Landesverband Sachsen Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e. V. Heinrich-Beck-Straße 47 09112 Chemnitz Telefon: 03 71.90 99 1-0 Telefax: 03 71.90 99 1-11 [email protected] www.lebenshilfe-sachsen.de Bernd Wiesner, Vorsitzender des Vorstands Silke Hoekstra, Pressemitteilung Geschäftsführerin Inklusion darf nicht Alibi für unüberlegten Sparkurs sein Vereinsregister Amtsgericht Was sind uns Menschenrechte wert? Steuernummer: Chemnitz: VR 1462 215 / 140 / 02794 Inklusion ist das Thema der Zeit und bedeutet gleichberechtigtes und gemeinsames Leben von Menschen mit und ohne Behinderung in allen gesellschaftlichen Bereichen. Bislang befassten sich fast ausschließlich Fachleute unter anderem aus der Pädagogik und der Behindertenhilfe mit diesem Thema. „Das aber reicht nicht“, meint Silke Hoekstra, Geschäftsführerin des Landesverbands der Lebenshilfe Sachsen. „Bei der Inklusion und der damit verbundenen Umsetzung der UN-Menschenrechtskonvention zum Schutze der Rechte von Menschen mit Behinderung geht es um die Gewährleistung menschenrechtsgemäßer Lebensverhältnisse auch für Menschen mit Behinderung - und zwar für alle, egal wie schwer der Grad der Behinderung ist. Doch wenn es hier um alle Menschen geht, dann kann mit den Lern- und Denkprozessen an den Außenmauern von Kindereinrichtungen, Schulen, Wohnstätten oder Werkstätten für Menschen mit Behinderung nicht Schluss sein“. Der Landesverband der Lebenshilfe Sachsen e.V. beschäftigt sich im Rahmen des Projektes „Inklusion in Sachsen“ seit September 2009 ausgiebig mit der Umsetzung der UN-Konvention für den Freistaat. Seit einigen Tagen ist die erste Gesprächsrunde mit insgesamt 13 Terminen in den Landkreisen in Sachsen vollbracht. Dabei wird deutlich, dass es für eine inklusive Gesellschaft der Änderung des Blickwinkels und der eigenen Haltung bedarf. „Es handelt sich um einen gesellschaftlichen Wertewandel, der sich auf alle benachteiligten und ausgesonderten Gesellschaftsruppen bezieht“, so die Landesgeschäftsführerin. Zu den ersten Arbeitsgruppentreffen in den Landkreisen waren immer Teile der Gesellschaft vertreten, die von Behinderung betroffen sind. Zudem interessieren sich derzeit die verschiedenen Gruppen der haupt- und ehrenamtlichen Helfer sowie die Angehörigen für das Thema. Zu einigen der Treffen kamen auch Behindertenbeauftragte der Städte und Landkreise. Doch ganz wichtige Beteiligte fehlen nahezu ständig: die sogenannten „Nichtbehinderten“ und die Vertreter der Kostenträger waren nur bei einem einzigen Treffen anwesend. Doch offensichtlich haben auch die Vertreter der Kostenträger für den Begriff Inklusion eine Verwendung. Denn immerhin werden erste Umsetzungsideen aus den sächsischen Kommunen laut. Allerdings stellt der Landesverband in Frage, dass man sich an diesen Stellen ausreichend mit dem Thema beschäftigt hat. „Wie sollte es sonst dazu kommen, dass erst kürzlich eine Sozialbeigeordnete aus dem Südosten der Oberlausitz verkündet hat, dass man inklusiv handeln werde und in diesem Sinne anstrebe, die heilpädagogischen Kinderbetreuungseinrichtungen in den nächsten Jahren zu schließen?“ Leider fehlt bei der Veränderungsoffenbarung ein Vorschlag für ein adäquates Konzept in der Zukunft. Als erschreckend empfindet der Landesverband, dass der Landkreis nicht auf ein vorhandenes Konzept zurück greift, das die Träger der Einrichtungen in Kooperation mit der LIGA der Spitzenverbände bereits vorbereitet haben um ihre Arbeit moderner zu gestalten und dabei sogar noch Geld zu sparen. Zudem sagt die Landesgeschäftsführerin Silke Hoekstra: „Diese Sparpolitik ist ein Bankverbindung: Sparkasse Chemnitz Konto 3 503 004 253 BLZ 870 500 00 Landesverband Sachsen Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e. V. Heinrich-Beck-Straße 47 09112 Chemnitz Telefon: 03 71.90 99 1-0 Telefax: 03 71.90 99 1-11 [email protected] www.lebenshilfe-sachsen.de Bernd Wiesner, Vorsitzender des Vorstands Silke Hoekstra, Geschäftsführerin falsches Signal an die Gesellschaft. Selbst mit dem Wissen um knappe Kassen streicht man nicht zuvorderst an der Eingliederungshilfe“. Denn Kinder mit schweren und mehrfach Vereinsregister Amtsgericht Chemnitz: VR 1462 schweren Behinderungen sind nicht weg zu denken und auf sie passen nur Angebote, die, Steuernummer: wenn sie inklusiv ausgelegt sein wollen, auch gut durchdacht werden müssen. Zudem ist in den 215 / 140 / 02794 Arbeitsgruppen klar geworden, dass ein unüberlegtes oder übereiltes Handeln hier wohl eher Bankverbindung: zur neuerlichen Ausgrenzung führen wird. „Zuerst müssen wir viel Basisarbeit leisten, denn zum Sparkasse Chemnitz Beispiel sind im Spielfeld der Kindereinrichtungen nicht die Eltern von Menschen mit Behinderung am schwersten belastet mit Vorurteilen unterwegs, sondern den Eltern von Menschen ohne Behinderung ist das Konzept der Inklusion so fremd. Behinderung ist ihnen oftmals so fern, dass sie aus Unwissenheit zurück schrecken und derzeit die auch für sie gegebenen und sehr bereichernden Vorteile nicht erfassen können. Ihnen ist noch nicht bewusst, dass das Erleben von Andersartigkeit auch eine Ressource für ihre Kinder sein kann“. Wunsch- und Wahlrecht steht an erster Stelle Zudem verlangt die Konvention nach einer bunten Palette von verschiedenen Angeboten. Nach Auffassung des Landesverbands ist es der falsche Weg, die Sondereinrichtungen ohne Wenn und Aber zu schließen und darin die Umsetzung der Forderungen aus der UN-Konvention zu sehen. Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen schreibt das Wunsch- und Wahlrecht sowie die Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte von Menschen mit Behinderung eindeutig fest. Im Mittelpunkt des Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechtes stehen die Expertinnen und Experten in eigener Sache. Ein Wunsch- und Wahlrecht ist zwar schon im Sozialgesetzbuch festgeschrieben, seine Umsetzung ist aber bislang mangelhaft. „Wir glauben an die Chance, dass andere Lebensentwürfe und mehr Eigenständigkeit trotz Behinderung möglich sein werden. Wir wollen das Wunsch- und Wahlrecht weiter stärken! Dies gilt selbstverständlich auch für Menschen mit besonders hohem Unterstützungsbedarf. Der Anspruch auf Teilhabe ist unteilbar.“ Derzeit sortiert man auch in Deutschland Menschen nach ihren Kompetenzen. Im Bereich des Wohnens zum Beispiel orientiert sich die Zuweisung zu Wohnformen am Grad der Selbstständigkeit. Eine wirklich greifbare Option außerhalb der Heimstrukturen ist das unterstützte Wohnen nur für die „fitten“ Menschen mit Behinderung. Menschen mit höherem Unterstützungsbedarf werden allein oft dadurch ausgeschlossen, dass die im Höchstfall ausgereichte Betreuungspauschale schon den tatsächlichen Bedarf an Unterstützung kaum deckt, den Unterstützungsbedarf für inklusiv organisierte Angebote bei weitem nicht erreichen kann. Im bundesweiten Trend der „Ambulantisierung“, die von Kostenträgern auch als Sparmodell heran gezogen und angekurbelt wird, nehmen wir hin, dass Menschen mit schwerer Behinderung vermutlich als „Restgruppe“ in den Institutionen verbleiben werden, obwohl die inzwischen gesetzlich verankerten Leitideen Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft für alle gelten. Die Art und der Umfang des individuellen Unterstützungsbedarfes dürfen keine Unterscheidungskriterien sein. Neben der Tatsache, dass im Gesetz das Wunschund Wahlrecht zugesichert ist, belegen auch Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen mit Konto 3 503 004 253 BLZ 870 500 00 Landesverband Sachsen Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e. V. Heinrich-Beck-Straße 47 09112 Chemnitz Telefon: 03 71.90 99 1-0 Telefax: 03 71.90 99 1-11 [email protected] www.lebenshilfe-sachsen.de Bernd Wiesner, Vorsitzender des Vorstands Behinderung, dass der Schweregrad der Behinderung nicht zwingend auch die Messlatte für den Grad des Unterstützungsbedarfs ist. „Wir wissen, dass sich Teilhabe überall dort verwirklicht, wo Menschen mit und ohne Behinderung leben, wohnen, arbeiten, einkaufen gehen, ihre Freizeit verbringen. Das Ziel ist erst dann erreicht, wenn sich Menschen mit und ohne Behinderung in Vereinen, der Silke Hoekstra, Geschäftsführerin Vereinsregister Amtsgericht Chemnitz: VR 1462 Steuernummer: 215 / 140 / 02794 Nachbarschaft oder der Politik einsetzen und hier Freunde treffen - eben so, wie andere auch“. Bankverbindung: Wenn wir das Konzept Inklusion ernst nehmen, müssen wir umdenken und uns auf Sparkasse Chemnitz Unterstützungsangebote, die auf die jeweilige Person zugeschnitten sind, konzentrieren, die BLZ 870 500 00 unabhängig von der Art und dem Umfang der Behinderung sind und sich an den individuellen Bedürfnissen und Interessen orientieren. Es geht nicht darum, zu schauen, wohin der einzelne Mensch passt. Es geht darum, ihm die Unterstützung zu geben, die er für ein selbstbestimmtes Leben inmitten der Gesellschaft braucht. Ein solch tiefgreifender Systemwechsel ist jedoch nicht von heute auf morgen möglich und erst recht kein Freibrief für die rücksichtslose und unbedachte Rücknahme von Förderung und für die Einsparung von Kosten. Ganz im Gegenteil: Inklusion bedeutet auch, in eine gemeinsame Zukunft zu investieren, durch Geld und Ideen. Daher lautet der Apell des Landesverbands der Lebenshilfe Sachsen an die Kommunen und Kostenträger und auch an die Politik: Machen Sie sich die Kompetenz der Menschen mit Behinderung, ihrer Angehörigen und Unterstützer zu Nutze“. 7128 / 8266 Zeichen – Abdruck honorarfrei – Belegexemplar erbeten Organisation: Landesverband Sachsen, Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. Veröffentlichung: 10.03.2010 Konto 3 503 004 253
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