Was sind Emulsionen? - in der Lebensmittelindustrie

Produkte Food
Was sind Emulsionen?
Von Holger Nielsen
Rahm, Milch, Mayonnaise und Hautcrème oder Flüssig-Make-up haben etwas
gemeinsam, es sind alles so genannte Emulsionen. Feinverteilte Mischungen
von Öl mit Wasser. Die Qualität der Emulsion («Milch», «Crème») wird durch
die Feinverteilung der Tröpfchen und allfällige weitere Zutaten bestimmt.
Frisch gemolkene Milch enthält rund
4% Fett in flüssiger Form. Erstaunlich
dabei ist, dass dieses Fett nicht sichtbar ist beziehungsweise nicht ausfällt.
Der Grund liegt darin, dass einerseits
das Milchfett bei 43 °C, wenn es aus
dem Euter tritt, flüssig ist, und dass es
in ganz kleinen Tröpfchen in der wässrigen Phase der Milch vorliegt. In dieser wässrigen Phase sind Milchzucker
und Milchsalze gelöst. Die gelösten Eiweissteilchen der Milch jedoch legen
sich wie ein feiner Mantel um die
Milchtröpfchen und wirken dabei als
so genannter Emulgator. Ein «Mantel», der mit seinem Futter das Öl festhält und mit seiner Aussenschicht das
Wasser bindet. Solche Verbindungen
nennt man auch grenzflächenaktive
Substanzen, weil sie sich an der
Grenzfläche von ineinander unlöslichen Verbindungen anlagern. Wie dies
ja Wasser und Öl sind.
Damit macht es das Eiweiss als Emulgator möglich, zwei in sich nicht lösliche Verbindungen in der flüssigen
Form stabil zu halten. Und weil die
Tröpfchen so klein sind, brechen sie
das Licht, und daher erscheint die
Milch weiss und nicht etwa durchscheinend wie Magermilch.
Die Milcheiweisse, die als Emulgatoren
in der Milch wirksam sind, werden heute auch immer mehr separiert, zum Beispiel aus Magermilch, und als natürliche Emulgatoren in Lebensmittelzubereitungen eingesetzt. Weitere natürliche Emulgatoren sind Lecithin, Phosphor-Fett-Verbindungen, die beispielsweise aus Sojaöl gewonnen werden.
6
Öl-in-Wasser-Emulsionen
Dass Milch keine auf ewig
stabile Emulsion ist, zeigt
sich, wenn man frisch gemolkene Milch in einer Gebse oder
Schale aufstellt: Innerhalb eines Tages
bildet sich eine Schicht auf der Milch.
Die Milch «rahmt auf». Das heisst, mit
der Abkühlung lösen sich Fetttröpfchen mit einem Teil des Milcheiweis­
ses und sammeln sich auf der Oberfläche der Milch. Das heisst: Milchfett
(Öl) ist spezifisch leichter als Wasser
und schwimmt obenauf.
Die Milch nennt man daher eine Ölin-Wasser-Emulsion (O/W-Emulsion)
und das Wasser die äussere oder zusammenhängende Phase. Die innere
Phase ist das Milchfett. Auch der
Rahm ist eine Öl-in-Wasser-Emulsion,
doch die Fettröpfchen sind grösser
und zahlreicher und machen den
Rahm noch weisser als Milch. Rahm
enthält rund 30% Fett, und der Rest ist
«Milchwasser».
Die feine Verteilung des Milchfettes in
der Milch führt auch dazu, dass Milch
sehr gut verdaulich ist. Man spricht
dabei von einer Vergrösserung der inneren Oberfläche, an der die aus der
Galle stammenden Verdauungsenzyme im Darm sehr schnell ansetzen
können.
Wasser-in-Öl-Emulsionen
Wenn man nun in das System Rahm
Energie einbringt beispielsweise
durch Schütteln, schlagen oder
Stampfen, kann man die Emulsion
umkehren. Das heisst,
aus einer O/W-Emulsion
eine W/O-Emulsion herstellen. Dabei wird dann das Fett
zur kontinuierlichen Phase. Dies geschieht, wenn der Rahm im Butterfass
bearbeitet wird. Es bilden sich Butterfetzen, die im Milchwasser schwimmen. Durch Kneten und Abkühlen der
Butter kann man die Emulsion stabilisieren, die nicht gebundene wässrige
Flüssigkeit die so genannten Buttermilch fliesst ab. Es entsteht die W/OEmulsion Butter. Das kann ­jeder nachvollziehen, denn die Butter fühlt sich
beim Betasten fettig an.
Am Beispiel Rahm und Butter lässt
sich einfach zeigen, wie sich Emulsionen verhalten. Ein Tropfen Schlagrahm (er enthält auch noch Luftbläschen, die die Emulsion steifer machen)
lässt sich auf dem Handrücken einfach einmassieren. Die Feuchtigkeit
wird aufgenommen oder verdunstet.
Ein bisschen Butter auf der Handoberfläche zeigt etwas ganz anderes: Man
spürt, dass die äussere Phase aus Fett
besteht. Das ist eher unangenehm.
Man braucht auch mehr Kraft, um
diese Arbeit zu leisten.
Kosmetik und Körperpflege
Das zeigt sich auch bei Hautcrèmen.
Öl-in-Wasser-Emulsionen (O/W) sind
hautfreundlich. Mit ihnen lassen sich
Wirkstoffe einfach und angenehm
auf die Haut bringen. Zum Beispiel ein
wasserlöslicher Sonnenschutzfilter
oder ein reizmildernder Wirkstoff wie
Aloeextrakt.
Food & Near-Food 3/08
Produkte Food
W/O-Emulsionen hingegen fühlen
sich fettig an. Sie behindern die Transpiration und den Wärmeaustausch
der Haut. Anderseits haften die Wirkstoffe, z.B. ein öllöslicher Sonnenschutzfilter, länger auf der Haut, ohne
abgewaschen zu werden. Oder bei starkem Wind schützt die W/O-Emulsion
die Haut vor dem Austrocknen.
Bei den heutigen Rezepturen für
­«Körperpflege-Crème» oder «Körpermilch» kommt eine Vielzahl von Produkten zum Einsatz, welche ­keine
Emulsionen im ursprünglichen Sinne
mehr sind. Diese Produkte enthalten
neben Öl und Wasser natürliche oder
synthetische Tenside (Lösungsvermittler) und Quellstoffe, die Öle, Fette und
wässrige Lösungen in ihrem offenen
Molekulargerüst gefangen halten.
Charakteristisch an ihnen ist auch
wie bei den essbaren Emulgatoren
die unterschiedliche Reaktion gegenüber Öl oder wasserlöslichen Verbindungen.
Emulsionsaufbau
Mayonnaise ist ebenfalls eine W/OEmulsion. Die Basisrezeptur einer
­Mayonnaise besteht aus Pflanzenöl,
Eigelb und etwas Essig. Das Öl bildet
die zusammenhängende, kontinuier­
liche Phase. Man sieht das auch, eine
gute Mayonnaise glänzt und fühlt
sich leicht fettig an. Das Eigelb respek­
tive die Inhaltsstoffe Lecithin und weitere Inhaltsstoffe des Eigelbs, machen
die Emulsion möglich.
Wichtig ist der langsame Aufbau einer stabilen Emulsion. Dazu müssen
alle Ingredienzien auf der gleichen
Temperatur sein. Das zweite ist die
mechanische Kraft die durch Schlagen
aufgewendet werden muss, um zu
­einer stabilen Emulsion zu kommen.
Das heisst, man beginnt mit Vorteil
mit einer kleinen Menge Eigelb und
etwas Öl, und erst wenn die Emulsion
stabil ist, gibt man den Essig und
­weiters Öl dazu.
Industriell hergestellte Mayonnaisen
können weitere industriell produzierte Emulgatoren enthalten, welche eiFood & Near-Food 3/08
O/W
Öl-in-Wasser
Von
Emulgator
umhüllte
innere Phase
W/O
Wasser-in-Öl
Öl
Öl
Wasser
Wasser
ne stärkere Emulgierkraft aufweisen.
Beispielsweise Mono- und Diglyceride
von Fettsäuren (E 471), die für Lebensmittel zugelassen sind.
Zur Produktion werden Anlagen verwendet mit sehr leistungsfähigen
Rührwerken und damit einem viel
grösseren Energieeintrag, als man von
Hand erzielen kann. Daher werden die
Tröpfchen kleiner und die Stabilität
der Emulsion grösser.
­ iweiss- und stärkehaltigen feinen
e
Senfpartikel können sowohl Feuchtigkeit als auch Öl absorbieren (aufsaugen ). In eine Emulsion eingebracht,
stabilisieren sie diese Emulsion dank
ihres Feststoffanteils. Das heisst, auf
das Beispsiel Mayonnaise bezogen,
die Mayonnaise wird stabiler, wenn
man ihr Senf zusetzt.
Wenn daher im Haushalt grösse Mengen Mayonnaise produziert werden
müssen, kann man mit Vorteil von einer industriell produzierten Mayonnaise ausgehen, welche die stabile Basisemulsion zur Verfügung stellt und
mit der schrittweisen Zugabe von zusätzlichen Portionen Öl, Eigelb und
weiteren Ingredienzien die persönliche Rezeptur in einer grösseren Menge ermöglicht. Man kann so die technische und organoleptische Qualität
verbessern.
Mischt man Senf mit Mayonnaise
­entstehen auf einfache Weise interessante Grundstoffe für Saucen. Zum
Beispiel Salatsaucen. Die bereits im Öl
suspendierten Senfpartikel schwimmen sozusagen ganz einfach in die
homogene, äussere Phase der Mayonnaise hinein.
Senf
Senf ist keine Emulsion, auch wenn
man oberflächlich betrachtet meinen
könnte, dies sei der Fall. Er ist technologisch gesehen eine Aufschwemmung, eine Suspension in Öl. Zur Senfbereitung wird Senfpulver mit anderen Gewürzen und Öl innig vermischt
und mechanisch bearbeitet, bis eine
homogene Mischung entsteht. Die
Mischungen mit Emulsionen
Das Gleiche gilt, wenn Rahm und
­Mayonnaise gemischt werden. Die
­äussere Phase ist beiden gemeinsam,
und die Mayonnaise kann problemlos
verfeinert werden.
Öl-in-Wasser-Emulsionen (O/W) auf
der anderen Seite lassen sich einfach
mit anderen O/W-Emulsionen mischen, oder es lassen sich wasserlös­
liche Trockenprodukte darin lösen wie
Salz.
Das bedeutet, dass bei der Salatsauce,
das Salz im Essig gelöst werden soll,
wenn man Wert darauf legt, ­später
keine Salzkristalle in der Mayonnaise
zu finden.
Ω
7