Hohenstein Laboratories GmbH & Co. KG Schloss Hohenstein 74357 Bönnigheim GERMANY Fon +49 (0)7143 271-720 Fax +49 (0)7143 271-94720 E-Mail: [email protected] Internet: www.hohenstein.de IHO Industrieverband Hygiene und Oberflächenschutz für industrielle und institutionelle Anwendung e.V. Mainzer Landstr. 55 60329 Frankfurt am Main Tel: 069 2556 1247 Fax: 069 2556 1254 email: [email protected] www.iho.de Frankfurt/Bönnigheim, den 09.01.2017 Zur Bedeutung von Fluorcarbonharz-Imprägnierungen im Bereich der gewerblichen und industriellen textilen Aufbereitung Die Hersteller von Wasch-, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln setzen eine Formulierung eines C6kettigen fluorierten Polymer zur Wiederaufbereitung von Textilien ein. Ein entsprechendes Produkt kommt im Rahmen der Wiederaufbereitung insbesondere dann zum Einsatz, wenn eine wasser-, öl-, schmutz- oder chemikalienabweisende Imprägnierung von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und Berufsbekleidung oder OP- beziehungsweise Medizintextilien im Fokus steht. Produkte die diese Funktions- und Schutzeigenschaften auch nach der Wäsche gewährleisten sollen, werden ausschließlich an gewerbliche und industrielle Anwender, wie professionelle TextilleasingUnternehmen oder gewerbliche Lohnwäschereien und Textilreinigungen verkauft. Die Interessen der Formulierer von Fluorcarbonharz-Produkten für die Reinigung und Wäsche werden vom Industrieverband für Hygiene und Oberflächenschutz (IHO) vertreten. Die Hohenstein Institute als Prüf- und Forschungsinstitut der RAL Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege e.V (RAL GZ 992) vertreten die Interessen der mittelständischen deutschen Textilleasingunternehmen und Lohnwäschereien, welche die o.g. Produkte bei der Wiederaufbereitung (Wäsche) von Berufsbekleidung, OP-Textilien und Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) einsetzen, um deren Funktions-/Schutzeigenschaften auch nach der Wäsche zu gewährleisten. Beide Interessensvertreter sind gleichermaßen besorgt, dass die Vorteile dieser Produkte hinsichtlich des Schutzes und der Gesundheit von Arbeitnehmern und Trägern dieser Schutzkleidung und der damit verbundene Nutzen für die Gesellschaft – entsprechend eines Vorsorgeprinzips bezüglich eventueller Umweltauswirkungen – vernachlässigt werden soll. Die Anwendung der fluorierten Polymere geschieht nach der Wäsche auf den gereinigten und noch nassen Textilien. Für den Arbeitsschritt der Imprägnierung wird zur Wiederherstellung der ursprünglichen Schutzfunktion die Fluorcarbonharz-Schicht auf die Ausrüstung aufgebracht. Das Einsatzgebiet der Textilien, die eine solche spezielle Schutzfunktion erfüllen müssen, ist über Produktund Prüfnormen geregelt. Die prominentesten Beispiele sind: Seite 2 DIN EN 14325 – Schutzkleidung gegen Chemikalien DIN EN 13795 – Textile Medizinprodukte im OP DIN EN 469 – Schutzkleidung für die Feuerwehr Ein Verbot von Fluorcarbonharz-Verbindungen in Produkten für die Wiederaufbereitung von Schutzbekleidung kann schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Eine weiterhin explizit ermöglichte Nutzung in Produkten für die professionelle Anwendung halten sowohl der IHO als auch Hohenstein für dringend notwendig. Beide Interessensvertretungen wollen an den Beispielen der Feuerwehrbekleidung sowie OP-Textilien den Nutzen der durch Fluorcarbonharz-Imprägnierung ermöglichten Schutzfunktion nachvollziehbar darstellen. Die Schutzkleidung von Feuerwehrmännern und -frauen muss schwerentflammbar sein und gleichzeitig gegen (Lösch-)Wasser, Kraftstoffe und andere Chemikalien schützen, mit denen die Helferinnen und Helfer während des Einsatzes in Berührung kommen können. Die Feuerwehrschutzkleidung besteht aus mehrlagigen Membrantextilien; ohne einen entsprechenden flüssigkeitsabweisenden Schutz würde sie nass und damit ihre Atmungsaktivität nahezu komplett verlieren. Die Feuerwehmänner- und frauen würden dadurch Gefahr laufen, wesentlich schneller zu überhitzen, was schlimmstenfalls zu einem tödlichen Hitzschlag führen kann. Durch die fehlende Imprägnierung würde die durchnässte Feuerwehrschutzkleidung die im Brandeinsatz lebenswichtige wärmeisolierende Wirkung verlieren. Für OP-Textilien hingegen wird ein hoher Schutz für Patienten und das medizinische Personal gegen Keime und Viren gefordert. Für Arbeitskleidung ist hier deshalb die Undurchlässigkeit der Textilien gegen alle Arten von wässrigen Körperflüssigkeiten zwingend erforderlich. In der dazugehörigen Prüfnorm DIN EN 13795, wird ausdrücklich die Widerstandsfähigkeit gegen trockene und nasse Keimdurchdringung gefordert. Eine derartige Schutzfunktion kann nach dem aktuellen Stand der Technik, nur durch eine Imprägnierung mit fluorierten Polymeren gewährleistet werden. Seit zwei Jahrzehnten forschen Textil- und Chemieinstitute weltweit zusammen mit den entsprechenden Industriezweigen nach Alternativen zu Fluorcarbonharzen – insbesondere zur sogenannten C8-Chemie (Perfluoroctansäure, kurz PFOA, und Perfluoroctansulfonsäure, kurz PFOS). Von allen untersuchten fluor-freien und fluor-haltigen Substanzen wiesen aber nur die kurzkettigen fluorierten Polymere auf Basis der C6 Chemie die gesetzlich geforderten Schutzeigenschaften auf. Fluor-freie Alternativen weisen im Vergleich zu fluorierten Polymeren eine geringere Waschpermanenz und ein deutlich geringeres Effektniveau auf. Viel bedeutender aber ist, dass diese fluor-freien Alternativen keinerlei Abweisung gegenüber öligen Flüssigkeiten, organischen Lösungsmitteln oder weiteren wässrigen wie auch nichtwässrigen Flüssigkeiten mit niedriger Oberflächenspannung aufweisen. Solche Alternativstoffe würden lediglich eine Schutzfunktion gegenüber Wasser und wässrigen Chemikalien bzw. Säuren bieten. Der alternative Einsatz von Schutzausrüstung mit Paraffin-Imprägnierung muss angesichts der Notwendigkeit des höchstmöglichen Personenschutzniveaus als absolut undenkbar bewertet werden, weil diese keinerlei Schutz gegen Kraftstoffe oder diverse organische Chemikalien darstellt. Helferinnen und Helfer der Feuerwehr würden dieserart in eine Ausrüstung gehüllt, die von außen – vereinfacht gesagt – mit brennbarem Kerzenwachs beschichtet ist. Auch fluor-freie Alternativen aus dem Bereich der Silikone würden vergleichbare Probleme hinsichtlich der Schutzfunktion bereiten. Darüber hinaus wurden in Seite 3 der Vergangenheit auch Untersuchungen zur Beschichtung mit strukturgebenden Nanopartikeln (Lotuseffekt, „Bionik“) durchgeführt. Eine Einschränkung des Einsatzes von Fluorcarbonharz-Verbindungen in Produkten zur Wiederaufbereitung persönlicher Schutzausrüstung, könnte nach Ansicht von IHO und Hohenstein die Gefahr bergen, dass entsprechende Produkte außerhalb der EU hergestellt werden und als möglicherweise eingeführte Erzeugnisse nicht den notwendigen Beschränkungen zur Wahrung der Gesundheit und Umwelt unterliegen. Etwaige Emissionen im Produktionsprozess könnten in diesem Szenario weniger kontrolliert stattfinden. Auf diese Art und Weise kann erst recht keine Nachhaltigkeit im Sinne der Umwelt erreicht werden. Entsprechende Orte des Eintrages würden schlichtweg verlagert und wären nur noch wenig überwacht und auch die Umweltbilanz durch den Transport wäre weitaus undurchsichtiger. Ein Wegfall dieser Verbindungen wäre auch mit Auswirkungen auf die angrenzenden Verwender verbunden, z. B. auf die Herstellung von Kunstoffen wie Teflon. Der Unterhalt für die Produktion von Fluor-Monomeren würde sich nicht mehr rechnen. Das Resultat wäre eine Herstellung in Schwellenländern wie Indien oder China mit unsicheren und undichten Anlagen. Aufgrund der Persistenz dieser Verbindungen würden diese trotzdem über die ganze Welt verteilt werden. Die Hohenstein Institute und der IHO kommen angesichts dieser Argumente zu der Einschätzung, dass der Einsatz von Fluorcarbonharz-Verbindungen für die schmutz-, öl- und chemikalienabweisende Funktion von Persönlicher Schutzausrüstung (Schutzbekleidung, Berufsbekleidung, Medizintextilien) und bestimmter technischer Textilien derzeit alternativlos ist. Fluor ist das einzige Element, welches die niedrigste Oberflächenenergie erzeugt, die zur Abweisung von kritischen und gesundheitsgefährdenden Substanzen erforderlich ist. Eine Umweltexposition ist in erster Linie nur dann möglich, wenn Restflotten in den Anwendungsindustrien über die Kläranlage entsorgt werden. FluoroCouncil hat detaillierte Vorschriften veröffentlicht, wie eine Exposition in die Umwelt vermieden werden kann.1 Darin heißt es, Restflotten sollen so häufig wie möglich wiederverwendet werden.. Nicht wiederverwendbare Flotten sollen nicht über den Wasserpfad entsorgt werden. Die Hersteller von Wasch-, Desinfektions- und Reinigungsmitteln empfehlen ihren Kunden dementsprechend, Ausrüstungsflotten soweit möglich wiederzuverwenden und immer nur einen Zusatz zur Herstellung der alten Konzentration zu dosieren. Wenn das nicht möglich ist, sollten die Ausrüstungszeiten ausreichend lang sein, um möglichst viel Produkt auf das Textil aufziehen zu lassen. Nicht wiederverwendbare Flotten sollten darüber hinaus nicht über den Wasserpfad entsorgt werden. Diese Angaben sind ebenfalls in den entsprechenden Sicherheitsdatenblättern aufgeführt. Ein Verbraucherrisiko bei wasser- und schmutzabweisenden Bekleidungstextilien besteht laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Übrigen nicht. 2 Im Sinne des Schutzes der Trägerinnen und Träger mit Fluorcarbonharz-Verbindungen imprägnierter Schutzbekleidung sollte alles dafür getan werden, dass Produkte für die gewerbliche Anwendung weiterhin produziert und benutzt werden können. 1 Guidance for Best Environmental Practices (BEP) for the Global Apparel Industry (FluoroCouncil) Bundesinstitut für Risikobewertung: Introduction to the problems surrounding garment textiles (Link: http://www.bfr.bund.de/cm/349/introduction-to-the-problems-surrounding-garment-textiles.pdf) 2
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