Was wir in unserer Stadt tun und was wir besser - Michael Josten

Was wir in unserer Stadt tun und was wir besser lassen sollten
Ein Beitrag zur Wahl in Bad Neuenahr-Ahrweiler
Am 25. Mai 2014 sind Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz. Zur Wahl steht unter anderem
ein neuer Stadtrat von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Viele bunte Sprechblasen werden dann
wieder durch unsere Stadt fliegen. Sie soll „lebens- und liebenswert“ bleiben und dafür ist
sie auch, wie es neuerdings in diesem fürchterlichen Neudeutsch heißt, „gut aufgestellt“.
In diesem Beitrag möchte ich dagegen (nicht mit Parolen, sondern in ganzen Sätzen) etwas
genauer schildern, warum ich für den Stadtrat kandidiere und einige Positionen darstellen,
für die ich mich einsetzen will.
Ich lebe sehr gerne in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Ich bin hier geboren, aufgewachsen und zur
Schule gegangen, inzwischen 52 Jahre alt, verheiratet und lebe mit meiner Frau, meinem
14jährigen Stiefsohn und meiner fast 10jährigen Tochter im Stadtteil Ahrweiler.
Von Beruf bin ich Rechtsanwalt, habe meine eigene Kanzlei aber nach einem Schlaganfall aus
gesundheitlichen Gründen schließen müssen. Seither erledige ich vor allem Familienarbeit
(kaufe ein, koche, wasche, schmiere Pausenbrote und kümmere mich um vieles, was sonst
noch so gemacht werden muss), übe mit den Kindern der Grundschulklasse meiner Tochter
das Vorlesen, stehe im Winter als Schülerlotse am Zebrastreifen und langweile mich
überhaupt nie. Wenn ich helfen kann, erteile ich in besonderen Fällen juristischen Rat von
zuhause aus. Außerdem schreibe ich als freier Autor.
Im vergangenen Jahr habe ich mich als Mitinitiator einer Bürgerinitiative dafür eingesetzt,
dass die schöne alte Jugendherberge in Ahrweiler nicht wie schon zu viele andere Gebäude
in unserer Stadt für den Bau von neuen Eigentumswohnungen abgerissen worden ist,
sondern erhalten bleibt und in Zukunft durch eine soziale Einrichtung genutzt wird.
Die Kommunalpolitik ist mir nicht fremd. Als junger Mann habe ich dem Stadtrat schon
einmal angehört. Das war in den Jahren 1984 bis 1991. Damals war ich Sozialdemokrat;
heute bin ich parteilos, kandidiere aber auf Platz 4 der Liste von Bündnis 90/Die Grünen.
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Seit Monaten sind die Ahr-Thermen das beherrschende Thema in unserer Stadt. Nachdem
die AGBN (früher Kur-AG genannt) die defizitäre und nach nur zwanzigjährigem Betrieb
offenbar bereits sanierungsbedürftige „Wellness-Oase“ zum Jahresende geschlossen hatte,
wurde darüber diskutiert, wie es denn weiter gehen solle.
Ich halte eine Übernahme des Privatbads Ahr-Thermen durch die Stadt für einen Fehler
und hätte mich als Mitglied des Stadtrats auch ausdrücklich dagegen ausgesprochen.
Neben schweren Fehlern der Unternehmensführung war es doch vor allem der „Markt“,
dessen wohl unbestechliches Urteil gegen die Ahr-Thermen ausfiel; und weder ihr Betrieb
noch deren versuchte „Rettung“ sind nach meiner Auffassung eine kommunale Aufgabe.
Gemeinden sollten sich nur in besonderen Fällen wirtschaftlich betätigen, etwa im Bereich
der Daseinsvorsorge (Nahverkehr, Energieversorgung etc.), wie es mit den „Ahrtal-Werken“
geschehen ist. Doch sollte die öffentliche Hand keinesfalls die gescheiterten Investitionen
privater Akteure mit den Steuergeldern aller Bürger auffangen. Es war sinnvoll und richtig,
dass die Stadt durch den Kauf des Kurparks auch für die Zukunft eine kurgerechte
Infrastruktur sicherstellt. Durch die Gründung einer städtischen Heilbad-Gesellschaft ist
zudem gewährleitet, dass die nach den gesetzlichen Bestimmungen zu erfüllenden Aufgaben
einer Badestadt gewährleistet sind. Hierdurch entfällt aber jeder Grund für eine Beteiligung
der Stadt an dem Privatunternehmen AGBN. Die Stadt sollte sich daher von ihrem 27 %
betragenden Aktienpaket trennen und gegen Grundbesitz der AGBN von entsprechendem
Wert tauschen. Dieser könnte sodann standortbezogen völlig neu überplant werden.
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Anders als die Ahr-Thermen ist das städtische Hallen- und Freibad TWIN sehr wohl eine
Angelegenheit in öffentlichem Interesse. Dieses Schwimmbad dient der sportlichen und
gesundheitsfördernden Freizeitgestaltung der ganzen Bevölkerung, vor allem Kindern und
nicht zuletzt dem Schulsport. Dieses Bad sollte daher möglichst erhalten bleiben, und zwar
an seinem traditionellen schon seit mehr als 60 Jahren bestehenden Standort. Für den Fall,
dass sich die Sanierung der in die Jahre gekommenen Schwimmhalle des TWIN nur mit
unverhältnismäßigem Aufwand bewerkstelligen lassen sollte, halte ich einen Neubau an der
gleichen Stelle, vor allem wegen des enorm hohen Aufwands der völlig neu herzustellenden
Erschließungsanlagen für besser als jeden anderen Standort.
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Auch die Stadtbibliothek ist eine wichtige Einrichtung der „sozialen Infrastruktur“, die auf
jeden Fall in der seit Jahrzehnten bewährten Form bestehen bleiben sollte. Ihre von der
Stadtverwaltung beabsichtigte Eingliederung in das Mehrgenerationenhaus finde ich nicht
überzeugend, weil dort schon aus Raumgründen wohl eine beträchtliche Verringerung der
bibliothekarischen Kapazität erfolgen müsste. Eine Reduzierung des kulturellen Angebots
sollten wir aber unbedingt vermeiden. Bad Neuenahr-Ahrweiler darf nicht nur auf seine
touristische Attraktivität setzen. Außerdem werden unsere Kinder dankbar sein, wenn die
Zukunft ihrer Heimatstadt mehr bereit hält als Brauchtumspflege und Baugrundstücke.
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Wenn es um besondere Vorhaben geht, heißt es jetzt auch in Bad Neuenahr-Ahrweiler
immer öfter, der Kurs der „Haushaltskonsolidierung“ sei unverzichtbar. Manchmal hört sich
das an, als werfe man den Bürgern vor, sie hätten in der Vergangenheit über ihre
Verhältnisse gelebt. Dieser Vorwurf wäre aber nicht gerechtfertigt. Trotz manches
unsinnigen Projekts ist unser staatliches Gemeinwesen im Verhältnis zu dem mitunter
sagenhaften privaten Reichtum doch eher unterfinanziert. Und über die Verwendung des
einer Kommune zur Verfügung stehenden Geldes lässt sich sicher streiten.
So finde ich es zum Beispiel sehr unvernünftig, den Rotstift bei kulturellen Einrichtungen
anzusetzen, aber gleichzeitig in nahezu jedem Ortsteil eine Mehrzweckhalle zu bauen;
oder aus Kostengründen an Wanderwegen und Schutzhütten die Mülleimer einzusparen,
den Stadtteil Ahrweiler aber mit dem dritten teuren Kreisel auszustatten; und schließlich
dem Privatunternehmen AGBN ihr unrentables Zirkuszelt abzukaufen.
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Unsere Innenstädte sind in einer Zeit entstanden, als man noch weit davon entfernt war,
sich die heutigen Verkehrsbelastungen vorstellen zu können. Wir müssen aber auch den
Lebensraum Stadt zurückgewinnen. Ich befürworte daher die vollständige Befreiung beider
Innenstadtbereiche vom Kraftfahrzeugverkehr. Mein Ziel heißt: Autofreie Innenstädte.
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Ein leider nicht mehr wieder gutzumachendes Ärgernis stellt die einen Landschaftsfrevel
darstellende Maßlosigkeit dar, mit der sich der heute als Weingut bezeichnende frühere
Aussiedlerhof „Maibachfarm“ in einem malerischen Seitental der Ahr austoben durfte.
Dieses Bauvorhaben lässt jede besonders im Außenbereich erforderliche Sensibilität
vermissen. Es hätte in dieser Größenordnung nie und nimmer genehmigt werden und die
Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler hätte niemals ihr bauplanungsrechtliches Einvernehmen
hierzu erteilen dürfen. In einem derartigen Fall dürfen die Stadträte als gewählte Vertreter
der Bürger ihre Augen nicht verschließen; ein solcher Fall darf nie wieder passieren.
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Die Beseitigung eines anderen Ärgernisses liegt allerdings in der Hand der Kommunalpolitik.
Viele wichtige Entwicklungen in unserer Stadt werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit,
also hinter verschlossenen Türen vorbereitet und entschieden. Diese fehlende Transparenz
(nennen wir es ruhig beim richtigen Namen: Geheimniskrämerei) schadet dem Vertrauen in
unsere Demokratie. Das muss aber nicht sein, denn nur ausnahmsweise hat eine Sitzung
kommunaler Gremien zum Schutz der persönlichen Sphäre oder anderer bedeutender
Rechtsgüter nichtöffentlich stattzufinden.
Um bereits dem Verdacht einer Politik im Hinterzimmer entgegenzuwirken, sollten meines
Erachtens alle das Interesse der Bürger berührenden Vorgänge in öffentlichen Sitzungen
beraten werden, soweit nicht zwingende Rechtsvorschriften entgegenstehen.
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Wenn Sie meine Vorstellungen unterstützen möchten, dann bitte ich Sie bei der
Kommunalwahl um Ihre Stimme für meine Kandidatur zum Stadtrat.
(April 2014)