Was sind Folate/Folsäure? - Department Sport & Gesundheit

Journalistenseminar der DGE 2007
Was sind Folate/Folsäure?
Abgrenzung Folate/Folsäure
Vorkommen
Aufgaben im Stoffwechsel
Prof. Dr. Helmut Heseker
Department Sport & Gesundheit
Fakultät für Naturwissenschaften
Universität Paderborn
Nomenklatur
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Folat ist der Gruppenname für die verschiedenen
vitaminwirksamen Derivate der
Pteroylmonoglutaminsäure (PteGlu).
Der anglo-amerikanischen Literatur folgend wird heute der
Oberbegriff Folat und nicht mehr die früher übliche
Bezeichnung Folsäure verwendet.
Folsäure ist dagegen nur noch die Bezeichnung für die
Pteroylmonoglutaminsäure.
Der Name Folat leitet sich vom lateinischen Wort
“folium” (= das Blatt) ab, da die Substanz erstmals
aus Blättern isoliert wurde.
Folate gehören zur Gruppe der B-Vitamine.
Bezeichnungen für Folate
FS:
Folsäure
Pteroylglutaminsäure
Pteroyl-mono-L-Glutaminsäure
Leber-Lactobacillus-casei-Faktor
Norit-Eluatfaktor
Faktor U
Vitamin BC
Vitamin M
THF:
Tetrahydrofolat
5,6,7,8-Tetrahydrofolat
H4PteGlu
FSH4
THFA
Geschichte der Folatforschung
1931 Therapie der Sprue bei Ratten durch Verfütterung
von Hefe
1940 Beschreibung eines Faktors, der für das Wachstum
von Lactobacillus casei essentiell ist
1943 Gewinnung und Isolierung von Folaten aus Spinat
1946 Aufklärung der chemischen Struktur
1951 Beschreibung der Funktion der Folate beim
Transfer von C1-Einheiten
1965 mögliche Rolle der Folate bei der Genese von
Neuralrohrdefekten erstmals formuliert
1993 Folate senken Homocysteinspiegel
Struktur- und Summenformel der Folsäure
(Pteroylmonoglutamat)
Pteridin
p-Aminobenzoat
Glutamat
(bis 8 Glu-Reste
[C19H19N7O6]
Folsäure und Folate
Vorkommen von Folaten
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Die Biosynthese von Folat kann nur durch Pflanzen und
einige Bakterien erfolgen, die dann Mensch und Tier als
Folatquellen dienen.
In pflanzlichen und tierischen Geweben bzw. Lebensmitteln
kommen natürlicherweise fast nur Pteroylpolyglutamate vor.
In Supplementen und in anreicherten Nahrungsmitteln wird
dagegen synthetische Folsäure (FS) verwendet.
Folsäure ist ein vollständig oxidiertes Pteroylmonoglutamat
mit nur einem Glutamylrest.
Folsäure kommt in der Natur nicht vor, hat im Organismus
keine direkte Funktion, wird aber dort in eine aktive
Wirkformen überführt.
Folatquellen
in der Nahrung
Gute Folatquellen:
z Kohlgemüse (z. B. Grünkohl, Brokkoli)
z Hülsenfrüchte, Sprossen, Keime
z grüne Blattsalate (z.B. Spinat,
Feldsalat)
z Tomaten
z Nüsse, Orangen
z Vollkorngetreideprodukte
z Innereien und Eier
Schlechte Folatquellen:
z Fisch
z Rindfleisch
z Obst
z Weißmehl
µg/100 g
Grünkohl
Rosenkohl
Erbsen, grün
Feldsalat, Spinat
Roggen, Vollkorn
Blumenkohl
Broccoli
Spargel
Weizen, Vollkorn
Kopfsalat
Hühnerei
Möhren
Apfelsine
Weizenmischbrot
187
182
159
145
140
125
111
108
86
75
67
55
42
20
Zubereitungsverluste und Stabilität
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Die natürlich in Nahrungsmitteln vorkommenden
Folate sind empfindlich gegenüber Licht, Hitze,
Sauerstoff, Alkali und Säuren, so dass es mit
durchschnittlich 35 % zu relativ hohen
Zubereitungsverlusten kommt.
Aufgrund der hohen Stabilität und der kostengünstigen Synthese wird im Rahmen von Anreicherungsmaßnahmen in Lebensmitteln(z.B. Zerealien,
Milchprodukte, Wurstwaren) sowie für den Einsatz in
Supplementen und Medikamenten nahezu
ausschließlich Folsäure verwendet
Folatanalytik
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In der Analytik der verschiedenen Folat-Vitamere werden
mikrobiologische Methoden, Bindungsassays sowie HPLCVerfahren eingesetzt.
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In mikrobiologischen Tests werden Bakterien eingesetzt, die Folat
nicht selbst synthetisieren, jedoch zum Wachstum benötigen.
Der Test hat eine hohe Empfindlichkeit. Ein Nachteil ist, dass der
klassische mikrobiologische Assay lediglich für die Bestimmung
des Gesamtfolatgehaltes geeignet ist.
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Bindungsassays haben den Vorteil, dass sie schnell
durchzuführen und unempfindlich gegenüber Antibiotika sind.
Heute dominieren die HPLC/Fluoreszenz-Methoden sowie
zunehmend auch HPLC/MS- und LC-MS-MS Verfahren. Diese
erlauben eine selektive Bestimmung von Folatderivaten und damit
die Analyse von Folatmustern.
Mit unterschiedlichen Methoden gemessene Folatwerte sind nicht
direkt vergleichbar.
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Intestinale Absorption (1)
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Nur Monoglutamate können von der Dünndarmmukosa absorbiert werden.
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In der Nahrung vorhandene PteGlu2-8, die 60-80 % des Gesamtfolatgehalts
der Nahrung ausmachen, müssen zunächst durch eine im Bürstensaum
jejunaler Mukosazellen enthaltene Konjugase zu Monoglutamatverbindungen hydrolysiert werden.
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Die Konjugase kann durch bestimmte Medikamente (z. B. Antiepileptika)
oder Alkohol beeinflußt werden.
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Die eigentliche Absorption erfolgt im Duodenum und proximalen Jejunum
über einen aktiven, energieabhängigen Transportmechanismus, der eine
Sättigungskinetik aufweist. Die spezifische Absorption wird durch einen in
der Bürstensaummembran lokalisierten Folatcarrier mit hoher Affinität für
reduzierte Folatverbindungen vermittelt.
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In Mukosazellen aufgenommene Folsäure kann in zwei hintereinander
geschalteten Reduktionen mittels NADPH2 in die biologisch aktiven
Formen konvertiert werden.
Intestinale Absorption (2)
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Im ersten Schritt wird Folsäure mit Hilfe der Dihydrofolatreduktase
(DHFR) zu Dihydrofolat (DHF) reduziert. Hierbei handelt es sich um
einen relativ langsamen, die Umsatzrate limitierenden Schritt.
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In einem zweiten schneller ablaufenden Reaktionsschritt wird DHF zu
Tetrahydrofolat (THF) weiter reduziert.
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Danach kann THF in andere biologisch aktive Folatformen wie dem
MTHF umgewandelt werden.
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Da die Kapazität der DHFR limitiert ist, erscheint nach hoher
Folsäureaufnahme aus Supplementen auch nicht metabolisierte,
oxidierte Folsäure im Pfortaderblut.
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Bei höheren Folatgaben (~200 µg) findet bevorzugt im Ileum auch eine
unspezische, passive Absorption statt.
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Dieser Mechanismus ist bei der Zufuhr nicht reduzierter Folsäure von
besonderer Bedeutung und erlaubt die Absorption großer Mengen nicht
metabolisierter, synthetischer Folsäure.
Bioverfügbarkeit
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Die Bioverfügbarkeit der Folate aus einer gemischten Kost wird mit
50-70 % angegeben.
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Folate aus Lebensmitteln tierischen Ursprungs werden vom Körper in
der Regel besser verwertet wird als aus Lebensmitteln pflanzlichen
Ursprungs.
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Während die Absorption von Monoglutamaten fast vollständig erfolgt,
werden Polyglutamate sehr viel schlechter absorbiert.
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Die nahezu unlimitierte Absorptionskapazität von Folsäure führt zu der
hohen Bioverfügbarkeit der Folsäure aus Supplementen.
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Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Bioverfügbarkeiten von
Folatverbindungen wurde der Begriff “Folat-Äquivalent” eingeführt.
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Gemäß neuer Definition entsprechen:
1 µg Folat-Äquivalent = 1 µg Nahrungsfolat bzw.
0,5 µg synthetische Folsäure
Transport und Retention
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Im Plasma zirkulieren zellmembrangängige Folat-Monoglutamate.
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In Gewebezellen gelangen Folate mit Hilfe spezieller
Bindungsproteine. Die aktive Aufnahme in die Zellen kann auch
gegen einen Konzentrationsgradienten erfolgen.
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In den Gewebezellen erfolgt eine Umwandlung in langkettige
Polyglutamate. Hierdurch wird die Bindung an folatabhängige
Enyzme und die zelluläre Retention verbessert.
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In Leber und Darmmukosazellen erfolgt allerdings nur eine
unvollständige Umwandlung zu Polyglutamaten
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Die Leber ist Hauptstoffwechsel- und auch Hauptspeicherort der
Folate. Die Leber reguliert die Versorgung der anderen Organe. Die
Gesamtkörperspeicher beträgt ca. 20 mg. Der Folatbedarf des
Menschen kann bei folatfreier Ernährung nur für 3-4 Wochen aus
den Körperreserven gedeckt werden.
Elimination
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Die Ausscheidung erfolgt über die Leber via Galle und über
die Nieren.
Mit der Galle werden am Tag bis zu 100 µg Folsäure in den
Darm sezerniert, bei intaktem enterohepatischen Kreislauf
aber anschließend weitgehend reabsorbiert.
Der enterohepatischen Kreislauf trägt zur Folathomöostase
bei.
Die tägliche Ausscheidung mit dem Stuhl beträgt ca. 200 µg.
Hierbei handelt es sich um nicht absorbierte, von Bakterien in
distalen Darmabschnitten synthetisierte oder mit
abgestoßenen Mukosazellen abgegebene Folate.
Die Nierenausscheidung beträgt bei normaler Aufnahme
aufgrund der effektiven tubulären Reabsorption nur wenige
Mikrogramm folatwirksamer Verbindungen.
Beurteilung der Folatversorgung
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Die Folatversorgung kann in Serum oder Blutzellen (Erythrozyten)
gemessen werden.
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Während die Folatkonzentration im Serum eher die kurzfristige
Versorgungssituation widerspiegelt, kann durch die Messung der
Folatkonzentration in den Erythrozyten der langfristige Versorgungsstatus
zuverlässig beurteilt werden.
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Der Serum-Folatspiegel eines normal ernährten Menschen liegt zwischen
5-15 ng/ml. Die Folatkonzentration in den Erythrozyten ist mit 200-500
ng/ml ca. 40 mal höher als im Serum.
Häufig wird die Homocysteinkonzentration im Plasma gemessen. Diese
ist aber aufgrund der fehlenden Spezifität (z.B. Beeinflussung durch
genetische Polymorphismen verschiedener Enzyme, durch
Alkoholmißbrauch oder durch einen Vitamin-B6 oder B12-Mangel) als
alleiniger Marker der Folatversorgung ungeeignet
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Funktionen im Stoffwechsel (1)
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Folat spielen eine wichtige Rolle im Amino- und Nukleinsäuren-,
sowie Phospholipidstoffwechsel.
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Bedeutung des Folats als antianämischer Faktor.
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Zahlreiche weitere Stoffwechselwege, an denen Folate in einer
Coenzymform als Donator oder Akzeptor von C1-Resten
(Methyl-, Formyl-, Formiat-, Hydroxymethylreste) beteiligt sind.
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Im Aminosäurenstoffwechsel wird mit Hilfe des Coenzyms Folat
Homocystein zu Methionin methyliert, Glycin in Serin umgewandelt
und Histidin zu Glutamat katabolisiert.
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Für die Purinbiosynthese liefert Folat in Form des Formyl-THF zwei
der fünf Kohlenstoffatome des Purinkerns. Das Formyl-THF wird aus
MTHF unter Verwendung der Aminosäure Serin gebildet.
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In der Pyrimidinbiosynthese wird Folat bei der Thyminsynthese
benötigt.
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Somit wird Folat für den normalen Ablauf der Zellteilung benötigt.
Funktionen im Stoffwechsel (2)
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Bei der Verwertung der C1-Reste spielt das Homocystein eine
Schlüsselrolle. Die Methylgruppe des MTHF wird mit Hilfe der
Methionin-Synthase, die Cobalamin (=Vitamin B12) als Cofaktor
benötigt, auf Homocystein übertragen.
z
Bei unzureichender Versorgung mit Folat oder mit Vitamin B12 wird
der Homocysteinstoffwechsel behindert, so dass es zu einem
Anstieg der Homocysteinkonzentration im Serum kommt.
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Im reinen Vitamin-B12-Mangel kommt es in den Zellen zu einem
Anstau nicht regenerierter MTHF und intrazellulär zu einem Mangel
an THF (Æ MTHF-Falle).
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Dies hat zur Folge, dass im Vitamin-B12-Mangel ähnliche Mangelsymptome beobachtet werden, wie im Folatmangel.
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THF kann nur durch Übertragung der Methylgruppe auf
Homocystein freigesetzt werden.
Mangelsymptome (1)
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Da Folat essentiell für die DNS-Synthese ist, kommt es im Mangel zu
Störungen der Zellteilung und somit auch der Zellneubildung.
Ein Folatmangel manifestiert sich primär an Zellsystemen mit hoher
Zellteilungsrate: den weißen und roten Blutkörperchen sowie den
Schleimhautzellen des Gastro- und Urogenitaltrakts.
Das Leitsymptom eines Folatmangels ist die megaloblastische Anämie.
Da die RNS-Synthese nicht betroffen ist, kommt es zu einer Entwicklungsdiskrepanz zwischen Kern und Zytoplasma mit verzögerten Kernreifung.
Bei folatfreier Ernährung kommt es nach 3-4 Wochen zu einem Abfall der
Folatkonzentrationen im Serum und in den Erythrozyten.
Nach 7-8 Wochen werden im Blutausstrich bereits erste hypersegmentierte
neutrophile Granulozyten beobachtet.
Parallel hierzu steigt bereits die Ausscheidung von Formiminoglutaminsäure im Harn nach Belastung mit Histidin an (=FIGLU-Test).
Nach ca. vier Monaten kommt es aufgrund der gestörten Erythropoese zu
einer megaloblastären, makrozytären, hyperchromen Anämie.
Entwicklung von Folatmangelsymptomen im
klinischen Mangelversuch (Herbert, 1962)
6
4
2
Makrozyten
Megaloblasten
8
Schleimhautveränderungen
hrypersegmentierte
Granulozyten
Pl.-Folat [ng/mL]
10
0
0
14
28
42
56
70
Versuchstage
84
98
112
126
Mangelsymptome (2)
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Das periphere Blutbild ist charakterisiert durch große, oft ovale Erythrozyten
(Megalozyten). Das Knochenmark ist hyperplastisch mit typischen
megaloblastären Veränderungen der Erythropoese und Granulopoese.
Durch die verlangsamte Hämatopoese treten bei reduzierter Erythrozytenzahl überdurchschnittlich große und hämoglobinreiche Erythrozyten auf.
Dies hat im Blut einen Anstieg des MCV (mittleres Erythrozyten-ZellVolumen) auf über 96 fl und des MCH (mittlerer Hämoglobingehalt des
Erythrozyten) auf über 33 pg/Ery zur Folge.
Häufig ist auch eine Leukopenie und Thrombopenie nachzuweisen.
Hämatologisch ist die folatbedingte Megaloblastenanämie nicht von der
durch einen Vitamin-B12-Mangel ausgelösten Perniziosa zu unterscheiden.
Später werden auch Schleimhautveränderungen und gastrointestinale
Störungen (Durchfälle) beobachtet.
Folat und Homocystein
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Enzyme, die Homocystein metabolisieren, sind
folatabhängig.
Folat- und Homocysteinkonzentrationen sind invers
korreliert
(>> niedrige Folatspiegel = hohe Homocysteinspiegel)
Folat-Supplementation reduziert HomocysteinKonzentrationen um 25 %
(Homocysteine Lowering Trialists’ Collaboration, 1998)
z
Hypothese: Hohe Folatzufuhr ist protektiv gegenüber
kardiovaskulären Erkrankungen.
Abhängigkeit der Hcy-Senkung von
der applizierten Folatdosis
Veränderung Hcy [%]
10
Studiendesign: RCT
Kollektiv: n = 317 holländische Frauen und
Männer, Alter: 50-75 J.,
Dauer: 12 Wochen
5
0
-5
-10
-15
Ergebnis: 400 µg Folat
senken Hcy um 22 %
-20
-25
-30
0
200
400
Folat [µg/Tag]
[van Oort et al., 2003]
600
800
Konsequenz eines gestörten Folatstoffwechsels
bzw. einer unzureichenden Folatversorgung
Stoffwechselstörung
S-Adenosylmethionin
(MTHFR-, Vit.B12-Mangel)
Biochemische
Marker
Hypomethylierte DNA
erhöhtes Homocystein
reduzierte Methylierung
Thymidylat
erhöhte Uracil in DNA
reduzierte DNA-Synthese
& reduzierte Zellteilung
Purine
reduzierte DNASynthese & reduzierte
Zellteilung
Klinische
Assoziationen
Krebs (?)
CVD
Demyelinierung
NRDs
Krebs (?)
NRDs
Anämie
Anämie
Bedarf und Empfehlungen
z
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z
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Im Folatmangelversuch waren 50-100 µg Folsäure (PteGlu) pro Tag
ausreichend, um einen konstanten Folatspiegel im Serum zu erreichen und
das Auftreten von Mangelsymptomen zu verhindern.
Unter Einbeziehung von Sicherheitszuschlägen und unter Annahme einer
mittleren Bioverfügbarkeit von 50 % wurde daraus von der DGE früher eine
empfohlene Tageszufuhr von 300 µg Nahrungsfolat bzw. 150 µg freie
Folsäure (PteGlu) abgeleitet.
Bei den neuen DACH-Referenzwerten für die tägliche Folatzufuhr wurde
zusätzlich die Homocysteinkonzentration im Blut als früher Indikator einer
unzureichenden Folatversorgung berücksichtigt.
Eine max. Senkung der Hcy-Spiegel wird erst bei einer regelmäßigen Zufuhr
von 400 µg Nahrungsfolat erreicht. Daher wird heute Erwachsenen eine
tägliche Zufuhr von 400 µg Folat-Äquivalenten empfohlen.
Kinder haben während der Phasen verstärkten Wachstums einen hohen
Folatbedarf. Für Schwangere wird eine Zulage von 200 µg FolatÄquivalente/Tag zur Deckung des Folatbedarfs des Feten empfohlen.
Vergleich der alten mit der neuen FolatZufuhrempfehlung (FÄ)
400
alt
neu
300
200
>=65 J
51-64 J
25-50 J
19-24 J
15-18 J
13-14 J
10-12 J
7-9 J
4-6 J
1-3 J
0
4-12 M
100
0-3 M
Folat-Zufuhr [µg/Tag]
500
600 µg/Tag in Schwangerschaft und Stillzeit
Der Folat-Stoffwechsel
Nahrung
Folsäure / Folate
Methionin
Methioninsynthase (MTR)
S-Adenosylmethionin
Vitamin B12
Methionin-Synthase-Reduktase
(MTRR)
Tetrahydrofolat
5,10-MethylenTetrahydrofolat
5-MethylTetrahydrofolat
Homocystein
*2
*1
5,10-Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase
(MTHFR)
DNA
Synthese
S-Adenosylhomocystein
Cystathionin-β-Synthase
(CBS)
Vitamin B6
Cystathionin
e
Cystein
*1 Homocystinurie
*2 leichte erhöhte Homocysteinwerte
DNA
Methylierung
Polymorphismen der 5,10-MethylenTetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR)
thermolabile Varianten der MTHFR
>> reduzierte MTHFR-Enzymaktivitäten; reduzierte MTHF-Konzentrationen;
erhöhte Homocysteinkonzentrationen
Genotype: MTHFR C 677 T: Thymin statt Cytosin
- homozygote Variante (TT): Enzymaktivität um ~70 % reduziert
- heterozygote Variante (TC): Enzymaktivität um ~35 % reduziert
Genotype: MTHFR A 1298 C: Cytosin statt Adenin
- homozygote Variante (CC): bei 9 % der Bevölkerung
- heterozygote Variante (CA): bei 44 % der Bevölkerung
außerdem Genotypen: MTR A 2756 G Guanin statt Adenin (Gly statt Asp)
[3-6 % GG, 30 % AG]
MTRR A 66 G (Met statt Ile)
CBS 68bp insertion, exon 8
Häufige Polymorphismen der MTHFR- Gene
Normale Allele
Gen-Sequenz
Protein-Sequenz
…..GCG GGA GCC GAT………………
……Ala Gly Ala Asp ………………
677 C->T Allele
Gen-Sequenz
…..GCG GGA GTC GAT…………….
Protein-Sequenz
……Ala Gly Val Asp …………….
_________________________________________________
Polymorphismen
(nach Miedzybrodzka, 1998)
DNA Sequenzen, die Proteinfunktion weniger stark verändern
Krankheitsassoziierte Mutationen verändern
die Proteinfunktion (nach Miedzybrodzka, 1998)
funktionales Protein
Nicht-funktionales oder
fehlendes Protein
1,0
1,0
EAR1 EAR2
UL
0.5
0.5
RDA1 RDA2
Nährstoffmenge
Risiko für Nebenwirkungen
Risiko für einen Mangel
Genetische Variation könnte den Folatbedarf
und zu empfehlende Zufuhrmengen beeinflussen
Literaturhinweise
Bässler K, Golly I, Loew D, Pietrzik K: Vitamin-Lexikon. 3. Aufl., Urban
und Fischer, Verlag, (2002)
Carmel R: Folic acid. S. 470-481. In: Shils ME, Shike M, Ross, AC,
Caballero B, Cousins RJ (Hrsg.): Modern Nutrition in Health and Disease.
10. Aufl., Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia (2006)
DGE, ÖGE, SGE, SVE: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr.
Umschau/Braus, Frankfurt (2000)
IOM: Dietary Reference Intakes for Thiamin, Riboflavin, Niacin, Vitamin
B6, Folate, Vitamin B12, Pantothenic Acid, Biotin and Choline. S. 196305. National Academy Press, Washington (2000)
Stahl A, Heseker H: Folat: Physiologie, Funktionen, Vorkommen,
Referenzwerte und Versorgung in der Deutschland.
Ernährungs-Umschau 54: in Druck (2007)