Was ist die Gesundheit wert? - Akademie der Wissenschaften zu

Donnerstag, 15. September 2011
Johannes Martin Halle
60 Jahre alt und doch 40 Jahre jung:
Kann man dem Alter davonlaufen?
Altern ist individuell, wenn wir das »kalendarische
Alter« vom »biologischen Alter« unterscheiden. Das
erste wird ausschließlich durch das Geburtsdatum bestimmt, das letztere hingegen ergibt sich aus dem Einfluss von Genen, Umweltfaktoren, Stoffwechselfaktoren und Lebensstil. Ziel der Prävention ist, die »innere
Alterung« aufzuhalten. Körperlich Aktive können sich
durch regelmäßige sportliche Aktivität biologisch um
20-30 Jahre verjüngen. Der größte Effekt zeigt sich
schon bei 0 auf 15 Minuten zügiges Gehen am Tag.
Da die Hälfte der Deutschen überhaupt keinen Sport
treibt, könnten durch Prävention das Leben vieler
Menschen, das Gesundheitssystem,
aber auch die Wirtschaft entscheidend verändert werden.
Johannes Martin Halle (*1962) ist Professor der
Medizin und seit 2003 ärztlicher Direktor des
Lehrstuhls für Präventive und Rehabilitative
Sportmedizin der Medizinischen Universitätsklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München. 2011 wurde er dort auch ärztlicher Direktor des Medizinischen Präventionszentrums. Sein Forschungsinteresse gilt vor
allem der Prävention und der Therapie von internistischen Erkrankungen mit dem besonderen
Schwerpunkt Herzkreislauferkrankungen.
Wer heute lebt, lebt in der Regel länger als seine Vorfahren
und kann sein Dasein auch noch bis ins hohe Alter genießen.
Dank der Errungenschaften der Medizin hat die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland in den vergangenen
50 Jahren um mehr als zehn Jahre zugenommen. Der Fortschritt in der Medizin beruht auf der medizinischen Forschung und der raschen Übertragung der Forschungsergebnisse in die Diagnostik, in die Behandlung von Patienten und
in die Prävention zur Verhinderung von Erkrankungen.
Die Beschleunigung von der Grundlagenforschung zur medizinischen Innovation ist das wesentliche Ziel der in
Deutschland neu eingerichteten Gesundheitsforschungszentren für die Volkskrankheiten. Gleichzeitig erhoffen sich
die Mediziner durch moderne genetische Analysen, die Diagnostik und Therapieverfahren immer individueller bei den
Patienten anwenden zu können. Im Idealfall soll eine individualisierte Prävention die Entstehung einer Erkrankung
gänzlich verhindern.
Skeptiker warnen allerdings davor, dass die moderne Medizin nicht mehr finanzierbar sei. Tatsache ist jedoch, dass die
Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen lediglich
dem Bruttoinlandprodukt folgen, und das in den vergangenen 30 Jahre konstant.
In der 7. Göttinger Akademiewoche werden vier namhafte
Referenten die »Gesundheitsforschung« – das Motto des
Wissenschaftsjahres 2011 – von unterschiedlichen Seiten
beleuchten. Auch in diesem Jahr hat die Vortragsreihe, die
gemeinsam von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und der Stadt Göttingen im Alten Rathaus veranstaltet
wird, zum Ziel, die Öffentlichkeit über ein gesellschaftsrelevantes Thema umfassend zu informieren und es mit ihr zu
diskutieren.
Hierzu lade ich Sie herzlich ein.
Gerd Hasenfuß
Professor für Innere Medizin
Ordentliches Mitglied
der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
Weitere Informationen zum Wissenschaftsjahr Gesundheitsforschung
finden Sie unter: www.forschung-fuer-unsere-gesundheit.de
In Zusammenarbeit mit
Bild: © Wolf Heider-Sawall/FOCUS Magazin
AKADEMIE
DER WISSENSCHAFTEN
ZU GÖTTINGEN
Gesundheitsforschung –
Was ist die
Gesundheit wert?
Eine Veranstaltungsreihe im
Wissenschaftsjahr Gesundheitsforschung
7. Göttinger Akademiewoche
12. bis 15. September 2011
jeweils 18.15 Uhr
Halle des
Alten Rathauses
Montag, 12. September 2011
Dienstag, 13. September 2011
Mittwoch, 14. September 2011
Klaus-Dirk Henke
Michael P. Manns
Heyo K. Kroemer
Die Allokation der knappen Ressourcen
im Gesundheitswesen
aus volkswirtschaftlicher Sicht
Infektionskrankheiten – oder die
unendliche Geschichte von Siegen und
Niederlagen in der Gesundheitsforschung
Jeder Mensch ist einmalig –
seine Therapie auch?
Möglichkeiten und Grenzen
individualisierter Medizin
Wie werden die Mittel im Gesundheitswesen verteilt?
Gibt es Hinweise auf eine wünschenswerte Allokation
der Ressourcen? Wohin sollten zusätzliche Gelder
fließen bzw. wo sollte gespart werden? Und welche
Rolle spielen ausgewählte Wettbewerbsfelder im Vergleich mit der erforderlichen Regulierung? Über dies
gilt es nachzudenken, wenn es um die Bedeutung von
Humankapital für Wachstum und Produktivität geht
und das Gesundheitswesen auch als Gesundheitswirtschaft funktionieren soll. Über Jahrtausende haben Infektionskrankheiten ganze
Bevölkerungsgruppen dezimiert. Erst die erfolgreiche
Bekämpfung von Seuchen wie der Pest, der Cholera
und der Pocken, hat die Lebenserwartung des Menschen verdreifacht. Trotzdem sterben heute noch in
der Dritten Welt die meisten Menschen an Infektionskrankheiten, und auch in der westlichen Welt tauchen
immer wieder neue Krankheitserreger wie SARS,
Schweinegrippe und zuletzt EHEC auf. Inzwischen
weiß man sogar, dass 30 bis 40 Prozent aller Tumorerkrankungen infektionsbedingt sind. Wenn aber
Tumorerkrankungen plötzlich als Infektionskrankheiten zu verstehen sind, braucht die Medizin völlig
neue Strategien für die
Vorbeugung und die
Therapie.
Prof. Klaus-Dirk Henke (*1942) ist seit 1995
Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliche Finanzen und Gesundheitsökonomie am Institut für
Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftsrecht der
Technischen Universität Berlin. Er ist seit 1984
Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim
Bundesministerium der Finanzen und war
1993-1998 Vorsitzender des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen. Der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen gehört er seit 1993 als
Ordentliches Mitglied an.
Michael Manns (*1951) ist seit
1991 Universitätsprofessor für
Innere Medizin und Gastroenterologie sowie Direktor der Klinik für
Gastroenterologie, Hepatologie und
Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Seine
wissenschaftlichen Schwerpunkte
sind Immunologie, Autoimmunität,
klinische Virologie und regenerative
Medizin. Seine klinischen Schwerpunkte sind Hepatologie, Gastroenterologie, Gastrointestinale
Onkologie und Transplantationsmedizin.
Der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
gehört er seit 2003 als
Ordentliches
Mitglied an.
Neue technische Möglichkeiten erlauben es heute, den
Patienten recht genau zu charakterisieren. Welche erblichen Faktoren beeinträchtigen die Gesundheit? Welchen Umwelteinflüssen ist der Patient ausgesetzt? Dies
im Einzelfall herauszufinden und gezielt zu therapieren, ist Aufgabe der individualisierten Medizin. Ob die
individualisierte Medizin aber auch dem Anspruch gerecht wird, effektiver, kostengünstiger und ethisch vertretbar zu sein, muss kritisch hinterfragt werden.
Heyo K. Kroemer (*1960) ist Professor für
Pharmakologie und Toxikologie. Im Jahr
2000 wurde er Dekan der Medizinischen
Fakultät und seit 2011 Wissenschaftlicher
Vorstand der Universitätsmedizin in
Greifswald. Kroemer ist Vizepräsident des
Medizinischen Fakultätentages.
Sein wissenschaftliches Interesse gilt
dem unterschiedlichen Ansprechen
auf Arzneimittel.