TELEKOM/IT Kommunikationsmesstechnik Was bei Phasenrauschmesssystemen zu beachten ist Die Nutzer von drahtlosen Kommunikationsdiensten verlangen immer größere Bandbreiten und höhere Datenraten. Zu den wichtigsten Anforderungen an alle Phasenrauschmesssysteme zählen ein möglichst geringes Eigenrauschen und ein weiter Offsetbereich. Außerdem sind Flexibilität und Anpassungsfähigkeit weitere wichtige Anforderungen an ein Phasenrauschmesssystem. Neben den traditionellen Anwendungen führen neuere Technologien zu vermehrtem Bedarf an Phasenrauschmessungen und stellen zum Teil höhere Anforderungen an die Messgenauigkeit. Moderne Pulsradarsysteme zur Verfolgung beweglicher Ziele nutzen zum Beispiel den Dopplereffekt zur Bestimmung der Geschwindigkeit des Ziels. Radarsysteme, die langsame Ziele mit kleinem Radarquerschnitt in einem stark frequentierten Beobachtungsraum erkennen sollen, erfordern einen Lokaloszillator mit ultra-geringem Rauschen und extrem geringen Nebenwellen. Um bewegliche Ziele mit kleinem Radarquerschnitt in großer Entfernung zu erkennen, benötigt man Sendesignale hoher Leistung und breitbandige Empfänger. Innerhalb der Empfängerbandbreite liegende Nebenwellen können falsche Radarziele vortäuschen oder, schlimmer noch, tatsächlich vorhandene kleine Ziele verdecken.Viele Radarsysteme erfordern außer rauscharmen Lokaloszillatorkomponenten auch Senderkomponenten mit niedrigem additivem Rauschen und geringer AM-PM-Konversion. Ein weiteres aktuelles Anwendungsfeld sind die in der Mobilfunktechnik angewandten Funkverfahren. Sie werden immer komplexer und erfordern immer größere Bandbreiten. Moderne Mobiltelefone bieten einen geradezu unglaublichen Funk- ˘ AUTOR Chris DeSalvo ist Produktmarketing-Ingenieur bei Agilent Technologies/USA und u. a. für Signalüberwachungslösungen verantwortlich. Dipl.-Ing. Dieter Augustin arbeitet bei Agilent Technologies in Deutschland als Senior Technical Consultant RF & Microwave. 44 Bild 1: Vereinfachtes Blockschaltbild des Rauschmessverfahrens auf der Basis einer PLL mit Referenzquelle. tionsumfang, unterstützen oft mehrere Übertragungsstandards und weisen extrem enge Spezifikationen auf. Zellulartechnologie und drahtlose Netzwerke wachsen enger zusammen, weil der Kommunikationsbedarf unserer hoch mobilen Gesellschaft es erfordert. Das außergewöhnlich starke Wachstum des „nicht-zellularen“ Funkdatenaufkommens wird angetrieben durch neue Technologien (z. B. Wireless LAN und Breitbandtechnologien), hoch komplexe Modulationsformate und zunehmenden Bandbreitenbedarf. Entwickler solcher Wireless-Produkte müssen rauschärmere Bauteile und Schaltungen einsetzen, zu deren Charakterisierung sie hochgenaue und flexible Phasenrauschmesssysteme benötigen. Auch die Datenraten der elektrischen Komponenten innerhalb optischer Übertragungssysteme steigen weiter an. Die meisten schnellen digitalen Übertragungssysteme und schnellen digitalen I/OSchnittstellen empfangen oder regenerieren Daten mithilfe eines Taktsignals, das aus dem Empfangssignal extrahiert oder zurückgewonnen wird. Datenratenschwankungen (Jitter) können die Taktrückgewinnung und Datenregenerierung erschweren. Jitter ist nichts anderes als Phasenmodulation. Um auch unter JitterEinfluss eine hohe Übertragungsqualität zu erzielen, müssen Komponenten und Systeme strenge Jitter-Spezifikationen erfüllen. Zur Charakterisierung des Jitters elektrischer Komponenten oder Module in digitalen Kommunikationssystemen sind hochgenaue und reproduzierbare Phasenrauschmessungen erforderlich. So kann es also während der Entwicklungsarbeit beispielsweise notwendig sein, das Phasenrauschen eines Lokaloszillators zu messen – das ist eine relativ einfache Messung. Ein anderes Mal geht es vielleicht darum, das Eigenrauschen eines Verstärkers, Mischers oder Oszillator-Subsystems zu messen. Solche Messungen erfordern einen anderen Messaufbau und eventuell sogar andere Messgeräte. Bei bestimmten Messungen kommt es hauptsächlich auf das trägerferne Phasenrauschen an, bei anderen – beispielsweise in elektronik industrie 6 - 2005 ˙ KOMPAKT der Radartechnik – mehr auf das trägernahe. Auswahlkriterien für Phasenrauschmessgeräte Die wichtigsten Leistungsmerkmale eines Phasenrauschmessgeräts sind: Eigenrauschen,Trägerfrequenzbereich und Offsetbereich. Es gibt mindestens drei gängige Verfahren zur Messung des Phasenrauschens: direkte Spektrumanalyse, FM-Diskriminator und PLL (Phase-Lock Loop) mit Referenzquelle. In den letzten 30 Jahren hat sich das PLL-Verfahren mit Referenzquelle als das bevorzugte Phasenrauschmessverfahren für Forschungsund Entwicklungslabors etabliert (Bild 1). Die direkte Spektrumanalyse des Phasenrauschens ist im Vergleich zu den anderen Messverfahren mit einem höheren Rauschsockel behaftet. Ohne Phasendetektor messen Spektrumanalysatoren die Summe von Phasen- und Amplitudenrauschen. Die FM-Diskriminator-Me- Im HF/Mikrowellen-Labor werden das Rauschen eines Bauteils, einer Schaltung oder eines Systems nur in bestimmten Entwicklungsphasen durchgeführt. Ein Phasenrauschmesssystem ist also kein universelles Werkzeug, das jeder Entwickler ständig an seinem Arbeitsplatz braucht. Es wird in der Regel vom gesamten Entwicklerteam gemeinsam benutzt. Ein solches System sollte daher nicht nur größtmögliche Genauigkeit und minimales Eigenrauschen bieten, sondern auch flexibel sein und sich schnell und einfach für die unterschiedlichen Messaufgaben der verschiedenen Teammitglieder konfigurieren lassen. forderlich. Bild 2 zeigt das typische Eigenrauschen eines nach diesem Verfahren arbeitenden Phasenrauschmesssystems ohne Mikrowellen-Abwärtsmischer. Die Methode der PLL mit Referenzquelle deckt in Verbindung mit entsprechenden Zusatzgeräten einen sehr weiten Frequenzbereich ab. Die Basisband-Testsets und -Referenzquellen sind meist für Trägerfrequenzen zwischen 50 kHz und einigen GHz ausgelegt. Für Messungen im Trägerfrequenzbereich von 2 GHz bis 26,5 GHz wird das System entweder um einen Abwärtsmischer ergänzt oder das Basisband-Testset durch einen MikrowellenPhasendetektor-Eingang erweitert. Trägerfrequenzen oberhalb 26,5 GHz werden Bild 2: Typisches Phasenrauschen eines Messsystems auf für Phasenrauschmessunder Basis einer PLL mit Referenzquelle. gen üblicherweise mithilfe thode erfordert einen geringeren Messeines Millimeterwellen-Mischers in geräteaufwand und hat ein geringeres den Mikrowellen/HF-Bereich transforEigenrauschen im trägerfernen Bereich; miert. diesen Vorteilen stehen jedoch ein beJe nach Art des Messobjekts kann der grenzter Offsetbereich, geringe AMTrägeroffsetbereich ein wichtiger Aspekt Rausch-Unterdrückung und relativ starsein. Rauschmessungen an Signalquellen kes Eigenrauschen im trägernahen für Funkanwendungen erfolgen typiBereich als Nachteile gegenüber. scherweise bei Trägeroffsets zwischen Das Über-Alles-Eigenrauschen der PLL 10 Hz und 40 MHz. Jitter-Messungen ermit Referenzquelle setzt sich zusammen fordern jedoch unter Umständen einen aus dem Eigenrauschen der folgenden Trägeroffsetbereich bis 100 MHz. Sehr Blockschaltbild-Elemente: Phasendeträgernahe Messungen sind besonders tektor, Signalaufbereitungsschaltung, bei Radarsystemen und Komponenten Referenzquelle plus Rauschen des Mifür Luft-/Raumfahrt/Wehrtechnik-Ankrowellen-Abwärtsmischers, sofern erwendungen wichtig. Für Basisband- ˘ elektronik industrie 6 - 2005 45 TELEKOM/IT analysen bis zu einigen MHz wird in der Regel ein Digitizer verwendet. Im Bereich von 2 MHz bis 100 MHz kann man das Rauschausgangssignal des Basisband-Testsets mit einem preiswerten Spektrumanalysator messen. Für eine Laborumgebung mit vielfältigen Messanforderungen empfiehlt sich das be- Bild 3: Messung des Eigenrauschens eines Zweitor-Bauteils. schriebene PLL-Messverfahren – es bietet den weitesten Offsetbereich, eines Moduls oder einer Schaltung messen. deckt sämtliche Trägerfrequenzbereiche Die in Bild 3 gezeigte Messanordnung ervon Basisband über HF- und Mikrowellenmöglicht es, den Rauschbeitrag von Verbis zum Millimeterwellenbereich ab und stärkern, Frequenzteilern/-vervielfachern, weist einen niedrigen Rauschsockel auf. Mischern und anderen Zweitor-Komponenten mit Hilfe von CW- oder PulssignaMaximaler Nutzen eines len zu messen. Das Bild zeigt auch die Phasenrauschmesssystems Rauscheigenschaften dieser MessanordAngesichts der oben aufgezeigten Trends nung. und des typischen Nutzungsprofils in Mit einem externen AM-Detektor (oder Laborumgebungen liegt es auf der mit einem Testset, das einen AM-Detektor Hand, dass Flexibilität und Anpassungsenthält) lässt sich auch das AM-Rauschen fähigkeit den Nutzwert eines Phasenmessen. Das Testset kann darüber hinaus rauschmesssystems erhöhen. Für viele zur Messung des Basisbandrauschens von Messaufgaben kann man StandardmessDC-Stromversorgungen verwendet wergeräte wie Spektrumanalysatoren und Sigden. Der Trägerfrequenzbereich lässt sich nalgeneratoren verwenden; dadurch sinmithilfe rauscharmer Abwärtsmischer, welken die Gesamtkosten des Systems. che die Trägerfrequenz zu Messzwecken in Das Phasenrauschmesssystem sollte die einen niedrigeren ZwischenfrequenzbeMöglichkeit bieten, Komponenten unterreich umsetzen, nach oben erweitern. Reschiedlichster Art zu testen. Viele HF/Miferenzquellen wie z.B.HF-Signalgeneratoren krowellen-Entwickler möchten außer dem weisen im Bereich unterhalb 1 GHz ein weabsoluten Phasenrauschen von Signalsentlich geringeres Phasenrauschen auf quellen auch die Zweitor-Charakteristiken als Mikrowellen-Signalgeneratoren auf 46 der Trägerfrequenz des Messobjekts. Das Eigenrauschen des Abwärtsmischers kann der limitierende Faktor für das GesamtEigenrauschen des Messsystems sein.Durch den Einsatz verschiedener Referenzquellen lässt sich das Eigenrauschen des Messsystems innerhalb eines bestimmten Trägerfrequenzbereichs verbessern. Fazit Ein Phasenrauschmesssystem ist ein hoch spezialisiertes System. Deshalb ist bei der Auswahl eines solchen Systems sorgfältig zu überlegen, welche Arten von Messobjekten damit zu testen bzw. zu analysieren sind. In Betracht ziehen sollte man beispielsweise Eintor-Komponenten wie VCOs, DROs, Quarzoszillatoren oder Synthesizer und Zweitor-Komponenten wie Verstärker und Konverter; sowie CW- und Pulssignale. Weiterhin ist darauf zu achten, dass externe Geräte zur Erweiterung des Trägerfrequenz- und Offsetbereichs sich problemlos in die bestehende Hardwareund Software-Architektur einbinden lassen. Mit einem flexibel konfigurierbaren Phasenrauschmesssystem kann man das Phasen- und AM-Rauschen der meisten Komponenten messen. ( jj) ˙ KONTAKT Agilent Technologies Kennziffer 599 www.agilent.com elektronik industrie 6 - 2005
© Copyright 2024 ExpyDoc