Angeleitetes Box-Training im Gefängnis? Was sich etwas Paradox anhört, ist in der Justizvollzugsanstalt Ottweiler seit gut einem halben Jahr Realität. In einem Gemeinschaftsprojekt mit dem SSV Wellesweiler bietet die JVA einigen Insassen diese Möglichkeit. Text: Henning Jochum ann man Häftlinge durch Box-Training zurück in die Spur bringen? "Wir waren uns durchaus bewusst, dass dieses Projekt spalten wird. Es wurde sowohl von der Öffentlichkeit wie auch von der Belegschaft kontrovers aufgenommen. Es ist ja auch ein Thema, bei dem man unterschiedlicher Meinung sein kann", erklärt Pascal Jenal. Er ist der Leiter der Justizvollzugsanstalt Ottweiler, welche seit Oktober 2012 dieses durchaus heikle Angebot für seine jüngeren Sträflinge bietet. Zwei Mal in der Woche werden die Gefangenen von Karl Heinz Neu, Abteilungsleiter der Box-Sparte des SSV Wellesweiler, im Faustkampf unterrichtet. "Das hätten wir nicht mit jedem gemacht. Aber Herr Neu ist ein sehr erfahrener Trainer und wir wissen unsere Insassen in guten Händen",verdeutHchtJenal. Das Projekt ist laut Neu, der auch das Amt des Präsidenten der Saarländischen Box-Union inne hat, einzigartig in Deutschland. Allerdings nicht neu. Das Pilotprojekt startete der 66-Jährige bereits in den 80er Jahren in der JVA Darmstadt. Dort arbeitete der Übungslei- K 2 ~ ~ VI v; o ... -0 ter selbst als Justizvollzugsbeamter. "Es ging drei Jahre, bevor es nach einem Regierungswechsel abgeschafft wurde. Allerdings hatte ich dort im Unterschied zu hier nur mit Erwachsenen zu tun", erklärt er. In Ottweiler arbeitet Neu mit jugendlichen Straftätern zusammen. Sie sitzen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Die Gruppe besteht aus zehn Personen. "Es gibt kein generelles Ausschlusskriterium. Allerdings schauen wir uns vorher natürlich an, wen wir in die Gruppe lassen", erläutert Jenal. Die charakterliche Eignung muss gegeben sein. Wobei diese nicht in einem Zusammenhang mit der schwere des Deliktes stehe, stellt Jenal klar. Tobias (Name verfälscht) ist einer der Gruppe. Er wurde wegen Raub für sieben Jahre verurteilt. Drei Jahre ist er schon hier. Er war beim Box-Projekt von Anfang an dabei. "Man lernt sich hier besser selbst zu beherrschen und es fällt einem leichter, sich etwas sagen zu lassen. Disziplin wird ganz groß geschrieben", sagt der 21-Jährige. Die Regeln sind streng. Wer während Karl Heinz Neu ist der Vater des Projekts "Angeleitetes Box-Training im Gefängnis". Anstaltsleiter Pascal Jenal steht hinter dem Projekt. des Trainings oder im Alltag negativ auffä llt, fliegt. Eine zweite eh a nce gi bt es nicht. "Das kam aber fast noch nicht vor. Wir hatten bislang drei Fälle, wobei die noch nicht einmal mit körperlicher Gewalt zu tun hatten", erklärt Jenal. Anstaltsleiter Jenal erhofft sich durch das harte Training das Vermitteln von Werten, welche die Insassen weiterbringen sowohl im Gefängnis, wie auch später nach der Entlassung. Neben der Disziplin sind das vor allem Durchhaltevermögen und die Fähigkeit, auch mit Niederlagen umgehen zu können. "Es ist zum Beispiel einer dabei, der hat sich am Anfang ziemlich überschätzt und musste dementsprechend darunter leiden. Heute sieht das anders aus", erzähltInitiator Karl Heinz Neu. Neu hat das Projekt allerdings nicht ohne Hintergedanken ins Leben gerufen. "Wie jeder Verein suchen wir natürlich neue Mitglieder. An den Schulen zu werben ist schwierig heutzutage", erklärt Neu. Ein Gespräch mit einem befreundeten Justizvollzugsbeamten aus Ottweiler brachte die alte Idee wieder zum lodern. Der Vorschlag wurde der Aufsichtsbehörde vorgelegt, die ihn absegnete. Mittlerweile darf Neu drei Häftlinge mit ins Training des SSV Wellesweiler nehmen. Das Trio hat vor Kurzem sogar an den Landesmeisterschaften teilgenommen. Das ist also auch eines der Ziele. Wenn die Häftlinge raus kommen und in einem Box-Verein sind oder eintreten, haben sie sofort soziale Kontakte. "Natürlich sind wir nicht naiv und denken, das Rad neu erfinden zu können. Einen Erfolg im Sinne einer Resozialisierung kann man, wenn überhaupt, erst nach Jahren sehen", sagt JenaL Ob dieses ungewöhnliche Projekt also tatsächlich hilft, aus Straftätern bessere Menschen zu machen, bleibt die Frage. Aber zumindest ist es ein Versuch, sie wi der in die Spur zu bringen. I j,l I
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