz oder in eine m kommunalen Bebauungsplan festgehalten wäre?
sourcen"
vorgestellten Karte
auch der Grünewald oder Teile
der von der W
esttangente betroffenen Region in dunklem Grün
als unantastbar eingestuft wurden, verlei ht der Sache natürlich
eine pikante Note. Es macht aber
auch deutlich, dass das I VL−Konzept bereits getroffene politische
Entschei dungen
nicht
stoppt. Das stellte auch Bautenministerin Erna Hennicot−Schoepges
bei m anschließenden
Rundtischgespräch klar: "Zu den
laufenden Projekten gi bt es keine weitere Diskussion." Unklar
blei bt bislang, welchen Einfluss
das I VL−Konzept auf zukünftige
Maßnahmen haben wird. Beispiel Verkehrspolitik: W
ird es zu
neuen − eventuell aufgeweichten
− Kriterien kommen, wenn es um
das Anhörungsrecht der Bevölkerung bei Straßenbauprojekten
geht?
Innenminister Michel Wolter
griff zudem die Ge meindeautonomie auf. Vorausgesetzt, I VL
und neuer Programme directeur
würden umgesetzt, ginge damit
auch eine Neudefinition der
Kompetenz der Gemeinden einher. Dann hieße dies beispielsweise verschiedene, den Leitlinien des I VL zuwi der laufende,
kommunale
Flächennutzungspläne zu überarbeiten. Auch andere kommunale Praktiken wie
et wa das Bauen mit zu geringerer Dichte − et wa von nur drei−
stöckigen Bürohäusern − müssten künftig unterblei ben und moderner, staatlich kontrollierter
Landesplanung Platz machen.
Dass das Geschrei dann groß
sein wird, damit dürfte der Minister Recht haben.
Dass auf der bei m Thema
"Schutz der natürlichen Res-
"rétention
admi nistrative"
schlechter gestellt als beispielsweise Untersuchungs−Häftlinge
und sogar rechtskräftig verurteilte Straftäter. Anders als jene
verfügen die Abschiebehäftlinge
kaumüber finanzielle Mittel, um
sich Zigaretten oder ähnliches
zu kaufen. Sie bekommen lediglich die "pécule de base" von
umgerechnet 1, 78 Euro pro Tag
sowie einen Satz Brief marken
und eine Packung Zigaretten.
"Besonders frappierend ist
auch der fehlende Kontakt nach
außen", sagt Renée W
agener, die
grundsätzlich von einem "korrekten Umgang" des Gefängnispersonals mit den "rétenues"
spricht. W
agener findet es "total
unverständlich",
wieso
Menschenrechtsorganisationen keinen Zutritt zu den Insassen erhalten. Eine entsprechende Anfrage bei m Ministerium ist bis
heute nicht positiv beschieden,
obwohl selbst die Gefängnisleitung demJustiz minister ein solches Besuchsrecht vorgeschlagen hatte. Die Abgeordnete kritisierte zude m, dass das der Abschiebehaft zugrunde liegende
Règlement grand−ducal vom 20.
September 2002 nicht durch die
j uristische Kommission gegangen sei, "obwohl es solch' einen
I mpakt hat".
Benachteiligt gegenüber U−
Häftlingen und Strafgefangenen
sind die "Sans−papiers" auch,
wenn es umdie Frage von Sport−
und Beschäftigungs möglichkeiten geht. Arbeiten können sie de
facto nicht, weil sie sonst unzulässiger weise auf Strafgefangene treffen würden. Wollen die
"rétenues" an Sportgeräte, müssen sie zude m i hr Einverständ-
nis geben, mit U−Häftlingenin einem Raum zu trainieren. Eigene
Sportanlagen und W
erkstätten
gi bt es i m"centre de séj our provisoire" nicht. Das Zentrum ist
eine ganz gewöhnliche Knastabteilung, mit dem einzigen Unterschied, dass die Inhaftierten
über TV und offene Zelltüren
verfügen sowie dass eine psychosoziale Betreuung rund um
die Uhr gewährleistet ist.
Auch bei der Rechtsberatung
gi bt es offenbar massive Probleme. Grundsätzlich haben die
Häftlinge einen Anspruch auf anwaltliche Betreuung, doch es
kommt i mmer wieder vor, dass
die
staatlich
zugewiesenen
Rechtanwälte trotz Anfragen
nicht bei i hren vorgesehenen Klienten erscheinen. Gerade weil
die Inhaftierten oft kein Französisch sprechen, stellt die Verständigung und auch das Ausfüllen der bürokratischen For mulare eine zusätzliche Hürde dar. So
kommt es, dass viele von i hnen
nicht wissen, woran sie sind. Familienangehörige, die aus Unwissenheit keinen Antrag auf Besuchsrecht gestellt haben, müssen vor der Tür warten. Wollen
die Gefangenen wissen, warum
Anfragen nicht vorankommen,
müssen sie Geduld haben− wenn
sie überhaupt eine Ant wort erhalten. Denn alle Zuständigkeit
liegt bei m Justiz ministerium.
Und wie langsam und teil weise
willkürlich dort verfahren wird,
hat ja erst der ministerielle Umgang mit Presse− und NGO−Anfragen bezüglich der "rétention administrative" gezeigt.