Was in unserer Kleidung steckt

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Was in unserer
Kleidung steckt
Firmen Regional
Kirche ehrt Kärcher
Die Alfred Kärcher GmbH & Co.
KG hat das Arbeit Plus-Siegel verliehen bekommen. Landesbischof
Frank Otfried July und der Initiator
von Arbeit Plus, Rainer Meusel,
überreichten die Auszeichnung der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an Hartmut Jenner, den
Vorsitzenden der Geschäftsführung. „Das Familienunternehmen
aus Winnenden zeigt, dass es auch
in der heutigen Zeit möglich ist, sozial nachhaltige Entscheidungen zu
treffen und erfolgreich am Markt zu
sein“, betonte Landesbischof July.
Das Gütesiegel Arbeit Plus gibt
es seit 15 Jahren. Es wurde bislang
84 Mal verliehen, unter anderem an
den Personaldienstleister Bera aus
Schwäbisch Hall.
red
Johannes Kärcher, Rainer Meusel,
Hartmut Jenner und Landesbischof
Frank Otfried July (v.l.).
Foto: Kärcher
Umbreit spendet
Vor knapp einem Jahr feierte die
Bietigheimer G. Umbreit GmbH &
Co. KG ihr 100-jähriges Bestehen.
Anstelle eines Geschenks wurden
die 400 geladenen Gäste um eine
Spende zugunsten der Stiftung
Karlshöhe Ludwigsburg gebeten.
Nachdem die Spenden nun einige
Monate lang gesammelt wurden,
stellte Umbreit jetzt das Gesamtergebnis vor: Insgesamt kamen 22 395
Euro zusammen. Zusätzlich erlöste
die Online-Versteigerung des weltgrößten in Serie gefertigten Puzzles, „Double Retrospect“ von Ravensburger, 2500 Euro. Daraus ergibt sich eine Gesamtspendensumme von fast 25 000 Euro.
red
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Die Hohenstein Institute mit Stammsitz in Bönnigheim
prüfen, zertifizieren und forschen rund um Textilien
Von unserem
Redaktionsmitglied
Anna Gögelein
W
ie ein Regenbogen wölbt sich die
grüne Linie quer
über das Pappschildchen und kreuzt eine gelbgraue Sonne mit verschnörkeltem
Strahlenkranz. Darunter steht „Textiles
Vertrauen. Geprüft auf Schadstoffe nach
Oeko-Tex Standard 100“. Man muss keine
Markenkleidung kaufen, um so ein
Schildchen zu entdecken. Es ist auch an
Klamotten vom Discounter zu finden.
Wer genau hinschaut, liest im Kleingedruckten, wer das Siegel unter anderem
vergibt: „Hohenstein“.
Das Renaissance-Schloss thront über
Bönnigheim, umgeben von Feldern, Wiesen, Weinbergen. Und zahlreichen Nebengebäuden. Auf dem Areal ist das unabhängige Forschungs- und Dienstleistungszentrum Hohenstein Institute ansässig. Was 1946 im Schloss begann, ist heute ein Global Player: In 30 Ländern gibt es
43 Auslandsbüros und drei Testlabore.
370 Mitarbeiter in Hohenstein und weitere 190 weltweit arbeiten für rund 4500
Kunden. Sie prüfen Textilien von der Unterhose über Sportbekleidung und Feuerwehrschutzanzüge bis hin zu Flugzeugsitzen und Zeltdächern. Sie entwickeln und
vergeben Zertifikate und sie forschen:
Was steckt in der Kleidung? Ist ein Stoff
so zusammengesetzt und verarbeitet,
dass Schweiß verdunsten kann? Wie steht
es um die Wärmeisolation? Was passiert
beim Waschen? Wie kann eine Anti-Milben-Matratze Allergikern helfen?
Menschengroße Puppen Prüfmethoden gibt es viele. Manche Muster werden
zerschnitten. Labormitarbeiter behandeln
die Proben, etwa mit Wärme, damit sich
Farb- und Schadstoffe lösen. Andere Klamotten werden gewaschen für Daten
über Waschmittel, Maschinen, Wasserbelastung und die Reaktion der Textilien. Um Standardverschmut-
Mit thermischen Gliederpuppen wie Charlene werden Daten ermittelt: Wie schlafen Kinder unter einer bestimmten Bettdecke?
zung zu simulieren, wird die Wäsche getragen – von Mitarbeitern und Anwohnern. Auch Charlie, Charlene und Freundeskreis tragen Kleidung für Hohenstein.
Die menschengroßen thermischen Gliederpuppen können sich bewegen, schwitzen oder auf Körpertemperatur beheizt
werden. In Kälte-Wärme-Kammern prüfen Messgeräte, wie die Textilien reagieren, ob etwa Schweiß abgeleitet wird, ob
der Körper beim Sport oder unter der
Bettwäsche auskühlt oder überhitzt.
Laufend entwickeln die Institute neue
Methoden – ein Grund, wieso die Dienste
gefragt sind. „Wir gehen in der Bilanz auf
50 Millionen Euro zu“, sagt Geschäftsführer Professor Stefan Mecheels. Sein
Großvater Otto, Färbermeister und Leiter
einer Textilschule, kam 1944 mit der
Abschlussklasse in den Ort. 1946 gründete er
im Schloss das
Forschungs-
Oder wie reagiert ein T-Shirt-Stoff bei Belastung, etwa beim Sport?
Manche Puppen können sich sogar bewegen. Fotos: Hohenstein Institute
institut. 1962 übernahm Sohn Jürgen die
Leitung. Gründerenkel Stefan Mecheels
treibt seit Mitte der 90er Jahre die Internationalisierung voran: „Die Entwicklung
hängt damit zusammen, dass wir den
Kunden folgen – nach Asien, Osteuropa,
Lateinamerika.“ Während öffentlich geförderte Forschung zurückgeht, sei Auftragsforschung immer gefragter. Kunden
sind etwa Textilhersteller, Handelsunternehmen, Nichtregierungsorganisationen.
„Auch Verbraucher sind heute kritischer, stellen Fragen zu Schadstoffen. Au-
■ Stichwort
Deutschland führt bei Technotextilien
Von 16 deutschen Textilforschungsinstituten ist Hohenstein das einzige privatwirtschaftlich geführte. „Die Institutsdichte ist hoch“, sagt Hans-Werner Oertel, Sprecher der Dachorganisation Forschungskuratorium Textil. Dies habe dazu
beigetragen, dass sich Deutschland als
Standort trotz massiver Brancheneinbrüche seit den 70er Jahren halten konnte.
„Weltweit sind wir führend bei technischen Textilien.“ Textilforschung sei heute eine Materialwirtschaft, sagt Klaus Jansen, Geschäftsführer des Kuratoriums.
„Faserbasierte Werkstoffe ergänzen und
ersetzen Holz, Kunststoff, Metall, Glas“,
dies ermögliche Innovationssprünge in
der Technik, Medizin oder Architektur. gö
ßerdem gibt es mehr gesetzliche
Anforderungen“,
erklärt
Mecheels. Skandale sensibilisieren,
wie etwa eine brennende Textilfabrik in Bangladesch mit vielen Toten. „Es geht auch um soziale Verantwortung“, sagt Mecheels. Das interessiert Hersteller wie Verbraucher. Deshalb bieten die Institute nun
auch Prüfungen zur Nachhaltigkeit und
zu Arbeitsbedingungen in Textilfabriken
an. In der Branche wird es Veränderungen geben, prognostiziert Mecheels. „Die
Löhne werden weltweit steigen. Textilien
werden damit teurer.“
Der Wunsch nach geprüfter, nach inhaltlich wie moralisch sauberer Kleidung
macht sich nicht nur in der Bilanz bemerkbar. Rund ums Schloss herrschte
schon oft Raumknappheit. „Über die Stärke des Wachstums sind wir überrascht“,
sagt Mecheels. Erst vor drei Jahren gab
es einen Neubau. Nun folgt ein weiterer,
Ende Oktober wird das 8,5 Millionen
Euro teure Gebäude mit Parkplätzen, Wareneingang und -vorbereitung, Bekleidungstechnik, einem Bereich für OekoTex, Laboren, EDV, Energieversorgung
und 160 Arbeitsplätzen eingeweiht. Bereits in Planung ist die Aufstockung der
Labore, in denen Tests zu den Themen
Hygiene, Umwelt und Mensch laufen.
Proband sein Nicht zur Diskussion stehe, dass Abteilungen des Hauptstandorts
ausgelagert werden. „Die Stärke ist, dass
alle Fachbereiche dicht beieinander sind.
Interdisziplinär arbeiten hier Textilingenieure, Chemiker, Techniker, Physiker,
Biologen, Lebensmitteltechniker, Mediziner und Mathematiker“, sagt Mecheels.
„Außerdem ist es Teil des Erfolgs, dass
wir Dienstleistungen in Deutschland erbringen, das schätzen unsere Kunden.“
Übrigens: Wer selbst Proband in Hohenstein sein möchte, achtet auf öffentliche Aufrufe. Regelmäßig suchen die Institute Freiwillige, die an Reihenvermessungen teilnehmen. So erfährt die Bekleidungsindustrie, wie Maßpuppen
aussehen müssen, damit die Klamotten
später
möglichst vielen
Verbrauchern passen.
Ruheständler bieten ihr Wissen an
Masterhora ist ein Onlinenetzwerk für Menschen, die im Ruhestand arbeiten möchten
Von unserem Redaktionsmitglied
Anna Gögelein
Es gibt Netzwerke, bei denen Spaß im
Vordergrund steht. Daneben gibt es Plattformen zu bestimmten Themen wie der
Berufswelt: Auf www.xing.com oder
www.linkedin.com stellen sich User nicht
privat, sondern als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber vor und verbinden sich online
mit Geschäftspartnern und Kollegen.
Um die Berufswelt geht es auch auf der
seit Mai aktiven Plattform www.masterhora.de. Die Besonderheit: Die Gründer Marion Kopmann und Andy Sacherer richten
sich an Unternehmen, die erfahrene Experten suchen, und an Menschen, die am
Ende ihres Arbeitslebens stehen oder im
Ruhestand sind, aber ihre Erfahrung weiterhin in Projekten einbringen möchten.
In Profilen stellen sich Experten und
Firmen vor. Anders als etwa bei Xing haben Externe keinen Einblick in die Daten.
Auch für Registrierte kann die Sichtbarkeit der Profile eingeschränkt werden.
Manche Angaben wie der eigene Name,
Branche und Berufsfeld sind Pflicht. Anderes ist optional, wie Angaben zum beruflichen Werdegang, zu Kenntnissen, Arbeitgebern oder Interessen. Wer will,
kann Dokumente wie Lebenslauf oder Referenzen hochladen. Wer sich als Firma
ein Profil anlegt, stellt das Unternehmen
vor und veröffentlicht Jobanzeigen.
User können sich vernetzen, Nachrichten schreiben, nach Projekten, Seminaren
oder Messen suchen. Derzeit sind rund
140 Ruheständler angemeldet sowie 21
Unternehmen, davon sechs aus BadenWürttemberg. Neben Firmen wie RWE
sind Mittelständler, Verbände wie Südwesttextil oder Städte wie Mainz Mitglied.
Nach einem Monat kostenloser Testphase kostet die Mitgliedschaft bei Masterhora im Monat für Experten zwölf
Euro, für Firmen ab 178,50 Euro.
Masterhora hat am Wettbewerb „Land
der demografischen Chancen“ des Bundesbildungsministeriums teilgenommen
und wurde in dessen Demografie-Atlas
aufgenommen. Dieser stellt Ideen und Initiativen vor, die sich mit Veränderungen
in Gesellschaft und Arbeitswelt befassen.
Infos unter http://demoscreen.de